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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Abtretung und Pf盲ndung von ESt-Erstattungsanspr眉chen; Aufrechnungslage bei gegenseitiger Aufrechnungserkl盲rung
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Leitsatz (amtlich)
1. Ein Einkommensteuererstattungsanspruch wegen 脺berzahlung von Vorauszahlungen kann --unabh盲ngig von der Festsetzung der Jahressteuer-- mit Ablauf des Veranlagungszeitraums abgetreten und gepf盲ndet werden.
2. Hat der Steuerpflichtige einen gegen das FA gerichteten Erstattungsanspruch abgetreten und besteht im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige zugunsten des FA eine Aufrechnungslage, so kann das FA die Aufrechnung auch gegen眉ber dem Neugl盲ubiger erkl盲ren .
Die Aufrechnung ist jedoch nur solange m枚glich, wie im Zeitpunkt der Aufrechnungserkl盲rung die Aufrechnungslage noch fortbesteht. Erkl盲rt der Neugl盲ubiger seinerseits fr眉her als das FA mit der ihm abgetretenen Forderung gegen eigene Steuerschulden die Aufrechnung, geht die Aufrechnungserkl盲rung des FA ins Leere. F眉r ein Widerspruchsrecht des FA gegen eine fr眉here Aufrechnungserkl盲rung des Neugl盲ubigers ist kein Raum (Best盲tigung des Urteils des Senats vom 10.Februar 1976 VII R 37/72, BFHE 118, 526, BStBl II 1976, 549).
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Orientierungssatz
1. F眉r die Aufrechnungserkl盲rung ist keine besondere Form vorgeschrieben; sie kann m眉ndlich, schriftlich oder durch schl眉ssige --dem Erkl盲rungsempf盲nger erkennbare-- Handlung erfolgen (vgl. Rechtsprechung: BFH, BGH, RG). Da die Aufrechnungserkl盲rung eine einseitige, empfangsbed眉rftige Willenserkl盲rung darstellt, die ohne Zutun des Erkl盲rungsempf盲ngers rechtsgestaltend auf dessen Rechtsstellung einwirkt, mu脽 sich der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserkl盲rung ergeben (Literatur). Bestehen mehrere Forderungen, f眉hrt auch die Nichtbenennung der Gegenforderung nicht zur Unwirksamkeit der Aufrechnungserkl盲rung. Es gen眉gt, wenn die Gegenforderung bis zum Schlu脽 der m眉ndlichen Verhandlung konkretisiert wird (vgl. Rechtsprechung: BFH, BGH).
2. NV: Besteht 眉ber die H枚he der im Abrechnungsbescheid nach Jahr und Steuerart konkretisierten Steuerforderung des FA Einigkeit und streiten die Parteien lediglich dar眉ber, ob die --unstreitige-- Steuerforderung durch Aufrechnung des Kl盲gers erl枚schen konnte, mu脽 es hier f眉r die Bezeichnung der Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis i.S. des 搂 218 Abs. 2 AO 1977 gen眉gen, wenn die Forderung nach Art und Jahr bezeichnet und die --unstreitige-- H枚he bestimmbar ist.
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Normenkette
AO 1977 搂听37 Abs. 2, 搂搂听46, 226; EStG 搂 36 Abs.听1, 4 S. 2; BGB 搂听387 ff., 搂搂听388, 387; AO 1977 搂 218 Abs. 2; BGB 搂搂听396, 406
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Verfahrensgang
FG Baden-W眉rttemberg (Entscheidung vom 10.06.1988; Aktenzeichen IX K 349/87) |
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Steuerberater. Am 29.Juni 1983 reichten sie beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eine Abtretungsanzeige ein, nach der die Steuerpflichtige S ihren Erstattungsanspruch aus der noch durchzuf眉hrenden Einkommensteuerveranlagung 1982 wegen offener Honoraranspr眉che an die Kl盲ger abgetreten hatte. Im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige beliefen sich die Steuerschulden der Frau S aufgrund der Einkommensteuerveranlagung 1979 auf 53 572,30 DM, f盲llig seit dem 20.September 1982.
