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Entscheidungsstichwort (Thema)
R眉ckforderung von Kindergeld bei Auszahlung an das Kind
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Leitsatz (amtlich)
1. Zahlt die Familienkasse Kindergeld rechtsgrundlos an das Kind auf Anweisung des Kindergeldberechtigten aus, ist nur der Kindergeldberechtigte R眉ckforderungsschuldner.
2. Die Erf眉llungszust盲ndigkeit f眉r erhaltenes Kindergeld 盲ndert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst nach einer Entscheidung 眉ber eine Auszahlung nach 搂 74 Abs. 1 EStG. Der Abzweigungsbescheid stellt einen f眉r den Empf盲nger beg眉nstigenden und einen f眉r den Kindergeldberechtigten belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung dar (vgl. Rechtsprechung).
3. Das blo脽e Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids l盲sst die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten unber眉hrt (vgl. Rechtsprechung).
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Normenkette
EStG 搂听31 S. 3, 搂听74 Abs.听1-2; AO 搂听37 Abs. 2, 搂听227; SGB X 搂搂听104, 107
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Nieders盲chsischen Finanzgerichts vom 15.03.2019 - 2 K 65/18 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der au脽ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Kl盲gerin zu tragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte und Revisionskl盲gerin (Familienkasse) zu Recht von der Kl盲gerin und Revisionsbeklagten (Kl盲gerin) an deren Tochter (T) ausgezahltes Kindergeld in H枚he von 10.912,29听鈧 f眉r den Zeitraum Januar 2012 bis M盲rz 2017 zur眉ckfordern konnte.
Rz. 2
Die Betreuerin der Kl盲gerin stellte im Namen der Kl盲gerin im Oktober 2016 einen Kindergeldantrag f眉r die im Jahr 1971 geborene Tochter der Kl盲gerin. Als bezugsberechtigte Person gab sie die Tochter an, die den Antrag auch selbst unterschrieben hatte. Das Kindergeld sollte direkt an T ausgezahlt werden. Zuvor hatte T im April 2016 bei der Familienkasse selbst einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an sich gestellt, woraufhin die Familienkasse auf das Erfordernis der Antragstellung durch die kindergeldberechtigte Kl盲gerin hinwies.
Rz. 3
T erhielt von dem Beigeladenen (Jobcenter) --mit Ausnahme des Monats Januar 2012-- in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann w盲hrend des streitigen Zeitraums Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB听II). Kindergeld rechnete der Sozialleistungstr盲ger auf die hiernach erbrachten Leistungen nicht an. Die entsprechenden Berechnungsb枚gen 眉ber Sozialleistungsbez眉ge 眉bermittelte das Jobcenter der Familienkasse per E-Mail am 19.12.2016.
Rz. 4
Mit Bescheid vom 13.03.2017 setzte die Familienkasse --aufgrund einer unstreitig vor dem 25.听Lebensjahr bei T vorliegenden Behinderung-- gegen眉ber der Kl盲gerin Kindergeld r眉ckwirkend f眉r den Zeitraum Januar 2012 bis M盲rz 2017 in H枚he von 11.736听鈧 fest. Der Betrag wurde wunschgem盲脽 auf ein Konto der T 眉berwiesen.
Rz. 5
Mit Fax vom 15.03.2017 wies die Betreuerin der Kl盲gerin die Familienkasse und das Jobcenter darauf hin, dass das festgesetzte Kindergeld offenbar an das Jobcenter zu erstatten sei. Die Betreuerin bat daher die Familienkasse, das f眉r den Streitzeitraum festgesetzte Kindergeld nicht an T auszuzahlen. Die Kassenanordnung der Familienkasse f眉r die Auszahlung an T datierte jedoch bereits vom 06.03.2017.
