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Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Besteuerung von Gutscheinen
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Leitsatz (amtlich)
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung von Art. 30a Nr. 2 und Art. 30b Unterabs. 2 MwStSystRL zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Liegt ein Einzweck-Gutschein i.S. von Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL vor, wenn
- zwar der Ort der Erbringung von Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, insoweit feststeht, als diese Dienstleistungen im Gebiet eines Mitgliedstaats an Endverbraucher erbracht werden sollen,
- aber die Fiktion des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL, nach der auch die 脺bertragung des Gutscheins zwischen Steuerpflichtigen zur Erbringung der Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, zu einer Dienstleistung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats f眉hrt?
2. Falls die Frage 1 verneint wird (und damit im Streitfall ein Mehrzweck-Gutschein vorliegt): Steht Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL, wonach die tats盲chliche Erbringung der Dienstleistungen, 蹿眉谤 die der Erbringer der Dienstleistungen einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen annimmt, der Mehrwertsteuer gem盲脽 Art. 2 MwStSystRL unterliegt, wohingegen jede vorangegangene 脺bertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Mehrwertsteuer unterliegt, einer anderweitig begr眉ndeten Steuerpflicht (EuGH-Urteil Lebara vom 03.05.2012 - C-520/10, EU:C:2012:264) entgegen?
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Normenkette
EGRL 112/2006 Art.听30a Nr. 2, Art.听30b Abs.听1 UAbs 1 S. 1, Abs.听2 UAbs 1; UStG 搂听3 Abs.听13, 14 S盲tze听1-2, 搂听3a Abs.听2 S. 1, Abs.听5 S.听1 Nr. 1, S.听2 Nr. 3; AEUV Art. 267 Abs. 3
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Verfahrensgang
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Tenor
I. Dem Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) werden folgende Fragen zur Auslegung von Art. 30a Nr. 2 und Art. 30b Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der Fassung vom 27.06.2016 (MwStSystRL) zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Liegt ein Einzweck-Gutschein im Sinne von Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL vor, wenn
- zwar der Ort der Erbringung von Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, insoweit feststeht, als diese Dienstleistungen im Gebiet eines Mitgliedstaats an Endverbraucher erbracht werden sollen,
- aber die Fiktion des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL, nach der auch die 脺bertragung des Gutscheins zwischen Steuerpflichtigen zur Erbringung der Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, zu einer Dienstleistung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats f眉hrt?
2. Falls die Frage 1 verneint wird (und damit im Streitfall ein Mehrzweck-Gutschein vorliegt): Steht Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL, wonach die tats盲chliche Erbringung der Dienstleistungen, 蹿眉谤 die der Erbringer der Dienstleistungen einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen annimmt, der Mehrwertsteuer gem盲脽 Art. 2 MwStSystRL unterliegt, wohingegen jede vorangegangene 脺bertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Mehrwertsteuer unterliegt, einer anderweitig begr眉ndeten Steuerpflicht (EuGH-Urteil Lebara vom 03.05.2012 - C-520/10, EU:C:2012:264) entgegen?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.
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Tatbestand
A.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten dar眉ber, ob die 脺bertragung von Guthabenkarten oder Gutscheincodes 蹿眉谤 den Erwerb digitaler Inhalte 蹿眉谤 das X-Network (X), sogenannten (sog.) X-Cards, der Umsatzsteuer unterliegt.
Rz. 2
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin), eine Gesellschaft b眉rgerlichen Rechts, vertrieb im Besteuerungszeitraum 2019 (Streitjahr) 眉ber ihren Internetshop Guthabenkarten oder Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten 蹿眉谤 X. Herausgeber der X-Cards war im Streitjahr Y mit Sitz in London, Vereinigtes K枚nigreich. Die Gutscheincodes erm枚glichten dem Erwerber die Aufladung seines X-Nutzerkontos mit einem n盲her bestimmten Nennwert in Euro. Nach der Kontoaufladung konnten vom Kontoinhaber im X-Store von Y digitale Inhalte zu den dort angef眉hrten Preisen erworben werden.