Die Einkommensteuerveranlagung 1982 mit Bescheiddatum vom 12.Juli 1983 f眉hrte zu einem Erstattungsanspruch von 10 611,40 DM. Auf dem an Frau S adressierten Steuerbescheid vermerkte das FA, da脽 die Erstattung mit f盲lligen Betr盲gen aus der Einkommensteuer 1979 verrechnet werde.
Au脽erdem teilte das FA mit am gleichen Tage abgesandten Schreiben (12.Juli 1983), das einen Erla脽antrag der Kl盲ger betraf, am Ende mit:
"Zu Ihrer am 29.6.1983 vorgelegten Abtretungsanzeige m枚chte ich noch
darauf hinweisen, da脽 das Finanzamt die Erstattungsanspr眉che zun盲chst mit
eigenen Anspr眉chen aufrechnet."
Mit Schreiben vom 15.Juli 1983 (zugegangen am selben Tage) 眉bersandten die Kl盲ger ihre Umsatzsteuervoranmeldungen f眉r Mai 1983 (9 942,50 DM) und Juni 1983 (10 270,50 DM) an das FA und erkl盲rten gleichzeitig die Aufrechnung gegen ihre Umsatzsteuerschuld von insgesamt 20 213 DM mit dem ihnen von Frau S abgetretenen Erstattungsanspruch i.H. von 10 611,40 DM.
Hierauf antwortete das FA mit Schreiben vom 26.Juli 1983, eine Aufrechnung durch die Kl盲ger sei nicht m枚glich, da wegen der im Zeitpunkt der Guthabenentstehung vorhandenen Steuerr眉ckst盲nde der Frau S kein Erstattungsanspruch bestanden habe, der an die Kl盲ger h盲tte abgetreten werden k枚nnen.
Das FA erlie脽 unter dem 16.November 1987 einen Abrechnungsbescheid, in dem ausgef眉hrt ist, da脽 sich der Erstattungsanspruch der Kl盲ger durch "Umbuchung" auf Steuerr眉ckst盲nde der Frau S auf "0 DM" belaufe.
Nach erfolglosem Einspruch wies das FG die Klage mit den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 611 abgedruckten Gr眉nden ab.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Der Abrechnungsbescheid vom 16.November 1987 ist rechtswidrig. Das FG hat zu Unrecht der Aufrechnungserkl盲rung der Kl盲ger die rechtliche Wirksamkeit abgesprochen.
++/ Die Rechtswidrigkeit des Abrechnungsbescheids ergibt sich allerdings nicht schon daraus, da脽 in dem Abrechnungsbescheid der Steueranspruch nicht nach Art, Jahr und Betrag bezeichnet worden ist, wie es nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich w盲re (Urteile vom 1. August 1979 VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714; vom 8. Juni 1966 VII 293/64, BFHE 86, 409, BStBl III 1966, 563). Wie das FG zutreffend ausgef眉hrt hat, ist Gegenstand der Anfechtungsklage gem盲脽 搂 44 Abs. 2 FGO der Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat. Da in der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 1987 Steuerart und Jahr genannt sind, ist das Fehlen dieser Angaben im Bescheid geheilt. Da脽 jedoch auch in der Einspruchsentscheidung Angaben 眉ber den Betrag der Steuerforderung fehlen, ist unter den vorliegenden Umst盲nden unsch盲dlich, denn die Anforderungen, die an die Bezeichnung der "Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis" im Sinne des 搂 218 Abs. 2 AO 1977 zu stellen sind, hat der Senat aus dem Zweck des Abrechnungsbescheides hergeleitet, Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzbeh枚rde dar眉ber zu beseitigen, ob Zahlungspflichten erloschen sind oder nicht (BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714). Aufgrund der beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte (Urteil vom 1. August 1979: Verj盲hrung ohne Trennung der Veranlagungszeitr盲ume nicht pr眉fbar; Urteil vom 8. Juni 1966: Zusammenfassung von mehreren Arten und Jahren von Lohnabzugsbetr盲gen) war aber in den Urteilsf盲llen eine Beseitigung der Meinungsverschiedenheiten ohne n盲here Aufschl眉sselung der Steuerforderungen nach Art, Jahr und Betrag nicht m枚glich. Da hier jedoch 眉ber die H枚he der nach Jahr und Steuerart konkretisierten Steuerforderung Einigkeit bestand und die Parteien lediglich dar眉ber streiten, ob die --unstreitige-- Steuerforderung durch die Aufrechnung der Kl盲ger in H枚he von 10 611,40 DM erl枚schen konnte, mu脽 es hier f眉r die Bezeichnung der Anspr眉che gen眉gen, wenn die Forderung nach Art und Jahr bezeichnet und die --unstreitige-- H枚he bestimmbar ist. /++
1. Die Kl盲ger sind aufgrund der Abtretungsanzeige vom 29. Juni 1983 Rechtsnachfolger hinsichtlich des Steuererstattungsanspruchs der Frau S geworden.
