Werbungskosten des Arbeitnehmers aus üڳsverlusten

Hintergrund
Streitig war, ob Zahlungen wegen der Inanspruchnahme aus einer üڳ als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.
X war Geschäftsführer der AuB-GmbH. Deren alleinige Gesellschafterin war die G-AG. In 2007 wurde die G-AG von der F-KG aA übernommen. X war an der F-KG aA mit 5,71 % und an deren voll haftender Gesellschafterin (F-GmbH) mit 20 % beteiligt. X war somit über seine Beteiligung an der F-KG aA an seiner Arbeitgeberin, der AuB-GmbH, nur mittelbar beteiligt.
In 2008 wurden der AuB-GmbH im Rahmen eines Sanierungskonzepts von den Hausbanken Darlehen, gesichert durch eine Landesbürgschaft, gewährt. Voraussetzung der Landesbürgschaft war, dass sich die in der Führungsebene tätigen Geschäftsführer, darunter X, vorrangig gegenüber der Landesbürgschaft verbürgten. Dementsprechend verbürgte sich X mit insgesamt 163.400 EUR. In 2009 wurde er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die AuB-GmbH in dieser Höhe in Anspruch genommen.
Das FA lehnte für X die Berücksichtigung der üڳsverluste ab. Dem widersprach das FG und gab der Klage mit der Begründung statt, die nur mittelbare Beteiligung an der AuB-GmbH verdränge den Zusammenhang der üڳsübernahme mit der Arbeitnehmereigenschaft des X nicht.
Entscheidung
Stehen Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, ist für die Zuordnung der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang entscheidend. Aufwendungen sind der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkunftsarten verdrängt. Diesen Grundsatz hat der BFH für die Frage, ob üڳsverluste durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, für den Fall der Beteiligung des Arbeitnehmers als Gesellschafter an der Arbeitgeber-Kapitalgesellschaft dahingehend konkretisiert, dass umso mehr für eine Verbindung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und damit für nachträgliche Anschaffung der GmbH-Beteiligung spricht, je höher die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist. Denn ein fremder, nicht durch eine Kapitalbeteiligung mit dem Arbeitgeber verbundener Arbeitnehmer wird nur in Ausnahmefällen bereit sein, zugunsten seines gefährdeten Arbeitsplatzes das Risiko einer üڳ zu übernehmen. Umgekehrt bedeutet dies, dass bei einem nur gering beteiligten Arbeitnehmer dies als Indiz dafür gilt, dass die üڳsübernahme durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Davon ist erst recht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer an der Gesellschaft überhaupt nicht beteiligt ist und durch die üڳsübernahme - anders als bei einem dem Arbeitgeber gewährten verzinslichen Darlehen - keine weiteren Einkünfte erzielt, sodass ausschließlich die Sicherung und Erhaltung der Lohneinkünfte in Betracht kommt.
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitgeber noch nicht beteiligt ist, aber eine Beteiligung anstrebt. Ebenso gilt das, wenn der Arbeitnehmer - wie im vorliegenden Fall - an seinem Arbeitgeber nur mittelbar beteiligt ist. Denn so wie der Aufwand für eine angestrebte Beteiligung gesellschaftsrechtlich veranlasst sein kann, kann dies auch bei einer mittelbaren Beteiligung der Fall sein, etwa um die unmittelbare Beteiligung finanziell zu stärken.
Für den Streitfall geht der BFH jedoch - ebenso wie das FG - von einem vorrangigen Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften aus. Denn die Darlehen und die Landesbürgschaft konnte die AuB-GmbH (Arbeitgeber) nur unter der Voraussetzung erlangen, dass auch X eine üڳ abgab. Damit hingen die - erheblichen - Gehalts- und Tantiemezahlungen des X von der üڳsübernahme ab. Eine Zuordnung zu den Einkünften aus § 17 EStG (Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften) scheidet schon deshalb aus, da § 17 EStG nur Einkünfte aus der Veräußerung einer unmittelbaren Beteiligung erfasst. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachverhalt nichts dafür, dass X die üڳ deshalb übernommen hätte, um der F über seine mittelbare Beteiligung einen verdeckten Vermögensvorteil zukommen lassen.
Der BFH wies daher die Revision des FA zurück.
Hinweis
Das Arbeitsverhältnis war bei Zahlung der üڳsverpflichtung bereits beendet. Das steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen. Voraussetzung für den Abzug als nachträgliche Werbungskosten ist lediglich, dass der vorrangige Zusammenhang mit dem Beruf bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wurde, gegeben ist.
Der BFH hebt hervor, dass die Frage, zu welchen Einkünften der engere wirtschaftliche Zusammenhang besteht, sich im Wesentlichen aufgrund einer dem FG als Tatsacheninstanz obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls entscheidet. Diese Würdigung ist für den BFH revisionsrechtlich bindend, sofern die Tatsachenwürdigung verfahrensrechtlich ordnungsgemäß ist und die Würdigung nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (§ 118 Abs. 2 FGO). Für die Praxis liegt daher der Schwerpunkt des Verfahrens in der schlüssigen Darlegung der für die Zuordnung zum Arbeitsverhältnis sprechenden Tatumstände. Im Streitfall hat der BFH die Würdigung des FG im Sinne der Zuordnung der üڳsübernahme zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht beanstandet.
BFH, Urteil v. 3.9.2015, VI R 58/13, veröffentlicht am 3.2.2016
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