Schuldzinsenabzug bei unentgeltlicher ÜٰܲԲ eines Teils des Vermietungsobjekts

Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in Zusammenhang stehen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf die Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Einkünfteerzielung getätigt werden.
Sachverhalt: Behandlung von Schuldzinsen nach unentgeltlicher ÜٰܲԲ eines Miteigentumsanteils an einem Vermietungsobjekt
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:
- Der Beigeladene übertrug einen ideellen 2/5-Miteigentumsanteil eines bis dahin in seinem Alleineigentum befindlichen, fremdvermieteten Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen Sohn.
- Ein Schuldbeitritt oder eine Schuldübernahme der aus der Anschaffung dieses Grundstücks resultierenden Darlehensverbindlichkeiten erfolgte nicht.
- Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte 2020 berücksichtigte das Finanzamt (FA) von den geltend gemachten Schuldzinsen lediglich 3/5 als Sonderwerbungskosten des Beigeladenen.
Die von der Klägerin (Grundstücksgemeinschaft bestehend aus dem Beigeladenen und dessen Sohn) eingelegte Klage hatte keinen Erfolg. Im Revisionsverfahren trug die Klägerin vor, dass durch die unentgeltliche ÜٰܲԲ eines Miteigentumsanteils an dem Grundstück die Objektbezogenheit der zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen nicht berührt werde. Andernfalls liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, da im betrieblichen Bereich der betriebliche Zurechnungs- beziehungsweise Veranlassungszusammenhang auch nach der Entnahme eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen und dessen ÜٰܲԲ auf ein anderes Gesamthandsvermögen nicht gelöst werde. Das FA beantragte die Zurückweisung der Revision.
Entscheidung: Kein Abzug von Schuldzinsen, soweit diese auf einen unentgeltlich übertragenen Miteigentumsanteil entfallen
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Maßgeblich ist, ob bei wertender Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen ist. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart kann grundsätzlich nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden.
Aufwendungen eines Mitglieds einer Grundstücksgemeinschaft im Zusammenhang mit dessen Miteigentümerstellung sind bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft als dessen Sonderwerbungskosten zu berücksichtigen. Die ÜٰܲԲ des Miteigentumsanteils erfolgte schenkweise und damit nicht aus mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehenden Gründen auf den Sohn. Da weder ein Schuldbeitritt noch eine Schuldübernahme erfolgt, wobei nicht von Bedeutung ist, inwieweit ein Schuldbeitritt beabsichtigt war, war die ÜٰܲԲ unentgeltlich. Durch diese unentgeltliche ÜٰܲԲ des Miteigentumsanteils wird insoweit der (objektive) wirtschaftliche Zusammenhang der zur Finanzierung der Anschaffung der Immobilie aufgenommenen Darlehen zur bisherigen Einkünfteerzielungstätigkeit durch den Beigeladenen gelöst. Die Darlehen dienen fortan der Finanzierung der Schenkung.
Würdigung steht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung
Schuldzinsen sind als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abzugsfähig, soweit sie für ein Darlehen geleistet worden sind, das tatsächlich zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet worden ist. Schulden verlieren ihre Objektbezogenheit und gehen in den privaten, nicht mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Bereich über, soweit der Grundstückseigentümer ein Grundstück unter ausdrücklicher Zurückbehaltung der Darlehensverpflichtung überträgt. Mit der ÜٰܲԲ eines Vermietungsobjekts im Wege der Schenkung unter Zurückbehalt der Darlehensverpflichtung fällt deren Zweck, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, weg.
Wird die Anschaffung einer Einkunftsquelle fremdfinanziert, wird der Veranlassungszusammenhang zwischen den hieraus resultierenden Schuldzinsen und der Einkünfteerzielung gelöst, soweit die Einkunftsquelle vom Steuerpflichtigen nicht mehr zur Erzielung von Einkünften verwendet wird. Soweit die Schuldzinsen vorliegend auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallen, dienen diese nicht (mehr) der Erzielung von Vermietungseinkünften durch den Beigeladenen, sondern der Finanzierung der Schenkung des Miteigentumsanteils an den Sohn.
Unterschiedliche Behandlung im betrieblichen und im privaten Bereich
Zwar sind im betrieblichen Bereich angefallene Schuldzinsen eines Steuerpflichtigen wegen der Finanzierung von zur Gesamthand gehörendem Vermögen als (Sonder-)Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig. Auch die unentgeltliche ÜٰܲԲ eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in die Gesamthand einer anderen Mitunternehmerschaft desselben Steuerpflichtigen lässt den betrieblichen Zurechnungs- und Veranlassungszusammenhang der zur Anschaffung dieses Wirtschaftsguts eingegangenen Darlehensverbindlichkeit unberührt. Zudem sind die Zinsverpflichtungen, die ein Gesellschafter zur Finanzierung der gesellschaftsvertraglichen Einlageverpflichtung eingegangen ist, dem Sonderbetriebsbereich zuzuordnen und als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen.
Jedoch handelt es sich bei der Berücksichtigung von Schuldzinsen im betrieblichen und im privaten Bereich bereits um unterschiedliche Sachverhalte. Daher liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, soweit Schuldzinsen im Bereich der privaten Vermögenssphäre infolge der unentgeltlichen ÜٰܲԲ des finanzierten Wirtschaftsguts unter Zurückbehaltung der Darlehensverbindlichkeit beim bisherigen Eigentümer nicht steuerlich berücksichtigungsfähig sind.
Das Einkommensteuerrecht wird vom Dualismus der Einkunftsarten – Gewinn- und Überschusseinkünfte – bestimmt. Während Wertsteigerungen beziehungsweise Wertminderungen im betrieblichen Bereich sich grundsätzlich auf den Gewinn und damit auf die Höhe der Einkünfte auswirken, unterliegen solche bei den Überschusseinkunftsarten nur der Besteuerung, soweit sie einen Einkünftetatbestand erfüllen. Diese unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Erfassung von Wertsteigerungen beziehungsweise Wertminderungen im Betriebs- und Privatvermögen ist nach der Rechtsprechung des BVerfG mit dem Gleichheitssatz vereinbar.
Unterschiedliche Behandlung bei Veräußerung der Immobilie
Entschieden ist, dass sich ein ursprünglich gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem Darlehen, das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjekts diente, und den (früheren) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fortsetzt, wenn der Steuerpflichtige das Objekt veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Die Aufgabe einer Vermietungstätigkeit durch die Veräußerung des Vermietungsobjekts ist jedoch nicht mit der vorliegenden unentgeltlichen ÜٰܲԲ des Miteigentumsanteils vergleichbar. Denn anders als bei einer Veräußerung erfolgt die unentgeltliche ÜٰܲԲ nicht zur Erzielung von Einkünften, sondern aus privaten Gründen.
Überquotale Übernahme
Aus der Rechtsprechung zur überquotalen Übernahme von Aufwendungen einer Gesellschaft durch einen Gesellschafter (hierzu BFH v. 23.11.2004, IX R 59/01, BStBl II 2005, 454) ergibt sich keine weitergehende steuerliche Berücksichtigung der Schuldzinsen. Indem der Beigeladene die aus der Anschaffung des Vermietungsobjekts resultierenden Verbindlichkeiten zurückbehielt und für die hieraus sich ergebenden Schuldzinsen aufkam, liegt keine Übernahme von Aufwendungen der Klägerin vor.
; veröffentlicht am 17.4.2025
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