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Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsrecht f眉r Abfindung an einen in die Schweiz verzogenen, zuvor im Inland t盲tigen Arbeitnehmer: Bindungswirkung und erstmalige Anwendung der Konsultationsvereinbarung in 搂 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV vom 20. Dezember 2010
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Leitsatz (amtlich)
1. Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 erm枚glicht kein deutsches Besteuerungsrecht f眉r eine Abfindungszahlung, die eine zuvor in Deutschland wohnende Person nach ihrem Wegzug in die Schweiz von ihrem bisherigen inl盲ndischen Arbeitgeber aus Anlass der Aufl枚sung des Arbeitsverh盲ltnisses erh盲lt (Best盲tigung der st盲ndigen Rechtsprechung).
2. Eine 脺bereinkunft zwischen den deutschen und Schweizer Steuerbeh枚rden (hier: Konsultationsvereinbarung mit der Eidgen枚ssischen Steuerverwaltung zu der Frage des Besteuerungsrechts von Abfindungen an Arbeitnehmer vom 17. M盲rz 2010, bekanntgegeben durch das BMF-Schreiben vom 25. M盲rz 2010, BStBl I 2010, 268) nach Ma脽gabe von Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971 bindet die Gerichte nicht (ebenfalls Best盲tigung der st盲ndigen Rechtsprechung). 搂 2 Abs. 2 AO (i.d.F. des JStG 2010) i.V.m. 搂 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146) 盲ndert daran nichts; 搂 2 Abs. 2 AO (i.d.F. des JStG 2010) gen眉gt insoweit nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die nach Art. 80 Abs. 1 GG an eine Verordnungserm盲chtigung zu stellen sind.
3. Die Regelung des 搂 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV ist unbeschadet des in 搂 25 KonsVerCHEV (i.V.m. Art. 97 搂 1 Abs. 9 EGAO i.d.F. des JStG 2010) auf den 1. Januar 2010 bestimmten Anwendungszeitpunkts f眉r die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung nicht vor dem Zeitpunkt ihres tats盲chlichen Inkrafttretens am 23. Dezember 2010 anzuwenden.
4. Der Feststellungsbescheid gem盲脽 搂 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist bezogen auf den Einkommensteuerbescheid ein Folgebescheid.
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Normenkette
AO 搂 2 Abs. 2; EStG 2009 搂听10a Abs. 4 S. 1, 搂搂听19, 24 Nr. 1 Buchst. a, 搂听25 Abs. 1, 搂听49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a; DBA CHE 1971 Art.听15 Abs. 1, Art.听26 Abs. 3; KonsVerCHEV 搂听24 Abs. 1, 搂听25; GG Art. 80 Abs. 1; EGAO 1977 Art. 97 搂 1 Abs. 9
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013 10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuererm盲脽igung nach 搂 10a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ergangen ist. Die Klage wird insoweit als unzul盲ssig abgewiesen.
Im 脺brigen wird die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.
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Tatbestand
Rz. 1
A. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) wohnte im Streitjahr 2010 bis zum 30. April im Inland und 眉bte hier eine nichtselbst盲ndige T盲tigkeit aus. Am 1. Mai verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbst盲ndige T盲tigkeit aufnahm.
Rz. 2
Das Arbeitsverh盲ltnis zwischen ihm und seinem seinerzeitigen inl盲ndischen Arbeitgeber wurde mit Vertrag vom 16./29. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gr眉nden einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kl盲ger wurde unter Fortzahlung der regul盲ren Bez眉ge sowie unter Zahlung von Boni f眉r 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Er konnte seinerseits das Arbeitsverh盲ltnis mit 14-t盲giger K眉ndigungsfrist auch vor dem 31. Juli 2010 beenden. Als Entsch盲digung f眉r den Verlust des Anstellungsverh盲ltnisses und zum Ausgleich bereits entstandener und der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in H枚he eines Einmalbetrages von 780.500 EUR. F眉r den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverh盲ltnisses durch Erkl盲rung des Kl盲gers sollte sich der Abfindungsbetrag um das ansonsten zwischen dem Beendigungsdatum und dem am 31. Juli 2010 f盲llige Grundgehalt erh枚hen. Die Versteuerung sollte durch den Arbeitgeber erfolgen.
