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Hintergrund: Ausgabe von Zahlungskarten gegen Kartenpfand

Zu entscheiden war, ob in der Hingabe einer Zahlungskarte gegen Pfand eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung zu sehen ist.

Die A-AG war in den Streitjahren 2008 bis 2013 Organtr盲gerin der B (Organgesellschaft). Die B 眉berlie脽 den Besuchern von Stadien (insbesondere Fu脽ballstadien) elektronische Zahlungskarten (E-Karten) zur bargeldlosen Zahlung von Speisen und Getr盲nken in Stadien. Die Karte wurde gegen ein Pfand von 2 EUR zur Nutzung 眉berlassen. Nach Ablauf der G眉ltigkeitsdauer von einem Jahr konnte der Karteinhaber innerhalb von zwei Jahren die R眉ckerstattung des Guthebens und des Pfandes gegen R眉ckgabe der Karte verlangen.

Die Stadionbetreiber und Caterer zahlten Provisionen an B. B bot einen umfassenden Service f眉r den Kartenzahlungsverkehr an, indem sie Kartenleseger盲te zur Verf眉gung stellte und mit eigenem Personal den Vertrieb, die Aufladung und R眉ckgabe der Karten organisierte.

A sah die aus dem Kartenpfand erzielten Erl枚se als umsatzsteuerfrei an. Nur die Provisionseinnahmen und die Erl枚se aus der Ver盲u脽erung abgelaufener Karten an Sammler unterwarf sie der USt.

Das FA vertrat die Auffassung, bei den Erl枚sen aus dem Kartenpfand handele es sich um steuerpflichtige Ums盲tze aus der Lieferung von Gegenst盲nden. Soweit in Ausnahmef盲llen E-Karten gegen Auszahlung des Pfandbetrags zur眉ckgegeben wurden, sei der Steuerbetrag nach 搂 17 UStG zu berichtigen.

Dem folgte das FG und wies die Klage der A (bzw. deren Insolvenzverwalter) ab. Die 脺berlassung der Karte bewirke unmittelbar keine 脺bertragung von Geldern des Karteninhabers an einen Empf盲nger (z.B. Caterer).

Entscheidung: Steuerfreie Ausgabe von Zahlungskarten

Der BFH widerspricht dem FG. Bei dem Kartensystem handelt es sich nicht um selbst盲ndige Lieferungen von Gegenst盲nden, sondern um einheitliche sonstige Leistungen, die nach 搂 4 Nr. 8 Buchst. d UStG als Ums盲tze im Zahlungs- und 脺berweisungsverkehr umsatzsteuerfrei sind.

Kartenausgabe mit Zugang zum Zahlungsverkehr als einheitliche Leistung

Das Kartenpfand von 2 EUR ist kein pauschalierter Schadensersatz, der durch die R眉ckgabe der 眉berlassenen Karte aufl枚send bedingt ist, sondern als sonstige Leistung ein steuerbarer Umsatz. Die Auffassung des FG, die Karten眉berlassung sei eine eigenst盲ndige Lieferung eines Gegenstands, ber眉cksichtigt nicht die Interessenlage des Karteninhabers. Die 脺berlassung der E-Karte und die dadurch er枚ffnete M枚glichkeit, in den Stadien bargeldlos zu zahlen, sind so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd w盲re. Demnach liegt eine einheitliche sonstige Leistung vor, deren dominierender Bestandteil die in den Stadien er枚ffnete bargeldlose Zahlungsm枚glichkeit ist.

Umsatzsteuerfreie Leistungen im Zahlungsverkehr

Diese sonstigen Leistungen sind nach 搂 4 Nr. 8 Buchst. d UStG als Ums盲tze im Zahlungsverkehr (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) umsatzsteuerfrei. Die von B erbrachte einheitliche Leistung bestand darin, dem Karteninhaber eine mit Geldguthaben aufladbare E-Karte zu 眉berlassen und die Infrastruktur f眉r das E-Kartensystem zur Verf眉gung zu stellen, so dass in den Stadien z.B. Getr盲nke bei dem jeweiligen Caterer erworben werden konnten. Die erbrachte Leistung bewirkte f眉r den beim Karteninhaber ab- und beim Caterer oder B zugebuchten Geldbetrag die rechtlichen und finanziellen 脛nderungen, die steuerbefreite Leistungen als Umsatz im Zahlungsverkehr auszeichnen. Das von B er枚ffnete (automatisierte) Zahlungssystem ist eine Leistung, die die 脺bertragung eines Geldbetrags als wesentliches Merkmal eines Umsatzes im Zahlungsverkehr bewirkt.

Administrative Leistungen

Dem steht nicht entgegen, dass mit der Erbringung dieser Leistung auch administrative (organisatorische, technische) Dienstleistungen in den Stadien verbunden waren. Bei diesen Leistungen, die den Zahlungsverkehr und damit die 脺bertragung von Geldsummen vom Karteninhaber auf einen Caterer nicht zu bewirken vermochten, handelt es sich um vorgelagerte, begleitende oder nachgelagerte T盲tigkeiten zu dem ausgef眉hrten Zahlungsverkehrsvorgang (EuGH Cardpoint v. 3.10.2019, C 42/18, EU: C: 2019: 822).

Zur眉ckverweisung an das FG

Das FG hat keine Feststellungen zum Vorsteuerabzug getroffen. Der von A in Anspruch genommene Vorsteuerabzug ist anteilig zu k眉rzen, soweit entsprechend der steuerfreien Ums盲tze der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.

Hinweis: Einheitliche Leistung

Das FG hat in der 脺berlassung der E-Karte gegen ein Pfand eine selbst盲ndige Lieferung gesehen, weil damit unmittelbar noch keine 脺bertragung von Geld bewirkt wird, sondern lediglich die technischen Voraussetzungen f眉r die sp盲tere 脺bertragung des Geldes geschaffen werden. Dieser W眉rdigung tritt der BFH entgegen. Denn mehrere formal eigenst盲ndige Leistungen, die getrennt erbracht werden, sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Ber眉cksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks und des Interesses der Leistungsempf盲nger nach der Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers als einheitlicher Umsatz anzusehen. Das betrifft zum einen den Fall von Haupt- und Nebenleistung. Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen f眉r den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd w盲re (z.B. EuGH Stadion Amsterdam v. 18.1.2018, C-463/16, EU:C:2018:22, Rz. 22). Anders als das FG sieht der BFH die 脺berlassung der Karte und die M枚glichkeit der bargeldlosen Zahlung als so eng miteinander verbunden an, dass die Aufspaltung wirklichkeitsfremd w盲re. Die Befreiung dieses eigenst盲ndigen Ganzen als Finanzgesch盲ft ergibt sich daraus, dass der leistende Unternehmer damit die 脺bertragung von Geldern vornimmt.

BFH Urteil vom 26.01.2022 - XI R 19/19 (XI R 12/17), XI R 19/19, XI R 12/17 (ver枚ffentlicht am 09.06.2022)

Alle am 09.06.2022 ver枚ffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen.