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Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine allgemeine 脛nderungssperre durch 搂 41c Abs. 3 Satz 4 EStG
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Leitsatz (amtlich)
1. 搂 41c Abs. 3 Satz 4 EStG ist erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der f眉r einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird. Eine Anwendung auf alle 脛nderungsantr盲ge, 眉ber die nach dem 31.12.2013 zu entscheiden ist, unabh盲ngig davon, ob sie Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r Veranlagungszeitr盲ume vor 2014 betreffen, kommt nicht in Betracht.
2. Steht eine Lohnsteuer-Anmeldung nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung, hindert 搂 41c Abs. 3 Satz 4 EStG eine 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldung nach den allgemeinen Korrekturvorschriften der 搂搂 172 ff. AO nicht.
3. 搂 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO ist auch erf眉llt, wenn ein Dritter den Arbeitgeber bei Abgabe einer Lohnsteuer-Anmeldung arglistig t盲uscht.
4. Auch wenn die Voraussetzungen des 搂 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO erf眉llt sind, ist eine 脛nderung nicht zwingend, sondern liegt im Ermessen des FA. Eine Ermessensreduzierung auf Null kommt nicht in Betracht.
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Normenkette
EStG 搂听19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 搂听41c Abs. 3 S. 1, 搂听41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 搂听41c Abs. 3 S. 4; AO 搂搂听155, 164 Abs. 2 S. 1, 搂听167 Abs. 1 S. 1, 搂听168 S. 1, 搂听172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, 搂听173 Abs.听1 Nr. 2, Abs.听2; FGO 搂听101 S盲tze听1-2, 搂听102 S. 1, 搂听136 Abs. 1 S. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Finanzamts werden das Urteil des Finanzgerichts M眉nster vom 08.06.2018 - 1 K 1085/17 L und jeweils betreffend die Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 30.03.2017 sowie der Ablehnungsbescheid des Finanzamts vom 16.03.2016 aufgehoben.
Das Finanzamt wird verpflichtet, 眉ber den Antrag der Kl盲gerin vom 11.03.2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts betreffend die Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 neu zu entscheiden.
Im 脺brigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kl盲gerin und das Finanzamt jeweils zur H盲lfte zu tragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus den Gesellschaftern Dr.听1, Dr.听2 (S) und Dr.听3. Seit dem Jahr 2006 war M auf Grundlage eines geringf眉gigen Besch盲ftigungsverh盲ltnisses f眉r die Kl盲gerin t盲tig und 眉berwiegend mit Buchhaltungsaufgaben betraut. Das nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsentgelt, das die Kl盲gerin bis einschlie脽lich Juni 2010 mit 2听% pauschal versteuerte, belief sich auf 400听鈧 monatlich. Die w枚chentliche Arbeitszeit betrug zehn Stunden, die an zwei Tagen zu erbringen waren.
Rz. 2
Im Juni 2010 legte M dem Gesellschafter S den Text f眉r einen weiteren Arbeitsvertrag zwischen ihr als Arbeitnehmerin und der Kl盲gerin als Arbeitgeberin vor. Nach diesem Vertragstext sollten die regelm盲脽ige Arbeitszeit von M nunmehr 38,5听Stunden w枚chentlich und das Bruttomonatsgehalt 1.700听鈧 zzgl. einer der H枚he nach nicht bezifferten j盲hrlichen Weihnachtsgratifikation betragen. Der Arbeitsvertrag wurde von S sowie M unterzeichnet. Das Arbeitsverh盲ltnis sollte am 01.07.2010 beginnen.
Rz. 3
Die Beteiligten gehen 眉bereinstimmend davon aus, dass S den Arbeitsvertrag in Unkenntnis seines Inhalts und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durch M unterzeichnet hat.
