听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn des Beg眉nstigungszeitraums 蹿眉谤 die Einkommensteuererm盲脽igung bei Belastung mit Erbschaftsteuer
听
Leitsatz (amtlich)
Der Beg眉nstigungszeitraum des 搂 35b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes beginnt mit Entstehung der Erbschaftsteuer (搂 9 des Erbschaftsteuergesetzes), regelm盲脽ig mit dem Tod des Erblassers.
听
Normenkette
AO 搂 38; EStG 搂 35b S. 1; ErbStG 搂 9 Abs. 1 Nr. 1
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Die Revision der Kl盲ger gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 23.08.2021 - 1 K 305/19 wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kl盲ger zu tragen.
听
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Rz. 2
Der Kl盲ger ist der Alleinerbe der am 鈥2010 verstorbenen W, zu deren Nachlass unter anderem zwei Beteiligungen an Kommanditgesellschaften geh枚rten. Aufgrund einer nahezu sechs Jahre andauernden Erbenermittlung in einem mehrinstanzlichen Erbscheinverfahren sowie personeller Engp盲sse im Nachlassgericht wurde erst am 02.03.2016 ein Erbschein ausgestellt, der den Kl盲ger als Alleinerben auswies. Bis zur Erteilung des Erbscheins war der Kl盲ger aufgrund der Bestellung eines Nachlass- und Verfahrenspflegers daran gehindert, 眉ber den Nachlass zu verf眉gen. Im Erbschaftsteuerbescheid vom 17.11.2016 wurde Erbschaftsteuer festgesetzt, die nach dem 脛nderungsbescheid vom 22.05.2017 --auf der Grundlage eines erbschaftsteuerpflichtigen Erwerbs von 鈥μ偓-- 鈥μ偓 betrug. Die Erbschaftsteuer hatte der Kl盲ger bereits Ende Dezember 2016 entrichtet.
Rz. 3
Mit Wirkung zum 01.01.2017 ver盲u脽erte der Kl盲ger die KG-Beteiligungen. Der Ver盲u脽erungsgewinn betrug 鈥μ偓.
Rz. 4
In ihrer Einkommensteuererkl盲rung 蹿眉谤 das Streitjahr 2017 machten die Kl盲ger hinsichtlich dieser Ver盲u脽erungen die Steuererm盲脽igung nach 搂听35b des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) gew盲hrte die Erm盲脽igung nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Rz. 5
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2021听- 1听K听305/19 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1887) unter Revisionszulassung ab. Die Gew盲hrung der Steuererm盲脽igung nach 搂听35b EStG setze voraus, dass bei der Ermittlung des Einkommens Eink眉nfte ber眉cksichtigt worden seien, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeitr盲umen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen h盲tten. Dies sei hier nicht der Fall, da zwischen dem Tod der W und der Ver盲u脽erung der KG-Beteiligungen rund sechs Jahre vergangen seien. Eink眉nfte h盲tten in dem Zeitpunkt der Erbschaftsteuer "unterlegen", in dem die Erbschaftsteuer rechtlich entstanden sei. Gem盲脽 搂听9 Abs.听1 Nr.听1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sei dies hier der Todestag der W im Jahr 2010 gewesen. Auf den Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaftsteuer, der Erlangung der tats盲chlichen Verf眉gungsgewalt 眉ber den Nachlass oder der Zahlung der Erbschaftsteuer komme es nicht an. Diese Auslegung entspreche dem Sinn und Zweck des 搂听35b Satz听1 EStG sowie dem gesetzgeberischen Willen. Da es mit der Zeit immer schwieriger werde, die im Ver盲u脽erungszeitpunkt noch bestehenden stillen Reserven zu ermitteln, die bereits der Erbschaftsteuer unterlegen h盲tten, sei aus Gr眉nden der Praktikabilit盲t ein f眉nfj盲hriger Zeitraum relevant. Nicht entscheidend sei, aus welchen Gr眉nden die Ver盲u脽erung au脽erhalb dieses Zeitraums stattgefunden habe. Verfassungsrechtliche Bedenken best眉nden nicht, da es keinen Verfassungssatz gebe, der eine Abstimmung der Steuern aufeinander verlange. Auch enthalte die Verfassung keine H枚chstgrenze der steuerlichen Gesamtbelastung.
