Nachträgliche Sonderwünsche beim Grundstückserwerb II

Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Die Steuer bemisst sich bei der Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG gehören auch solche Leistungen zur Gegenleistung i. S. d. § 8 Abs. 1 GrEStG, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.
Sachverhalt: Kläger erwarb Ausbauhaus zu einem Festpreis
Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag von der X GbR (Veräußerin) einen Teil eines mit einer Doppelhaushälfte als Ausbauhaus zu einem Festpreis. Die Veräußerin verpflichtete sich, das Doppelhaus auf dem Grundstück zu errichten.
Der Kaufpreis umfasste nach § 3 des Vertrags die Kosten für den Grund und Boden sowie die Kosten für die Errichtung des Kaufobjekts einschließlich Architekten- und Statikergebühren. Bauweise, Größe und Ausstattung des Ausbauhauses richtete sich nach der beurkundeten Bau- und Leistungsbeschreibung (BLB) Ausbauhaus 2015, die dem Grundstückskaufvertrag beigefügt wurde. In der Baubeschreibung war u. a. die Hausanschlüsse Gas, Wasser und Entwässerung wie folgt beschreiben: Es werden die Anträge auf den Bauherrn direkt gestellt. Die Anschlusskosten hat der äܴڱ zu tragen.
Mit Bescheid vom 14.6.2016 setzte das Finanzamt (FA) die Grunderwerbsteuer fest.
Vereinbarungen über Sonderwünsche
Unter dem 14.1.2019 forderte das FA den Kläger auf mitzuteilen, ob weitere Leistungen bei dem Verkäufer in Auftrag gegeben wurden und bat um Übersendung einer Abschlussrechnung. Der Kläger übersandte daraufhin Rechnungen der beauftragten Handwerker in Kopie. Hierbei handelte es sich sowohl um Rechnungen der ձäܴڱ als auch um Rechnungen anderer Handwerksunternehmen. Neben den DzԻüԲ insbesondere für Innentüren, Rolllädenmotoren, Arbeiten und Materialien für Bodenbelägen beinhalteten diese zudem die Aufwendungen für die Anschlusskosten.
Das FA sah in den von der Veräußerin in Rechnung gestellten Leistungen zusätzliche Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG und erließ einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid vom 19.2.2019, in dem es Grunderwerbsteuer i. H. v. 978 EUR festsetzte.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung als ܲԲüԻ zurückgewiesen wurde. Das FA hielt daran fest, dass die von der Veräußerin in Rechnung gestellten Leistungen zusätzliche Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG seien. Auch die von der Veräußerin in Rechnung gestellten Hausanschlusskosten seien einzubeziehen. Die Rechnungen seien an die Veräußerin adressiert gewesen, so dass diese Schuldnerin dieser Beträge gewesen sei. Die Weitergabe der Kosten stelle eine Übernahme der Zahlungsverpflichtung der Veräußerin durch den Kläger dar.
Die Klage vor dem FG blieb erfolglos.
Entscheidung: BFH hebt Vorentscheidung auf und gibt Klage teilweise statt
Auf die Revision des Klägers hin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben, als die Leistungen für die Hausanschlusskosten als zusätzliche Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG angesetzt worden sind. Mit seinem weitergehenden Antrag konnte der Kläger hingegen keinen Erfolg haben, so dass die Klage im Übrigen abzuweisen war.
Zusätzliche Leistungen als Teil der Gegenleistung
- Zusätzliche Leistungen, zu denen sich der Erwerber bereits bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrags verpflichtet, gehören zu den übernommenen sonstigen Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Demgegenüber werden von § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen erfasst. Das Entstehen der Steuer für nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen ist dabei tatbestandsmäßig an zweiմǰܲٳܲԲ geknüpft. Zum einen muss bereits ein Erwerbsvorgang i. S. v. § 1 Abs. 1 GrEStG vorliegen. Hinzu kommen muss, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind. Die beiden tatbestandsmäßigen Voraussetzungen bedürfen darüber hinaus eines rechtlichen Zusammenhangs, um die Rechtsfolge des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auszulösen.
- Diese Grundsätze gelten auch beim Erwerb eines Grundstücks mit noch zu errichtendem Gebäude, und zwar unabhängig davon, ob die Errichtung des Gebäudes in dem tatbestandsausfüllenden Rechtsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vereinbart ist oder in einem zweiten Vertrag, und unabhängig davon, ob in letzterem Fall die Annahme eines Grundstückserwerbs mit Gebäude auf einem rechtlichen oder einem objektiv engen sachlichen Zusammenhang beider Verträge beruht.
- Hiervon ausgehend hat das FG zu Recht entschieden, dass die von der Veräußerin in Rechnung gestellten Beträge insbesondere für Innentüren, Rolllädenmotoren, Arbeiten und Materialien für Bodenbelägen zusätzliche Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sind, die in einem gesonderten Bescheid zu erfassen sind.
Hausanschlusskosten allerdings keine Sonderwünsche
Das FG ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Hausanschlusskosten zusätzliche Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sind.
Die Verpflichtung des Klägers zur Übernahme dieser Kosten erfolgte bereits im notariell beurkundeten Vertrag. Nach Nr. 19 BLB verpflichtete sich die Veräußerin, die Anträge auf den Bauherrn direkt zu stellen, so dass der Kläger die Kosten zu tragen hatte. Leistungen, zu denen sich der Erwerber bereits bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrags zusätzlich verpflichtet, gehören zu den übernommenen sonstigen Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Der Zeitpunkt der Rechnungslegung der konkreten Beträge oder der Zeitpunkt der Zahlung der Gegenleistung ist für die Einordnung einer Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG oder nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG unerheblich.
Keine abschließende Entscheidung zur Behandlung der Hausanschlusskosten
- Der Senat kann offen lassen, ob die Hausanschlusskosten als Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG in dem den ursprünglichen Grundstückserwerb betreffenden Grunderwerbsteuerbescheid zu erfassen wären oder ob es sich ggf. um nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende eigennützige Erwerberleistungen handelt. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist der Grunderwerbsteuerbescheid vom 19.2.2019, dem der Erwerbstatbestand nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufgrund einer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zugrunde liegt. Die Hausanschlusskosten sind keine zusätzlichen Leistungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, die in dem streitgegenständlichen gesonderten Bescheid vom 19.2.2019 zu erfassen sind.
- Offen bleiben kann auch, ob es sich bei der Weitergabe der Kosten an den Kläger um eine Übernahme einer Zahlungsverpflichtung des Veräußerers handelt, wie das FG in Übereinstimmung mit dem FA meint. Eine solche Übernahme einer entstandenen Zahlungsverpflichtung des Veräußerers im Vertrag über den Erwerb des Grundstücks wäre ebenfalls als sonstige Leistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG im ursprünglichen Bescheid zu erfassen
; veröffentlicht am 6.3.2025
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