听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzusch盲tzung von Betriebseinnahmen durch einen Sicherheitszuschlag bei der Gewinnermittlung 驳别尘盲脽 搂 4 Abs. 3 EStG. Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 12.12.2017 VIII R 6/14
听
Leitsatz (NV)
1. Formelle Buchf眉hrungsm盲ngel berechtigen nur insoweit zur Sch盲tzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchf眉hrungsergebnisses anzuzweifeln. Stellt das FG formelle Fehler bei der Aufzeichnung der Betriebsausgaben fest, hat es schl眉ssig zu begr眉nden, warum aus diesen Fehlern im konkreten Fall eine Sch盲tzungsbefugnis f眉r die Betriebseinnahmen erwachsen soll.
2. Ein pauschaler Sicherheitszuschlag zu den Einnahmen ist eine griffweise Sch盲tzung der Besteuerungsgrundlagen, die in einem vern眉nftigen Verh盲ltnis zu den erkl盲rten oder nicht erkl盲rten Einnahmen stehen muss. Es bedarf zu ihrer Rechtm盲脽igkeit einer ausreichenden Begr眉ndungstiefe des FG-Urteils, aus der erkennbar ist, warum diese Sch盲tzungsmethode im entschiedenen Fall notwendig ist und dass sie auch im Hinblick auf die Angemessenheit des Sch盲tzungsergebnisses allgemeinen Erfahrungsgrunds盲tzen entspricht.
听
Normenkette
AO 搂 162 Abs. 2 S盲tze听1-2; EStG 搂 4 Abs. 3
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Auf die Revision des Kl盲gers wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. November 2011听听5 K 5045/07 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur眉ckverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung 眉ber die Kosten des gesamten Verfahrens 眉bertragen.
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) war im Streitjahr (2004) Steuerberater. Er erzielte im wesentlichen Eink眉nfte aus seiner freiberuflichen T盲tigkeit und aus Vermietung und Verpachtung. Er f眉hrte freiwillig auf elektronischem Wege eine Gewinnermittlung mit Sachkonten. Den Gewinn der freiberuflichen T盲tigkeit ermittelte er durch Einnahmen眉berschussrechnung 驳别尘盲脽 搂听4 Abs.听3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG).
Rz. 2
Der Kl盲ger reichte seine Einkommensteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr am 8.听M盲rz 2006 samt der Gewinnermittlung 驳别尘盲脽 搂听4 Abs.听3 EStG beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ein. Er wurde jedoch zun盲chst nicht veranlagt.
Rz. 3
Es wurde vom FA f眉r K枚rperschaften mit Pr眉fungsanordnung vom 16.听Mai 2006 eine Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung angeordnet, die den Zeitraum vom 1.听Januar des Streitjahres bis zum 31.听M盲rz 2006 umfassen und voraussichtlich am 6.听Juni 2006 beginnen sollte.
Rz. 4
Nach Bekanntgabe der Pr眉fungsanordnung reichte der Kl盲ger f眉r 2005 am 16.听Mai 2006 und am 17.听Mai 2006 berichtigte Voranmeldungen f眉r die Monate Januar bis Oktober 2005 und erstmalige Voranmeldungen f眉r November und Dezember 2005 sowie f眉r den Monat Januar 2006 beim FA ein. F眉r das Jahr 2005 ergaben sich nach den Angaben des Kl盲gers zus盲tzliche Ums盲tze in H枚he von 104.553听鈧. Dies entsprach im Verh盲ltnis zu den bisher f眉r den Zeitraum Januar bis Oktober 2005 erkl盲rten Ums盲tzen in H枚he von 93.091听鈧 einer Umsatzsteigerung von ca.听112听%.
Rz. 5
Der Kl盲ger erhob gegen die Pr眉fungsanordnung zur Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung Einspruch. Zum vorgesehenen Pr眉fungstermin am 6.听Juni 2006 war er nicht in seinem B眉ro anwesend. Dem Pr眉fer wurde im B眉ro des Kl盲gers von einer Angestellten nur das Einspruchsschreiben vorgelegt. Er erhielt weder Ausk眉nfte noch Einblick in die Unterlagen des Kl盲gers.