Der Senat folgt insoweit nicht der Ansicht des FA, da脽 die Abtretung des Erstattungsanspruchs wirksam erst nach Festsetzung der Einkommensteuer 1982 am 12.Juli 1983 habe erfolgen k枚nnen; denn der Erstattungsanspruch war bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1982 entstanden, so da脽 die Abtretung gem盲脽 搂 46 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) dem FA seit dem 1.Januar 1983 wirksam angezeigt werden konnte.
a) Allerdings ist die Frage, wann ein Erstattungsanspruch entsteht, streitig. Nach der sog. "materiellen Rechtsgrundtheorie" (BFH-Urteil vom 7.M盲rz 1968 IV R 278/66, BFHE 92, 153, BStBl II 1968, 496, 498; Beschlu脽 des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 14.Dezember 1984 8 B 112/84, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1985, 483; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., 搂 37 AO 1977 Tz.14; Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 8.Aufl. 1989, 搂 37 Anm.1, 搂 42 Anm.7; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 搂 36, Anm.16; Fischer in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9.Aufl., 搂 38 AO 1977, Anm.77-82; Halaczinsky in Koch, Abgabenordnung, 3.Aufl., 搂 38, Anm.7) entsteht dieser bei 脺berzahlung mit Ablauf des Besteuerungs- bzw. Veranlagungszeitraums. Nach der "formellen Rechtsgrundtheorie" (BFH-Urteil vom 18.Dezember 1986 I R 52/83, BFHE 149, 440, BStBl II 1988, 521; Klein-Orlopp, Abgabenordnung, 4.Aufl., 搂 38, Anm.3d; Offerhaus in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., 搂 37 AO 1977, Anm.49; K眉hn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15.Aufl., 搂 37 AO 1977, Anm.6, 搂 46 AO 1977 Anm.4; differenzierend zwischen Erstattungsanspr眉chen nach Vorauszahlungen und fehlerhaft festgesetzten Steuern: S枚hn, Steuerrechtliche Folgenbeseitigung durch Erstattung 1973, 144 ff.) f眉hrt dagegen erst die 脛nderung der einer Erstattung entgegenstehenden Steuerfestsetzung --hier der Einkommensteuervorauszahlungsbescheide der Frau S-- zum Entstehen des Anspruchs.
b) Welcher Auffassung grunds盲tzlich der Vorzug zu geben ist, braucht hier nicht abschlie脽end entschieden zu werden. Jedenfalls f眉r den Bereich der Abtretung und Pf盲ndung von Einkommen- und Lohnsteuererstattungsanspr眉chen (搂 46 Abs.1, Abs.2 und 6 AO 1977 i.V.m. 搂 36 Abs.4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- bzw. 搂 42 Abs.1 EStG) folgt der Senat der Auffassung, da脽 diese entsprechend der allgemeinen Praxis (vgl. Bundesminister der Finanzen, Anwendungserla脽 zur Abgabenordnung zu 搂 46, BStBl I 1987, 664) bereits mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungs- bzw. Lohnzahlungszeitraums abtretbar und pf盲ndbar sind.