Rz. 3
Die Abfindung wurde im September 2010 gezahlt. Der ehemalige Arbeitgeber behielt darauf 337.990 EUR an Lohnsteuer und 18.589,45 EUR an Solidarit盲tszuschlag ein. Zuvor war eine vom Kl盲ger angestrebte lohnsteuerliche Freistellung der Abfindung durch das zust盲ndige Betriebsst盲ttenfinanzamt gescheitert.
Rz. 4
Im Rahmen der Einkommensteuererkl盲rung 2010 behandelte der Kl盲ger einen Betrag von 785.194 EUR als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) 鈥揇BA-Schweiz 1971鈥 steuerfreien Arbeitslohn. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥揊A鈥) behandelte den Betrag demgegen眉ber als Entsch盲digung f眉r mehrere Jahre, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Arbeitslohn nach 搂 19 i.V.m. 搂 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) erm盲脽igt zu versteuern sei. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 und der dazu ergangenen (erg盲nzenden) deutsch-schweizerischen Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen vom 17. M盲rz 2010, bekanntgegeben durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. M盲rz 2010 (BStBl I 2010, 268), Letztere i.V.m. 搂 24 Abs. 1 Satz 2 und 搂 25 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft 鈥揇eutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV)鈥 vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146). Die in der Schweiz erzielten Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit wurden gem盲脽 搂 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009 beim sog. Progressionsvorbehalt ber眉cksichtigt.
Rz. 5
Die Klage gegen die hiernach ergangenen Bescheide 眉ber Einkommensteuer und Feststellung der Steuerm盲脽igung nach 搂 10a Abs. 4 EStG 2009 war erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 8. Oktober 2013 10 K 2176/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 288 statt.
Rz. 6
Das FA st眉tzt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 7
Der Kl盲ger beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
Rz. 8
Dem Revisionsverfahren ist das BMF beigetreten. Es schlie脽t sich in der Sache dem FA an, ohne eigene Antr盲ge zu stellen.
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Rz. 9
B. Die Revision ist nur im Hinblick auf die Feststellung der Steuererm盲脽igung nach 搂 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 begr眉ndet, weil die Klage insoweit unzul盲ssig ist. Im 脺brigen aber ist sie unbegr眉ndet.
Rz. 10
I. Die Anfechtung des Feststellungsbescheids gem盲脽 搂 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist unzul盲ssig. Es handelt sich bei diesem Bescheid bezogen auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid um einen Folgebescheid (vgl. 搂 171 Abs. 10 der Abgabenordnung 鈥揂O鈥). Das ergibt sich aus 搂 10a Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2009, wonach 搂 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2009 auf die Feststellung entsprechend anzuwenden ist, und in jener Vorschrift ist die Grundlagenwirkung des Einkommensteuerbescheids justiert (s. dazu z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., 搂 10d Rz 41; Schmidt/Weber-Grellet, ebenda, 搂 10a Rz 30, m.w.N.).
Rz. 11
II. Im eigentlichen Streitpunkt ist die Revision jedoch unbegr眉ndet. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht f眉r die Abfindung wurde durch das DBA-Schweiz 1971 beschr盲nkt; das Besteuerungsrecht steht nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 der Schweiz als dem (nunmehrigen) Wohnsitzstaat des Kl盲gers zu.
Rz. 12
1. Der Kl盲ger hat seinen Wohnsitz seit dem 1. Mai des Streitjahres in der Schweiz und ist seitdem in Deutschland nicht mehr 鈥搘ie zuvor鈥 unbeschr盲nkt (vgl. 搂 1 Abs. 1 EStG 2009), sondern beschr盲nkt (vgl. 搂 1 Abs. 4 i.V.m. 搂 49 EStG 2009) steuerpflichtig. Letzteres betrifft nach 搂 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2009 auch seine Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit (搂 19 EStG 2009), die im Inland ausge眉bt oder verwertet wird oder 鈥搖nd insofern hier bezogen auf die in Rede stehende Abfindungszahlung allein einschl盲gig鈥 鈥瀢orden ist鈥. Es betrifft nach 搂 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG 2009 zudem Eink眉nfte, die als Entsch盲digung i.S. des 搂 24 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 f眉r die Aufl枚sung des Arbeitsverh盲ltnisses gezahlt werden, soweit die f眉r die zuvor ausge眉bte T盲tigkeit bezogenen Eink眉nfte 鈥搘ie vorliegend鈥 der inl盲ndischen Besteuerung unterlegen haben. Die Vorinstanz geht 眉bereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der an den Kl盲ger geleisteten Abfindungszahlung um eine derartige Entsch盲digung handelt, nicht aber um nachtr盲glichen Arbeitslohn. Auch der Senat hat keinen Anlass, diese Sachverhaltsw眉rdigung in Frage zu stellen.
