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Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung
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Leitsatz (amtlich)
1. Ist nach einer Nettolohnvereinbarung streitig, in welcher H枚he Bruttoarbeitslohn in der Lohnsteuerbescheinigung h盲tte ber眉cksichtigt werden m眉ssen, ist der Finanzrechtsweg nicht gegeben.
2. Nach der 脺bermittlung der Lohnsteuerbescheinigung kann der Arbeitnehmer eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr verlangen.
3. Ein unzutreffender Lohnsteuerabzug kann mit Einwendungen gegen die Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr r眉ckg盲ngig gemacht werden.
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Normenkette
FGO 搂 33 Abs. 1; EStG 搂听41c Abs. 3 S. 1, 搂听42d Abs. 3 S. 4; GVG 搂 17a
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) war bis zum 鈥 bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Beklagte) t盲tig. Zur Beendigung des zuletzt beim Bundesarbeitsgericht (BAG) anh盲ngigen Rechtsstreits, in dem sich die Kl盲gerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverh盲ltnisses gewandt hatte, schlossen Kl盲gerin und Beklagte einen Vergleich: Das Arbeitsverh盲ltnis zwischen der Kl盲gerin und der Beklagten habe aufgrund betriebsbedingter arbeitgeberseitiger K眉ndigung zum genannten Datum geendet. F眉r den Verlust des Arbeitsplatzes solle die Beklagte an die Kl盲gerin einen Abfindungsbetrag in H枚he von 150 000 DM zahlen. Dabei solle es sich um einen netto --nach Abzug von Steuern-- verbleibenden Auszahlungsbetrag handeln.
Der Abfindungsbetrag in H枚he von 150 000 DM floss der Kl盲gerin im M盲rz 2000 zu. Auf Antrag der Kl盲gerin stellte die Beklagte im Juni 2002 eine (besondere) Lohnsteuerbescheinigung f眉r das Kalenderjahr 2000 aus, in der es hei脽t:
Erm盲脽igt zu besteuernder Arbeitslohn |
161 246,30 DM, |
einbehaltene Lohnsteuer |
10 660,00 DM, |
einbehaltener Solidarit盲tszuschlag |
586,30 DM. |
Am 11. Oktober 2002 erlie脽 das Finanzamt (FA) gegen眉ber der mit ihrem Ehemann zusammen veranlagten Kl盲gerin einen Einkommensteuerbescheid f眉r das Jahr 2000, aus dem sich ein Nachzahlungsbetrag in H枚he von 鈥 DM ergab. Die Nachzahlung beruhte insbesondere darauf, dass die Kl盲gerin seit dem 1. April 2000 Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger T盲tigkeit erzielt hatte.
Daraufhin wandte sich die Kl盲gerin an die Beklagte mit der Bitte, bei Berechnung des Bruttoarbeitslohns und der einzubehaltenden Lohnsteuer die von ihr seit dem 1. April 2000 erzielten laufenden Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit in H枚he von 鈥 DM zu ber眉cksichtigen. Die von der Beklagten als einbehalten berechnete Lohnsteuer sei viel zu niedrig.
Im M盲rz 2003 erhob die Kl盲gerin gegen die Beklagte Klage beim Arbeitsgericht (ArbG). Darin begehrte sie, die Beklagte zu verpflichten, die von der Kl盲gerin seit dem 1. April 2000 erzielten Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit bei der Berechnung der von der Beklagten einzubehaltenden Lohnsteuer zu ber眉cksichtigen und eine entsprechend berichtigte Lohnsteuerbescheinigung f眉r das Jahr 2000 auszustellen. Soweit die Kl盲gerin die Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung 2000 begehrte, verwies das ArbG den Rechtsstreit an das Finanzgericht (FG) Berlin. Die dagegen von der Kl盲gerin beim Landesarbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 234 ver枚ffentlichten Gr眉nden als unbegr眉ndet ab.
