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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Steuerfreiheit der Ums盲tze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule
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Leitsatz (amtlich)
Die Ums盲tze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule k枚nnen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sein, soweit die erbrachten Leistungen nicht lediglich den Charakter blo脽er Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden.
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Normenkette
UStG 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i; EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. i
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule f眉r WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kl盲ger herausgegebenen Werbebrosch眉re um eine "Kampf- und Bewegungskunst".
Rz. 2
F眉r die Streitjahre erkl盲rte der Kl盲ger auch f眉r die WingTsun-Schule steuerpflichtige Ums盲tze.
Rz. 3
Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kl盲ger unter Vorlage einer Bescheinigung des zust盲ndigen Ministeriums f眉r Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun 鈥 Leistungen im Sinne des 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen f眉r die Vergangenheit zu 盲ndern und die Ums盲tze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.
Rz. 4
Nach einer beim Kl盲ger durchgef眉hrten Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Pr眉fers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gew盲hren.
Rz. 5
Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die 脛nderung der Umsatzsteuerbescheide f眉r die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kl盲ger bereits mitgeteilt hatte, dass eine r眉ckwirkende 脛nderung "unter Beachtung der Ausf眉hrungen in den 搂搂 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschlie脽lich des Veranlagungszeitraums 1999 m枚glich sei.
Rz. 6
Der Einspruch und die anschlie脽ende Klage hatten keinen Erfolg.
Rz. 7
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegr眉ndet ab und f眉hrte zur Begr眉ndung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kl盲ger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Kl盲gers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kl盲ger herausgegebenen Werbebrosch眉re angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport f眉r Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.
Rz. 8
Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer m枚glicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kl盲ger angebotenen Lehrg盲nge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrg盲nge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt w眉rden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Aus眉bung der genannten Berufe seien. Dies sei 盲hnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der F眉hrerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Aus眉bung ihres Berufs genutzt werde und auch die J盲gerpr眉fung bei der Aus眉bung einiger Berufe erforderlich sei.
Rz. 9
Die WingTsun-Schule des Kl盲gers sei im 脺brigen keinem Wettbewerb mit 枚ffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten w眉rden.
Rz. 10
Die Ums盲tze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen f眉r eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erf眉llt.
Rz. 11
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 12
Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. 脺ber die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zust盲ndige Landesbeh枚rde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.
Rz. 13
Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Sch眉ler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tats盲chlich aus眉bten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung m眉ssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterl盲gen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich f眉r eine Aus眉bung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.
Rz. 14
Das FG habe nicht zutreffend gew眉rdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kl盲ger, zudem eigene Schulungen f眉r Spezialeinsatzkr盲fte anbiete.
Rz. 15
Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die blo脽e werbem盲脽ige Angabe von weiteren Aktivit盲ten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.
Rz. 16
Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Pr眉fung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung f眉r die Erteilung einer blo脽en Aus眉bungserlaubnis sei.
Rz. 17
Im 脺brigen w眉rden WingTsun-Kurse auch von 枚ffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kl盲ger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.
Rz. 18
Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.
Rz. 19
Der Kl盲ger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Rz. 20
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet abzuweisen.
Rz. 21
Es tritt der Revision des Kl盲gers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbeh枚rde, sondern von den Finanzbeh枚rden gesondert zu pr眉fen und unterliege der vollen Nachpr眉fung durch die Finanzgerichte.
Rz. 22
Der vom Kl盲ger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.
Rz. 23
Die Lehrg盲nge des Kl盲gers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kl盲ger f眉r Angeh枚rige der Bundeswehr und Polizei durchgef眉hrten kampfspezifischen Lehrg盲nge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.
Rz. 24
Die weitaus 眉berwiegende Zahl der Sch眉ler besuche die Lehrg盲nge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spa脽 und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.
Rz. 25
Die Kampfkunstschule des Kl盲gers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.
Rz. 26
Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kl盲ger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Aus眉bung bestimmter beruflicher T盲tigkeiten notwendig seien.
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Rz. 27
II. Die Revision des Kl盲gers ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Rz. 28
Die streitigen Ums盲tze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter blo脽er Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.
Rz. 29
1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. M盲rz 1999 geltenden Fassung des 搂 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zust盲ndige Landesbeh枚rde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des 枚ffentlichen Rechts abzulegende Pr眉fung ordnungsgem盲脽 vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zust盲ndige Landesbeh枚rde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des 枚ffentlichen Rechts abzulegende Pr眉fung ordnungsgem盲脽 vorbereiten.