Rz. 6
Daraufhin fertigte der Pr眉fer unter dem 6.听Juni 2006 einen Bericht zur Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung. Er gelangte zu dem Ergebnis, die Ums盲tze f眉r das Streitjahr seien um 112,33听% zu erh枚hen. Es erging daraufhin ein entsprechend ge盲nderter Umsatzsteuerbescheid f眉r das Streitjahr.
Rz. 7
Ankn眉pfend daran setzte das FA im Bescheid vom 4.听August 2006 die Einkommensteuer f眉r das Streitjahr unter Erh枚hung der Eink眉nfte aus freiberuflicher T盲tigkeit um 162.010听鈧 erstmalig fest. Im Rahmen des Verlustabzugs wurde als weitere Folge der zuvor zum 31.听Dezember 2003 festgestellte Verlustvortrag (in H枚he von 99.860听鈧) verbraucht. Das FA stellte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.听Dezember des Streitjahres mit Feststellungsbescheid vom 4.听August 2006 auf Null fest.
Rz. 8
Der Kl盲ger erhob gegen die ge盲nderten Festsetzungen zur Einkommen- und Umsatzsteuer f眉r das Streitjahr und gegen den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.听Dezember des Streitjahres Einspruch.
Rz. 9
W盲hrend des Einspruchsverfahrens 盲nderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzungen f眉r 2005 und f眉r das Streitjahr. Es legte der Hinzusch盲tzung von Netto-Ums盲tzen zum Steuersatz von 16听% nunmehr das Verh盲ltnis der vom Kl盲ger f眉r 2005 nacherkl盲rten Betr盲ge zu den in den Voranmeldungen erkl盲rten Ums盲tzen zugrunde (77,274听%). Entsprechend sch盲tzte das FA bei der Einkommensteuer f眉r das Streitjahr Netto-Einnahmen in H枚he von 77,274听% im Verh盲ltnis zu den zuvor erkl盲rten Nettoeinnahmen als Betriebseinnahmen hinzu. Zus盲tzlich erfasste es 14.032,80听鈧 an vereinnahmter Umsatzsteuer auf die hinzugesch盲tzten Nettoums盲tze als Betriebseinnahme.
Rz. 10
Das FA setzte die Einkommensteuer f眉r das Streitjahr mit Bescheid vom 9.听Oktober 2006 entsprechend fest. Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung wurde durch den Verlustabzug nur noch ein Verlustvortrag zum 31.听Dezember 2003 in H枚he von 72.223听鈧 verbraucht und die Einkommensteuer auf 0听鈧 festgesetzt. Dementsprechend stellte das FA mit Bescheid vom 9.听Oktober 2006 den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.听Dezember des Streitjahres auf 27.637听鈧 fest. Der aufrecht erhaltene Einspruch des Kl盲gers wurde als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Rz. 11
Der Kl盲ger erhob Klage. Er wandte sich im Parallelverfahren 5听K听5043/07 gegen die Umsatzsteuerfestsetzung f眉r das Streitjahr und in dem dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Klageverfahren allein gegen den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.听Dezember 2004. Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen ab. Beide Entscheidungen sind nicht ver枚ffentlicht.