Rz. 6
Mit ihrer Revision machen die Kl盲ger geltend, das FG habe fehlerhaft im Rahmen einer Fiktion 搂听35b EStG mit 搂听9 Abs.听1 ErbStG verkn眉pft und deshalb auf den Zeitpunkt des Todes der Erblasserin als Beginn des Beg眉nstigungszeitraums abgestellt. Der objektivierte gesetzgeberische Wille ergebe sich bereits aus der 脺berschrift des 搂听35b EStG. An ihr sei erkennbar, dass es auf den Zeitpunkt der Belastung durch die Erbschaftsteuer ankommen m眉sse. Denn sie spreche von einer "Steuererm盲脽igung bei Belastung mit Erbschaftsteuer" und nicht von einer "Steuererm盲脽igung beim Erwerb von Todes wegen". Wenn 搂听35b EStG davon ausgehe, dass die beg眉nstigten Eink眉nfte der Erbschaftsteuer unterlegen haben m眉ssen, bedeute das, dass der erbschaftsteuerpflichtige Erwerb allein nicht ausreiche.
Rz. 7
Ferner sei der Gesamtzusammenhang zu betrachten. Ohne die Festsetzung der Erbschaftsteuer k枚nne der Prozentsatz der Steuererm盲脽igung nicht ermittelt, die Beg眉nstigung daher tats盲chlich nicht gew盲hrt werden.
Rz. 8
Zudem spreche die Notwendigkeit, Verm枚gensgegenst盲nde zum jeweiligen Verm枚gen des Erblassers beziehungsweise Erben zuzuordnen, gerade dagegen, auf den Todeszeitpunkt abzustellen. Eine Zuordnung sei erst mit Abgabe der Erbschaftsteuererkl盲rung m枚glich, die ein entsprechendes Nachlassverzeichnis gem盲脽 搂听31 Abs.听2 ErbStG enthalten m眉sse. Erst ab diesem Zeitpunkt k枚nne das Finanzamt wissen, ob eine Belastung mit Erbschaftsteuer vorliege und eine Steuererm盲脽igung im Sinne des 搂听35b EStG in Frage komme. Der Erbschaftsteuerbescheid entfalte mit seiner Bekanntgabe materielle Wirkung. Aber im Grunde entst眉nden erst mit der darauf folgenden Zahlung der finanzielle Aufwand und damit die tats盲chliche Belastung mit Erbschaftsteuer, die im Rahmen des Leistungsf盲higkeits- und Verh盲ltnism盲脽igkeitsprinzips 蹿眉谤 die Vermeidung einer ungerechtfertigten Doppelbesteuerung relevant sein k枚nne. Keine Alternative sei der Verweis auf m枚gliche Schadensersatzanspr眉che gegen im Rahmen der Erbenermittlung beziehungsweise Nachlassverwaltung involvierte Dritte einschlie脽lich Beh枚rden oder Gerichte. Ungeachtet der damit verbundenen hohen rechtlichen H眉rden 盲ndere diese M枚glichkeit nichts an der vorliegenden steuerrechtlichen Problematik.
Rz. 9
Die Kl盲ger beantragen sinngem盲脽,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 28.10.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 28.01.2019 dahingehend zu 盲ndern, dass eine Steuererm盲脽igung nach 搂听35b EStG in H枚he von 鈥μ偓 gew盲hrt wird.
Rz. 10
Das FA beantragt,
die Revision 锄耻谤眉肠办锄耻飞别颈蝉别苍.
Rz. 11
Mit der Wortwahl "unterlegen" habe der Gesetzgeber auf das rechtliche Entstehen der Erbschaftsteuer abstellen wollen. Bewusst habe er dabei einen f眉nfj盲hrigen Beg眉nstigungszeitraum gew盲hlt, in dem Erbf盲lle regelm盲脽ig steuerlich erfasst w眉rden. Ausnahmen habe der Gesetzgeber in Kauf genommen. Im 脺brigen verweist das FA auf die FG-Entscheidung.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II.
Rz. 12
Die Revision ist unbegr眉ndet und deshalb nach 搂听126 Abs.听2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) 锄耻谤眉肠办锄耻飞别颈蝉别苍.
Rz. 13
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen 蹿眉谤 die beantragte Steuererm盲脽igung bei Belastung mit Erbschaftsteuer gem盲脽 搂听35b Satz听1 EStG nicht vorliegen (unten 1.). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass in Bezug auf die im Streitjahr ver盲u脽erten Beteiligungen die aufgrund des Erwerbs von Todes wegen entstandene Erbschaftsteuerbelastung bei der Einkommensteuerfestsetzung unber眉cksichtigt bleibt (unten 2.).
Rz. 14
1. Die tarifliche Einkommensteuer 蹿眉谤 das Streitjahr, die auf die Gewinne aus der Ver盲u脽erung der Beteiligungen entf盲llt, ist nicht um hierauf entfallende Erbschaftsteuer zu erm盲脽igen. Denn diese Eink眉nfte haben nicht im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeitr盲umen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen.
Rz. 15
a) Sind bei der Ermittlung des Einkommens Eink眉nfte ber眉cksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeitr盲umen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird gem盲脽 搂听35b Satz听1 EStG auf Antrag die um sonstige Steuererm盲脽igungen gek眉rzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Eink眉nfte entf盲llt, um den in 搂听35b Satz听2 EStG bestimmten Prozentsatz erm盲脽igt. Der Prozentsatz bestimmt sich nach dem Verh盲ltnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (搂听10 Abs.听1 ErbStG) die Freibetr盲ge nach den 搂搂听16 und 17 ErbStG und der steuerfreie Betrag nach 搂听5 ErbStG hinzugerechnet werden (搂听35b Satz听2 EStG).
Rz. 16
b) Beg眉nstigt sind nach 搂听35b Satz听1 EStG "Eink眉nfte", die "als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben". Bei sinngem盲脽em Verst盲ndnis erfasst 搂听35b EStG dabei die F盲lle, in denen der von Todes wegen hinzuerworbene Verm枚gensgegenstand --zum Beispiel nach einer einkommensteuerpflichtigen Ver盲u脽erung-- mit seinem Wert zus盲tzlich der Einkommensteuer unterworfen ist (so schon Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 07.12.1990听- X听R听72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350, unter II.2. und vom 21.12.1994听- I听R听79/94, BFHE 176, 417, BStBl II 1995, 321, unter II.1., jeweils zu 搂听35 EStG a.F. sowie nachfolgend auch BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听21). Die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) eingef眉hrte Vorschrift des 搂听35b EStG entspricht nahezu w枚rtlich der zwischen 1975 und 1998 geltenden und durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 aufgehobenen Bestimmung des 搂听35 EStG i.d.F. des Einkommensteuerreformgesetzes vom 05.08.1974 (BGBl I 1974, 1769) --EStG a.F.--. Dies war ausdr眉ckliches Ziel des Gesetzgebers (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008, BTDrucks 16/11107, S.听25). Aus diesem Grunde ist die zu 搂听35 EStG a.F. ergangene Rechtsprechung des BFH im Grundsatz auch 蹿眉谤 das Verst盲ndnis und bei der Auslegung des 搂听35b EStG zu ber眉cksichtigen (so schon BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听19).