Rz. 13
2. Deutschland steht infolge des mit der Schweiz geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung jedoch das Besteuerungsrecht an der Zahlung nicht zu: Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass Geh盲lter, L枚hne und 盲hnliche Verg眉tungen, die eine in einem Vertragsstaat ans盲ssige Person aus unselbst盲ndiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden k枚nnen, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausge眉bt wird. Wird die Arbeit dort ausge眉bt, so k枚nnen die daf眉r bezogenen Verg眉tungen in dem anderen Staat besteuert werden. Daraus folgt nach st盲ndiger Spruchpraxis des Senats (z.B. Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; vom 24. Juli 2013 I R 8/13, BFHE 245, 291, BStBl II 2014, 929, jeweils m.w.N.), dass Abfindungen anl盲sslich der Beendigung eines Dienstverh盲ltnisses nicht im T盲tigkeitsstaat, sondern im Ans盲ssigkeitsstaat zu besteuern sind. Denn bei Abfindungen handelt es sich unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit ma脽gebenden innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971) Arbeitslohn (搂 19 EStG 2009) sind, nicht um ein zus盲tzliches Entgelt f眉r eine fr眉here T盲tigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971. Sie werden nicht f眉r eine konkrete im Inland oder Ausland ausge眉bte T盲tigkeit gezahlt, sondern gerade f眉r den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein blo脽er Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und T盲tigkeit gen眉gt nach dem Abkommenswortlaut 鈥瀌af眉r鈥) indes nicht. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Spruchpraxis, an welcher festzuhalten ist, prinzipiell angeschlossen (BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort Tz. 6.3 Rz 121, und 鈥搉unmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2015鈥 vom 12. November 2014, BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4 Rz 178 ff.).
Rz. 14
3. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 weiter entschieden hat, 盲ndert sich an dieser Rechtsauffassung infolge der urspr眉nglichen (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Mai 1997, BStBl I 1997, 560), durch das BMF-Schreiben vom 13. Oktober 1992 (Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 82; vgl. auch BStBl I 1997, 560) bekanntgegebenen Verst盲ndigungsvereinbarung der deutschen und eidgen枚ssischen Finanzbeh枚rden zur Besteuerung von Abfindungen nichts. Dabei verbleibt es auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen erg盲nzenden Konsultationsvereinbarung vom 17. M盲rz 2010.
Rz. 15
a) Das BMF und die Eidgen枚ssische Steuerverwaltung haben sich in jenen Vereinbarungen auf der Basis von Konsultationsverhandlungen nach Ma脽gabe des Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 darauf verst盲ndigt, das Besteuerungsrecht der beiden Vertragsstaaten danach zuzuteilen, ob der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen ist oder ob es sich um eine Nachzahlung von Lohn, Gehalt oder Tantiemen aus dem fr眉heren Arbeitsverh盲ltnis handelt oder die Abfindung allgemein f眉r das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gew盲hrt wird. In dem ersten Fall kann 鈥搉ach Satz 2 der Vereinbarungen鈥 die Abfindung danach gem盲脽 Art. 18 DBA-Schweiz 1971 nur im Wohnsitzstaat des Empf盲ngers besteuert werden, im zweiten Fall soll nach Satz 3 der Vereinbarungen gem盲脽 Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 das sog. T盲tigkeitsortsprinzip gelten. Hintergrund dieser Vereinbarung ist der Umstand, dass andernfalls aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungspraxis in Deutschland und in der Schweiz 眉ber die Besteuerungszuordnung die Gefahr sog. wei脽er Eink眉nfte, also der doppelten Nichtbesteuerung, bestand.