Rz. 4
In der Folgezeit veranlasste M die 脺berweisung der nachfolgend dargestellten Jahresbruttoarbeitsl枚hne und die Abf眉hrung der hierauf entfallenden Lohn- und Annexsteuern an den Beklagten und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--):
Zeitraum |
Bruttoarbeitslohn |
Lohnsteuer |
听听听听听Solidarit盲tszuschlag |
听听听听听Kirchensteuer |
01.07. bis 31.12.2010听听听听听 |
10.162,60 鈧 |
2.093,47 鈧 |
115,09 鈧 |
188,37 鈧 |
01.01. bis 31.12.2011 |
21.933,68 鈧 |
4.668,31 鈧 |
256,72 鈧 |
420,11 鈧 |
01.01. bis 31.12.2012 |
22.140,00 鈧 |
4.722,00 鈧 |
259,68 鈧 |
424,92 鈧 |
01.01. bis 31.12.2013 |
23.940,00 鈧 |
5.277,96 鈧 |
290,28 鈧 |
474,96 鈧 |
01.01. bis 31.12.2014 |
29.340,00 鈧 |
6.961,92 鈧 |
382,80 鈧 |
626,52 鈧 |
01.01. bis 31.12.2015 |
听30.540,00 鈧 |
听7.341,43 鈧 |
听听听403,72 鈧 |
听听听660,63 鈧 |
Summen |
138.056,28听鈧 |
听听听听听听听31.065,09听鈧 |
1.708,29听鈧 |
2.795,51听鈧 |
Rz. 5
Die Beteiligten sind sich einig, dass M auf die vorstehenden Betr盲ge keinen Anspruch hatte. Die Auszahlung der 眉berh枚hten Arbeitsentgelte und die hiermit im Zusammenhang stehenden Lohnsteuer-Anmeldungen erfolgten ohne den Willen der Kl盲gerin und wurden von dieser zun盲chst auch nicht bemerkt.
Rz. 6
M wurde in den Jahren 2010 bis 2015 mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Dabei legte das FA bei M u.a. die vorstehend dargestellten Bruttoarbeitsl枚hne der Besteuerung zugrunde und rechnete die hierf眉r angemeldeten und abgef眉hrten Lohn- und Annexsteuern an.
Rz. 7
Im April 2014 f眉hrte das FA eine Lohnsteuer-Au脽enpr眉fung bei der Kl盲gerin durch, die im Wesentlichen von M begleitet wurde. Die Pr眉fung f眉hrte zu keinen Beanstandungen. Infolgedessen hob das FA Ende Juli 2014 den Vorbehalt der Nachpr眉fung f眉r die von der Kl盲gerin abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r den Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2014 auf.
Rz. 8
Im Dezember 2015 bemerkte die Kl盲gerin die von M veranlassten 眉berh枚hten Lohnzahlungen. Ferner wurde festgestellt, dass M weitere erhebliche finanzielle Mittel durch diverse 脺berweisungen veruntreut hatte.
Rz. 9
Ende Januar 2016 vereinbarte die Kl盲gerin mit dem Ehemann der im Dezember 2015 verstorbenen M, dass der Ehemann als Erbe der M zur Schadenskompensation einen Betrag in H枚he von 鈥μ偓 aus dem Nachlass der Verstorbenen und seinem Privatverm枚gen zahlte.
Rz. 10
Mit Schreiben vom 11.03.2016 beantragte die Kl盲gerin eine 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r die Anmeldezeitr盲ume Juli 2010 bis Dezember 2015, da es sich bei den von M an sich selbst veranlassten Zahlungen nicht um Arbeitslohn i.S. des 搂听19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt habe und die hierf眉r angemeldeten und abgef眉hrten Lohnsteuerbetr盲ge daher zu erstatten seien.
Rz. 11
Das FA lehnte diesen Antrag ab, da keine 脛nderungsm枚glichkeit bestehe.
Rz. 12
Gegen diesen Bescheid legte die Kl盲gerin Einspruch ein. Im Nachgang zu einer Besprechung an Amtsstelle erlie脽 das FA am 22.06.2016 einen Teilabhilfebescheid und 盲nderte die Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r die Anmeldezeitr盲ume Dezember 2011 und Juli 2014 bis Dezember 2015 nach 搂听164 Abs.听2 der Abgabenordnung (AO) dahingehend, dass die f眉r diese Zeitr盲ume f眉r M angemeldeten Lohn- und Annexsteuerbetr盲ge aus den Anmeldungen herausgenommen wurden. Im 脺brigen wies es den Einspruch der Kl盲gerin als unbegr眉ndet zur眉ck.