Rz. 6
Mit Schreiben vom 19.09.2017 machte das Jobcenter einen Erstattungsanspruch in H枚he von 10.912,29听鈧 gegen眉ber der Familienkasse geltend. Der im Vergleich zu dem festgesetzten Kindergeld von 11.736听鈧 geringere Erstattungsanspruch ergab sich daraus, dass das Jobcenter im Monat Januar 2012 keine und f眉r einige Monate geringere Sozialleistungen als das festgesetzte Kindergeld erbracht hatte. Im Hinblick hierauf zahlte die Familienkasse an das Jobcenter den geforderten Betrag aus dem Erstattungsanspruch aus.
Rz. 7
Mit Bescheid vom 21.11.2017 forderte die Familienkasse den an das Jobcenter erstatteten Betrag in H枚he von 10.912,29 鈧 gem盲脽 搂听218 Abs.听2 i.V.m. 搂听37 Abs.听2 der Abgabenordnung (AO) von der Kl盲gerin zur眉ck. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 zur眉ck.
Rz. 8
Die anschlie脽end erhobene Klage unter Beiladung des Jobcenters hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1482 genannten Gr眉nden Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, dass die Kl盲gerin nicht die Leistungsempf盲ngerin gem盲脽 搂听37 Abs.听2 AO sei.
Rz. 9
Mit der Revision r眉gt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 10
Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 15.03.2019听- 2听K听65/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 11
Die Kl盲gerin beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen.
Rz. 12
Das Jobcenter hat keinen Antrag gestellt.
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Rz. 13
II. Die Revision der Familienkasse ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Kl盲gerin verpflichtet, das an T f眉r die Zeit von Januar 2012 bis M盲rz 2017 gezahlte Kindergeld in H枚he von 10.912,29听鈧 zur眉ckzuzahlen. Die Familienkasse hat zu Recht einen Abrechnungsbescheid gem盲脽 搂听218 Abs.听2 Satz听2 AO erlassen und diesen auf 搂听37 Abs.听2 AO 驳别蝉迟眉迟锄迟.
Rz. 14
1. Der R眉ckzahlungsanspruch der Familienkasse ergibt sich aus 搂听37 Abs.听2 AO.
Rz. 15
Ist eine Steuerverg眉tung wie das Kindergeld (搂听31 Satz听3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach 搂听37 Abs.听2 AO gegen眉ber dem Leistungsempf盲nger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der rechtliche Grund f眉r die Zahlung sp盲ter wegf盲llt (搂听37 Abs.听2 Satz听2 AO).
Rz. 16
a) Im Streitfall ist das Kindergeld f眉r den Streitzeitraum ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Zwar hatte die Kl盲gerin f眉r den Streitzeitraum unstreitig einen Anspruch auf Kindergeld f眉r ihre Tochter gem盲脽 搂听62 Abs.听1, 搂听32 Abs.听4 Satz听1 Nr.听3 EStG. Der Anspruch war jedoch im Zeitpunkt der Zahlung bereits durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die das Jobcenter nach dem SGB听II an die Tochter der Kl盲gerin erbracht hatte, erf眉llt worden und damit erloschen (搂听47 AO).
Rz. 17
aa) Dies ergibt sich --wie das FG zutreffend unter Punkt听I.3. ausgef眉hrt hat-- aus 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. den 搂听104 Abs.听1 S盲tze听1 und 2, 搂听107 Abs.听1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB听X).