Rz. 16
b) Der Senat misst einer derartigen zwischenstaatlichen Konsultationsvereinbarung 鈥搃n Einklang mit den Grunds盲tzen zur Auslegung von Vertr盲gen nach Art. 31 des Wiener 脺bereinkommens 眉ber das Recht der Vertr盲ge vom 23. Mai 1969 鈥揥脺RV鈥 (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757)鈥 zwar Bedeutung f眉r die Auslegung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei. Er hat jedoch wiederholt klar zum Ausdruck gebracht, dass die 鈥濭renzmarke鈥 f眉r das richtige Abkommensverst盲ndnis immer nur der Abkommenswortlaut sein kann. Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverst盲ndnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden. Auch daran ist uneingeschr盲nkt festzuhalten und auf das zitierte Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 ist deswegen zu verweisen.
Rz. 17
4. Allerdings haben sich die Vereinbarungsgrundlagen zwischenzeitlich ge盲ndert. Der Gesetzgeber hat vermittels des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) mit 搂 2 Abs. 2 der Abgabenordnung 鈥揂O n.F.鈥 (erstmals) eine Erm盲chtigungsgrundlage geschaffen, wonach 鈥搒o Satz 1 der Vorschrift鈥 das BMF erm盲chtigt wird, zur Sicherung der Gleichm盲脽igkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne sind nach Satz 2 der Vorschrift einvernehmliche Vereinbarungen der zu-st盲ndigen Beh枚rden der Vertragsstaaten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchf眉hrung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen. Mit diesem tatbestandlich umschriebenen Inhalt zielt die Neuregelung darauf ab, zwischenstaatlichen beh枚rdlichen Konsultationsvereinbarungen i.S. von Art. 25 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) den Rang einer Rechtsverordnung zu verleihen. In 搂 24 Abs. 1 KonsVerCHEV ist das f眉r die im Streitfall in Rede stehenden Arbeitnehmer-Abfindungen geschehen; die Deutsch-Schweizerische Kosultationsverbindung vom 17. M盲rz 2010 ist darin textlich 眉bernommen worden.
Rz. 18
5. Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Erm盲chtigungsgrundlage den daf眉r gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gen眉gt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuf眉hren. 脺berwiegend wird das verneint und dem schlie脽t sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. M盲rz 2010 gen眉gt trotz ihrer unilateralen 鈥濧nhebung鈥 in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fu脽t mit 搂 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Erm盲chtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausma脽 der erteilten Erm盲chtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbst盲ndig t盲tigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber h盲tte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.
Rz. 19
a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG k枚nnen durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen erm盲chtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG m眉ssen dabei Inhalt, Zweck und Ausma脽 der erteilten Erm盲chtigung im Gesetze bestimmt werden. Das ist hier nicht gelungen.
Rz. 20
aa) Zwar gilt gewisserma脽en 鈥瀗at眉rlich鈥 der Grundsatz, dass ein Gesetz nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift au脽er Kraft gesetzt oder abge盲ndert werden kann, ebenso wie seine Durchbrechung durch einen Verwaltungsakt und seine Verdr盲ngung durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, also eine Rechtsverordnung, eine Gemeindesatzung, ausgeschlossen ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem 鈥濾orrang des Gesetzes鈥 (Art. 20 Abs. 3 GG): 鈥濪er in der Form des Gesetzes ge盲u脽erte Staatswille geht rechtlich jeder anderen staatlichen Willens盲u脽erung vor鈥, so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 6. Mai 1958 2 BvL 37/56, 2 BvL 11/57 (BVerfGE 8, 155). Dieser Vorrang des Gesetzes 鈥揳lso die dem Gesetz kraft Verfassungsrechts innewohnende Eigenschaft, staatliche Willens盲u脽erungen niedrigeren Ranges rechtlich zu hindern oder zu zerst枚ren鈥 kann sich aber naturgem盲脽 nur auswirken, wo ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Willens盲u脽erung niederen Ranges besteht. Es bedarf keiner Ausf眉hrung, dass eine staatliche Willens盲u脽erung, die das Gesetz befolgt und in Einklang mit ihm steht, nicht am Vorrang des Gesetzes scheitern kann. Im Einzelnen ist dazu beispielhaft auf den besagten Beschluss des BVerfG in BVerfGE 8, 155 hinzuweisen. So gesehen mag es auch m枚glich sein, kraft Verordnung eine Abkommensregelung zu spezifizieren und umzusetzen. Es mag prinzipiell ebenso ausreichen, die gesetzliche Erm盲chtigung dabei weit zu