Rz. 12
Zur Begr眉ndung der Entscheidung im Verfahren 5听K听5043/07 zur Umsatzsteuer f眉hrte das FG aus:
Rz. 13
Das FA habe die Ums盲tze sch盲tzen d眉rfen, da der Kl盲ger seine Aufzeichnungspflichten 驳别尘盲脽 搂听22 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (UStG) i.V.m. 搂听63 Abs.听1 und Abs.听2 der Umsatzsteuer-Durchf眉hrungsverordnung in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (UStDV) verletzt habe. Der Kl盲ger habe zwar im Klageverfahren beim FA sieben Aktenordner mit Unterlagen eingereicht. Diese h盲tten die Eingangs- und Ausgangsrechnungen, die Bank- und Kassenbelege sowie Nachweise 眉ber Zahlungsein- und Zahlungsausg盲nge enthalten. Die bezahlten Rechnungen seien alphabetisch abgelegt gewesen. Buchungsunterlagen 眉ber Aufwands- und Sachkonten habe der Kl盲ger nicht 眉bersandt. Nachdem er vom FA auf den fehlenden Nachweis einer regelm盲脽igen Summenziehung hingewiesen worden sei, habe der Kl盲ger Erfassungsprotokolle beim FG eingereicht, die eine chronologische Auflistung der Gesch盲ftsvorf盲lle ohne Angabe von Belegnummern enthalten h盲tten. Es sei dem FA nicht m枚glich gewesen, die vom Kl盲ger erkl盲rten Ums盲tze und Vorsteuerbetr盲ge mit angemessenem Aufwand zu 眉berpr眉fen.
Rz. 14
F眉r Belege aus dem Ordner "Kasse" habe das FA eine sich 眉ber mehrere Seiten erstreckende Auflistung der Buchungen angefertigt. Aus dieser ergebe sich, dass der Kl盲ger 眉berwiegend Lebensmittel als Betriebsausgaben verbucht habe, welche auf den Konten "Bewirtung au脽er Haus" und "Bewirtung im Haus" gebucht worden seien. Hieraus leitete das FG ab, dass den vom Kl盲ger verbuchten Ausgaben nicht ohne weiteres gefolgt werden k枚nne. Es sei unzumutbar, die Unterlagen des Kl盲gers durch Anfertigung umfangreicher Auflistungen vollumf盲nglich zu untersuchen. Schlie脽lich sei f眉r das FG aus den Unterlagen auch nicht erkennbar gewesen, inwiefern die gesetzlich erforderliche Summenziehung am Schluss eines jeden Voranmeldungszeitraums vorgenommen worden sei.
Rz. 15
Das FG beanstandete das Sch盲tzungsergebnis des FA auch der H枚he nach nicht. Nach der Hinzusch盲tzung habe der Kl盲ger im Streitjahr einen steuerpflichtigen Umsatz in H枚he von 201.204听鈧 erzielt, der nicht wesentlich von den in den beiden Vorjahren 2002 und 2003 sowie den im Folgejahr 2005 erkl盲rten Ums盲tzen abweiche. Den Einwand des Kl盲gers, der Umsatzeinbruch im Jahr 2004 lasse sich durch die Insolvenz einer Mandantin erkl盲ren, wies das FG zur眉ck. Der Umsatzr眉ckgang habe auf Grundlage der erkl盲rten Ums盲tze f眉r das Streitjahr gegen眉ber den Vorjahren ca.听87.000听鈧 betragen, der Kl盲ger habe aber selbst angef眉hrt, gegen眉ber der insolvent gewordenen Mandantin im Jahr 2003 nur Leistungen in H枚he von netto 41.000听鈧 abgerechnet zu haben.
Rz. 16
Hinsichtlich des allein mit der Klage angefochtenen Verlustfeststellungsbescheids zum 31.听Dezember des Streitjahres hatte der Kl盲ger die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids 驳别尘盲脽 搂听41 der Finanzgerichtsordnung (FGO), dessen Aufhebung und hilfsweise die 脛nderung des Verlustfeststellungsbescheids zum 31.听Dezember des Streitjahres mit der Ma脽gabe begehrt, einen verbleibenden Verlustvortrag in H枚he von 130.633听鈧 festzustellen.