Rz. 3
Die X-Cards wurden von Y mit unterschiedlicher L盲nderkennung 眉ber verschiedene Zwischenh盲ndler vertrieben. F眉r Kunden mit Wohnsitz oder gew枚hnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem deutschen X-Nutzerkonto war die Kennung DE vorgesehen. Im Internetshop der Kl盲gerin ist hierzu ausgef眉hrt:
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"Sollten Sie sich entscheiden, [X-Guthaben] aufladen zu wollen, m眉ssen Sie sich im Vorfeld dar眉ber informieren, in welchem Land Ihr [X-Konto] registriert ist. So gilt bei [X-Cards] eine strikte L盲ndertrennung, so dass Sie nur Guthaben aktivieren k枚nnen, welches tats盲chlich 蹿眉谤 das Land Ihres [X-Kontos] bestimmt ist." |
Rz. 4
Die auf der Internetseite des X von Y ver枚ffentlichten Nutzungsbedingungen 蹿眉谤 X-Gutscheincodes bestimmten:
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"Um einen Gutscheincode einzul枚sen, wird Folgendes ben枚tigt: (i) die angegebene Hardware; (ii) ein Konto 蹿眉谤 das [X], das in dem Land registriert ist, 蹿眉谤 das der Gutscheincode gilt; und (iii) eine Internetverbindung...". |
Rz. 5
F眉r die Teilnahme am X wurde durch Y unter anderem (u.a.) bestimmt:
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"Der [X-Store] ist 眉ber alle Konten aufrufbar. Wir sind Ihr Vertragspartner 蹿眉谤 alle K盲ufe, die Sie im [X-Store] t盲tigen, einschlie脽lich Guthaben und Produkte, die Sie mit Ihrem Guthaben erworben haben.... Sie m眉ssen ehrlich zu uns sein. Wir erwarten, dass Ihre personenbezogenen Daten und die Ihrer minderj盲hrigen Familienmitglieder vollst盲ndig und korrekt sind.... Der Grund da蹿眉谤 ist, dass wir uns auf die Richtigkeit der angegebenen Informationen verlassen.... Wenn Sie Falschangaben machen, sperren wir m枚glicherweise die betroffenen Konten. Wir ergreifen diese Ma脽nahme beispielsweise dann, wenn Kinder ein Erwachsenenkonto nutzen. Die Konsequenzen 蹿眉谤 Sie sind, dass Sie nicht mehr auf [X] und bestimmte Produkte (auch solche, die Sie bezahlt haben) zugreifen k枚nnen...". |
Rz. 6
Im Streitjahr bezog die Kl盲gerin die X-Cards der Y von Lieferanten aus dem 眉brigen Gemeinschaftsgebiet (L1 und L2) unter Angabe ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. L1 und L2, die weder im Vereinigten K枚nigreich noch im Inland, sondern in anderen Mitgliedstaaten ans盲ssig waren, hatten die X-Cards zuvor von X erworben. Die Kl盲gerin erfasste in ihren Steueranmeldungen (Steuererkl盲rungen) weder den Erwerb der X-Cards von L1 und L2 noch die 脺bertragung der X-Cards an die Endkunden (Endverbraucher). Sie ging dabei davon aus, dass es sich bei den X-Cards um Wert- oder Mehrzweck-Gutscheine handele. Bei der Ver盲u脽erung der X-Cards sei der Wohnsitz oder der Ans盲ssigkeitsort des Endkunden nicht sicher bekannt, so dass der Leistungsort gem盲脽 搂听3a Abs.听5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht sicher bestimmbar sei. Die von Y den jeweiligen Gutscheinen zugewiesene L盲nderkennung reiche zur sicheren Bestimmung des Leistungsorts nicht aus, da Y die Angaben der Kunden bei der Er枚ffnung der X-Nutzerkonten und deren sp盲tere Nutzung nicht 眉berpr眉fe. Eine Vielzahl im Ausland ans盲ssiger X-Kunden h盲tte u.a. aufgrund von Preisvorteilen ein deutsches Nutzerkonto er枚ffnet und ebenfalls bei ihr, der Kl盲gerin, Karten mit der Kennung DE eingekauft.
Rz. 7
Das vormals 蹿眉谤 die Besteuerung der Kl盲gerin zust盲ndige Finanzamt (FA听Z) sah nach einer Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung die Ums盲tze der Kl盲gerin mit X-Cards als im Inland steuerbar an, weil diese mit der Kennung DE von Y ausschlie脽lich 蹿眉谤 Endkunden mit Wohnsitz im Inland und einem deutschen Nutzerkonto bestimmt seien, weshalb sich der Leistungsort gem盲脽 搂听3a Abs.听5 UStG im Inland befinde. Dass Erwerber mit Wohnsitz im Ausland die vorgegebene regionale Nutzungsbeschr盲nkung durch bewusst wahrheitswidrige Angaben, Missachtung der Nutzungsbedingungen von Y und/oder Verschleierung ihrer IP-Adresse m枚glicherweise umgehen k枚nnten, sei nicht ausschlaggebend 蹿眉谤 die steuerrechtliche Einordnung des Gutscheins; es sei vielmehr Sache der Kl盲gerin da蹿眉谤 Sorge zu tragen, Karten mit der Kennung DE nicht an Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu verkaufen. F眉r die Einordnung der Karten als Waren- oder Einzweck-Gutscheine spreche auch, dass Y die Karten als solche in den Verkehr gebracht habe und diese in der weiteren Leistungskette von allen anderen Beteiligten auch so behandelt worden seien. Allerdings nahm das FA听Z Ums盲tze von X-Cards der Kennung DE, die an Kunden mit Wohnsitz im Ausland ausgegeben wurden, von der Besteuerung aus.
Rz. 8
Das FA听Z setzte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung 蹿眉谤 das 1.听Kalendervierteljahr des Streitjahres zuletzt mit Einspruchsentscheidung vom 23.12.2020 entsprechend fest. Das Finanzgericht (FG) wies mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1322 ver枚ffentlichten Urteil die Klage --auch wegen des das vorliegende Verfahren nicht betreffenden Besteuerungszeitraums 2017-- als unbegr眉ndet ab.
Rz. 9
W盲hrend des Revisionsverfahrens kam es aufgrund Sitzverlegung der Kl盲gerin auf der Beklagtenseite zu einem Beteiligtenwechsel. Der nunmehr zust盲ndige Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) hat am 31.05.2021 einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 蹿眉谤 das Streitjahr erlassen, der gem盲脽 搂听121 Satz听1 in Verbindung mit (i.V.m.) 搂听68 Satz听1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Mit Beschluss vom 31.08.2021听- XI听R听11/21 hat der erkennende Senat das Verfahren wegen Umsatzsteuer 蹿眉谤 das Streitjahr abgetrennt und f眉hrt dieses nunmehr unter dem Aktenzeichen XI听R听21/21 fort.