fassen, solange und soweit die 鈥瀢esentlichen Konturen鈥 in dem Referenzgesetz 鈥揾ier also das bilaterale Abkommen in der Umsetzung des 鈥瀍infachen鈥 Zustimmungsgesetzes鈥 vom Gesetzgeber vorgegeben werden (s. z.B. Dr眉en in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 2 AO Rz 43e, m.w.N.; Musil in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂 2 AO Rz 327, 332; Oellerich in Beermann/Gosch, AO, 搂 2 Rz 102; s.a. den vom beigetretenen BMF herangezogenen, allerdings in anderem Zusammenhang des Steuerberatungsgesetzes ergangenen BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982 2 BvL 28/81, BVerfGE 62, 203; demgegen眉ber zweifelnd z.B. Gosch in Mellinghoff/Sch枚n/Viskorf [Hrsg.], Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift Spindler, 2011, S. 379, 421; derselbe in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., 搂 49 Rz 72; anders z.B. Nacke, Der Betrieb 鈥揇B鈥 2010, 1149; Lehner, Internationales Steuerrecht 鈥揑StR鈥 2011, 739 und Finanz-Rundschau 鈥揊R鈥 2011, 1091). Und es l盲sst sich schlie脽lich auch h枚ren, wenn argumentiert wird, der Gesetzgeber habe mit seiner Zustimmung zu dem Gesetz zur 脺berleitung des v枚lkerrechtlichen Vertrages in nationales (einfaches) Recht die M枚glichkeit von Konsultationsvereinbarungen auf Basis des Art. 25 Abs. 3 OECD-MustAbk antizipiert und akzeptiert (z.B. Hummel, IStR 2011, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, 737, jeweils m.w.N.; insoweit anders Dr眉en in Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 2 AO Rz 43f, m.w.N., insbesondere auch aus dem staatsrechtlichen Schrifttum). Doch ist es auch vermittels einer derart gefassten Erm盲chtigungsregelung ausgeschlossen, den Abkommenstext und damit die besagte Besteuerungszuordnung f眉r die betreffenden Eink眉nfte zu ver盲ndern (s. zu alledem z.B. FG Baden-W眉rttemberg, Au脽ensenate Freiburg, Urteil vom 19. Dezember 2013 3 K 1189/13, Betriebs-Berater 鈥揃B鈥 2014, 2071; sowie z.B. Hummel, IStR 2011, 397, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, und derselbe in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Grundlagen Rz 136; Sch枚nfeld/H盲ck in Sch枚nfeld/ Ditz, DBA, Systematik Rz 100; Dremel, daselbst, Art. 1 Rz 23 ff.; Fl眉chter, daselbst, Art. 25 Rz 218 ff.; Eilers in Wassermeyer, MA Art. 25 Rz 67; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, MA Art. 15 Rz 79; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 7, s.a. Art. 15a Rz 42; Kubaile, Internationale Wirtschafts-Briefe 鈥揑WB鈥 2012, 1; Heger, Steuer Wirtschaft International 2011, 95; Micker, IWB 2011, 61; Gosch, BFH/PR 2011, 241; s.a. Musil in H眉bschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., 搂 2 AO Rz 234; anders Neyer/Schlepper, FR 2011, 648).
Rz. 21
bb) Das aber ist hier der Fall. Der Abkommenstext bel盲sst aus den unter I.2. beschriebenen Gr眉nden f眉r die Frage der Besteuerungszuordnung von Abfindungen an ehemals nichtselbst盲ndig t盲tige Arbeitnehmer keine Spielr盲ume. Und daran 盲ndert auch das in 搂 2 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. qualifizierte zus盲tzliche Erm盲chtigungsziel nichts, doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden. Das mag 鈥搃n Einklang mit 鈥瀗euerem Abkommensdenken鈥 der OECD鈥 das eine oder andere neuere Doppelbesteuerungsabkommen bezwecken, und das findet sich jetzt denn auch in der (ministeriellen) 鈥濾erhandlungsgrundlage f眉r Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Verm枚gen鈥, BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2013, 440) wieder. Dieser Paradigmenwechsel aber hat im DBA-Schweiz 1971, das allein die Freistellungsmethode anwendet und damit vorbehaltlos auf eine virtuelle Doppelbesteuerung abhebt (st盲ndige Spruchpraxis, deutlich z.B. Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764), (noch) keinen Niederschlag gefunden. Durch 搂 24 Abs. 1 KonsVerCHEV wird indessen genau das sinn- und zweckver盲ndert. Der Regelung k盲me der Charakter einer R眉ckfallklausel zu, die im Abkommen nicht angelegt ist, diesem vielmehr widerspricht (Lehner, IStR 2011, 733, 736, dort auch spezifisch f眉r die Situation der Abfindungszahlung an ehemalige Arbeitnehmer). 搂 2 Abs. 2 AO n.F. erm盲chtigt jedoch nicht zu Erg盲nzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments (Lehner, IStR 2011, 733, 735). Solange diese Zustimmung fehlt, bleibt 鈥瀌ie Grenzziehung zwischen Auslegung und einer an den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheiternden L眉ckenschlie脽ung (鈥)鈥, darin ist Lehner (IStR 2011, 733, 739) uneingeschr盲nkt beizupflichten, 鈥濧ufgabe der Judikative鈥.