Rz. 13
Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrte die Kl盲gerin zuletzt noch eine Herabsetzung der f眉r die Monate Januar 2012 bis Juni 2014 angemeldeten Lohn- und Annexsteuerbetr盲ge um insgesamt 15.435,42听鈧.
Rz. 14
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1482 ver枚ffentlichten Gr眉nden statt. Das FA sei jedenfalls nach 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 Buchst.听c AO verpflichtet, die Lohnsteuer-Anmeldungen zu 盲ndern. Die Regelung des 搂听41c Abs.听3 Satz 4 EStG schlie脽e eine 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen nicht aus.
Rz. 15
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 16
Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 17
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Rz. 18
II. Die Revision des FA ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, der Einspruchsentscheidung sowie des Ablehnungsbescheids des FA vom 16.03.2016 --jeweils betreffend die Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014-- und zur Verpflichtung des FA, 眉ber den Antrag der Kl盲gerin vom 11.03.2016 betreffend die 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden (搂搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听1, 101 Satz听2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Soweit die Kl盲gerin beantragt, das FA (i.S. von 搂听101 Satz听1 FGO) zum Erlass entsprechender 脛nderungsbescheide zu verpflichten, ist die Klage abzuweisen.
Rz. 19
1. Das FG ist zun盲chst zu Recht davon ausgegangen, dass die streitigen 脺berzahlungen nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn der M geh枚rten.
Rz. 20
a) Zum Arbeitslohn geh枚ren nach 搂听19 Abs.听1 Satz 1 Nr.听1 EStG alle Vorteile, die f眉r eine Besch盲ftigung im 枚ffentlichen oder privaten Dienst gew盲hrt werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist gleichg眉ltig, ob ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht oder nicht (Senatsurteil vom 05.07.1996听- VI听R听10/96, BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545). Unerheblich ist auch, ob Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei diesem verbleiben k枚nnen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.05.2002听- VIII听R听74/99, BFH/NV 2002, 1430). Zum Arbeitslohn geh枚ren daher auch versehentliche 脺berweisungen des Arbeitgebers, die dieser zur眉ckfordern kann. Die R眉ckzahlung ist in diesem Fall erst im Zeitpunkt des tats盲chlichen Abflusses eink眉nftemindernd zu ber眉cksichtigen (Senatsurteil vom 04.05.2006听- VI听R听17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830). Nicht zum Arbeitslohn i.S. des 搂听19 EStG geh枚ren dagegen dem Arbeitnehmer nicht zustehende Betr盲ge, die er unter eigenm盲chtiger 脺berschreitung seiner Befugnisse auf sein Konto 眉berweist (Senatsurteil vom 13.11.2012听- VI听R听38/11, BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929).
Rz. 21
b) Dementsprechend hat das FG zu Recht entschieden, dass die vorliegenden 脺berzahlungen keinen Arbeitslohn i.S. des 搂听19 Abs.听1 Satz 1 Nr.听1 EStG darstellen. Es fehlt bereits an dem Merkmal der "Gew盲hrung" von Vorteilen (s. Senatsurteil in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929, Rz听15). M wurden die streitigen Betr盲ge nicht "gew盲hrt"; vielmehr hat sie sich die entsprechenden Betr盲ge eigenm盲chtig unter 脺berschreitung ihrer Befugnisse zugeteilt.
Rz. 22
2. a) Ob nach Abgabe einer Lohnsteuer-Anmeldung durch den Arbeitgeber deren 脛nderung im Wege einer Steuerfestsetzung nach den 搂搂听155, 167 Abs.听1 Satz听1 AO zul盲ssig ist, richtet sich grunds盲tzlich nach den allgemeinen Korrekturvorschriften. Eine solche 脛nderung ist insbesondere zul盲ssig, solange noch ein Vorbehalt der Nachpr眉fung (搂听164 AO) besteht (Senatsurteile vom 30.10.2008听- VI听R听10/05, BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354, und in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929, Rz听17). Nach 搂听168 Satz听1 AO steht n盲mlich die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpr眉fung gleich. Damit werden die Rechtsfolgen einer Steuerfestsetzung unmittelbar an die Steuererkl盲rung gekn眉pft.