Rz. 17
Das FG sah die Feststellungsklage und die auf Aufhebung des Verlustfeststellungsbescheids gerichtete Klage mangels eines Rechtsschutzbed眉rfnisses des Kl盲gers als unzul盲ssig und die Klage im 脺brigen hinsichtlich aller Antr盲ge auch als unbegr眉ndet an. Der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid f眉r das Streitjahr sei weder nichtig noch rechtswidrig. Unter Bezugnahme auf die Begr眉ndung im Verfahren 5听K听5043/07 zur Umsatzsteuer f眉hrte es aus, es habe eine Sch盲tzungsbefugnis des FA bestanden, weil der Kl盲ger zu seinen Betriebseinnahmen und -ausgaben keine monatlichen Summenziehungen vorgelegt und hierdurch seine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten verletzt habe. Zudem habe der Kl盲ger schuldhaft nicht an der Aufkl盲rung des Streitfalls mitgewirkt.
Rz. 18
Mit der Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung formellen und materiellen Bundesrechts durch das FG.
Rz. 19
Das FG habe die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids zu Unrecht als unzul盲ssig abgewiesen. Der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid f眉r das Streitjahr sei aufgrund der willk眉rlichen Sch盲tzung des FA nichtig. Allein die H枚he der Hinzusch盲tzungen zeige, dass das FA bewusst zu seinem Nachteil gesch盲tzt habe. Eine Sch盲tzungsbefugnis des FA habe nach Vorlage der Belegordner im Klageverfahren nicht bestanden. Er habe alle Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erf眉llt. Ein Steuerpflichtiger k枚nne nicht nachweisen, vom FA hinzugesch盲tzte Betriebseinnahmen nicht erzielt zu haben.
Rz. 20
Der Kl盲ger beantragt sinn驳别尘盲脽, das angefochtene FG-Urteil vom 29.听November 2011听听5听K听5045/07, die Einspruchsentscheidung vom 2.听Januar 2007 und den ge盲nderten Bescheid 眉ber die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.听Dezember 2004 vom 9.听Oktober 2006 aufzuheben und den verbleibenden Verlustvortrag nach 搂听10d Abs.听4 EStG zum 31.听Dezember 2004 in H枚he von 130.633听鈧 festzustellen, hilfsweise, die Nichtigkeit des Bescheids 眉ber die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.听Dezember 2004 vom 9.听Oktober 2006 festzustellen.
Rz. 21
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 22
II. Die Revision ist begr眉ndet. Das FG hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrages zu Unrecht als unbegr眉ndet angesehen. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorentscheidung wird aufgehoben und an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zur眉ckverwiesen (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听2 FGO).
Rz. 23
1. Der Senat legt das Klagebegehren anhand der Klageschrift in der Weise aus, dass der Kl盲ger nach Ma脽gabe der abgegebenen Steuererkl盲rung f眉r das Streitjahr veranlagt werden wollte. Daher geht der Senat von einem Hauptbegehren des Kl盲gers vor dem FG aus, das auf eine 脛nderung des Verlustfeststellungsbescheids zum 31.听Dezember des Streitjahres vom 9.听Oktober 2006 gerichtet war. Nur hilfsweise begehrte der Kl盲ger, die Nichtigkeit des Verlustfeststellungsbescheids festzustellen. Zu dieser eigenst盲ndigen Auslegung des Klagebegehrens ist der Senat befugt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23.听Februar 2012 IV听R听32/09, BFH/NV 2012, 1479).
Rz. 24
2. Die Revision ist hinsichtlich des mit dem Hauptantrag geltend gemachten 脛nderungsbegehrens begr眉ndet. Der Verlustfeststellungsbescheid zum 31.听Dezember des Streitjahres vom 9.听Oktober 2006 ist vom FG rechtsfehlerhaft als rechtm盲脽ig angesehen worden. Die Vorentscheidung ist aufzuheben.
Rz. 25
a) Der Entscheidung 眉ber das 脛nderungsbegehren des Kl盲gers steht nicht die Nichtigkeit des angefochtenen Verlustfeststellungsbescheids zum 31.听Dezember des Streitjahres vom 9.听Oktober 2006 entgegen, die zur Aufhebung des Bescheids f眉hren m眉sste.