aa) Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis entstehen gem盲脽 搂 38 AO 1977, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht kn眉pft. Der Einkommensteuererstattungsanspruch entsteht somit unmittelbar kraft Gesetzes mit Vollendung des Veranlagungszeitraumes, sobald und soweit die Summe der Vorauszahlungen die materiell geschuldete Steuer 眉bersteigt (搂 36 Abs.1 i.V.m. Abs.4 Satz 2 EStG). Wollte man dagegen die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige ebenso wie die Wirksamkeit einer Pf盲ndung des Erstattungsanspruchs in F盲llen vorhergehender Einkommensteuervorauszahlungen von der Festsetzung der Jahressteuer abh盲ngig machen, w盲re eine wirtschaftlich sinnvolle Abtretung oder Pf盲ndung von Erstattungsanspr眉chen praktisch ausgeschlossen; erfolgte n盲mlich die Abtretungsanzeige oder Pf盲ndungsverf眉gung vor der dem Gl盲ubiger unbekannten Zustellung des Steuerbescheides, w盲ren beide gem盲脽 搂 46 Abs.2 bzw. Abs.6 AO 1977 rechtlich unwirksam, erfolgte sie nach Bekanntgabe und Auszahlung der Steuererstattung, ginge sie wegen Erl枚schens des Zahlungsanspruchs ins Leere. Dies entspr盲che jedoch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Mit der Ausschlie脽ung von Abtretungen und Pf盲ndungen vor Entstehen des Steuererstattungsanspruchs durch die Neufassung des 搂 46 der Reichsabgabenordnung (AO) mit der AO 1977 wollte der Gesetzgeber nur die Finanzverwaltung davor sch眉tzen, sich bereits zu einem Zeitpunkt mit Abtretungen und Pf盲ndungen befassen zu m眉ssen, in dem der Anspruch noch nicht entstanden, "geschweige denn ein zur Auszahlung f眉hrendes Verfahren beantragt worden ist" (Begr眉ndung zum Regierungsentwurf, BTDrucks VI, 1982 S.113). Es war jedoch keineswegs beabsichtigt, Pf盲ndung und Abtretung wirtschaftlich unm枚glich zu machen. Pf盲ndung und Abtretung w盲ren danach rechtlich nur noch in dem seltenen Ausnahmefall m枚glich, wenn diese in dem kurzen Zeitraum zwischen Bescheidbekanntgabe und Auszahlung vorgenommen w眉rden.
bb) Da脽 der Gesetzgeber den Zeitpunkt der Steuerentstehung (搂 38 AO 1977) von dem der Festsetzung (搂搂 155 ff. AO 1977) und der F盲lligkeit (搂 220 AO 1977) unterscheidet, ergibt sich zudem ausdr眉cklich aus der Gesetzesbegr眉ndung. Dort (a.a.O.) hei脽t es zu 搂 38 AO 1977:
"Die Vorschrift regelt nach dem Vorbild des 搂 3 Abs.1 StAnpG die Frage, in
welchem Zeitpunkt der Steueranspruch entsteht. Der Begriff des
Steueranspruchs bezeichnet den abstrakten Anspruch, der noch nicht durch
Steuerfestsetzung konkretisiert zu sein braucht."
Auch im Vorl盲ufer des 搂 38 AO 1977, dem 搂 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), hie脽 es in Absatz 2:
"Auf die Entstehung der Steuerschuld ist es ohne Einflu脽, ob und wann die
Steuer festgesetzt wird und wann die Steuer zu entrichten (wann sie
f盲llig) ist."
搂 3 Abs.2 StAnpG wurde nur deshalb nicht mit in die Neufassung des 搂 38 AO 1977 眉bernommen, weil 搂 3 Abs.2 StAnpG "etwas Selbstverst盲ndliches" (BTDrucks a.a.O.) enthalte.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kam es somit f眉r die Frage der Entstehung des Steueranspruchs (Erstattungsanspruchs) und damit der Wirksamkeit der Abtretungsanzeige einer Steuererstattung allein auf den mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandenen abstrakten Anspruch, und nicht auf die Aufhebung der Vorauszahlungsbescheide durch den Jahressteuerbescheid an, so da脽 die dem FA am 29.Juni 1983 angezeigte Abtretung wirksam war.