Mit ihrer Revision r眉gt die Kl盲gerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Kl盲gerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Kl盲gerin eine Lohnsteuerbescheinigung 2000 folgenden Inhalts zu erteilen:
Erm盲脽igt zu besteuernder Arbeitslohn |
224 000 DM, |
einbehaltene Lohnsteuer |
70 120 DM, |
einbehaltener Solidarit盲tszuschlag |
3 857 DM. |
Die Beklagte beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegr眉ndet. Das FG hat zu Recht die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der von der Kl盲gerin begehrten Lohnsteuerbescheinigung abgewiesen.
1. Das FG hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen, unter denen nach 搂 33 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Finanzrechtsweg gegeben ist, im Streitfall nicht vorliegen (ausf眉hrlich dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Juni 1993 VI B 108/92, BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760; vgl. auch Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., 搂 39b Rz 10 f. und 搂 41b Rz 1). Auch soweit sich das zun盲chst im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Begehren der Kl盲gerin auf die Erteilung einer nachtr盲glich korrigierten Lohnsteuerbescheinigung mit nach ihrer Ansicht zutreffenden steuerlichen Eintragungen richtet, geht es ausschlie脽lich um die Kl盲rung der Frage, in welcher H枚he die Beklagte aus der im Wege eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs getroffenen Nettolohnvereinbarung (n盲her zum Begriff z.B. BFH-Urteile vom 6. Dezember 1991 VI R 122/89, BFHE 166, 540, BStBl II 1992, 441, und vom 28. Februar 1992 VI R 146/87, BFHE 167, 507, BStBl II 1992, 733, unter 1. a; Schmidt/ Drenseck, a.a.O., 搂 39b Rz 11 und 搂 42d Rz 20) zus盲tzlichen (Brutto-)Arbeitslohn schuldet und noch durch Zahlungen an das FA erf眉llen muss (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760).
Auch die Abgrenzung einer sog. abgeleiteten von einer sog. origin盲ren Nettolohnvereinbarung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 540, BStBl II 1992, 441) ist arbeitsrechtlicher Natur. Dem steht nicht entgegen, dass nach Auffassung des BAG (Beschluss vom 11. Juni 2003听 5 AZB 1/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2003, 2629, BFH/NV 2003, Beilage 4, 253) f眉r eine Klage, die auf die Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung gerichtet ist, nicht die Gerichte f眉r Arbeitssachen, sondern die Finanzgerichte zust盲ndig sind. Jene Entscheidung bezog sich nicht auf die Situation einer Nettolohnvereinbarung, bei der die H枚he des aufgrund dieser Vereinbarung vom Arbeitgeber geschuldeten Bruttolohns zwischen den Parteien des Arbeitsverh盲ltnisses streitig ist. Besteht --anders als im Streitfall-- Streit, ob Lohnsteuer-Abzugsbetr盲ge, die in der Lohnabrechnung vorgenommen worden sind, in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen sind, ist auch nach Auffassung des BFH der Finanzrechtsweg gegeben (vgl. auch BFH-Beschluss vom 30. Juni 2005 VI S 7/05, BFH/NV 2005, 1849; Thomas, Ma脽nahmen des Arbeitnehmers gegen Fehler beim Lohnsteuerabzug, in: Personalrecht im Wandel, Festschrift f眉r K眉ttner, M眉nchen 2006, S. 239 ff., 240). Indes war das FG an den Verweisungsbeschluss des ArbG hinsichtlich des Rechtswegs gebunden (搂 17a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--). Der BFH hat als Rechtsmittelgericht ebenfalls nicht zu pr眉fen, ob der beschrittene Rechtsweg zul盲ssig ist (搂 17a Abs. 5 GVG; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 36/96, BFH/NV 2002, 340).
2. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats fehlt selbst f眉r den Fall, dass der Finanzrechtsweg gegeben ist, bei Streit 眉ber eine Nettolohnvereinbarung einer isolierten Klage auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung regelm盲脽ig das Rechtsschutzbed眉rfnis (BFH-Beschluss in BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760, unter 1. c). Die Folge einer Nettolohnvereinbarung ist, dass der Arbeitgeber mit der Auszahlung des Nettolohns aus der Sicht des Arbeitnehmers die Lohnsteuer vorschriftsm盲脽ig einbehalten hat (搂 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--), weshalb der Arbeitnehmer nur in Anspruch genommen werden kann, wenn er wei脽, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsm盲脽ig angemeldet hat, und er diesen Sachverhalt dem FA nicht unverz眉glich mitteilt (搂 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 EStG; vgl. BFH-Urteil in BFHE 167, 507, BStBl II 1992, 733, unter 1. a). Damit ist im Fall einer Nettolohnvereinbarung die aus Sicht des Arbeitnehmers vorschriftsm盲脽ig einbehaltene Lohnsteuer nach 搂 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760, unter 1. c). Eine Bindung an den Inhalt der Lohnsteuerbescheinigung besteht bei der Veranlagung nicht (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 340, unter 2. c). Behauptet der Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung, so ist er deshalb --was die Anrechnung von Steuerabzugsbetr盲gen angeht-- auf die M枚glichkeit zu verweisen, das Vorliegen einer solchen Vereinbarung in den Verfahren der Steuerfestsetzung und der Steueranrechnung als b眉rgerlich-rechtliche Vorfrage durch die Finanzbeh枚rde sowie ggf. die Finanzgerichte kl盲ren und gleichzeitig auch endg眉ltig entscheiden zu lassen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 171, 409, BStBl II 1993, 760, unter 1. c). Dies hat auch das FG in seiner angefochtenen Entscheidung ber眉cksichtigt. Dabei hat es zutreffend ausgef眉hrt, dass bei einer Nettolohnvereinbarung die gesetzlich einzubehaltende und abzuf眉hrende Lohnsteuer --fiktiv-- als tats盲chlich einbehalten gelte; in Folge dessen sei das FA grunds盲tzlich verpflichtet, die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Arbeitgeber einzubehaltende Lohnsteuer bei der Veranlagung des Arbeitnehmers so anzurechnen, als ob sie tats盲chlich einbehalten und abgef眉hrt worden sei. Gleichwohl hat das FG ein Rechtsschutzbed眉rfnis der Kl盲gerin mit der Begr眉ndung bejaht, es f眉hre zu einer erheblichen zeitlichen Verz枚gerung, wenn die Kl盲gerin auf einen Rechtsstreit mit ihrem Wohnsitz-FA verwiesen werde. Ob dem zu folgen ist oder ob die Klage mangels Rechtsschutzbed眉rfnisses bereits unzul盲ssig ist, kann indes offen bleiben. Die Revision hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil die Klage unbegr眉ndet ist.
3. Das FG hat im Ergebnis zu Recht eine lohnsteuerrechtliche Verpflichtung der Beklagten zur 脛nderung der Lohnsteuerbescheinigung verneint.
a) Der Berichtigung der streitbefangenen Lohnsteuerbescheinigung steht --ungeachtet deren inhaltlicher Richtigkeit-- entgegen, dass gem盲脽 搂 41c Abs. 3 Satz 1 EStG nach Beendigung des Dienstverh盲ltnisses die 脛nderung des Lohnsteuerabzugs nur bis zur 脺bermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zul盲ssig ist. Nach der 脺bermittlung der Lohnsteuerbescheinigung kann der Arbeitnehmer eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr verlangen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 340, unter 2. c, und Beschluss vom 24. Januar 2006 VI B 123/05, BFH/NV 2006, 945; K眉ttner/Huber, Personalbuch 2007, Stichwort Lohnsteuerbescheinigung, Rz 18; Diebold in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 41b EStG Rz 13).