Rz. 10
Mit ihrer Revision r眉gt die Kl盲gerin die Verletzung von 搂听3a Abs.听5 Satz听1 i.V.m. 搂听3 Abs.听13 bis 15 UStG und begehrt, dass die Ums盲tze von X-Cards als nicht steuerbar erfasst werden. Da der Leistungsort und die geschuldete Steuer nicht festst眉nden, handele es sich um einen Mehrzweck-Gutschein, dessen 脺bertragung nicht der Umsatzsteuer unterliege. Die X-Cards enthielten keine Kennzeichnung als Einzweck-Gutschein oder eine Beschr盲nkung der mit ihnen zu beziehenden Leistung auf eine Gattung, sondern sie bez枚gen sich auf das gesamte Angebot des X, weshalb im Zeitpunkt der 脺bertragung der X-Cards weder die Leistung hinreichend bestimmt sei noch der betreffende Steuersatz bestimmt werden k枚nne. Falls im 脺brigen sie, die Kl盲gerin, auf ihre Ums盲tze Umsatzsteuer entrichten m眉sste, w眉rde sie gegen眉ber H盲ndlern mit Sitz im Ausland benachteiligt, die --soweit ihr bekannt-- s盲mtlich ihre entsprechenden Ums盲tze ohne Umsatzsteuer auswiesen.
Rz. 11
Das FA tritt der Revision entgegen und verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.
Rz. 12
Durch Beschluss vom 16.08.2022听- XI听S听4/21听(AdV) (zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1261), hat der vorlegende Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtm盲脽igkeit Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung gew盲hrt.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
B.
Rz. 13
Der Senat setzt das Verfahren aus und legt dem Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) die im Tenor genannten Fragen gem盲脽 Art.听267 Abs.听3 des Vertrags 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union (AEUV) zur Vorabentscheidung vor.
Rz. 14
1. Die ma脽geblichen Vorschriften und Bestimmungen
Rz. 15
a) Unionsrecht
Rz. 16
Art.听30a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der Fassung vom 27.06.2016 (MwStSystRL)
F眉r die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. "Gutschein" ist ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder Teil einer solchen 蹿眉谤 eine Lieferung von Gegenst盲nden oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen und bei dem die zu liefernden Gegenst盲nde oder zu erbringenden Dienstleistungen oder die Identit盲t der m枚glichen Lieferer oder Dienstleistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenh盲ngenden Unterlagen, einschlie脽lich der Bedingungen 蹿眉谤 die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind;
2. "Einzweck-Gutschein" ist ein Gutschein, bei dem der Ort der Lieferung der Gegenst盲nde oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die 蹿眉谤 diese Gegenst盲nde oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen;
3. "Mehrzweck-Gutschein" ist ein Gutschein, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt.
Rz. 17
Art.听30b MwStSystRL
(1) Jede 脺bertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Steuerpflichtigen, der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenst盲nde oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht. Die tats盲chliche 脺bergabe der Gegenst盲nde oder die tats盲chliche Erbringung der Dienstleistungen, 蹿眉谤 die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen von dem Lieferer oder Dienstleistungserbringer angenommen wird, gilt nicht als unabh盲ngiger Umsatz.
Erfolgt eine 脺bertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Steuerpflichtigen, der im Namen eines anderen Steuerpflichtigen handelt, gilt diese 脺bertragung als eine Lieferung der Gegenst盲nde oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den anderen Steuerpflichtigen, in dessen Namen der Steuerpflichtige handelt.
Handelt es sich bei dem Lieferer von Gegenst盲nden oder dem Erbringer von Dienstleistungen nicht um den Steuerpflichtigen, der, im eigenen Namen handelnd, den Einzweck-Gutschein ausgestellt hat, so wird dieser Lieferer von Gegenst盲nden bzw. Erbringer von Dienstleistungen dennoch so behandelt, als habe er diesem Steuerpflichtigen die Gegenst盲nde oder Dienstleistungen in Bezug auf diesen Gutschein geliefert oder erbracht.
(2) Die tats盲chliche 脺bergabe der Gegenst盲nde oder die tats盲chliche Erbringung der Dienstleistungen, 蹿眉谤 die der Lieferer der Gegenst盲nde oder Erbringer der Dienstleistungen einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen annimmt, unterliegt der Mehrwertsteuer gem盲脽 Artikel听2, wohingegen jede vorangegangene 脺bertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Mehrwertsteuer unterliegt.
Wird ein Mehrzweck-Gutschein von einem anderen Steuerpflichtigen als dem Steuerpflichtigen, der den gem盲脽 Unterabsatz听1 der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz erbringt, 眉bertragen, so unterliegen alle bestimmbaren Dienstleistungen wie etwa Vertriebs- oder Absatzf枚rderungsleistungen der Mehrwertsteuer.
Rz. 18
Art.听44 MwStSystRL
Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit hat. Werden diese Dienstleistungen jedoch an eine feste Niederlassung des Steuerpflichtigen, die an einem anderen Ort als dem des Sitzes seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit gelegen ist, erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistungen der Sitz der festen Niederlassung. In Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung gilt als Ort der Dienstleistung der Wohnsitz oder der gew枚hnliche Aufenthaltsort des steuerpflichtigen Dienstleistungsempf盲ngers.
