Steuerliche Behandlung eines Preisgeldes für wissenschaftliche Publikationen

Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die "ü" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist
Sachverhalt: Verleihung eines Wissenschaftspreises an einen hauptberuflich nichtselbständig tätigen Professor
Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
- Von 2006 bis 2011 war der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität E und im Jahr 2010 daneben als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Z-Institut beschäftigt. Nebenberuflich war er zudem von 2012 bis 2014 Lehrbeauftragter an der Universität A.
- In den Jahren 2006 bis 2014 verfasste der Kläger insgesamt acht Publikationen, die in Fachzeitschriften (zum Teil mehrfach und bis ins Jahr 2016) erschienen. Aufgrund dieser Publikationen und einer Probevorlesung erkannte die Universität A ihm 2016 die Habilitation für das Fachgebiet …. zu.
- Im Streitjahr 2018 erzielte der Kläger hauptberuflich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Professor an der Hochschule S sowie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Dozent und Berater. Zudem erhielt er vom Y-Institut einen mit … EUR dotierten Wissenschaftspreis für seine Habilitationsschriften.
- Im Einkommensteuerbescheid 2018 berücksichtigte das FA das Preisgeld bei den Einkünften des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit.
Einspruch wurde als unüԻ zurückgewiesen
Den Einspruch wies das FA als unüԻ zurück. Es änderte lediglich die Besteuerungsgrundlagen insoweit, als es das Preisgeld den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuordnete.
FG hat die Klage abgewiesen
Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab. Während des Klageverfahrens erließ das FA einen Änderungsbescheid, in dem es das Preisgeld der üԴڳٱܲԲ nach § 34 Abs. 1 EStG unterwarf.
Entscheidung: Preisgeld keine steuerbare Einnahme des Klägers
Der BFH hält die Revision des Klägers für üԻ. Er hat die Vorentscheidung aufgehoben und der Klage stattgegeben. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass es sich bei dem Preisgeld um eine steuerbare Einnahme des Klägers handelt.
Das Preisgeld gehört insbesondere nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Arbeitslohn kann auch in der Zuwendung eines Dritten bestehen, wenn sie ein Entgelt "ü" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.
Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung, dass es sich bei dem Preisgeld um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen es nicht, das Preisgeld als dem Kläger vom Y-Institut für seine Tätigkeit als Hochschulprofessor zugewandt anzusehen.
Kein Ertrag aus der Hochschullehrertätigkeit
Zwar hat das FG zunächst zutreffend erkannt, dass auch ein Preis, der dem Arbeitnehmer nicht von seinem Arbeitgeber, sondern von einem Dritten (hier dem Y-Institut) verliehen wird, zu Arbeitslohn führen kann, wenn der Preis "ü" (s)eine Beschäftigung/Arbeitsleistung gewährt wird.
Das FG hat das Preisgeld aber rechtsfehlerhaft als Ertrag aus der Hochschullehrertätigkeit des Klägers an der Hochschule S angesehen. Denn es hat verkannt, dass der Wissenschaftspreis in keinerlei Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis stand.
Nach den bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger die Habilitationsschriften zum ganz überwiegenden Teil vor der Berufung in das Professorendienstverhältnis verfasst. Der preisbewehrten Habilitation liegt zwar eine wissenschaftliche Forschungsleistung zugrunde. Diese gründet aber nicht auf der Forschungstätigkeit des Klägers als Hochschullehrer.
Wissenschaftspreis und Preisgeld stellen sich daher entgegen der Auffassung des FG nicht als "Frucht" dieser Tätigkeit dar. Das Y-Institut hat mit dem Wissenschaftspreis vielmehr die zuvor erbrachte wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers gewürdigt und ausgezeichnet. Das damit zusammenhängende Preisgeld ist dem Kläger mithin nicht als Anerkennung für dessen gegenüber der Hochschule S geleisteten Dienste zugewandt worden.
Ein hinreichender Veranlassungszusammenhang zwischen der Vereinnahmung des Preisgeldes und der Tätigkeit des Klägers als Hochschulprofessor ergibt sich auch nicht aus der mit der Habilitation verbundenen Steigerung der wissenschaftlichen Reputation und einer damit (möglicherweise) verbundenen Förderlichkeit für die Hochschullehrertätigkeit.
Keine Betriebseinnahme aus freiberuflicher Tätigkeit
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist das Preisgeld auch nicht als Betriebseinnahme bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG anzusetzen.
Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ein solcher tatsächlicher und wirtschaftlicher (Veranlassungs-)Zusammenhang des Preises mit der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers als Dozent und Berater besteht nach Feststellungen des FG nicht. Denn danach wurde der Kläger mit dem Wissenschaftspreis nicht für seine (unternehmerische) Lehr- und Beratungstätigkeit, sondern für seine Habilitationsschriften ausgezeichnet.
Auch keine Einnahme aus sonstigen Leistungen
Das Preisgeld ist schließlich auch nicht als Einnahme aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern. Eine (sonstige) Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Habilitationsschriften "um des Wissenschaftspreises willen" verfasst hat.
; veröffentlicht am 13.3.2025
Alle am 13.3.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
666
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
645
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
515
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
508
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
488
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
444
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
373
-
Teil 1 - Grundsätze
334
-
Ortsübliche Vermietungszeit für eine Ferienwohnung
290
-
5. Gewinnermittlung
271
-
Bewertung von Grundstücken als Verwaltungsvermögen eines Unternehmens
25.04.2025
-
Keine steuerliche Förderung nach der Wohnraumoffensive für Ersatzneubauten
25.04.2025
-
Zurechnungsbesteuerung für Stiftungen nach dem AStG europarechtswidrig
24.04.2025
-
Alle am 24.4.2025 veröffentlichten Entscheidungen
24.04.2025
-
Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer in Sachsen
24.04.2025
-
Schuldzinsenabzug bei unentgeltlicher Übertragung eines Teils des Vermietungsobjekts
22.04.2025
-
Abzweigung von Kindergeld bei mangelnder Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes
22.04.2025
-
Aufwendungen für die Ablösung eines Zinsswaps
22.04.2025
-
Abzugsfähigkeit von Umzugskosten wegen Einrichtung eines Arbeitszimmers
22.04.2025
-
Alle am 17.4.2025 veröffentlichten Entscheidungen
17.04.2025