Verfassungsmäßigkeit des SolZG 1995

Hintergrund: Gesetzliche Regelungen
Der DZ岹äٲܲ beträgt 5,5 % der Bemessungsgrundlage (§ 4 Satz 1 SolZG 1995). Er bemisst sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 vorbehaltlich des § 3 Abs. 2 bis 5 SozG, soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der nach § 3 Abs. 2 SolZG berechneten Einkommensteuer oder der festgesetzten Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, vermindert um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag verbleibt. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage für den DZ岹äٲܲ die Einkommensteuer, die abweichend von § 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen des § 32 EStG festzusetzen wäre (§ 3 Abs. 2 SolZG 1995).
Sachverhalt: Kläger machen Verfassungswidrigkeit des SolZG 1995 geltend
Die Kläger sind Ehegatten. Sie wurden für die Streitjahre 1999 bis 2002 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Das Finanzamt (FA) setzte für die Streitjahre neben Einkommensteuer jeweils DZ岹äٲܲ fest. Mit den hiergegen gerichteten Einsprüchen führten die Kläger im Kern an, das SolZG 1995 verletze wegen einer Übermaßbesteuerung das GG.
Während der Einspruchsverfahren ergingen für jedes Streitjahr mehrmals ÄԻܲԲڱٲٳܲԲ zur Einkommensteuer und – hieran anknüpfend – zum DZ岹äٲܲ, die die Kläger jeweils erneut mit dem Einspruch anfochten. Der insoweit jeweils letzte Änderungsbescheid datiert auf den 13.8.2007.
Die obersten Finanzbehörden der Länder erließen am 22.7.2008 eine ԱüܲԲ nach § 367 Abs. 2b AO, mit der unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 11.2.2008, 2 BvR 1708/06, sämtliche am 22.7.2008 anhängige und zulässige Einsprüche gegen Festsetzungen des DZ岹äٲܲs zurückgewiesen wurden, soweit geltend gemacht worden war, das DZ岹äٲܲgesetz 1995 sei verfassungswidrig. Die ԱüܲԲ wurde am 18.8.2008 im BStBl 2008 I S. 747 veröffentlich. Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger hiergegen keine Klage erhoben.
In der Folgezeit änderte das FA die Festsetzungen zur Einkommensteuer und folglich zum DZ岹äٲܲ – zum Teil mehrfach – erneut. Gegen die Bescheide legten die Kläger wiederum Einspruch ein.
Das FA wies die gegen den DZ岹äٲܲ gerichteten Einsprüche mit zusammengefasster Entscheidung vom 20.1.2012 zurück. Für die Streitjahre 1999, 2001 und 2002 seien die Einsprüche bereits deshalb unbegründet, da die letzten Festsetzungen des DZ岹äٲܲs betragsmäßig unter denen vom 13.8.2007 lägen und aufgrund der nicht angefochtenen ԱüܲԲ vom 22.7.2008 Bestandskraft eingetreten sei (§ 351 Abs. 1 AO). Im Übrigen sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt, dass das SolZG 1995 nicht verfassungswidrig sei.
Während des Klageverfahrens ergingen erneut äԻe Bescheide ü den DZ岹äٲܲ. Das FG wies die Klage mit Urteil vom 25.9.2014 ab.
Entscheidung: BFH hebt Urteil des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen auf
Auch während des Revisionsverfahrens hat das FA den DZ岹äٲܲ jeweils erneut äԻ. Der BFH hat daher das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, weil sich der Verfahrensgegenstand, ü dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, äԻ hat. Das vorinstanzliche Urteil ist daher gegenstandslos geworden. Einer Zurückverweisung der Sache an das FG bedarf es allerdings nicht, da der Streitstoff unverändert geblieben und die Sache aufgrund der fortwirkenden Feststellungen des FG spruchreif ist.
Die im Nachgang zur vorinstanzlichen Entscheidung vom 25.9.2014 erlassenen Bescheide ü den DZ岹äٲܲ für die Streitjahre sind Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden (§ 68 Satz 1 i. V. m. § 121 Satz 1, § 127 FGO).
BFH weist Klage erneut ab
Im Revisionsverfahren ist die Klage erneut abzuweisen.