Rz. 19
Art.听58 MwStSystRL
(1) Als Ort der folgenden Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige gilt der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ans盲ssig ist, seinen Wohnsitz oder seinen gew枚hnlichen Aufenthaltsort hat:
...
c) elektronisch erbrachte Dienstleistungen, insbesondere die in Anhang听II genannten Dienstleistungen.
Rz. 20
Art.听65 MwStSystRL
Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenst盲nden bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist, entsteht der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.
Rz. 21
Art.听7 der Durchf眉hrungsverordnung (EU) Nr.听282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchf眉hrungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwSt-DVO-- (Amtsblatt der Europ盲ischen Union --ABlEU--2011, Nr.听L听77, 1)
(1) "Elektronisch erbrachte Dienstleistungen" im Sinne der Richtlinie 2006/112/EG umfassen Dienstleistungen, die 眉ber das Internet oder ein 盲hnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht m枚glich w盲re....
Rz. 22
b) Nationales Recht
Rz. 23
搂听3 Abs.听13 bis 15 UStG
(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem
1. die Verpflichtung besteht, es als vollst盲ndige oder teilweise Gegenleistung 蹿眉谤 eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2. der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identit盲t des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenh盲ngenden Unterlagen, einschlie脽lich der Bedingungen 蹿眉谤 die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes听1.
(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes听13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die 蹿眉谤 diese Ums盲tze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. 脺bertr盲gt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die 脺bertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht.... Die tats盲chliche Lieferung oder die tats盲chliche Erbringung der sonstigen Leistung, 蹿眉谤 die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den F盲llen der S盲tze听2 bis 4 nicht als unabh盲ngiger Umsatz.
(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes听13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tats盲chliche Lieferung oder die tats盲chliche Erbringung der sonstigen Leistung, 蹿眉谤 die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollst盲ndige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach 搂听1 Absatz听1, wohingegen jede vorangegangene 脺bertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Rz. 24
搂听3a UStG
(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer 蹿眉谤 dessen Unternehmen ausgef眉hrt wird, wird vorbehaltlich der Abs盲tze听3 bis 8... an dem Ort ausgef眉hrt, von dem aus der Empf盲nger sein Unternehmen betreibt.
...
(5) Ist der Empf盲nger einer der in Satz听2 bezeichneten sonstigen Leistungen
1. kein Unternehmer, 蹿眉谤 dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,...
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgef眉hrt, an dem der Leistungsempf盲nger seinen Wohnsitz, seinen gew枚hnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes听1 sind:
...
3. die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Rz. 25
搂听27 Abs. 23 UStG
(23) 搂听3 Absatz听13 bis 15... sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.听Dezember 2018 ausgestellt werden.
Rz. 26
2. Vorbemerkungen zur ersten Vorlagefrage
Rz. 27
a) Einmalige 脺bertragung des Gutscheins
Rz. 28
Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL ist unproblematisch anwendbar, wenn zum Beispiel der im Inland ans盲ssige Steuerpflichtige (A), der eine Dienstleistung (oder dem gleichgestellt eine Lieferung) zu erbringen beabsichtigt, hier眉ber einen Gutschein auf den gleichfalls im Inland ans盲ssigen Empf盲nger (C) 眉bertr盲gt, der diese Dienstleistung als Endverbraucher zu beziehen beabsichtigt. Stehen der Ort und die Mehrwertsteuer im Sinne (i.S.) des Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL 蹿眉谤 diese Dienstleistung fest, liegt ein sogenannter Einzweck-Gutschein vor, auf den Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 MwStSystRL anzuwenden ist. Durch diese Bestimmung wird der Steuertatbestand vorverlagert. Denn danach gilt bereits die 脺bertragung des Gutscheins als Erbringung der Dienstleistung, so dass die (gegebenenfalls --ggf.-- sp盲ter erfolgende) tats盲chliche Erbringung der Dienstleistung "nicht als unabh盲ngiger Umsatz" gilt und damit im Hinblick auf die bereits zuvor erfolgte Besteuerung der Gutschein眉bertragung nicht mehr zu besteuern ist.
Rz. 29
b) Mehrfache 脺bertragung des Gutscheins
Rz. 30
aa) Abwandlung des Beispiels
Rz. 31
Demgegen眉ber bestehen Auslegungsschwierigkeiten 蹿眉谤 den Fall, dass A den Gutschein im eigenen Namen auf den in einem anderen Mitgliedstaat ans盲ssigen Steuerpflichtigen B (als Zwischenh盲ndler) 眉bertr盲gt, der diesen seinerseits im eigenen Namen auf C 眉bertr盲gt. Nach Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 MwStSystRL kommt es dann zu einer Umsatzverdoppelung. Es gelten dann sowohl die 脺bertragung des Gutscheins von A auf B als auch die 脺bertragung von B auf C als Erbringung der Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, w盲hrend die (ggf. sp盲ter erfolgende) tats盲chliche Erbringung der Dienstleistung wiederum nicht mehr zu besteuern ist.
Rz. 32
Fraglich ist 蹿眉谤 den Fall der Abwandlung, welche Folgen sich aus Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 Satz听1 MwStSystRL 蹿眉谤 Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL ergeben. Denn damit ein Einzweck-Gutschein i.S. von Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL vorliegt, muss der Ort der Dienstleistung, auf den sich der Gutschein bezieht, feststehen. F眉r den Fall der mehrfachen Gutschein眉bertragung folgt aus Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 Satz听1 MwStSystRL aber, dass die Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, als mehrfach erbracht gilt.