Rz. 18
bb) Entgegen der Ansicht der Familienkasse im Revisionsverfahren war der Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Jobcenters gegen眉ber der Familienkasse auch nicht nach 搂听104 Abs.听1 SGB听X ausgeschlossen. Die Familienkasse ist dem Jobcenter aus 搂听104 Abs.听1 Satz听1 SGB听X zur Erstattung verpflichtet. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungstr盲ger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von 搂听103 Abs.听1 SGB听X vorliegen, ist gem盲脽 搂听104 Abs.听1 Satz听1 SGB听X der Leistungstr盲ger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungstr盲ger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungstr盲gers Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall hatte die Familienkasse zum Zeitpunkt der Zahlung des Kindergeldes ausreichende Kenntnis davon, dass der Anspruch der Kl盲gerin auf Kindergeld bereits in H枚he der SGB听II-Leistungen an T f眉r den Streitzeitraum erloschen war. Nach den nicht mit Verfahrensr眉gen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (搂听118 Abs.听2 FGO) hatte das Jobcenter der Familienkasse mit E-Mail vom 19.12.2016 die f眉r den Streitzeitraum ma脽geblichen Berechnungsb枚gen f眉r die an T geleisteten Sozialleistungen 眉bermittelt. Im Klageverfahren hatte die Familienkasse zudem mit Schreiben vom 07.01.2019 auf Nachfrage des Gerichts zur Kenntnis gleichartiger Leistungen durch das Jobcenter mitgeteilt, dass durch die 眉bersandten Berechnungsb枚gen 眉ber Arbeitslosengeld听II (ALG听II) der Zeitraum und die H枚he der monatlichen Leistungen des ALG听II-Tr盲gers ohne Anrechnung des Kindergeldes bekannt waren. Die Schlussfolgerung des FG, die Familienkasse habe im Zeitpunkt ihrer Kindergeldzahlung ausreichende Kenntnis 眉ber die Erbringung nachrangiger Sozialleistungen gehabt, ist daher nachvollziehbar. F眉r die erforderliche Kenntnis von Leistungen des nachrangig verpflichteten Leistungstr盲gers reicht es aus, wenn Umst盲nde, die im Einzelfall f眉r die Entscheidung 眉ber den Erstattungsanspruch ma脽geblich sind, und der Zeitraum, f眉r den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 05.06.2014听- VI听R听15/12, BFHE 246, 298, BStBl II 2015, 145, Rz听22, m.w.N.). Mit der 脺bersendung der ALG听II-Berechnungsb枚gen wusste die Familienkasse, welche Leistungen des Jobcenters f眉r welche Zeitr盲ume und in welcher H枚he erbracht wurden und dass eine Anrechnung von Kindergeld nicht erfolgt ist. Soweit die Familienkasse auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.03.1992听- 7听RAr听26/91 (BSGE 70, 186) hinweist, ergibt sich hieraus nichts anderes. In dieser Entscheidung hat das BSG ausgef眉hrt, dass die Tatsache allein, dass es sich beim Leistungsempf盲nger um einen "Sozialhilfefall" handelt, f眉r die Kenntnis nicht ausreichend sei. Wenn hingegen die einzelnen Sozialleistungen f眉r jeden Monat des ma脽geblichen Zeitraums mitgeteilt werden, ist der erstattungsverpflichtete Leistungstr盲ger ohne weitere Nachforschungen in der Lage zu entscheiden, welche Teile zur Erf眉llung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche an den Kindergeldberechtigten auszuzahlen sind.
Rz. 19
b) Entgegen der Ansicht des FG ist die Kl盲gerin auch Leistungsempf盲ngerin des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes.
Rz. 20
aa) Nach st盲ndiger Rechtsprechung des BFH ist Leistungsempf盲nger i.S. des 搂听37 Abs.听2 AO derjenige, demgegen眉ber die Finanzbeh枚rde oder Familienkasse ihre --vermeintlich oder tats盲chlich bestehende-- abgabenrechtliche Verpflichtung erf眉llen will (BFH-Urteile vom 23.10.2012听- VII听R听63/11, BFH/NV 2013, 689; vom 18.09.2012听- VII听R听53/11, BFHE 239, 292, BStBl II 2013, 270, Rz听13, m.w.N.). Demnach ist ein Dritter als tats盲chlicher Empf盲nger einer Zahlung dann nicht Leistungsempf盲nger i.S. des 搂听37 Abs.听2 AO, wenn die Beh枚rde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Verg眉tungsberechtigten an einen Dritten zahlt (vgl. Senatsbeschluss vom 28.01.2010听- III听B听112/08, BFH/NV 2010, 836; BFH-Urteile vom 29.01.2003听- VIII听R听64/01, BFH/NV 2003, 905, und vom 25.03.2003听- VIII听R听84/98, BFH/NV 2003, 1404). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbeh枚rde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegen眉ber dem tats盲chlichen Rechtsinhaber zu erf眉llen. Da der durch die Anweisung beg眉nstigte Zahlungsempf盲nger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegen眉ber dem tats盲chlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erf眉llen, ist nicht der Empf盲nger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Verg眉tungsberechtigte als Leistungsempf盲nger i.S. des 搂听37 Abs.听2 AO anzusehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 905).