Rz. 23
b) 搂听41c Abs.听3 EStG stand einer 脛nderung der Steuerfestsetzung nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bislang nicht entgegen (Senatsurteile in BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354, und in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929, Rz听16). Zwar ist nach 搂听41c Abs.听3 Satz听1 EStG die 脛nderung des Lohnsteuerabzugs nur bis zur 脺bermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zul盲ssig. Nach der 脺bermittlung der Lohnsteuerbescheinigung kann der Arbeitnehmer eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr verlangen; denn diese ist ein Beweispapier 眉ber den Lohnsteuerabzug, so wie er tats盲chlich stattgefunden hat (s. Senatsurteile vom 13.12.2007听- VI听R听57/04, BFHE 220, 124, BStBl II 2008, 434, und in BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354). Nach Ansicht des Senats ist der tats盲chliche Lohnsteuerabzug im Zusammenhang mit der 脛nderung einer Lohnsteuer-Anmeldung oder eines an deren Stelle tretenden Festsetzungsbescheids indes nicht von Bedeutung, weil es sich bei der darin festgesetzten, mit der Zahlung des Arbeitslohns entstehenden Entrichtungssteuerschuld des Arbeitgebers um einen gesetzlich bestimmten "Sollbetrag" und nicht um einen durch den tats盲chlichen Lohnsteuerabzug bestimmten "Istbetrag" handelt (s. Senatsurteile in BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354, und in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929, Rz听16).
Rz. 24
c) Mit Art.听2 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur 脛nderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 --KroatienAnpG-- (BGBl I 2014, 1266) hat der Gesetzgeber 搂听41c Abs.听3 EStG um einen Satz听4 erg盲nzt, wonach eine Minderung der einzubehaltenden und zu 眉bernehmenden Lohnsteuer (搂听41a Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 EStG) gem盲脽 搂听164 Abs.听2 Satz听1 AO nach der 脺bermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung nur dann zul盲ssig ist, wenn sich der Arbeitnehmer ohne vertraglichen Anspruch und gegen den Willen des Arbeitgebers Betr盲ge verschafft hat, f眉r die Lohnsteuer einbehalten wurde. Gem盲脽 搂听52 Abs.听1 Satz听2 EStG i.d.F. des KroatienAnpG ist die Vorschrift erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der f眉r einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird.
Rz. 25
3. Bei Anwendung dieser Grunds盲tze ist das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass 搂听41c Abs.听3 Satz 4 EStG einer 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 nach Ma脽gabe der allgemeinen Korrekturvorschriften der 搂搂听172听ff. AO im Streitfall nicht entgegensteht (unter a). Eine 脛nderung nach 搂听173 Abs.听1 Nr.听2 AO kommt jedoch nicht in Betracht (unter b). Eine Verpflichtung des FA zur 脛nderung nach 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 Buchst.听c AO hat das FG zu Unrecht bejaht (unter c).
Rz. 26
a) aa) Einer 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Dezember 2013 nach Ma脽gabe der allgemeinen Korrekturvorschriften der 搂搂听172听ff. AO steht 搂听41c Abs.听3 Satz 4 EStG schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorschrift erstmals auf laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der f眉r einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird.
