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Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrauensschutz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen; Umfang der Sorgfaltspflichten eines Unternehmers
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Leitsatz (amtlich)
1. Auff盲llige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbest盲tigung auf der Rechnung und der Unterschrift auf dem vorgelegten Personalausweis k枚nnen Umst盲nde darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identit盲t des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen m眉ssen.
2. An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der (angeblichen) innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt.
3. Die innergemeinschaftliche Lieferung von hochwertigen PKW bei Abholung durch einen Beauftragten gegen Barzahlung birgt eine umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr. Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verf眉gung stehenden, zumutbaren Ma脽nahmen, die vern眉nftigerweise von ihm verlangt werden k枚nnen, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm get盲tigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung f眉hrt.
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Normenkette
UStG 搂听1 Abs. 1 Nr. 1, 搂听1b Abs.听2-3, 搂听4 Nr. 1 Buchst. b, 搂听6a Abs.听1 S. 1, Abs.听3, 4 S. 1, 搂听25a Abs.听1, 7 Nr.听1 Buchst. b, Nr.听3; UStDV 搂搂听17a, 17c Abs.听1-2; EWGRL 388/77 Art.听26a Teil B, Art.听26a Teil D Buchst. c, Art.听28c Teil A; EGRL 112/2006 Art.听131, 138-139
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von 鈥 鈧 an die in Italien ans盲ssige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollm盲chtigten bei der Kl盲gerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Kl盲gerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen lie脽. Die Empfangsbest盲tigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgef眉hrt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.
Rz. 2
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung behandelte der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erlie脽 am 12. Juli 2004 einen ge盲nderten Umsatzsteuerbescheid f眉r das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt 鈥 鈧 erh枚hte. Das FA hat f眉r den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von 鈥 鈧 und f眉r einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Gesch盲ftsvorfall einen Betrag von 鈥 鈧 angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit f眉r die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes f眉r Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Rz. 3
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Rz. 4
Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um 鈥 鈧 statt und wies die Klage im 脺brigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. F眉r die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des 搂 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. 搂 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erf眉llt, denn der Abnehmer --die T-- sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des 搂 6a Abs. 4 UStG 惫辞谤濒盲驳别苍.
Rz. 5
Die Kl盲gerin habe keine Zweifel am tats盲chlichen Abholer haben m眉ssen. Sie habe sich s盲mtliche Belege, die nach 搂 17a der Umsatzsteuer-Durchf眉hrungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gem盲脽 搂 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erf眉llt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den F盲llen der Bef枚rderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet zu bef枚rdern, zu f眉hren. Dies sei erf眉llt, denn die Kl盲gerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien bef枚rdert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollm盲chtigten B. Damit habe die Kl盲gerin ihre Sorgfaltspflichten aus 搂 6a Abs. 4 UStG erf眉llt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (m眉sse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbst盲ndigen Beauftragten) erm枚glichen", sei dies unverh盲ltnism盲脽ig. Zum einen k枚nne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre ver盲ndern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz f眉r die Unterschrift bestehe, h盲ufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbest盲tigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres 眉bereinstimme, k枚nne deshalb nicht zum Nachteil der Kl盲gerin ausgelegt werden. Weitere Umst盲nde, die einen Versto脽 gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des 搂 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen k枚nnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.
Rz. 6
Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG versto脽e gegen 搂 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. 搂 6a UStG. Bei Barverk盲ufen hochwertiger Gegenst盲nde seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umst盲nde, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar ver盲u脽ert werde und auff盲llige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserkl盲rung bestehen, m眉ssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identit盲t des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die W眉rdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufm盲nnischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umst盲nde einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtss盲tzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserkl盲rung auff盲llige Unterschiede aufwiesen, f眉r unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverh盲ltnism盲脽ig sei. Zum anderen w眉rdige das FG nicht alle Umst盲nde. Es w眉rdige insbesondere nicht, dass die Kl盲gerin ein hochwertiges Fahrzeug ver盲u脽ert habe, der Kaufpreis von 鈥 鈧 in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs 眉ber die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umst盲nde h盲tten die Kl盲gerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identit盲t des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen m眉ssen.
Rz. 7
Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Kl盲gerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tats盲chliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachpr眉fbar habe entnehmen lassen.
Rz. 8
Das FA beantragt,das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
Rz. 9
Die Kl盲gerin beantragt sinngem盲脽, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 10
Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollst盲ndig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von 搂 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erf眉llt, weil --wie sich sp盲ter herausstellte-- es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Kl盲gerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der gr枚脽ten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen k枚nnen. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tats盲chlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen k枚nne. Im Streitfall habe es jedoch keinen 盲hnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.