Rz. 21
Diese Grunds盲tze gelten auch f眉r das Kindergeld, da es nach 搂听31 Satz听3 EStG als Steuerverg眉tung gezahlt wird (BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 905, und vom 16.03.2004听- VIII听R听48/03, BFH/NV 2004, 1218). Demnach ist nicht das Kind, sondern der Kindergeldberechtigte Leistungsempf盲nger i.S. des 搂听37 Abs.听2 Satz听1 AO, wenn die Familienkasse das Kindergeld aufgrund einer Zahlungsanweisung des Kindergeldberechtigten dem Kind zahlt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 836, Rz听3, m.w.N.).
Rz. 22
bb) Mit der Angabe des Kontos der T im Kindergeldantrag hat die Kl盲gerin der Familienkasse die Anweisung erteilt, das Kindergeld auf dieses Konto zu 眉berweisen. Damit hat sie den Zahlungsweg veranlasst. Zudem erbrachte die Familienkasse mit der Befolgung der Anweisung ihre Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch der Kl盲gerin als Kindergeldberechtigte zu erf眉llen.
Rz. 23
cc) Entgegen der Ansicht des FG steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass die Voraussetzungen einer Abzweigung i.S. des 搂听74 Abs.听1 EStG vorlagen. Ohne eine entsprechende Feststellung der Familienkasse durch einen Verwaltungsakt wird der Zahlungsempf盲nger nicht zum Leistungsempf盲nger i.S. des 搂听37 Abs.听2 Satz听1 AO.
Rz. 24
(1) Es ist zwar richtig, dass in Abzweigungsf盲llen der Dritte (Abzweigungsempf盲nger) und nicht der Kindergeldberechtigte gem盲脽 搂听37 Abs.听2 AO zur Erstattung verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 24.08.2001听- VI听R听83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47; Senatsurteil vom 10.03.2016听- III听R听29/15, BFH/NV 2016, 1278, Rz听26). Bei einer Abzweigung nach 搂听74 Abs.听1 EStG zahlt die Familienkasse willentlich an den Abzweigungsempf盲nger, und zwar zur Erf眉llung des diesem zustehenden Auszahlungsanspruchs. Die Entscheidung 眉ber eine Auszahlung nach 搂听74 Abs.听1 EStG erfolgt durch einen Verwaltungsakt nach 搂听118 AO (Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂听74 EStG Rz听14; BFH-Urteil in BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Mit der Entscheidung 眉ber die Abzweigung stellt die Familienkasse fest, dass sich der Kindergeldberechtigte die abgezweigte Leistung als Erf眉llung seines weiter bestehenden Kindergeldanspruchs zurechnen lassen muss und dass der Abzweigungsempf盲nger die Leistung gleichzeitig mit Erf眉llungswirkung des ihm aufgrund der Abzweigung zustehenden Anspruchs auf Auszahlung in Empfang nehmen darf. Die Erf眉llungszust盲ndigkeit f眉r erhaltenes Kindergeld 盲ndert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten aber erst dann und soweit, wie ein (bestandskr盲ftiger) Abzweigungsbescheid der Familienkasse ergangen ist, bei dem es sich f眉r den Empf盲nger um einen beg眉nstigenden und f眉r den bisher Kindergeldberechtigten um einen belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung handelt (BFH-Urteil vom 17.12.2015听- V听R听18/15, BFHE 252, 155, BStBl II 2016, 960, Rz听11, m.w.N.).