Rz. 27
Der Senat folgt insbesondere nicht einer in der Literatur vertretenen Ansicht, wonach 搂听41c Abs.听3 Satz 4 EStG auf alle 脛nderungsantr盲ge anzuwenden ist, 眉ber die nach dem 31.12.2013 zu entscheiden ist, unabh盲ngig davon, ob sie Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r Veranlagungszeitr盲ume vor 2014 betreffen (so Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂听41c EStG Rz听18; a.A. auch FG D眉sseldorf, Urteil vom 08.06.2016听- 2听K听2541/15听AO, EFG 2016, 1791, Rz听51; FG Baden-W眉rttemberg, Urteil vom 06.11.2017听- 3听K听2347/14, Rz听48; Schreiben des Bundesministeriums f眉r Finanzen vom 07.11.2013听- IV听C听5-S听2378/0-07, BStBl I 2013, 1474; Seifert in Korn, 搂听41c EStG Rz听23). Denn nach 搂听52 Abs.听1 Satz听2 EStG i.d.F. des KroatienAnpG kommt es auf die Zahlung des Arbeitslohns an.
Rz. 28
bb) Aber auch einer 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2014 bis Juni 2014 nach Ma脽gabe der allgemeinen Korrekturvorschriften der 搂搂听172听ff. AO steht 搂听41c Abs.听3 Satz听4 EStG --wie vom FG zutreffend entschieden-- nicht entgegen.
Rz. 29
(1) 搂听41c Abs.听3 Satz 4 EStG regelt seinem Wortlaut nach nur den Fall einer nachtr盲glichen 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldung nach 搂听164 Abs.听2 Satz听1 AO. Diese ist nach der 脺bermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung nur dann zul盲ssig, wenn sich der Arbeitnehmer ohne vertraglichen Anspruch und gegen den Willen des Arbeitgebers Betr盲ge verschafft hat, f眉r die Lohnsteuer einbehalten wurde. Damit ist zwar eine 脛nderung nach 搂听164 Abs.听2 Satz听1 AO in allen anderen von 搂听41c Abs.听3 Satz听4 EStG nicht erfassten F盲llen ausgeschlossen, nicht dagegen eine 脛nderung nach Ma脽gabe der 眉brigen Korrekturvorschriften. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit eindeutig. Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut zulasten des Steuerpflichtigen kommt nicht in Betracht.
Rz. 30
(2) Soweit der Gesetzgeber mit der Regelung --wie vom FA geltend gemacht-- eine dar眉ber hinausgehende, allgemeine 脛nderungssperre bezweckt haben sollte --worauf die Entstehungsgeschichte hindeutet--, hat dieser Wille keinen Niederschlag in der Norm gefunden. Der Wille des Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann bei der Gesetzesauslegung nur insoweit ber眉cksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 16.02.1983听- 2听BvE听1/83 u.a., BVerfGE 62, 1, unter C.II.3.a, und Senatsurteil vom 04.04.2019听- VI听R听18/17, BFHE 264, 6, BStBl II 2019, 449, Rz听25, m.w.N.). Die Gesetzesmaterialien d眉rfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 62, 1, unter C.II.3.a).
Rz. 31
b) Das FG hat offengelassen, ob die Voraussetzungen des 搂听173 Abs.听1 Nr.听2 AO erf眉llt sind. Dies ist indes zu verneinen. Denn im Streitfall steht einer 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 die 脛nderungssperre des 搂听173 Abs.听2 AO entgegen. Nach dieser Vorschrift kommt Steuerbescheiden, soweit sie aufgrund einer Au脽enpr眉fung ergangen sind, eine erh枚hte Bestandskraft zu. Steuerbescheide in diesem Sinne sind auch Lohnsteuer-Anmeldungen, bei denen --wie im Streitfall-- im Anschluss an eine Lohnsteuer-Au脽enpr眉fung der Vorbehalt der Nachpr眉fung f眉r die den Pr眉fungszeitraum betreffenden Anmeldungen aufgehoben worden ist (z.B. Senatsurteile vom 07.02.2008听- VI听R听83/04, BFHE 220, 220, BStBl II 2009, 703, und vom 15.05.1992听- VI听R听106/88, BFHE 168, 532, BStBl II 1993, 840).
Rz. 32
Eine auf die Besonderheiten des Sachverhalts gest眉tzte Ausnahme von 搂听173 Abs.听2 AO kommt aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift entgegen der Ansicht der Kl盲gerin nicht in Betracht.