Rz. 11
Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgesch盲ften von Luxussportwagen nicht ungew枚hnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable L枚sung bei Fahrzeugverk盲ufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenst盲nden wie Autos wolle der Verk盲ufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollst盲ndiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade f眉r Exportgesch盲fte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungew枚hnlich" sei und das Misstrauen der Kl盲gerin habe wecken m眉ssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.
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Rz. 12
II. Die Revision des FA ist begr眉ndet. Sie f眉hrt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zur眉ckverweisung an das FG (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt 搂 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob f眉r das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen f眉r die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.
Rz. 13
1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.
Rz. 14
Innergemeinschaftliche Lieferungen k枚nnen unter den Voraussetzungen des 搂 6a UStG steuerfrei sein.
Rz. 15
a) Nach 搂 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erf眉llt sind:"鈥 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet bef枚rdert oder versendet,2. der Abnehmer ista) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung f眉r sein Unternehmen erworben hat,b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht f眉r ihr Unternehmen erworben hat, oderc) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerberund3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."
Rz. 16
Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gem盲脽 搂 6a Abs. 3 UStG i.V.m. 搂搂 17a ff. UStDV nachzuweisen.
Rz. 17
Der Unternehmer soll dabei gem盲脽 搂 17a Abs. 2 UStDV in den F盲llen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet bef枚rdert, den Nachweis f眉hren"鈥 1. durch das Doppel der Rechnung (搂搂 14, 14a des Gesetzes),2. durch einen handels眉blichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,3. durch eine Empfangsbest盲tigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie4. in den F盲llen der Bef枚rderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet zu bef枚rdern."
Rz. 18
Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung m眉ssen eindeutig und leicht nachpr眉fbar aus der Buchf眉hrung zu ersehen sein (搂 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).
Rz. 19
Nach 搂 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelm盲脽ig Folgendes aufzeichnen:"鈥 9. den Bestimmungsort im 眉brigen Gemeinschaftsgebiet."
Rz. 20
b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).
Rz. 21
Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gew盲hrleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verh眉tung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "鈥 die Lieferungen von Gegenst盲nden im Sinne des Artikels 5, die durch den Verk盲ufer oder durch den Erwerber oder f眉r ihre Rechnung nach Orten au脽erhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder bef枚rdert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Bef枚rderung der Gegenst盲nde handelt."
Rz. 22
c) Der Unternehmer kann grunds盲tzlich die Steuerfreiheit f眉r eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach 搂 6a Abs. 3 UStG i.V.m. 搂搂 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erf眉llt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollst盲ndig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer 脺berpr眉fung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausr盲umt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger M盲ngel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erf眉llt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).
Rz. 23
d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des 搂 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.
Rz. 24
2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des 搂 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.
Rz. 25
a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach 搂 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gem盲脽 搂 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).
Rz. 26
b) Auff盲llige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserkl盲rung k枚nnen Umst盲nde darstellen, die die Kl盲gerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identit盲t des angeblichen Vertragspartners und des Abholers h盲tten veranlassen m眉ssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auff盲lligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbest盲tigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie --auf den ersten Blick erkennbar-- ganz erheblich ab.
Rz. 27
c) Das FG ist von anderen Rechtsgrunds盲tzen ausgegangen. Es h盲lt die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbst盲ndigen Beauftragten) erm枚glichen" m眉sse, per se f眉r unverh盲ltnism盲脽ig und l盲sst den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbest盲tigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht 眉bereinstimmt, bei der W眉rdigung, ob die Kl盲gerin mit der erforderlichen kaufm盲nnischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein au脽er Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre ver盲ndern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz f眉r die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umst盲nde rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auff盲lligen Unterschiede in den Unterschriften in die Pr眉fung und W眉rdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.
Rz. 28
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu ber眉cksichtigen haben:
Rz. 29
a) Die Steuerbefreiung f眉r innergemeinschaftliche Lieferungen (搂 4 Nr. 1 Buchst. b, 搂 6a UStG) ist gem盲脽 搂 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen f眉r Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt f眉r eine ggf. durchzuf眉hrende Differenzbesteuerung k枚nnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in H枚he von 鈥 鈧 in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. 搂 25a UStG" im Kaufvertrag sein.