Rz. 22
b) Lassen sich die vorbenannten M盲ngel nicht ausr盲umen, ist die Rechtsverordnung zu verwerfen. Dazu sind die Fachgerichte und damit der Senat befugt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Dezember 1984 1 BvR 1249/83, 1 BvR 1745/83, 1 BvR 1746/83, 1 BvR 1752/83, 1 BvR 1753/83, 1 BvR 1757/83, 1 BvR 1769/83, 1 BvR 1719/83, 1 BvR 1720/83, BVerfGE 68, 319, BVerfGE 68, 319, 325; BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1985 2 BvR 1167/84, 2 BvR 1185/84, 2 BvR 1636/84, 2 BvR 308/85, 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 337; Dr眉en in Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 2 AO Rz 43g, m.w.N.), und so geschieht es denn auch im Streitfall.
Rz. 23
6. Unabh盲ngig von diesen Erw盲gungen scheitert die erstrebte Verbindlichkeit f眉r das Streitjahr auch daran, dass die verwaltungsseitig vorgegebene Auslegung nach 搂 26 KonsVerCHEV erstmals mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 gilt, nicht aber f眉r den bis dahin abgelaufenen Teil des Jahres 2010.
Rz. 24
a) Der Senat legt seiner Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ebenfalls st盲ndiger Spruchpraxis aus zeitlicher Sicht einen sog. statischen, keinen sog. dynamischen Auslegungsmodus zugrunde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Januar 2014 I R 30/12, BFHE 244, 354, BStBl II 2014, 721; vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106; vom 25. Mai 2011 I R 95/10, BFHE 234, 63; vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, BFHE 232, 137, BStBl II 2011, 488; vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390; Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, jeweils m.w.N.). Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zur眉ck. Das gilt in erster Linie f眉r Verwaltungsverlautbarungen, wie beispielsweise die Musterkommentierung der OECD zu deren Musterabkommen. Das gilt aber auch f眉r bilaterale Konsultationsvereinbarungen. Abermals hindert Art. 31 W脺RV ein solches Verst盲ndnis nicht: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in 脺bereinstimmung mit der gew枚hnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Au脽er dem bei der Auslegung zu ber眉cksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 W脺RV n盲her beschriebenen systematischen 鈥瀂usammenhang鈥 sind nach Art. 31 Abs. 3 W脺RV in gleicher Weise zu ber眉cksichtigen: a) jede sp盲tere 脺bereinkunft zwischen den Vertragsparteien 眉ber die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede sp盲tere 脺bung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die 脺bereinstimmung der Vertragsparteien 眉ber seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein 眉bereinstimmendes Abkommensverst盲ndnis und eine gemeinsame 鈥灻渂ung鈥 der beteiligten Finanzverwaltungen f眉r eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzg盲nger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderl盲uft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener 脺bereinkommen (nach dessen Art. 4) ohnehin nur auf Vertr盲ge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das 脺bereinkommen f眉r sie in Kraft getreten ist 鈥搖nd damit, ohne dass dem weiter nachzugehen w盲re, nach Lage der Dinge nicht f眉r das DBA-Schweiz 1971鈥, erzwingen auch diese Grunds盲tze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Ma脽gabe jenes Wortlauts.