b) Die zeitliche Begrenzung der M枚glichkeit, eine Lohnsteuerbescheinigung zu 盲ndern, folgt aus der Funktion dieser Bescheinigung. Die Lohnsteuerbescheinigung ist eine Urkunde, die dem leichteren Nachweis steuerlicher Verh盲ltnisse bei der Einkommensteuer-Veranlagung dient (vgl. eingehend hierzu Thomas, a.a.O., S. 239 ff.). Sie ist ein Beweispapier 眉ber den Lohnsteuerabzug, so wie er tats盲chlich stattgefunden hat, und nicht, wie er --etwa wie hier nach Auffassung des Arbeitnehmers-- h盲tte durchgef眉hrt werden m眉ssen. Aus der Dokumentations- und Beweisfunktion f眉r einen abgeschlossenen Sachverhalt ergibt sich, dass mit Einwendungen gegen die Lohnsteuerbescheinigung ein unzutreffender Lohnsteuerabzug nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann (vgl. Thomas, a.a.O., S. 241).
4. Nach alledem hat das FG zu Recht keine Tatsachenfeststellungen zu der Frage getroffen, ob bzw. inwieweit der Beklagten bekannt war oder sein musste, dass die Kl盲gerin ab dem 1. April 2000 erstmals nach l盲ngerer Zeit wieder laufenden Arbeitslohn von einem neuen Arbeitgeber beziehen w眉rde. Auf die Frage, ob die Kl盲gerin auf eine Ber眉cksichtigung des von ihr ab dem 1. April 2000 erzielten Arbeitslohnes h盲tte hinwirken m眉ssen, kommt es einkommensteuerrechtlich ebenfalls nicht an.
5. Dieses lohnsteuerrechtlich begr眉ndete Ergebnis schlie脽t nicht aus, dass ein Arbeitgeber aufgrund einer 眉ber einen sonstigen Bezug getroffenen Nettolohnvereinbarung arbeitsrechtlich einen h枚heren Bruttolohn schuldet, als den, der sich bei zutreffender Anwendung lohnsteuerrechtlicher Vorschriften ergibt. Dies w盲re etwa der Fall, wenn sich aus der arbeitsrechtlichen Nettolohnvereinbarung --etwa in Gestalt der Regelung eines konkreten Berechnungsmodus-- erg盲be, dass der geschuldete Bruttolohn --was die darin enthaltene Lohnsteuer betrifft-- auch unter Ber眉cksichtigung von laufenden Arbeitsl枚hnen und weiteren sonstigen Bez眉gen zu bemessen ist, die der Arbeitnehmer aus nach dem Zeitpunkt der (Netto-)Zahlung eines sonstigen Bezugs beginnenden k眉nftigen Dienstverh盲ltnissen bezieht. 脺ber die arbeitsrechtliche Auslegung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs als abgeleitete oder origin盲re Nettolohnvereinbarung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 167, 507, BStBl II 1992, 733) war jedoch weder im vorinstanzlichen Verfahren noch im Revisionsverfahren zu entscheiden. Dies ungeachtet dessen, dass arbeitsrechtliche Anspr眉che des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Lohnsteuerbescheinigung nicht 眉ber das hinausgehen, wozu der Arbeitgeber im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 340, unter 2.). Weil die Lohnsteuerbescheinigung --wie bereits unter II. 2. ausgef眉hrt-- bei der Veranlagung nicht bindet, wird in dem vorliegenden Rechtsstreit auch nicht mittelbar 眉ber die Auslegung der zwischen den Beteiligten streitigen Nettolohnvereinbarung entschieden.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1954045 |
BFH/NV 2008, 878 |
BStBl II 2008, 434 |
BFHE 2008, 124 |
BFHE 220, 124 |
BB 2008, 935 |
DB 2008, 737 |
DStRE 2008, 616 |
DStZ 2008, 271 |
HFR 2008, 585 |