Rz. 33
c) Das FG hat aber zu Recht eine 脛nderungsm枚glichkeit nach 搂听172 Abs.听1 Satz 1 Nr.听2 Buchst.听c AO bejaht. Nach dieser Vorschrift darf ein Steuerbescheid ge盲ndert werden, soweit er durch unlautere Mittel wie arglistige T盲uschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist.
Rz. 34
aa) Unter einer arglistigen T盲uschung in diesem Sinne ist eine bewusste und vors盲tzliche Irref眉hrung zu verstehen, durch die die Willensbildung der Beh枚rde unzul盲ssig beeinflusst wird. Es gen眉gt bereits das Bewusstsein, wahrheitswidrige Angaben zu machen (BFH-Urteil vom 14.12.1994听- XI听R听80/92, BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293, unter II.2.). Ob das FA die Unrichtigkeit h盲tte erkennen k枚nnen, ist unbeachtlich (Senatsurteil vom 08.07.2015听- VI听R听51/14, BFHE 250, 322, BStBl II 2017, 13, Rz听19).
Rz. 35
bb) Das FG hat das Vorliegen der Voraussetzungen des 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 Buchst.听c AO dem Grunde nach zutreffend bejaht. Denn M hatte als Dritte (s. hierzu BFH-Urteil in BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293) die Lohnsteuer-Anmeldungen durch bewusst unrichtige Angaben und damit durch unlautere Mittel erwirkt. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Rz. 36
Zwar setzt die Vorschrift im Regelfall eine T盲uschung des FA voraus. Im Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, dass es sich um Lohnsteuer-Anmeldungen eines Arbeitgebers handelt, die gem盲脽 搂听168 Satz听1 AO einer Festsetzung der Lohnsteuer unter Vorbehalt der Nachpr眉fung durch das FA gleichstehen. Die Lohnsteuer-Anmeldungen hat M gegen眉ber der Kl盲gerin durch arglistige T盲uschung bewirkt.
Rz. 37
搂听172 Abs.听1 Satz 1 Nr.听2 Buchst.听c AO l盲sst dabei sowohl eine 脛nderung zugunsten wie zulasten des FA zu (s. auch FG M眉nster, Urteil vom 29.05.2000听- 9听K听7673/97听G, EFG 2000, 908; Loose in Tipke/Kruse, 搂听172 AO Rz听44; von听Wedelst盲dt in Gosch, AO 搂听172 Rz听199). Auch steht 搂听173 Abs.听2 AO einer 脛nderung nach 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 Buchst.听c AO nicht entgegen (z.B. BFH-Urteil vom 18.08.2009听- X听R听8/09, BFH/NV 2010, 161, unter II.3.b; BFH-Beschluss vom 02.12.2013听- III听B听71/13, Rz听28).
Rz. 38
cc) Die 脛nderung eines Steuerbescheids gem盲脽 搂听172 Abs.听1 Satz 1 Nr.听2 Buchst.听c AO steht jedoch im Ermessen der Finanzbeh枚rde (BFH-Urteil vom 28.04.1998听- IX听R听49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458, unter II.3. und m.w.N.). Eine solche Ermessensentscheidung ist vom Gericht nur daraufhin zu 眉berpr眉fen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens 眉berschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Erm盲chtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (搂听102 Satz听1 FGO).
Rz. 39
Die Gerichte sind gem盲脽 搂听102 FGO nicht befugt, ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens zu setzen. Da das FA vorliegend --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Ermessensentscheidung getroffen hat, setzt die Stattgabe der Klage voraus, dass das Ermessen derart reduziert ist, dass nur die von der Kl盲gerin begehrte 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen f眉r Januar 2012 bis Juni 2014 das einzig m枚gliche Ergebnis der Ermessensaus眉bung sein konnte. Eine solche Ermessensreduzierung auf Null kann im vorliegenden Fall aber nicht angenommen werden. Entgegen der Ansicht des FG kann nicht allein aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen einer 脛nderungsnorm eine Verpflichtung des FA bejaht werden, einen Steuerbescheid zugunsten der materiellen Richtigkeit zu 盲ndern.