Rz. 30
a) Unionsrechtlich beruht 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt f眉r die Vorg盲ngervorschrift 搂 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).
Rz. 31
b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Ums盲tze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenst盲nden durch Einrichtungen des 枚ffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.
Rz. 32
c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgef眉hrte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbest盲nde im Wesentlichen unver盲ndert weitergef眉hrt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. M盲rz 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).
Rz. 33
d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt f眉r die Vorg盲ngervorschrift 搂 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift m枚glich ist, weil sich der Kl盲ger jedenfalls grunds盲tzlich f眉r die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. M盲rz 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgem盲脽 erlassener Umsetzungsma脽nahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegen眉ber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften m枚glich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur st盲ndigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union --EuGH--).
Rz. 34
2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.
Rz. 35
a) Bei der vom Kl盲ger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.
Rz. 36
aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdr眉cklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abh盲ngig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).
Rz. 37
bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kl盲ger eine Bescheinigung der zust盲ndigen Landesbeh枚rde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.
Rz. 38
(1) Eine derartige Bescheinigung gen眉gt grunds盲tzlich f眉r die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).
Rz. 39
(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbeh枚rden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zust盲ndigen Landesbeh枚rde 眉bertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbeh枚rden zuzuordnen w盲ren (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. M盲rz 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).
Rz. 40
(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zust盲ndige Landesbeh枚rde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbeh枚rden gesondert zu pr眉fen und unterliegt auch der vollen Nachpr眉fbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu 搂 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu 搂 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).
Rz. 41
b) F眉r die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht ber眉cksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die 盲ltere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein ma脽geblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erf眉llt seien.
Rz. 42
aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschr盲nkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlusspr眉fung zur Erlangung einer Qualifikation f眉hrt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Aus眉bung einer Berufst盲tigkeit vermittelt, sondern er schlie脽t andere T盲tigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und F盲higkeiten der Sch眉ler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese T盲tigkeiten nicht den Charakter blo脽er Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).
Rz. 43
bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen h盲ngt demnach --worauf der Kl盲ger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrg盲nge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es f眉r die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Sch眉ler ist, die die Lehrg盲nge des Kl盲gers tats盲chlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Pr眉fungsvorbereitung besuchten oder sp盲ter tats盲chlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).
Rz. 44
3. Das FG ist von anderen Rechtsgrunds盲tzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
Rz. 45
a) Den tats盲chlichen Feststellungen des FG l盲sst sich nicht entnehmen, welche der vom Kl盲ger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter blo脽er Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb pr眉fen m眉ssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der blo脽en Freizeitgestaltung gedient haben.
Rz. 46
Die Bescheinigung der zust盲ndigen Landesbeh枚rde vom 11. April 2005 kann --眉ber die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz daf眉r sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tats盲chlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer blo脽en Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu w眉rdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen f眉hrenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben k枚nnen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.
Rz. 47
aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kl盲ger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebrosch眉re angegebenen Lehrg盲nge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport f眉r Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schlie脽en lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Dar眉ber hinaus lassen z.B. auch Lehrg盲nge f眉r Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).
Rz. 48
bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kl盲ger zu Recht hinweist-- ber眉cksichtigen m眉ssen, dass Lehrg盲nge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- erm枚glichen, die vermittelten Kenntnisse und F盲higkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser M枚glichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchf眉hrungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchf眉hrungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. M盲rz 2011 zur Festlegung von Durchf眉hrungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).
Rz. 49
b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kl盲ger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob 枚ffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.
Rz. 50
c) Schlie脽lich wird das FG zu pr眉fen haben, ob der Kl盲ger seine der Bescheinigung des zust盲ndigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschr盲nkung enth盲lt-- zugrunde gelegte T盲tigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausge眉bt hat. Der Senat weist im 脺brigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach 搂 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des 搂 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der R眉ckwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leits盲tze 1 und 2).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 5138950 |
BFH/NV 2013, 1740 |
BFH/PR 2013, 420 |
BStBl II 2013, 879 |
BFHE 2014, 250 |
BFHE 242, 250 |
BB 2013, 2133 |
DB 2013, 21 |
DStR 2013, 1887 |
DStRE 2013, 1147 |
DStZ 2013, 684 |
HFR 2013, 1044 |
UR 2013, 712 |