Rz. 26
aa) Der Verlustfeststellungsbescheid zum 31.听Dezember des Streitjahres ist w盲hrend des Einspruchsverfahrens ergangen und hat 驳别尘盲脽 搂听365 Abs.听3 Satz听1 der Abgabenordnung (AO) den zuvor ergangenen Bescheid vom 4.听August 2006 ersetzt. Dies gilt selbst dann, wenn der vorherige Verlustfeststellungsbescheid vom 4.听August 2006 --wie der Kl盲ger meint-- nichtig gewesen sein sollte (搂听365 Abs.听3 Satz听2 Nr.听2 AO).
Rz. 27
bb) Anhaltspunkte f眉r eine Nichtigkeit des Verlustfeststellungsbescheids vom 9.听Oktober 2006 bestehen nach den Feststellungen des FG nicht.
Rz. 28
aaa) Eine fehlerhafte Sch盲tzung kann ausnahmsweise die Nichtigkeit des auf ihr beruhenden Verwaltungsakts zur Folge haben, wenn sich das FA nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen sch盲tzt (st盲ndige Rechtsprechung, s. BFH-Urteil vom 15.听Juli 2014 X听R听42/12, BFH/NV 2015, 145, m.w.N.). Zudem k枚nnen Willk眉rma脽nahmen, die mit den Anforderungen an eine ordnungs驳别尘盲脽e Verwaltung schlechterdings nicht zu vereinbaren sind, einen besonders schweren Fehler i.S. von 搂听125 Abs.听1 AO ergeben. Willk眉rlich und damit nichtig i.S. von 搂听125 Abs.听1 AO ist ein Sch盲tzungsbescheid, wenn das Sch盲tzungsergebnis trotz vorhandener M枚glichkeiten, den Sachverhalt aufzukl盲ren und Sch盲tzungsgrundlagen zu ermitteln, krass von den tats盲chlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass 眉berhaupt und ggf. welche Sch盲tzungserw盲gungen angestellt wurden (BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 145, Rz听24).
Rz. 29
bbb) Nach diesem Ma脽stab ist eine Nichtigkeit des Verlustfeststellungsbescheids vom 9.听Oktober 2006 zu verneinen.
Rz. 30
Eine objektiv willk眉rliche Sch盲tzung liegt nicht vor. Die H枚he der Sch盲tzung beruhte auf einer griffweisen Hinzusch盲tzung von Ums盲tzen und Betriebseinnahmen, die dem Kl盲ger vom FA erl盲utert wurde. Das FA hat Sch盲tzungserw盲gungen zur H枚he der hinzugesch盲tzten Ums盲tze und Betriebseinnahmen angestellt und dem Kl盲ger mitgeteilt.
Rz. 31
Es sind keine Umst盲nde festgestellt, nach denen die Hinzusch盲tzung bewusst zum Nachteil des Kl盲gers erfolgte. Zudem ist nicht erkennbar, dass f眉r den Erlass der Pr眉fungsanordnung und die Durchf眉hrung der Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung au脽ersteuerliche Gr眉nde ma脽geblich waren. Bei dem vom Kl盲ger in der Revision angef眉hrten Sachverhalt des Revisionsverfahrens VIII听R听8/09, das einen anderen Steuerpflichtigen betraf und dessen Umst盲nde nach Meinung des Kl盲gers mit dem Streitfall vergleichbar sein sollen, handelt es sich ausnahmslos um neuen Sachvortrag, der im Revisionsverfahren 驳别尘盲脽 搂听118 Abs.听2 FGO nicht zu ber眉cksichtigen ist.
Rz. 32
b) Der streitige Feststellungsbescheid ist vom FG rechtsfehlerhaft als rechtm盲脽ig angesehen worden. Das FG hat hinsichtlich der gebotenen Summenziehung bei den Betriebseinnahmen keine formellen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsm盲ngel des Kl盲gers festgestellt, die die W眉rdigung tragen, dass das FA 驳别尘盲脽 搂听162 Abs.听2 Satz听2 AO zur Sch盲tzung berechtigt war.