Rz. 40
Die Unterscheidung zwischen gebundenen 脛nderungsvorschriften (wie z.B. nach 搂听173 AO) und solchen aufgrund einer Ermessensentscheidung (wie z.B. nach 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 Buchst.听c AO) w盲re dann letztlich 眉berfl眉ssig. Vielmehr ist auf die einzelne 脛nderungsnorm und ihre spezifischen Voraussetzungen abzustellen. Wie bei 搂听172 Abs.听1 Satz 1 Nr.听2 Buchst.听a AO kann deshalb insoweit durchaus ein sogenanntes intendiertes Ermessen vorliegen (z.B. BFH-Urteil vom 11.10.2017听- IX听R听2/17, Rz听15). Dies ist aber keineswegs zwingend und im Streitfall nicht angebracht. Das FG h盲tte das FA deshalb nicht entsprechend dem Klageantrag der Kl盲gerin zur 脛nderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 verpflichten d眉rfen, sondern gem盲脽 搂听101 Satz听2 i.V.m. 搂听102 FGO lediglich zu einer erneuten Bescheidung der Kl盲gerin.
Rz. 41
Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids und der Einspruchsentscheidung erm枚glicht dem FA insoweit die erneute Entscheidung 眉ber den 脛nderungsantrag der Kl盲gerin. Bei seiner Ermessensentscheidung wird das FA insbesondere folgende Gesichtspunkte zu ber眉cksichtigen haben:
Rz. 42
Wird ein Steuerbescheid, durch den die Steuer aufgrund unlauterer Mittel zu niedrig festgesetzt wurde, von einem Dritten erwirkt, ist bei der Ermessensentscheidung zu beachten, ob der Steuerpflichtige die Fehlerhaftigkeit des Bescheids weder kannte noch erkennen konnte (s. BFH-Urteil in BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458).
Rz. 43
Nichts anderes gilt f眉r die Situation des Streitfalls, in der die Steuer aufgrund unlauterer Mittel zu hoch festgesetzt wurde. Bei der Ermessensentscheidung ist daher insbesondere zu ber眉cksichtigen, ob die Kl盲gerin die von der M 眉ber mehr als f眉nf Jahre falsch 眉bermittelten Lohnsteuerdaten nicht von Anfang an oder jedenfalls im Laufe der Zeit h盲tte erkennen k枚nnen oder sogar m眉ssen. Ebenso ist in die Ermessenspr眉fung einzubeziehen, dass der Ehemann der M und die Kl盲gerin sich im Vergleichswege auf eine Schadenskompensation durch Zahlung eines Betrags in H枚he von 鈥μ偓 geeinigt haben. Ferner wird das FA zu ber眉cksichtigen haben, ob und in welchem Umfang die Versteuerung der "Arbeitsl枚hne" und die Anrechnung der einbehaltenen und abgef眉hrten Lohnsteuer im Rahmen der Einkommensbesteuerung der Eheleute r眉ckg盲ngig gemacht wurde.
Rz. 44
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听136 Abs.听1 Satz听1 FGO. Einerseits hat die Kl盲gerin mit ihrem Verpflichtungsbegehren i.S. des 搂听101 Satz听1 FGO keinen Erfolg, da nur ein Bescheidungsurteil gem盲脽 搂听101 Satz听2 FGO ergeht. Andererseits ist auch das FA mit seinem Begehren, die Ablehnung der 脛nderung der streitigen Lohnsteuer-Anmeldungen zu best盲tigen, nicht durchgedrungen. Es ist daher angemessen, die gesamten Kosten des Verfahrens der Kl盲gerin und dem FA jeweils zur H盲lfte aufzuerlegen (s. BFH-Urteile vom 26.01.1988听- VIII听R听151/84, BFH/NV 1988, 695, unter 6., und vom 31.03.1976听- I听R听51/74, BFHE 118, 537, BStBl II 1976, 499, unter 3.).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 14374042 |
BFH/NV 2021, 604 |
BFH/PR 2021, 213 |
BStBl II 2021, 446 |
BB 2021, 726 |
DStR 2021, 656 |
DStRE 2021, 439 |
HFR 2021, 476 |