cc) Im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des I.Senats des BFH in BFHE 149, 440, BStBl II 1988, 521 bedurfte es keiner Vorlage an den Gro脽en Senat gem盲脽 搂 11 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da die Frage der Entstehung des Erstattungsanspruchs dort nicht entscheidungserheblich war; denn da脽 die vom Bundesamt f眉r Finanzen (BfF) erstattete Kapitalertragsteuer nur dann vom Steuerpflichtigen zur眉ckgefordert werden konnte, wenn zuvor der Freistellungsbescheid aufgehoben worden ist, ergibt sich bereits unabh盲ngig von der Frage des Entstehungszeitpunkts aus 搂 218 Abs.1 AO 1977. Ebensowenig zwingt das Urteil des V.Senats vom 18.M盲rz 1976 V R 127/71 (BFHE 118, 163, BStBl II 1976, 438) zur Vorlage, da dieses Urteil in den Gr眉nden mit der hier vertretenen Rechtsauffassung 眉bereinstimmt und nur im Leitsatz 2 (abweichend nur f眉r den Erstattungszahlungsanspruch) zu weit gefa脽t ist (kritisch dazu schon BVerwG in HFR 1985, 483).
2. Die Kl盲ger haben auch mit dem von ihnen am 29.Juni 1983 erworbenen Erstattungsanspruch in H枚he von 10 611,40 DM am 15.Juli 1983 wirksam die Aufrechnung gegen die Umsatzsteuerforderung des FA aufgrund der am selben Tage eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen erkl盲rt. Die beiden Erkl盲rungen des FA vom 12.Juli 1983 enthalten dagegen keine wirksame Aufrechnungserkl盲rung.
a) Der Hinweis an Frau S in dem Einkommensteuerbescheid 1982, da脽 die Erstattung mit f盲lligen Steuerbetr盲gen aufgerechnet werde, ist rechtlich ohne Bedeutung. Gem盲脽 搂 406 BGB kann der Schuldner eine ihm gegen眉ber dem bisherigen Gl盲ubiger zustehende Forderung nur dem neuen Gl盲ubiger gegen眉ber aufrechnen. Neue Gl盲ubiger waren seit dem 29.Juni 1983 aber die Kl盲ger.
b) Das Schreiben vom 12.Juli 1983 ist zwar richtig an die Kl盲ger als Neugl盲ubiger adressiert worden, es enth盲lt aber inhaltlich --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- keine wirksame Aufrechnungserkl盲rung.
F眉r die Aufrechnungserkl盲rung ist keine besondere Form vorgeschrieben; sie kann m眉ndlich, schriftlich oder durch schl眉ssige --dem Erkl盲rungsempf盲nger erkennbare-- Handlung erfolgen (BFH-Urteil vom 3.November 1983 VII R 153/82, BFHE 140, 10, BStBl II 1984, 184; Entscheidung des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20.Juni 1962 V ZR 219/60, BGHZ 37, 233, 244; Urteil des Reichsgerichts --RG-- vom 17.Oktober 1904 VI 587/03, RGZ 59, 207, 211; Palandt/Heinrichs, B眉rgerliches Gesetzbuch, 搂 388, Anm.1). Da die Aufrechnungserkl盲rung eine einseitige, empfangsbed眉rftige Willenserkl盲rung darstellt, die --wie eine K眉ndigungs- oder R眉cktrittserkl盲rung-- ohne Zutun des Erkl盲rungsempf盲ngers rechtsgestaltend auf dessen Rechtsstellung einwirkt, mu脽 sich der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserkl盲rung ergeben (Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 226 AO 1977, Tz.18; Palandt/Heinrichs, a.a.O., 脺berbl. v. 搂 104 Anm.3d). Bestehen mehrere Forderungen, f眉hrt auch die Nichtbenennung der Gegenforderung nicht zur Unwirksamkeit der Aufrechnungserkl盲rung, wie sich aus 搂 396 Abs.1 Satz 2 des B眉rgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt (Urteil in BFHE 140, 10, BStBl II 1984, 184; BGH- Urteil vom 21.Dezember 1959 II ZR 261/58, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift f眉r Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1960, 491). Es gen眉gt, wenn die Gegenforderung bis zum Schlu脽 der m眉ndlichen Verhandlung konkretisiert wird (Urteil in BFHE 140, 10, BStBl II 1984, 184).