Für die Streitjahre 1999, 2001 und 2002 steht einem Klageerfolg bereits die verfahrensrechtliche Regelung des § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 AO entgegen. Die zuerst eingelegten Einsprüche wurden durch die am 18.8.2008 veröffentlichte ԱüܲԲ der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.7.2008 nach § 367 Abs. 2b AO zurückgewiesen. Die Festsetzungen des DZ岹äٲܲs für die Streitjahre 1999 bis 2002 wurden nach Ablauf der Jahresfrist des § 367 Abs. 2b Satz 5 AO somit ٲԻäڳپ und unterlagen im Umfang der letzten – vor der ԱüܲԲ bekannt gegebenen – Festsetzung fortan grundsätzlich einer Änderungssperre nach § 351 Abs. 1 AO. Die zuletzt – während des Revisionsverfahrens – ergangenen und nach §§ 68, 121 Satz 1 FGO maßgeblichen Festsetzungen liegen für die Jahre 1999, 2001 und 2002 jeweils betragsmäßig unter den vorgenannten Werten und könnten selbst bei materieller Begründetheit keine weitere Herabsetzung erfahren.
Anderes gilt für das Streitjahr 2000. Der letzte Änderungsbescheid liegt mit seiner Festsetzung des DZ岹äٲܲs ü der seinerzeit ٲԻäڳپ gewordenen Festsetzung. Soweit diese Änderung reicht, greift § 351 Abs. 1 AO nicht.
Soweit es im vorliegenden Verfahren noch darauf ankommt (Streitjahr 2000), entspricht die mit dem letzten Änderungsbescheid erfolgte Festsetzung des DZ岹äٲܲs für das Jahr 2000 den einfachgesetzlichen Regelungen des SolZG 1995. Da ü die Richtigkeit des Zahlenwerks und der einfachgesetzlichen Rechtmäßigkeit der Ermittlung des festzusetzenden DZ岹äٲܲs zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, sieht der BFH von weiteren Ausführungen ab.
Die von den Klägern angeführten verfassungsrechtlichen Einwendungen greifen nicht durch. Der BFH hat bereits mehrfach – zuletzt im Jahr 2023 – entschieden, dass aus seiner Sicht keine Veranlassung besteht, dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage vorzulegen, ob die Regelungen des SolZG 1995 aus formellen und/oder materiellen Gründen gegen das Grundgesetz verstoßen.
So hat der BFH befunden, dass der DZ岹äٲܲ den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Ergänzungsabgabe i. S. v. von Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG genügt. Insbesondere ist es – abweichend zur Ansicht der Kläger – nicht geboten, eine solche Abgabe, die die Funktion hat, einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf des Bundes ohne Erhöhung der Verbrauchsteuern zu decken, von vornherein zu befristen oder sie nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben; die Ergänzungsabgabe darf lediglich kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein.
Nach diesen Vorgaben hat der BFH die Festsetzung und Erhebung des DZ岹äٲܲs für die Veranlagungszeiträume 2005, 2007, und zuletzt für die Veranlagungszeiträume bis 2021 für finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt gehalten. An dieser Rechtsprechung hält er fest, zumal sich die Kläger mit den Erwägungen des BFH nicht auseinandergesetzt haben und im Streitfall Veranlagungszeiträume betroffen sind, die denen der vorgenannten Judikate zeitlich zum Teil deutlich vorgelagert sind.
SolZG 1995 verstößt nicht gegen allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
Soweit die Kläger meinen, ein solcher Verstoß ergebe sich daraus, dass sich bei steuerpflichtigen Einzelunternehmern oder Mitunternehmern, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 Abs. 1 EStG erzielen, die Bemessungsgrundlage für den DZ岹äٲܲ im Hinblick auf die Gewerbesteuerbelastung durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG mindert, während bei den anderen Einkunftsarten eine solche Steuerermäßigung nicht beansprucht werden kann, haben sie sich nicht mit der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt.
Der weitere – nicht näher substantiierte – Einwand der Kläger, § 3 SolzG 1995 verletze Art. 3 Abs. 1 GG auch insoweit, als ܲäԻ徱 Einkünfte bei der Bemessung des DZ岹äٲܲs im Hinblick auf die insoweit unter den Voraussetzungen des § 34c EStG bzw. § 26 KStG zu gewährende Steuerermäßigung gegenü ԱäԻ徱 üԴڳٱ ungerechtfertigterweise privilegiert würden, berücksichtigt nicht, dass jene Ermäßigung nur deshalb gewährt wird, weil der betroffene Steuerpflichtige zusätzlich mit einer ܲäԻ徱n Steuer belastet wird. Für eine etwaige Ungleichbehandlung bestünde somit eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung.
Die Rüge der Kläger, die Festsetzung und Erhebung des DZ岹äٲܲs sei unverhältnismäßig, greift ebenfalls nicht durch. Eine ümäßige Belastung geht mit einem Zuschlag von 5,5 % der Bemessungsgrundlage nicht einher.
veröffentlicht am 4.4.2024
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