Rz. 30
Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung dar眉ber erm枚glichen, ob die Kl盲gerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgef眉hrt hat. Gem盲脽 搂 25a Abs. 1 UStG gilt f眉r Lieferungen i.S. des 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen k枚rperlichen Gegenst盲nden eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erf眉llt sind:
"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverk盲ufer. Als Wiederverk盲ufer gilt, wer gewerbsm盲脽ig mit beweglichen k枚rperlichen Gegenst盲nden handelt oder solche Gegenst盲nde im eigenen Namen 枚ffentlich versteigert.
2. Die Gegenst盲nde wurden an den Wiederverk盲ufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. F眉r diese Lieferung wurde
a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach 搂 19 Abs. 1 nicht erhoben oder
b) die Differenzbesteuerung vorgenommen. 鈥"
Rz. 31
Eine Differenzbesteuerung k盲me allerdings gem盲脽 搂 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des 搂 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Daf眉r k枚nnte --sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist-- der niedrige Kilometerstand sprechen. Widerspr眉chlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Z盲hler indes 4 500 km betr盲gt.
Rz. 32
Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
Rz. 33
b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu pr眉fenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach 搂搂 17a ff. UStDV vollst盲ndig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Ma脽geblich ist hierf眉r die formelle Vollst盲ndigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da 搂 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben sch眉tzt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).
Rz. 34
Die Ausf眉hrungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. 搂 17a Abs. 2 Nr. 2, 搂 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des 搂 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Rei脽/Kraeusel/Langer, UStG 搂 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserkl盲rung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgef眉hrt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Rei脽/Kraeusel/Langer, UStG 搂 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gem盲脽 搂 17a Abs. 2 Nr. 2, 搂 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Ber眉cksichtigung aller Umst盲nde im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder bef枚rdert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Kl盲gerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenw眉rdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).
Rz. 35
c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier 鈥 鈧) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die W眉rdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufm盲nnischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umst盲nde einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch --au脽er auf dem Papier-- gar nicht in Erscheinung trat.
Rz. 36
aa) Ohne Erfolg wendet die Kl盲gerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgesch盲ften von Luxussportwagen die Regel.
Rz. 37
Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aush盲ndigung des Fahrzeugs 眉blich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012听 3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei 脺bergabe oder vollst盲ndiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ans盲ssigen Abnehmer der Verk盲ufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen w眉rde, jedoch diese Abwicklungsmodalit盲t eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bek盲mpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union --EuGH-- vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 --Gemeente Leusden und Holin Groep--, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahag茅ben und D谩vid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 --Mecsek-Gabona--, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verk盲ufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in S枚lch/Ringleb, Umsatzsteuer, 搂 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verf眉gung stehenden, zumutbaren Ma脽nahmen, die vern眉nftigerweise von ihm verlangt werden k枚nnen, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm get盲tigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung f眉hrt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in S枚lch/Ringleb, a.a.O., 搂 6a Rz 103).
Rz. 38
bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in S枚lch/Ringleb, a.a.O., 搂 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Ma脽nahmen richtet sich nach den Umst盲nden des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen F盲llen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.
Rz. 39
Konkrete Anhaltspunkte f眉r Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers k枚nnen in diesen F盲llen beispielsweise folgende Umst盲nde begr眉nden:
- Es besteht keine l盲ngere Gesch盲ftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der f眉r den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG K枚ln vom 27. Januar 2005听 10 K 1367/04, EFG 2005, 822);
- die Gesch盲ftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt --au脽er auf dem Papier-- nicht in Erscheinung;
- die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widerspr眉chliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ans盲ssige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.
Rz. 40
Dagegen stellen im Regelfall keine Gr眉nde f眉r Zweifel an der Richtigkeit geringf眉gige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein blo脽es Verschreiben auf der Verbringenserkl盲rung.
Rz. 41
4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugef眉gt hat, den Umsatzsteuerbescheid f眉r 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu best盲tigen, dass die festgesetzte Steuer 鈥 鈧 betr盲gt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernm盲脽ig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Kl盲gerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung 眉ber die Rechtm盲脽igkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 3677185 |
BFH/NV 2013, 863 |
BFH/PR 2013, 243 |
BStBl II 2013, 407 |
BFHE 2013, 516 |
BFHE 239, 516 |
BB 2013, 917 |
DB 2013, 1213 |
DB 2013, 6 |
DStR 2013, 753 |
DStRE 2013, 567 |
HFR 2013, 518 |
UR 2013, 456 |