Die Auffassung des FG, da脽 die Erkl盲rung des FA vom 12.Juli 1983 keine wirksame Aufrechnungserkl盲rung enthalte, ist danach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (搂搂 133, 157 BGB, 118 Abs.2 FGO). Wie es auch die OFD gesehen hat, gen眉gt der Hinweis des FA, da脽 es die Erstattungsanspr眉che zun盲chst mit eigenen Anspr眉chen aufrechne, diesen Anforderungen nicht. Diese Erkl盲rung l盲脽t nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob es sich hierbei nur um einen rechtlichen Hinweis auf eine zuk眉nftige, noch erfolgende Aufrechnung handelt, oder ob die Erkl盲rung hier und jetzt die Tilgungs- und Verrechnungswirkung bewirken sollte. Au脽erdem l盲脽t das Schreiben noch nicht einmal erkennen, ob mit Anspr眉chen gegen die Altgl盲ubigerin oder gegen die Neugl盲ubiger aufgerechnet werden soll. Wie sich aus dem Schreiben des FA vom 26.Juli 1983 ergibt, war das FA der unzutreffenden Rechtsauffassung, da脽 durch die Umbuchung das Entstehen eines Erstattungsanspruchs von vornherein verhindert w眉rde, so da脽 sich die Notwendigkeit einer Aufrechnungserkl盲rung gegen眉ber den Neugl盲ubigern --wie sie 搂 406 BGB fordert-- nicht mehr stellte.
c) Soweit das FA am 26.Juli 1983 oder erst mit dem Abrechnungsbescheid vom 16.November 1987 die Aufrechnung gegen眉ber den Kl盲gern erkl盲rt hat, kam diese zu sp盲t, da die Kl盲ger schon durch ihre fr眉here Aufrechnungserkl盲rung am 15.Juli 1983 die Erstattungsforderung durch Aufrechnung gegen eigene Steuerschulden zum Erl枚schen gebracht hatten (搂 226 Abs.1 AO 1977, 搂 389 BGB).
Wie der Senat bereits mit Urteil vom 10.Februar 1976 in BFHE 118, 526, BStBl II 1976, 549 entschieden hat, kann zwar das FA auch gegen眉ber dem Neugl盲ubiger mit seiner gegen den Altgl盲ubiger gerichteten Forderung gegen einen abgetretenen Steuererstattungsanspruch aufrechnen, wenn die Aufrechnungslage schon im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige bestand (搂 226 Abs.1 AO 1977, 搂 406 BGB). Solange das aber nicht geschehen ist, kann der Neugl盲ubiger seinerseits mit der auf ihn 眉bergegangenen Forderung des Altgl盲ubigers gegen seine eigene Steuerschuld aufrechnen.
An dieser Rechtsauffassung, die von Tipke/Kruse (a.a.O., 搂 226 AO 1977, Anm.10), v. Wallis (in H眉bschmann/Hepp/Spitaler,a.a.O., 搂 226 AO 1977, Anm.21) sowie Roth (in M眉nchener Kommentar zum B眉rgerlichen Gesetzbuch 2.Aufl., 搂 406, Anm.12) geteilt wird (a.A. Tiedtke, a.a.O.) h盲lt der Senat fest.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das FG herausgestellt, da脽 搂 406 BGB der Gedanke des Schuldnerschutzes zugrunde liegt. Der Schuldner, der sich im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige gegen die Forderung des Altgl盲ubigers durch Aufrechnung verteidigen konnte, soll durch Vorg盲nge in der Gl盲ubigersph盲re nicht ung眉nstiger gestellt werden, als es vor der Abtretung der Fall war (BFH-Urteil vom 25.April 1989 VII R 36/87, BFHE 156, 392). Aufgrund der Aufrechnungsm枚glichkeit braucht sich der Schuldner wirtschaftlich nicht mehr als Schuldner zu f眉hlen. Er kann mit der Aufrechnungserkl盲rung warten, bis der Gl盲ubiger durch Geltendmachung seiner Forderung hierzu Anla脽 bietet und sich durch die Aufrechnungserkl盲rung (搂 388 BGB) mit r眉ckwirkender Kraft (搂 389 BGB) von der Schuld befreien (Mugdan, Motive zum B眉rgerlichen Gesetzbuch II, S.131 ff.; Protokolle zum Entwurf eines B眉rgerlichen Gesetzbuches, S.367; Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 14.September 1932 II A 367/32, RStBl 1932/931; BGH-Urteil vom 17.April 1958 II ZR 335/56, BGHZ 27, 123, 125).