Rz. 33
Damit stellt sich die Frage, ob es aufgrund einer derart mehrfachen Leistungserbringung 蹿眉谤 Zwecke des Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL nur einen oder auch mehrere Leistungsorte geben kann.
Rz. 34
bb) Auslegungsm枚glichkeiten
Rz. 35
(1) Erste Auslegung
Rz. 36
Bezieht sich die Fiktionswirkung des Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 Satz听1 MwStSystRL auf die im Gutschein in Bezug genommene Dienstleistung nur ihrer Art nach, kann es zu unterschiedlichen Leistungsorten kommen, wenn sich die Ortsbestimmung 蹿眉谤 die im Gutschein in Bezug genommene Dienstleistung nach dem Empf盲ngerort richtet.
Rz. 37
Auf dieser Grundlage k枚nnte ein Einzweck-Gutschein zu verneinen sein. Denn die Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, wird zweimal und dann (je nach Ans盲ssigkeit des Zwischenh盲ndlers) m枚glicherweise an unterschiedlichen Orten erbracht. F眉r diese Sichtweise k枚nnte eine w枚rtliche Auslegung von Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 Satz听1 MwStSystRL sprechen. Diese Auslegung w眉rde dazu f眉hren, dass sich der Anwendungsbereich des Einzweck-Gutscheins im Dienstleistungsbereich erheblich verkleinert. Denn ein Einzweck-Gutschein w盲re zu verneinen, wenn er sich auf eine Dienstleistung bezieht, die bei ihrer Erbringung an einen Steuerpflichtigen dem Empf盲ngerortprinzip des Art.听44 MwStSystRL unterliegt. Eine derartige Einschr盲nkung k枚nnte als vom Unionsgesetzgeber nicht gewollt anzusehen sein.
Rz. 38
(2) Zweite Auslegung
Rz. 39
Die vorstehende Auslegung erscheint allerdings nicht zwingend. Zum einen kommt in Betracht, 蹿眉谤 das Feststehen des Orts der Dienstleistung i.S. von Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL die Fiktion, dass die 脺bertragung des Gutscheins zur Erbringung der Dienstleistung f眉hrt, auf den sich der Gutschein bezieht, bei der Pr眉fung des Leistungsorts von vornherein au脽er Betracht zu lassen. Die M枚glichkeit, dass der Gutschein auch an einen Zwischenh盲ndler in einem anderen Mitgliedstaat 眉bertragen werden darf beziehungsweise wird, w盲re dann 蹿眉谤 die Anwendung von Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL von vornherein ohne Bedeutung.
Rz. 40
Zum anderen k枚nnte der Fiktionswirkung des Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 Satz听1 MwStSystRL eine weitergehende Bedeutung beizumessen sein. So k枚nnte zu erw盲gen sein, ob bei einem Gutschein, der sich auf eine an einen Endverbraucher zu erbringende Dienstleistung bezieht, auch bei einer 脺bertragung zwischen zwei Steuerpflichtigen der Leistungsort der 脺bertragungsleistung am Ort der an den Endverbraucher zu erbringenden Dienstleistung liegt. Im Fall der Abwandlung bef盲nde sich danach der Ort der 脺bertragung von A an B im Inland, da hier die Dienstleistung erbracht werden soll, auf die sich der Gutschein bezieht. Ein nicht im Inland ans盲ssiger Zwischenh盲ndler k枚nnte sich dann im Inland registrieren, inl盲ndische Umsatzsteuer im Inland anmelden und ggf. einen Vorsteuerabzug vornehmen oder Vorsteuer-Verg眉tung beantragen m眉ssen.
Rz. 41
3. Anwendung der beiden m枚glichen Auslegungen auf den Streitfall
Rz. 42
a) Zeitliche Anwendung der Neuregelung
Rz. 43
Durch Art.听9 Nr.听2 Buchst.听b des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausf盲llen beim Handel mit Waren im Internet und zur 脛nderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (Bundesgesetzblatt I 2018, 2338, Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2018, 1377) wurden auf der Grundlage von Art.听30a MwStSystRL 搂听3 UStG die Abs盲tze听13 bis 15 angef眉gt, die gem盲脽 搂听27 Abs.听23 UStG erstmals auf Gutscheine anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden.
Rz. 44
b) Vorliegen von Einzweck-Gutscheinen fraglich
Rz. 45
Soweit die Kl盲gerin im Streitjahr nach dem 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine 眉bertrug und damit gem盲脽 搂听27 Abs.听23 UStG die Vorschriften des 搂听3 Abs.听13 bis 15 UStG Anwendung finden, ist fraglich, ob es sich bei diesen Gutscheinen um Einzweck-Gutscheine i.S. des 搂听3 Abs.听14 UStG handelt, deren 脺bertragung jeweils als Lieferung oder sonstige Leistung gilt. Denn hier蹿眉谤 m眉ssten der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die 蹿眉谤 diese Ums盲tze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen (Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL, 搂听3 Abs.听14 Satz听1 UStG).
Rz. 46
aa) Vorliegen elektronischer Dienstleistungen
Rz. 47
Die X-Cards beziehen sich auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen i.S. des Art.听58 Unterabs.听1 Buchst.听c MwStSystRL, Art.听7 MwSt-DVO, 搂听3a Abs.听5 Satz听2 Nr.听3 UStG.