Rz. 33
aa) Nach dieser Vorschrift sind die Besteuerungsgrundlagen zu sch盲tzen, wenn der Steuerpflichtige B眉cher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu f眉hren hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchf眉hrung oder die Aufzeichnungen, die er zu f眉hren hat, nicht nach 搂听158 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden k枚nnen. Gem盲脽 搂听158 AO sind die Buchf眉hrung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn sie den Vorschriften der 搂搂听140 bis 148 AO entsprechen und soweit nach den Umst盲nden des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.
Rz. 34
bb) Die umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen 驳别尘盲脽 搂听22 UStG, 搂搂听63 bis 68 UStDV wirkt unmittelbar auch f眉r das Einkommensteuergesetz (BFH-Urteile vom 2.听M盲rz 1982 VIII听R听225/80, BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504; vom 26.听Februar 2004 XI听R听25/02, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599; BFH-Beschl眉sse vom 16.听Februar 2006 X听B听57/05, BFH/NV 2006, 940; vom 12.听Juli 2017 X听B听16/17, BFHE 257, 523). Auch war der Kl盲ger als "Ist-Besteuerer" i.S. des 搂听20 Abs.听1 Satz听1 Nr.听3 UStG 驳别尘盲脽 搂听22 Abs.听1 Satz听1, Abs.听2 Nr.听1 Satz听5 i.V.m. Satz听1 UStG verpflichtet, die vereinnahmten Entgelte des Streitjahres aufzuzeichnen und 驳别尘盲脽 搂听63 Abs.听2 Satz听1 UStDV --wie vom FG angenommen-- grunds盲tzlich am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums zusammenzurechnen.
Rz. 35
cc) Dies hat der Kl盲ger nach den Feststellungen des FG jedoch getan. Er hat f眉r das Streitjahr Voranmeldungen abgegeben, in denen jeweils Summen zu den steuerpflichtigen Ums盲tzen enthalten waren. W盲hrend des Klageverfahrens hat er auf Hinweis des FA, dass die Summenziehungen in den Belegordnern nicht enthalten waren, Buchungserfassungsprotokolle vorgelegt. Warum er seinen formellen ertrag- und umsatzsteuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten f眉r die vereinnahmten Entgelte damit nicht gen眉gt haben soll, ist nicht ersichtlich.
Rz. 36
dd) Ein Versto脽 gegen die allgemeinen Aufzeichnungspflichten f眉r Einnahmen und die daran ankn眉pfenden Aufbewahrungspflichten (搂搂听146 Abs.听1 und Abs.听5, 147 AO) ist nach den Feststellungen des FG ebenfalls nicht ersichtlich.
Rz. 37
c) Die vom FG festgestellten Verst枚脽e des Kl盲gers gegen die Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung monatlicher Summenziehungen bei den Barausgaben und die Umst盲nde, aus denen das FG die Unrichtigkeit der verbuchten Bewirtungsaufwendungen abgeleitet hat, tragen nicht dessen W眉rdigung, dass die Einnahmen unvollst盲ndig aufgezeichnet wurden und 驳别尘盲脽 搂听162 Abs.听2 Satz听2 AO zu sch盲tzen waren.
Rz. 38
aa) Formelle Buchf眉hrungsm盲ngel berechtigen nach st盲ndiger Rechtsprechung nur insoweit zur Sch盲tzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchf眉hrungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Beschluss vom 12.听Juli 2017 X听B听16/17, BFHE 257, 523, Rz听56, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 10.听M盲rz 1983 IV听R听236/81, juris, zur Hinzusch盲tzung von Einnahmen bei einem Steuerberater wegen einer fehlenden Barkasse).
Rz. 39
bb) Das FG begr眉ndet indessen nicht, warum aus den festgestellten formellen Verst枚脽en im Bereich der Betriebsausgaben folgen soll, dass vom Kl盲ger immerhin Einnahmen in H枚he von 77听% der erkl盲rten Einnahmen zus盲tzlich erzielt und nicht erkl盲rt worden sein sollen.