Rz. 17
c) Eink眉nfte haben in dem Zeitpunkt "der Erbschaftsteuer unterlegen", in dem die Erbschaftsteuer 蹿眉谤 den korrespondierenden Erwerb nach Ma脽gabe von 搂听38 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. 搂听9 ErbStG rechtlich entstanden ist (zum Entstehungszeitpunkt unten aa). W盲hrend die Gesetzesfassung des 搂听35b EStG mit der 脺berschrift mehrdeutig ist (unten bb), spricht die Gesetzessystematik einschlie脽lich der Notwendigkeit, die Berechnung der Erm盲脽igung auch tats盲chlich durchf眉hren zu k枚nnen, 蹿眉谤 eine Ankn眉pfung an den Entstehungszeitpunkt der Erbschaftsteuer (unten cc). Weder aus dem Normzweck noch aus der Gesetzgebungsgeschichte ist etwas Gegenteiliges herzuleiten (unten dd).
Rz. 18
aa) Gem盲脽 搂听38 AO entsteht der Steueranspruch als Anspruch aus dem Steuerschuldverh盲ltnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das (Einzelsteuer-)Gesetz die Leistungspflicht kn眉pft. Dieser Entstehungszeitpunkt wird hinsichtlich der Erbschaftsteuer durch 搂听9 ErbStG bestimmt (allgemeine Meinung, vgl. nur Dr眉en in Tipke/Kruse, 搂听38 AO Rz听14; Schl眉cke in Gosch, AO 搂听38 Rz听94). Nach dem Grundtatbestand des 搂听9 Abs.听1 Nr.听1 ErbStG entsteht die Erbschaftsteuer bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers. Dieser materielle Steueranspruch ist unabh盲ngig von der Steuerfestsetzung (vgl. BFH-Urteile vom 06.02.1990听- VII听R听86/88, BFHE 160, 108, BStBl II 1990, 523, unter II.1.b听bb; vom 29.02.2012听- II听R听19/10, BFHE 237, 188, BStBl II 2012, 489, Rz听19; 蹿眉谤 Erstattungsanspr眉che s. BFH-Urteil vom 15.10.2019听- VII听R听31/17, BFHE 266, 121, BStBl II 2023, 262, Rz听19 und statt vieler Dr眉en in Tipke/Kruse, 搂听38 AO Rz听10, m.w.N.).
Rz. 19
bb) Der Wortlaut des 搂听35b Satz听1 EStG einschlie脽lich der amtlichen 脺berschrift der Norm ist nicht eindeutig.
Rz. 20
(1) Mit der Formulierung "der Erbschaftsteuer unterlegen" kann der Zeitpunkt der Entstehung, aber auch der Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaftsteuer gemeint sein.
Rz. 21
Demgegen眉ber bestehen nach dem Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte da蹿眉谤, dass damit der Zeitpunkt der Kl盲rung der Erbenstellung, der Erlangung der tats盲chlichen Verf眉gungsmacht 眉ber den Nachlass oder gar der Zahlung der Erbschaftsteuer gemeint sein k枚nnte. Diese Zeitpunkte sind lediglich (mittelbare) Folgen des Todes des Erblassers beziehungsweise der Festsetzung der Erbschaftsteuer. Wann der Erbgang endg眉ltig gekl盲rt ist, hat allenfalls Einfluss auf den m枚glichen Festsetzungszeitpunkt der Erbschaftsteuer (搂听170 Abs.听5 Nr.听1 AO). Die tats盲chliche Zugriffsm枚glichkeit auf den Nachlass hat demgegen眉ber grunds盲tzlich keine erbschaftsteuerliche Bedeutung. Schlie脽lich w盲re es eine 脺berdehnung des Wortlauts anzunehmen, ein Vorgang "unterliege" der Steuer noch nicht einmal bei einer durchsetzbaren Zahlungspflicht, sondern erst mit Zahlung, zumal der Zeitpunkt der Zahlung auch willk眉rlich sein kann.
Rz. 22
(2) Soweit die Kl盲ger darauf verweisen, dass im Rahmen der Auslegung des 搂听35b Satz听1 EStG auch die 脺berschrift der Norm in den Blick zu nehmen sei, die ausdr眉cklich auf eine "Belastung mit Erbschaftsteuer" abstellt, f眉hrt dies nicht zu einem anderen Ergebnis.