bb) Der Schutz des Schuldners ist jedoch nicht unbegrenzt. Die R眉ckwirkung der Aufrechnungserkl盲rung kann nur solange mit Tilgungswirkung gelten, wie die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der Aufrechnungserkl盲rung noch vorhanden ist und damit das rechtliche Band zwischen Aufrechnungslage und -erkl盲rung noch fortbesteht (Staudinger/Kaduk, B眉rgerliches Gesetzbuch, 12.Aufl., 搂 389, Anm.53). Es ist z.B. anerkannt, da脽 die Aufrechnungsm枚glichkeit dem Schuldner wieder verlorengeht und er die Zahlung nicht zur眉ckfordern kann, wenn er versehentlich --in Unkenntnis der Aufrechnungslage-- Zahlungen leistet und damit die Hauptforderung zum Erl枚schen bringt (RGZ 120, 280, 281; Palandt/Thomas, B眉rgerliches Gesetzbuch, 搂 813, Anm.2b; v. Feldmann in M眉nchener Kommentar zum B眉rgerlichen Gesetzbuch, 搂 389, Anm.1; ebenso schon Mugdan, Motive II S.109). Die R眉ckwirkung der Aufrechnungserkl盲rung bedeutet --entgegen der Rechtsauffassung der OFD in der Beschwerdeentscheidung-- eben nicht, da脽 der Schuldner so gestellt wird, als h盲tte er die Aufrechnung im Zeitpunkt der Aufrechnungslage erkl盲rt (dann w盲re die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt und kondizierbar). Nicht die Aufrechnungserkl盲rung selbst wird als zu einem fr眉heren Zeitpunkt abgegeben fingiert; lediglich die Forderungen gelten bei wirksamer Aufrechnungserkl盲rung als in einem fr眉heren Zeitpunkt erloschen (Staudinger, a.a.O., 搂 389, Anm.48).
cc) Hierdurch wird auch der Schutz des Schuldners nicht vernachl盲ssigt, soweit dieser auf die Wahrung seiner Rechte bedacht ist. Droht dem FA aufgrund der Abtretungsanzeige die Gefahr, da脽 der Neugl盲ubiger mit einer Gegenaufrechnung die Aufrechnung des FA vereitelt, so kann es sich davor sch眉tzen, indem es dem Neugl盲ubiger zuvorkommt. Dazu ist es auch regelm盲脽ig nicht nur --wie die Kl盲ger meinen-- aufgrund seines Informationsvorsprunges in der Lage, sondern auch aus Rechtsgr眉nden. F眉r das FA ergibt sich ein zeitlicher Vorsprung f眉r eine wirksame Aufrechnungserkl盲rung daraus, da脽 der Neugl盲ubiger mit seiner Aufrechnung solange ausgeschlossen ist, wie die Gegenforderung (hier der abgetretene Erstattungsanspruch) noch nicht f盲llig ist, f眉r das FA als Schuldner mu脽 jedoch dieselbe Forderung nur erf眉llbar sein (搂 387 BGB). So konnten im Streitfall die Kl盲ger ihre Aufrechnung fr眉hestens am 15.Juli 1983 mit F盲lligkeit des Einkommensteuererstattungsanspruchs 1982 durch Bekanntgabe des Steuerbescheides (搂 36 Abs.4 Satz 2 EStG, 搂 122 Abs.2 AO 1977) erkl盲ren. Das FA h盲tte jedoch schon seit dem 1.Januar 1983 --wozu jedenfalls seit Eingang der Abtretungsanzeige am 29.Juni 1983 Veranlassung bestand-- die Aufrechnung erkl盲ren k枚nnen, denn die Forderung, die das FA schon vor der Abtretungsanzeige gegen眉ber Frau S besa脽 und mit der es gegen眉ber den Kl盲gern gem盲脽 搂 406 BGB aufrechnen konnte (die Einkommensteuerschuld 1979), war schon seit dem 20.September 1982 f盲llig. Die dem FA obliegende Schuld (Einkommensteuererstattung 1982) war auch vor Festsetzung der Steuererstattung erf眉llbar, denn gem盲脽 搂 271 Abs.2 BGB ist der Schuldner berechtigt, die ihm obliegende Leistung schon vor F盲lligkeit zu erf眉llen. Auf die Festsetzung des Anspruchs durch einen Steuerbescheid kommt es f眉r die Erf眉llbarkeit nicht an (ebenso schon BFH-Urteil vom 10.November 1953 I 108/52 S, BFHE 58, 294, BStBl III 1954, 26; Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 226 AO 1977, Tz.13; Palandt/Heinrichs, a.a.O., 搂 387, Anm.5).