Rz. 40
d) Auch auf 搂听162 Abs.听2 Satz 1 AO l盲sst sich auf Grundlage der bisherigen Feststellungen keine Sch盲tzungsbefugnis st眉tzen.
Rz. 41
aa) Gem盲脽 搂听162 Abs.听2 Satz 1 AO ist zu sch盲tzen, wenn der Steuerpflichtige 眉ber seine Angaben keine ausreichenden Aufkl盲rungen zu geben vermag oder die weitere Auskunft verweigert. Eine Sch盲tzungsbefugnis nach dieser Vorschrift h盲ngt nicht vom Bestehen einer gesetzlichen (f枚rmlichen) Aufzeichnungspflicht ab, sondern besteht, wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen aus den Angaben des Steuerpflichtigen nicht ermitteln kann (BFH-Beschluss vom 31.听Juli 2009 VIII听B听28/09, BFH/NV 2009, 1967).
Rz. 42
bb) Nach den Feststellungen des FG ist aber nicht erkennbar, welcher Mitwirkungsversto脽 des Kl盲gers im Hinblick auf die aufgezeichneten Betriebseinnahmen vorliegen soll. Dem FG h盲tte es oblegen, Feststellungen zu treffen, aus denen ersichtlich ist, dass die Betriebseinnahmen im Streitjahr in der Buchf眉hrung des Kl盲gers nicht vollst盲ndig erfasst waren (etwa nach Vornahme einer Geldverkehrsrechnung oder durch einen 盲u脽eren Betriebsvergleich). Solche Feststellungen fehlen jedoch.
Rz. 43
e) Im 脺brigen w盲re auch bei Annahme einer Sch盲tzungsbefugnis die W眉rdigung des FG, dass eine griffweise Hinzusch盲tzung der Betriebseinnahmen in der streitigen H枚he durch das FA rechtm盲脽ig war, fehlerhaft.
Rz. 44
aa) Der BFH darf gesch盲tzte Besteuerungsgrundlagen, welche zu den tats盲chlichen Feststellungen des FG 驳别尘盲脽 搂听118 Abs.听2 FGO geh枚ren, nur auf Rechtsfehler pr眉fen. Das FG-Urteil muss erkennen lassen, auf welchen Tatsachen die Sch盲tzung beruht und auf welchem Weg sie zustande gekommen ist. Es hat darzulegen, wie und dass es seine 脺berzeugung in rechtlich zul盲ssiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (BFH-Urteile vom 6.听Februar 1991 II听R听87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459, unter II.2.a; vom 16.听September 2015 X听R听43/12, BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48, Rz听40; vom 20.听M盲rz 2017 X听R听11/16, BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz听52). Die gewonnenen Sch盲tzergebnisse m眉ssen schl眉ssig, wirtschaftlich m枚glich und vern眉nftig sein. Zudem darf das FG bei der Sch盲tzung nicht gegen anerkannte Sch盲tzungsgrunds盲tze, allgemeine Erfahrungss盲tze oder die Denkgesetze versto脽en (BFH-Urteile vom 18.听Oktober 1983 VIII听R听190/82, BFHE 139, 350, BStBl II 1984, 88, m.w.N.; in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992).