Rz. 25
b) Und das gilt auch hier. Dass die neuerliche Konsultationsvereinbarung inhaltlich im Kern blo脽 auf der vorangegangenen Verst盲ndigungsvereinbarung aus dem Jahre 1992 aufsetzt, ist unbeachtlich. Denn jene Vereinbarung erf眉llte die n枚tigen rechtsstaatlichen Anforderungen einer Auslegungsverbindlichkeit, wie beschrieben, von vornherein nicht. Auch ist es unbeachtlich, dass die Einkommensteuer f眉r das Streitjahr erst am 31. Dezember 2010 entsteht (vgl. 搂 25 Abs. 1 EStG 2009), mithin nach dem in 搂 25 KonsVerCHEV bestimmten Anwendungszeitpunkt f眉r die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung am 1. Januar 2010, welcher wiederum seinerseits in Einklang mit Art. 97 搂 1 Abs. 9 Satz 1 des Einf眉hrungsgesetzes zur Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (EGAO n.F.) steht; Rechtsverordnungen aufgrund des 搂 2 Abs. 2 AO n.F. k枚nnen danach mit Wirkung f眉r den Veranlagungszeitraum 2010 erlassen werden, sofern die dem Bundesrat zugeleitete Rechtsverordnung vor dem 1. Januar 2011 als Bundesratsdrucksache ver枚ffentlicht worden ist, was hier der Fall ist (s. Bundesrats-Drucksache 716/10 vom 5. November 2010). Das alles mag vor dem Hintergrund des g盲ngigen Verfassungsverst盲ndnisses in Deutschland jedenfalls nicht unbedingt einen Versto脽 gegen das grundgesetzliche R眉ckwirkungsverbot ausl枚sen (vgl. grundlegend z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. Oktober 2012 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, m.w.N.; s.a. 鈥揵ezogen auf Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und deren 脺berleitung in nationales Recht鈥 BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628; insoweit konkret bezogen auf 搂 2 Abs. 2 AO n.F. einerseits Bisle, IWB 2010, 794; Musil in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂 2 AO Rz 337; andererseits Nacke, DB 2010, 1149; s. eingehend zum Problem auch Dr眉en in Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 2 AO Rz 43d, m.w.N.). F眉r die Rechtsauslegung des Abkommenstextes bleibt das aber ohne Bedeutung, weil sich die Abkommensauslegung einem einseitigen vertragsstaatlichen Zugriff entzieht, wenn dieser Zugriff zeitlich nach dem zu beurteilenden tats盲chlichen Lebenssachverhalt liegt. So liegt es hier, weil die in Rede stehende deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarung als solche in Gestalt der Konsultationsverordnung erst am 23. Dezember 2010 in Kraft getreten ist. Ma脽gebender Anwendungszeitpunkt f眉r die abkommens眉berschreibende Konsultationsvereinbarung kann immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tats盲chlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. R眉ckwirkende Anwendungsanordnungen vertragen sich damit nicht und scheiden aus. Insofern gilt nichts anderes als f眉r das Abkommen als solches, f眉r das Art. 32 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 den Anwendungszeitpunkt f眉r das Jahr bestimmt, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist (oder neuerlich auch in der bereits zitierten ministeriellen 鈥濾erhandlungsgrundlage f眉r Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Verm枚gen鈥 vom 17. April 2013, nach deren Art. 31 Abs. 1 und 2 der Anwendungszeitpunkt des ratifizierten Abkommens auf den 1. Januar desjenigen Kalenderjahres justiert wird, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist). Nur so kann sichergestellt werden, dass das bilateral Vereinbarte in beiden Vertragsstaaten zu ein- und demselben Zeitpunkt anzuwenden ist und genau diejenige Gefahr einer doppelten Besteuerung, ggf. auch doppelten Nichtbesteuerung, vermieden wird, der es nach den Absichten der vereinbarungsbeteiligten Vertragsstaaten (auch) bei einer abkommensver盲ndernden Konsultationsvereinbarung entgegenzutreten gilt (s. zu alledem auch Gosch in Kaeser [Hrsg.], Festgabe f眉r F. Wassermeyer, 2015, Stichwort 29, dort unter III.).
Rz. 26
III. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 2, 搂 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 8479003 |
BFH/NV 2015, 1630 |
BFH/PR 2015, 437 |
BStBl II 2016, 326 |
BFHE 2016, 110 |
BFHE 250, 110 |
BB 2015, 2453 |
BB 2017, 599 |
DB 2015, 2366 |
DB 2015, 6 |
DStR 2015, 2222 |
DStRE 2015, 1275 |
HFR 2015, 1008 |