Rz. 23
(a) Zun盲chst dient diese Formulierung der Abgrenzung der --beg眉nstigten-- Erbschaftsteuerbelastung von der --nicht beg眉nstigten-- Schenkungsteuerbelastung. H枚chstrichterlich gekl盲rt ist, dass aufgrund des eindeutigen Wortlauts des 搂听35b Satz听1 EStG ("Erwerb von Todes wegen") Eink眉nfte, die sich bei Verm枚gensgegenst盲nden ergeben, die einer Vorbelastung mit Schenkungsteuer unterlegen haben, nicht beg眉nstigt sind (vgl. nur BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听22).
Rz. 24
(b) Weiter verdeutlicht die 脺berschrift, dass --wie schon im Fall des 搂听35 EStG a.F.-- der Hinzuerwerb tats盲chlich mit Erbschaftsteuer belastet worden sein muss (vgl. 蹿眉谤 搂听35 EStG a.F. BFH-Urteil vom 07.12.1990听- X听R听72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350, unter II.2.; ferner BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听24 蹿眉谤 搂听35b EStG). Daran fehlt es, wenn der hinzuerworbene Verm枚gensgegenstand keine Belastung mit Erbschaftsteuer ausgel枚st hat, etwa aufgrund eines Freibetrags nach 搂听16 ErbStG (BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听24). Lediglich die tats盲chlich anfallende Erbschaftsteuer will 搂听35b EStG ausgleichen. Eine dar眉ber hinausgehende Bedeutung kommt der 脺berschrift nicht zu. Insbesondere sagt sie nichts dar眉ber aus, wann 眉berhaupt erstmals eine "Belastung" eintritt. Folglich trifft sie auch keine Aussage 眉ber den Beginn des Beg眉nstigungszeitraums.
Rz. 25
cc) Die Gesetzessystematik, konkret das Zusammenspiel von 搂听35b EStG mit den Regelungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, spricht 蹿眉谤 eine Ankn眉pfung an 搂听9 ErbStG. Denn die in 搂听35b EStG vorgesehene Steuererm盲脽igung l盲sst sich nach Grund und Umfang nur dann sachgerecht ermitteln, wenn man auf den Entstehungszeitpunkt der Erbschaftsteuer abstellt. 搂听35b EStG muss handhabbar bleiben. Eine Auslegung, die in der Rechtsanwendung zu nicht oder nur schwer l枚sbaren Problemen f眉hrte, w盲re eine der Funktionalit盲t der Einkommensbesteuerung widersprechende Auslegung.
Rz. 26
(1) Aus diesem Grunde muss der Erm盲脽igungszeitraum zu einem klar definierten Zeitpunkt beginnen, der einfach feststellbar ist, aber auch 眉ber den Einzelfall hinaus eine gewisse Gleichm盲脽igkeit der Besteuerung gew盲hrleistet. Dies ist regelm盲脽ig der Entstehungszeitpunkt der Erbschaftsteuer, meist also der Todestag des Erblassers oder der Erblasserin. Dagegen variiert der Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaftsteuer je nach Einzelfall deutlich st盲rker. Im Fall von 脛nderungen des Erbschaftsteuerbescheids gibt es zudem mehrere Festsetzungszeitpunkte. Hier bliebe aber unklar, an welchen Zeitpunkt anzukn眉pfen w盲re. Soweit eine 脛nderung der Erbschaftsteuerfestsetzung zu einer 脛nderung des Erm盲脽igungsbetrags f眉hrt, stehen die 脛nderungsvorschriften der Abgabenordnung zur Verf眉gung. Es ist aber kein sachgerechtes Kriterium da蹿眉谤 ersichtlich, wie in einem solchen Fall der Erm盲脽igungszeitraum bestimmt werden sollte.
Rz. 27
Diesen 脺berlegungen steht nicht entgegen, dass, wie die Kl盲ger meinen, eine Erm盲脽igung nach 搂听35b Satz听2 EStG erst berechenbar w盲re, wenn die Erbschaftsteuer festgesetzt oder zumindest die Erbschaftsteuererkl盲rung abgegeben worden ist. Stehen in dem Zeitpunkt, in dem der Einkommensteuerbescheid erlassen wird, einzelne Besteuerungsgrundlagen --hier die H枚he des etwaigen Erm盲脽igungsbetrags-- noch nicht fest, kann auch dieser Unsicherheit mit entsprechenden verfahrensrechtlichen Mitteln im Rahmen der Einkommensbesteuerung ohne Weiteres Rechnung getragen werden. Schon um die Vorschrift auch tats盲chlich anwenden zu k枚nnen, erscheint es deshalb geboten, 搂听35b Satz听1 EStG so auszulegen, dass der f眉nfj盲hrige Beg眉nstigungszeitraum wie vom FG angenommen bereits mit der Entstehung der Erbschaftsteuer beginnt (so auch die allgemeine Ansicht in der Literatur, vgl. nur Schmidt/Kulosa, EStG, 42.听Aufl., 搂听35b Rz听12; Brandis/Heuermann/Schallmoser, 搂听35b EStG Rz听29; Fischer in Kirchhof/Seer, EStG, 22.听Aufl., 搂听35b Rz听2; Schultewolter in Bordewin/Brandt, 搂听35b EStG Rz听26, jeweils m.w.N.).
Rz. 28
(2) Zudem stellt nur die Ankn眉pfung an den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer sicher, dass der Umfang einer etwaigen Doppelbelastung innerhalb des Beg眉nstigungszeitraums auch tats盲chlich noch ermittelt werden kann. Das zeigt sich auch im Streitfall, in dem h盲tte festgestellt werden m眉ssen, in welchem Umfang die der Einkommensbesteuerung unterworfenen stillen Reserven auch bereits im Rahmen des Erbanfalls vorhanden waren und erbschaftsteuerpflichtig gewesen sind. Je l盲nger der ma脽gebende Stichtag zur眉ckliegt, desto gr枚脽ere Schwierigkeiten k枚nnen sich diesbez眉glich ergeben.
Rz. 29
dd) Der Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Das gilt insbesondere auch 蹿眉谤 Konstellationen, in denen --wie im Streitfall-- die Erbschaftsteuer so sp盲t festgesetzt wird, dass wegen Ablaufs des Erm盲脽igungszeitraums eine Doppelbelastung nicht mehr ausgeglichen werden kann.
Rz. 30
(1) 搂听35b EStG soll der "Doppelbelastung" bestimmter Verm枚genswerte mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer Rechnung tragen (vgl. nur BFH-Urteil vom 13.03.2018听- IX听R听23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz听24, unter Hinweis auf den Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008, BTDrucks 16/11107, S.听25). Dies sichert rechtstechnisch die in 搂听35b Satz听2 EStG vorgegebene Rechenformel. Jedoch macht schon die zeitliche Begrenzung der Steuererm盲脽igung in 搂听35b Satz听1 EStG auf lediglich f眉nf Veranlagungszeitr盲ume deutlich, dass der Gesetzgeber diese Doppelbelastung nicht in jedem Fall beseitigen wollte. Auch der Finanzausschuss formuliert in seinem Bericht vom 26.11.2008 (BTDrucks 16/11107, S.听25) dementsprechend, "[d]ie Regelung verringert Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer". Es geht folglich gerade nicht darum, jede Doppelbelastung auszuschlie脽en, sondern nur darum, H盲rten zu vermeiden.