Rz. 48
bb) Ortsbestimmung
Rz. 49
Nach 搂听3a Abs.听2 Satz听1 UStG wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer 蹿眉谤 dessen Unternehmen ausgef眉hrt wird, grunds盲tzlich an dem Ort ausgef眉hrt, von dem aus der Empf盲nger sein Unternehmen betreibt, das hei脽t (d.h.) vorliegend am Sitz von L1 und L2 im 眉brigen Gemeinschaftsgebiet. Ist der Empf盲nger der in 搂听3a Abs.听5 Satz听2 Nr.听3 UStG bezeichneten sonstigen Leistung hingegen kein Unternehmer, 蹿眉谤 dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird --wie im Streitfall die Kunden der Kl盲gerin--, wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgef眉hrt, an dem der Leistungsempf盲nger seinen Wohnsitz, seinen gew枚hnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat (搂听3a Abs.听5 Satz听1 Nr.听1 UStG). Daraus folgt, dass 蹿眉谤 Leistungen an Unternehmer, die als solche handeln, und 蹿眉谤 Leistungen an Nichtunternehmer sowie an Unternehmer, die nicht als solche handeln, unterschiedliche Leistungsorte vorgesehen sind.
Rz. 50
c) Unionsrechtliche Zweifel
Rz. 51
Ausgehend davon ist unionsrechtlich zweifelhaft, ob zum Zeitpunkt der Ausstellung der X-Cards der Ort der sonstigen Leistung und die geschuldete Steuer feststanden. Denn fraglich ist, ob sich das 蹿眉谤 die Annahme eines Einzweck-Gutscheins bestehende Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss (Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL, 搂听3 Abs.听14 Satz听1 UStG), nur auf die Ausgabe ("Verkauf eines Gutscheins an Kunden" i.S. von Abschn.听3.17 Abs.听1 Satz听11 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--) oder auch auf eine dem vorausgehende 脺bertragung nach Art.听30b Abs.听1 Unterabs.听1 MwStSystRL, 搂听3 Abs.听14 Satz听2 UStG ("Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern" i.S. von Abschn.听3.17 Abs.听1 Satz听10 UStAE) bezieht.
Rz. 52
aa) Feststehen des Orts in Bezug auf tats盲chlich erbrachte Leistung
Rz. 53
Bezieht sich das Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss, nur auf die tats盲chlich erbrachte Dienstleistung (im Sinne eines "Verkaufs eines Gutscheins an Kunden"), d.h. i.S. des Art.听30a MwStSystRL auf die elektronisch erbrachte Dienstleistung, auf die sich die X-Cards beziehen, liegt im Streitfall ein Einzweck-Gutschein vor. Denn der Ort der elektronischen Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, wird sich bei Einl枚sung nicht nach Art.听44 MwStSystRL bestimmen, da selbst dann, wenn die einl枚sende Person an sich ein Steuerpflichtiger i.S. der Art.听2 und 9 MwStSystRL w盲re, sie nicht i.S. des Art.听44 MwStSystRL als solcher handeln wird, weil sie die elektronisch erbrachte Dienstleistung der Y 蹿眉谤 private Zwecke beziehen wird (siehe --s.-- Art.听19 MwSt-DVO sowie EuGH-Urteil Wellcome Trust vom 17.03.2021听- C-459/19, EU:C:2021:209, Rz听39听f.). Der Leistungsort bei Einl枚sung wird daher nach Art.听58 Unterabs.听1 Buchst.听c MwStSystRL zu bestimmen sein.
Rz. 54
Der Ort dieser Leistung steht fest, da nur eine Einl枚sung durch im Inland ans盲ssige Endverbraucher in Betracht kommt. Denn nach den vom FG festgestellten Bedingungen 蹿眉谤 die Nutzung der X-Cards besteht eine strikte L盲ndertrennung. Bei der Er枚ffnung eines Nutzerkontos sind Identit盲t und Wohnsitz des Nutzers wahrheitsgem盲脽 anzugeben; 蹿眉谤 den Fall einer Identit盲ts- oder Wohnsitzt盲uschung ist ausdr眉cklich die Sperrung des Nutzerkontos mit dem Verfall des eingezahlten Guthabens angedroht. F眉r Kunden mit Wohnsitz oder gew枚hnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem deutschen X-Konto ist die Kennung DE vorgesehen. Diese Konten k枚nnen nur mit einer Guthabenkarte mit der L盲nderkennung DE aufgeladen werden. Auf dieser Grundlage stehen 蹿眉谤 den Regelfall einer vertragsgem盲脽en Nutzung des X sowohl der Leistungsort als auch die Steuerschuld fest. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Kl盲gerin greifen nicht durch. Insbesondere 盲ndert 搂听3 Abs.听14 Satz听5 UStG wegen der Fiktion des 搂听3 Abs.听14 Satz听2 UStG daran nichts.
Rz. 55
Wenn die X-Cards deshalb Einzweck-Gutscheine w盲ren, h盲tte Y als Ausstellerin der Gutscheine (眉ber eine elektronisch erbrachte Dienstleistung), indem sie diese an Vertriebsh盲ndler entgeltlich 眉bertrug, diesen gegen眉ber eine entgeltliche auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung (搂听3 Abs.听14 Satz听2 UStG; vgl. zu Telekommunikationsdienstleistungen EuGH-Urteil Lebara vom 03.05.2012听- C-520/10, EU:C:2012:264, Rz听43) im Inland erbracht. Ebenso w盲re jede weitere 脺bertragung (von L1 an L2, von L2 an die Kl盲gerin und von der Kl盲gerin an ihre Kunden) eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung im Inland. Dass die 脺bertragung unternehmerisch erfolgen kann, 盲ndert daran, dass die Einl枚sung privat erfolgen wird, nichts.
Rz. 56
bb) Feststehen des Orts in Bezug auf 脺bertragungen, die als tats盲chliche Leistungserbringung gelten
Rz. 57
Bezieht sich das Erfordernis, dass der Ort der Leistung feststehen muss, demgegen眉ber auch auf die 脺bertragung zwischen Steuerpflichtigen ("Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern"), erscheint die Annahme eines Einzweck-Gutscheins hingegen fraglich.
Rz. 58
W盲re 蹿眉谤 die 脺bertragung von Y an L1, von L1 an L2 und von L2 an die Kl盲gerin eigenst盲ndig ein Leistungsort nach den Art.听43听ff. MwStSystRL zu bestimmen, handelten sowohl L1 und L2 als auch die Kl盲gerin bei Erwerb der X-Cards "als solche" i.S. des Art.听44 MwStSystRL; denn sie haben die X-Cards nicht erworben, um sie selbst 蹿眉谤 private Zwecke einzul枚sen, sondern um sie im Rahmen ihrer wirtschaftlichen T盲tigkeit gegen Entgelt an ihre Kunden weiterzuverkaufen. F盲nde Art.听44 MwStSystRL daher auf die 脺bertragungsums盲tze von Y an L1, von L1 an L2 und von L2 an die Kl盲gerin Anwendung, l盲ge der Leistungsort der 脺bertragung von Y an L1 und von L1 an L2 nicht im Inland und der von L2 an die Kl盲gerin im Inland. Der Leistungsort h盲tte dann bei Ausstellung des Gutscheins durch Y nicht festgestanden, weil es an einer Einschr盲nkung in Bezug auf den Empf盲ngerkreis (Unternehmer oder Nichtunternehmer) sowie deren Ans盲ssigkeit fehlt, wie der Streitfall zeigt.
Rz. 59
cc) Verwaltungsauffassung
Rz. 60
Die nationale Verwaltungspraxis geht in Abschn.听3.17 Abs.听2 Satz听1 UStAE davon aus, dass ein Einzweck-Gutschein nach 搂听3 Abs.听14 Satz听1 UStG dadurch gekennzeichnet ist, dass der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, sowie die geschuldete Umsatzsteuer, bei dessen Ausgabe oder dessen erstmaliger 脺bertragung durch den Aussteller des Gutscheins feststehen. Dies entspricht dem Wortlaut des Art.听30a Nr.听2 MwStSystRL, 搂听3 Abs.听14 Satz听1 UStG, nach dem es darauf ankommt, dass der Ort der Lieferung der Gegenst盲nde oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die 蹿眉谤 diese Ums盲tze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen.
Rz. 61
d) M枚gliche Bejahung der ersten Frage
Rz. 62
Damit k枚nnte im Streitfall 蹿眉谤 eine Bejahung der ersten Vorlagefrage der dritte Erw盲gungsgrund der Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27.06.2016 zur 脛nderung der Richtlinie 2016/112/EG hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen (ABlEU 2016, Nr.听L听177, 9) sprechen. Dort hei脽t es: "Angesichts der seit dem 1.听Januar 2015 anwendbaren neuen Vorschriften 眉ber den Ort der Dienstleistung 蹿眉谤 Telekommunikations- und Rundfunkdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen ist eine gemeinsame L枚sung 蹿眉谤 Gutscheine erforderlich, um sicherzustellen, dass keine Diskrepanzen in Bezug auf zwischen den Mitgliedstaaten gelieferte Gutscheine entstehen. Da蹿眉谤 ist es unabdingbar, Vorschriften zur Kl盲rung der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen festzulegen." Dieser Zweck w眉rde verfehlt, wenn die 脺bertragung ein und desselben Gutscheins unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich z枚ge, je nachdem, ob der Gutschein ausschlie脽lich 眉ber im Inland oder aber 眉ber im 眉brigen Gemeinschaftsgebiet ans盲ssige Zwischenh盲ndler oder aber nur direkt ohne Zwischenh盲ndler an den im Inland ans盲ssigen Endkunden vertrieben wird.
Rz. 63
e) Auswirkung der unterschiedlichen Auffassungen
Rz. 64
Folgte man der ersten Auslegung (s. oben B.2.b听bb听(1)), h盲tte die Kl盲gerin keine Einzweck-Gutscheine 眉bertragen. Danach h盲tte X die Gutscheine nach Art.听44 MwStSystRL am Empf盲ngerort der Steuerpflichtigen L1 und L2 in deren jeweiligen Mitgliedstaat zu dem dort g眉ltigen Steuersatz erbracht, w盲hrend die 脺bertragungen durch L1 und L2 an die Kl盲gerin ebenso nach Art.听44 MwStSystRL am Ans盲ssigkeitsort der Kl盲gerin im Inland erbracht worden w盲ren, was auch 蹿眉谤 die 脺bertragung durch die Kl盲gerin an ihre Kunden gilt. Danach w盲re das Erfordernis, dass der Ort und die Mehrwertsteuer 蹿眉谤 die Dienstleistung feststehen, auf die sich der Gutschein bezieht, nicht erf眉llt. Die Revision h盲tte insoweit Erfolg (s. weiter unter 4.).
Rz. 65
Demgegen眉ber w盲re im Rahmen der zweiten Auslegung (s. oben B.2.b听bb听(2)) am Vorliegen von Einzweck-Gutscheinen festzuhalten; die Revision w眉rde erfolglos bleiben.
Rz. 66
4. Zur zweiten Vorlagefrage
Rz. 67
a) Folge der Verneinung der ersten Vorlagefrage
Rz. 68
Falls die erste Vorlagefrage verneint wird, liegt ein Mehrzweck-Gutschein (Art.听30a Nr.听3 MwStSystRL, 搂听3 Abs.听15 Satz听1 UStG) vor. In diesem Fall unterliegt nach 搂听3 Abs.听15 Satz听2 UStG die tats盲chliche Lieferung oder die tats盲chliche Erbringung der sonstigen Leistung, 蹿眉谤 die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollst盲ndige oder teilweise Gegenleistung annimmt, der Umsatzsteuer nach 搂听1 Abs.听1 UStG, wohingegen jede vorangegangene 脺bertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Rz. 69
b) Parallel眉berlegung zu Telefonkarten
Rz. 70
Der Senat geht davon aus, dass die im Streitfall gehandelten X-Cards zum Bezug elektronisch erbrachter Dienstleistungen mehrwertsteuerrechtlich nicht anders zu behandeln sind als die dem EuGH-Urteil Lebara (EU:C:2012:264, Leitsatz und Rz听26听ff., 42听f.) zugrundeliegenden Telefonkarten. Danach erbringt ein Telefonanbieter, der Telekommunikationsdienstleistungen anbietet, die darin bestehen, dass an einen Vertriebsh盲ndler Telefonkarten verkauft werden, die alle notwendigen Informationen zur T盲tigung internationaler Anrufe 眉ber die von diesem Anbieter zur Verf眉gung gestellte Infrastruktur enthalten und die vom Vertriebsh盲ndler im eigenen Namen und 蹿眉谤 eigene Rechnung entweder unmittelbar oder 眉ber andere Steuerpflichtige wie Gro脽- und Einzelh盲ndler an Endnutzer weiterverkauft werden, eine entgeltliche Telekommunikationsdienstleistung an den Vertriebsh盲ndler. Nach diesem EuGH-Urteil sind somit sowohl der urspr眉ngliche Verkauf einer Telefonkarte als auch ihr anschlie脽ender Weiterverkauf durch Zwischenh盲ndler steuerbare Ums盲tze; Guthabenkarten werden danach wie eine Ware gehandelt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.08.2016听- V听R听4/16, BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135, Rz听15).
Rz. 71
c) Folge im Streitfall
Rz. 72
Auf dieser Grundlage w盲re die 脺bertragung der X-Cards durch die Kl盲gerin an ihre Kunden von der Kl盲gerin als Erbringung einer elektronisch erbrachten Dienstleistung zu versteuern. Dass dies im Rahmen der Regelung der Art.听30a und Art.听30b MwStSystRL anders bezweckt sein sollte, obwohl diese Bestimmungen zu einer Vorverlagerung der Besteuerung f眉hren sollen, erscheint dem Senat fragw眉rdig. In welchem Verh盲ltnis Art.听30b Abs.听2 Unterabs.听1 am Ende MwStSystRL zur Auffassung des EuGH im Urteil Lebara (EU:C:2012:264) steht, ist aus Sicht des vorlegenden Senats unklar.
Rz. 73
Au脽erdem k枚nnte die Kl盲gerin durch den Zwischenhandel mit Mehrzweck-Gutscheinen Vertriebs- oder Absatzf枚rderungsleistungen i.S. des Art.听30b Abs.听2 Unterabs.听2 MwStSystRL an Y erbracht haben, die der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. dazu zur fr眉heren Rechtslage BFH-Urteil vom 15.03.2022听- V听R听35/20, zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1406, Rz听28), so dass die Gegenleistung der Kl盲gerin 蹿眉谤 die 脺bertragung der Gutscheine durch L2 nicht nur in einer Zahlung, sondern auch in einer solchen Dienstleistung bestehen k枚nnte (tausch盲hnlicher Umsatz, vgl. EuGH-Urteil Serebryannay vek vom 26.09.2013听- C-283/12, EU:C:2013:599).
Rz. 74
5. Entscheidungserheblichkeit
Rz. 75
Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich.
Rz. 76
Ist die erste Vorlagefrage zu verneinen und die zweite Vorlagefrage zu bejahen, ist die Vorentscheidung aufzuheben und sind vorliegend die Ums盲tze von nach dem 31.12.2018 ausgestellten X-Cards als nicht steuerbar zu erfassen.
Rz. 77
6. Rechtsgrundlage der Anrufung, Nebenentscheidungen
Rz. 78
Rechtsgrundlage 蹿眉谤 die Anrufung des EuGH ist Art.听267 Abs.听3 AEUV. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf 搂听121 Satz听1 i.V.m. 搂听74 FGO.
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Fundstellen
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BFH/NV 2023, 485 |