Rz. 45
bb) Ein pauschaler Sicherheitszuschlag zu den Einnahmen --wie im Streitfall-- ist eine griffweise Sch盲tzung der Besteuerungsgrundlagen, die in einem vern眉nftigen Verh盲ltnis zu den erkl盲rten oder nicht erkl盲rten Einnahmen stehen muss (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26.听Oktober 1994 X听R听114/92, BFH/NV 1995, 373; vom 7.听Februar 2017 X听B听79/16, BFH/NV 2017, 774; in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz听51; s.a. BFH-Beschluss vom 10.听Mai 2012 X听B听71/11, BFH/NV 2012, 1461, f眉r steuermindernde Umst盲nde). Die griffweise Sch盲tzung stellt im Spektrum der verschiedenen denkbaren Sch盲tzungsmethoden diejenige dar, die mit den gr枚脽ten Unsicherheiten behaftet ist und konkreten Tatsachengrundlagen vollst盲ndig oder nahezu vollst盲ndig entbehrt (BFH-Beschluss vom 28.听September 2011 X听B听35/11, BFH/NV 2012, 177). Es bedarf zu ihrer Rechtm盲脽igkeit einer ausreichenden Begr眉ndungstiefe des FA und des FG, dass und warum diese Sch盲tzungsmethode im jeweiligen Einzelfall notwendig ist und dass sie auch im Hinblick auf die Angemessenheit des Sch盲tzungsergebnisses allgemeinen Erfahrungsgrunds盲tzen entspricht (BFH-Urteil in BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz听51, mit Anmerkung N枚cker, jurisPR-SteuerR 45/2017 Anm.听3). Auf der anderen Seite ist aber auch das Ma脽 der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu ber眉cksichtigen. Deshalb ist es grunds盲tzlich gerechtfertigt, bei einer Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen einen Sicherheitszuschlag oder einen Sicherheitsabschlag vorzunehmen (BFH-Urteil vom 15.听April 2015 VIII听R听49/12, Rz听19, m.w.N.).
Rz. 46
cc) Der Vorentscheidung fehlt es an der an diesen Ma脽st盲ben zu orientierenden erforderlichen Begr眉ndungstiefe. Der Senat kann auf ihrer Grundlage nicht abschlie脽end beurteilen, ob der Sicherheitszuschlag zu den Betriebseinnahmen --wenn eine Sch盲tzungsbefugnis best眉nde-- angemessen w盲re.
Rz. 47
Ohne eine weitergehende und vertiefte Begr眉ndung ist etwa nicht verst盲ndlich, wieso das FG im Streitfall nicht einen geringeren Prozentsatz hinzugesch盲tzter Ums盲tze als ausreichend und angemessen bzw. zutreffend angesehen hat. Allein der Umstand, dass der Kl盲ger f眉r 2005 Ums盲tze in vergleichbarer Relation nacherkl盲rt hat und sich nach der Hinzusch盲tzung ann盲hernd gleiche Ums盲tze/Betriebseinnahmen f眉r die Jahre 2002 bis 2005 ergeben, tr盲gt die Hinzusch盲tzung des FA in der jetzigen H枚he nicht.
Rz. 48
Zudem erschlie脽t sich dem Senat zur Schl眉ssigkeit des Sch盲tzungsergebnisses des FG insbesondere nicht, warum die vom Kl盲ger --unwidersprochen-- vorgetragene Insolvenz einer gro脽en Mandantin der griffweisen Hinzusch盲tzung von Einnahmen in der jetzigen H枚he nicht entgegenstehen soll. Der Kl盲ger hatte ausgef眉hrt, er habe mit dieser Mandantin im Jahr 2003 ein Honorarvolumen von rund 47.000听鈧 brutto erwirtschaftet. Hiervon ist auch das FG ausgegangen. Warum der Kl盲ger im Streitjahr ungeachtet des wegfallenden Honorars dann aber aus Sicht des FG ebenso hohe Einnahmen wie im Vorjahr 2003 und im Folgejahr 2005 erzielt haben soll, wird vom FG nicht schl眉ssig begr眉ndet.
Rz. 49
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
Rz. 50
Der Senat kann die erforderlichen Feststellungen zum Vorliegen einer Sch盲tzungsbefugnis des FA und einer angemessenen Sch盲tzungsh枚he nicht selbst treffen. Die Sache wird an das FG zur眉ckverwiesen. 脺ber den Hilfsantrag des Kl盲gers hat der Senat nicht zu entscheiden.
Rz. 51
4. Der Senat entscheidet nach Verzicht der Beteiligten ohne m眉ndliche Verhandlung (搂听90 Abs.听2 FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听143 Abs.听2 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 11632812 |
BFH/NV 2018, 602 |
K脰SDI 2018, 20775 |
Umsatzsteuer direkt digital 2018, 17 |