Rz. 31
(2) Auch die teilweise l盲ngeren Fristen des Erbschaftsteuerrechts, innerhalb derer es zu einer Nachversteuerung kommen kann, zeigen, dass der Gesetzgeber in manchen F盲llen eine Doppelbelastung bewusst in Kauf genommen hat. Noch heute ist die Optionsverschonung nach 搂听13a Abs.听10 Satz听1 Nr.听2, 6 ErbStG an eine Lohnsummen- und Behaltensfrist von sieben Jahren gekn眉pft, die 眉ber die zeitliche Begrenzung des 搂听35b EStG hinausgeht. Eine Doppelbelastung kann deshalb im Fall der r眉ckwirkenden Nachversteuerung des Unternehmensverm枚gens ohne Abmilderung eintreten (so zu Recht Schultewolter in Bordewin/Brandt, 搂听35b EStG Rz听26).
Rz. 32
d) Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies, dass eine Erm盲脽igung der Einkommensteuer nach 搂听35b Satz听1 EStG schon deshalb ausscheidet, weil der Kl盲ger die KG-Beteiligungen au脽erhalb des dort genannten f眉nfj盲hrigen Zeitraums nach dem Tod der W ver盲u脽ert hat.
Rz. 33
e) Da es schon vom Wortlaut des 搂听35b Satz听1 EStG her auf ein Verschulden nicht ankommt, ist es vorliegend auch unerheblich, dass der Erbschein erst sechs Jahre nach dem Tod der Erblasserin erstellt worden ist und der Kl盲ger erst nach Erteilung des Erbscheins die einkommensteuerpflichtigen Eink眉nfte, um die es geht, 眉berhaupt erzielen konnte.
Rz. 34
f) In Bezug auf den F眉nf-Jahres-Zeitraum des 搂听35b Satz听1 EStG scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem盲脽 搂听110 Abs.听1 Satz听1 AO schon im Ansatz aus. Selbst wenn das Ende des F眉nf-Jahres-Zeitraums zugleich als Ablauf einer Frist zu verstehen sein sollte, handelte es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die keine "gesetzliche Frist" im Sinne des 搂听110 AO darstellt (vgl. insoweit nur BFH-Urteil vom 14.05.2002听- VIII听R听68/00, BFH/NV 2002, 1293, unter 2.).
Rz. 35
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn aufgrund der Begrenzung des Beg眉nstigungszeitraums des 搂听35b Satz听1 EStG auf f眉nf Jahre --wie vorliegend-- zum einen der Erwerb der Beteiligungen mit Erbschaftsteuer und zum anderen ihre Ver盲u脽erung mit Einkommensteuer belastet wird. Weder ist der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, noch ist eine etwaige verfassungsrechtlich zu beachtende Belastungsgrenze 眉berschritten.
Rz. 36
a) Die kumulierte Belastung des Steuerpflichtigen 蹿眉谤 die 眉bergehende Verm枚genssubstanz mit Erbschaftsteuer einerseits und des buchm盲脽igen Ver盲u脽erungsgewinns mit Einkommensteuer andererseits widerspricht schon deshalb nicht dem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.听3 Abs.听1 des Grundgesetzes (GG) hergeleiteten Leistungsf盲higkeitsprinzip, weil der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungspielraum bei der Wahl des Steuergegenstandes hat (vgl. nur Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17.11.1998听- 1听BvL听10/98, BStBl II 1999, 509, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1999, 295, unter III.1.b听bb). Ein Verfassungssatz, der den Gesetzgeber bei der Wahl des Steuergegenstandes verpflichtet, Steuern so aufeinander abzustimmen, dass keine mehrfachen Belastungen entstehen, existiert nicht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 08.01.1999听- 1听BvL听14/98, BStBl II 1999, 152; Senatsurteil vom 18.01.2011听- X听R听63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680, Rz听26, m.w.N.). W盲hrend die Einkommensteuer den durch den Steuerpflichtigen erwirtschafteten Zuwachs an steuerlicher Leistungsf盲higkeit erfasst, besteuert die Erbschaftsteuer den unentgeltlichen Verm枚genstransfer (so schon Senatsbeschluss vom 22.10.2008听- X听B听162/08, BFH/NV 2009, 156, unter 3.). Die beiden Steuerarten betreffen also "verschiedene Ebenen" (BFH-Urteil vom 26.11.1986听- II听R听190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175, unter II.1.d).
Rz. 37
b) Eine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der N盲he einer h盲lftigen Teilung ("Halbteilungsgrundsatz") l盲sst sich aus Art.听14 Abs.听1 Satz听1 und Abs.听2 Satz听2 GG nicht herleiten (BVerfG-Beschluss vom 18.01.2006听- 2听BvR听2194/99, BVerfGE 115, 97, HFR 2006, 507, unter C.II.2.a, dort 蹿眉谤 die Gesamtbelastung mit Einkommen- und Gewerbesteuer; ebenso bereits BFH-Urteil vom 11.08.1999听- XI听R听77/97, BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771). Daher kann auch eine Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer nicht die Eigentums- beziehungsweise Erbrechtsgarantie aus Art.听14 Abs.听1 GG verletzen, zumal die beiden Steuerarten an vollkommen unterschiedliche Vorg盲nge ankn眉pfen. Es fehlt an der erdrosselnden Wirkung der Steuern, da auch durch die Kombination beider Steuern der wirtschaftliche Erfolg nicht grundlegend beeintr盲chtigt wird (so schon Senatsurteil vom 18.01.2011听- X听R听63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680, Rz听27). Wie das FG zutreffend ausgef眉hrt hat, muss die tats盲chliche steuerliche Belastung des Kl盲gers im Zusammenhang mit den erzielten Ver盲u脽erungsgewinnen erheblich unter der im Klageverfahren seitens der Kl盲ger behaupteten Steuerbelastung von 73,9听% gelegen haben. Sie bewegt sich deshalb jedenfalls noch im verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Bereich.
Rz. 38
c) Soweit vertreten wird, dass die zeitliche Begrenzung des Beg眉nstigungszeitraums auf f眉nf Jahre verfassungsrechtlich zweifelhaft sei (so F眉ssenich in Kirchhof/S枚hn/Mellinghoff, EStG, 搂听35b Rz听B听61a und B听62, unter Bezugnahme auf Mellinghoff, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft 22 [1999], 127 [145]), vermag der Senat dem aus den vorgenannten Gr眉nden nicht zu folgen. Zwar m眉ssen sich nicht in jedem Fall die dargestellten Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Umfangs der Doppelbelastung realisieren. So erscheint es durchaus m枚glich, dass die Ermittlung der erbschaftsteuerlich vorbelasteten stillen Reserven im Einzelfall keine gr枚脽eren Probleme bereitet. Verfassungsrechtlich geboten ist eine Ausdehnung des zeitlichen Beg眉nstigungszeitraums jedoch nicht. Denn wie bereits dargelegt ist eine solche Abstimmung der Steuern aufeinander nicht n枚tig. Auch die g盲nzliche Abschaffung der Erm盲脽igungsvorschrift des 搂听35 EStG a.F. w盲re deshalb nicht verfassungswidrig gewesen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.01.2011听- X听R听63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680, Rz听26). Folglich kann der Gesetzgeber, der mit der Einf眉gung des 搂听35b EStG lediglich H盲rten in Bezug auf eine solche Doppelbesteuerung abmildern wollte, unter Praktikabilit盲tsgr眉nden eigene zeitliche Grenzen der Beg眉nstigung schaffen.
Rz. 39
3. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听135 Abs.听2 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 16251415 |
BFH/NV 2024, 841 |
BFH/PR 2024, 250 |
BStBl II 2024, 470 |
DStR 2024, 991 |
DStRE 2024, 633 |
NWB 2024, 1302 |
StuB 2024, 402 |
ZEV 2024, 405 |
ZEV 2024, 572 |
DStRK 2024, 184 |
ErbR 2024, 820 |
RdW 2024, 595 |
RdW 2024, 712 |
StX 2024, 278 |
RFamU 2024, 314 |