Rz. 25
(2) Hingegen l盲sst das blo脽e Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) unber眉hrt (vgl. Senatsurteil vom 27.10.2011听- III听R听16/09, BFH/NV 2012, 720, unter II.2.c; Senatsbeschluss vom 19.06.2013听- III听B听79/12, BFH/NV 2013, 1422, Rz听11).
Rz. 26
2. Einer R眉ckforderung steht auch nicht der Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder der Verwirkungsgedanke als Auspr盲gung des Grundsatzes von Treu und Glauben entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.02.2007听- III听B听1/06, BFH/NV 2007, 1120).
Rz. 27
a) Nach der Rechtsprechung des BFH steht der Grundsatz von Treu und Glauben der R眉ckforderung gezahlten Kindergeldes selbst dann nicht entgegen, wenn die Beh枚rde trotz Kenntnis von Umst盲nden, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs f眉hren, zun盲chst weiterhin Leistungen erbringt (vgl. BFH-Beschluss vom 13.03.2013听- V听B听133/11, BFH/NV 2013, 933). Erforderlich sind vielmehr besondere Umst盲nde, die die Geltendmachung des R眉ckforderungsanspruchs als illoyale Rechtsaus眉bung erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 14.10.2003听- VIII听R听56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123, m.w.N.). Hinzukommen muss ein Verhalten des Berechtigten, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden soll (Umstandsmoment oder Vertrauenstatbestand, vgl. BFH-Urteile vom 21.07.1988听- V听R听97/83, BFH/NV 1989, 356, 359, und vom 15.06.2004听- VIII听R听93/03, BFH/NV 2005, 153). Bei einem Massenverfahren wie dem Kindergeldrecht ist ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem entnommen werden kann, dass sie auch unter Ber眉cksichtigung ver盲nderter Umst盲nde von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempf盲nger ausgeschlossen ist (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1120).
Rz. 28
b) Hiernach liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vor. Es fehlt an einem Verhalten der Familienkasse, aus dem die Kl盲gerin bei objektiver Betrachtung den Schluss ziehen durfte, das zu Unrecht ausgezahlte Kindergeld werde ihr bzw. ihrer Tochter belassen. Selbst wenn die Familienkasse bereits wusste, dass Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld gezahlt wurden, reicht die Auszahlung des Kindergeldes trotz Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen nicht aus (vgl. BFH-Urteile vom 26.07.2001听- VI听R听163/00, BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174, und in BFH/NV 2005, 153). Es fehlen besondere zus盲tzliche Umst盲nde, die die Geltendmachung des R眉ckforderungsanspruchs als illoyale Rechtsaus眉bung erscheinen lassen.
Rz. 29
c) Da es sich bei dem R眉ckforderungsanspruch auch nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, kommt unter diesem Gesichtspunkt auch der Gedanke des mitwirkenden Verschuldens der Familienkasse nicht zum Tragen. Das Verhalten der Beh枚rde kann ggf. lediglich bei der Frage einer Billigkeitsentscheidung gem盲脽 搂听227 AO (vgl. Senatsurteil vom 27.05.2020听- III听R听45/19, BFH/NV 2020, 1283) ber眉cksichtigt werden. Auch etwaige pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde sind f眉r die Beurteilung des Abrechnungsbescheids (搂听218 Abs.听2 i.V.m. 搂听37 Abs.听2 AO) unerheblich und k枚nnen dementsprechend in dem die Rechtm盲脽igkeit der R眉ckforderung betreffenden Revisionsverfahren nicht gekl盲rt werden.
Rz. 30
3. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听143 Abs.听1, 搂听135 Abs.听1 FGO. Au脽ergerichtliche Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil der Beigeladene keine Antr盲ge gestellt und das Verfahren nicht mit eigenen Beitr盲gen gef枚rdert hat (搂听139 Abs.听4 FGO).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 14688843 |
BFH/NV 2021, 1303 |
BFH/PR 2021, 432 |
BStBl II 2021, 700 |
BB 2021, 1941 |
DB 2021, 6 |
DStR 2021, 7 |
DStRE 2021, 1119 |
HFR 2021, 959 |