Besitzt daher das FA im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige, mit der ihm die Abtretung eines voraussichtlichen Steuererstattungsanspruchs an den Neugl盲ubiger angezeigt wird, eine f盲llige Gegenforderung gegen den Altschuldner, so kann es sich hiervon sofort durch Aufrechnungserkl盲rung befreien. Erweist sich sp盲ter die zur Aufrechnung gestellte erwartete Steuererstattung aufgrund der Steuerfestsetzung ganz oder teilweise als gegenstandslos, so wird die Aufrechnung des FA gegen眉ber dem Neugl盲ubiger in demselben Umfang r眉ckwirkend unwirksam (BFH-Urteil vom 5.August 1986 VII R 167/82, BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8).
Die vom Senat vertretene Rechtsauffassung, nach welcher die Aufrechnungserkl盲rung nur solange die Aufrechnung bewirkt, wie die Aufrechnungslage fortbesteht, f眉hrt somit auch zu materiell nicht unbilligen, den Schuldnerschutz nicht vernachl盲ssigenden Ergebnissen.
dd) F眉r das vom FG er枚rterte Widerspruchsrecht des FA gegen eine fr眉here Aufrechnungserkl盲rung des Neugl盲ubigers aufgrund einer analogen Anwendung der 搂 396 Abs.1 i.V.m. 搂 366 Abs.2 BGB besteht kein Raum, da es an einer sog. "planwidrigen Regelungsl眉cke" fehlt (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5.Aufl. 1983, S.365 ff., 374). Bei 搂 396 Abs.1 BGB handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die dem Gl盲ubiger f眉r den besonderen Fall, da脽 der Schuldner bei der Aufrechnung bei einer Mehrheit von Forderungen einen ihm nicht genehmen Verrechnungsmodus bestimmt, ein Widerspruchsrecht einr盲umt. Bei einer analogen Anwendung dieser Sonderregelung w眉rde aber der im Recht der Forderungen geltende Priorit盲tsgrundsatz (Palandt/Heinrichs, a.a.O., 搂 398, Anm.6c m.w.N.) in sein Gegenteil verkehrt. Auch 搂 357 BGB, wonach eine fr眉here R眉cktrittserkl盲rung wegen Nichterf眉llung unwirksam wird, wenn der andere Teil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und unverz眉glich nach dem R眉cktritt die Aufrechnung erkl盲rt, zeigt, da脽 der Gesetzgeber nur dort ein Widerspruchsrecht geregelt hat, wo er es aus besonderen Gr眉nden zulassen wollte. Auch aus Gr眉nden des Schuldnerschutzes ist --wie dargelegt-- eine analoge Anwendung nicht geboten.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 63372 |
BFH/NV 1990, 41 |
BStBl II 1990, 523 |
BFHE 160, 108 |
BFHE 1991, 108 |
BB 1990, 1404 |
BB 1990, 1404-1406 (LT) |
HFR 1990, 413 (LT) |
StE 1990, 208 (K) |