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Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktive unbeschr盲nkte Einkommensteuerpflicht: Einbeziehung von der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleink眉nften bei der Berechnung der Einkunftsgrenzen nach 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009
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Leitsatz (amtlich)
In die Pr眉fung der Einkunftsgrenzen nach 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 sind auch die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleink眉nfte einzubeziehen.
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Normenkette
EStG 2009 搂听1 Abs. 3, 搂听1a Abs. 1 Nr. 2, 搂听2 Abs. 5b, 搂听32b Abs. 1, 搂听46 Abs. 2 Nr. 8, 搂听50 Abs. 2 S. 2 Nrn.听2, 4
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Verfahrensgang
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Tenor
Die Revisionen des Kl盲gers sowie des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts K枚ln vom 22. Januar 2014 4 K 2001/13 werden als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten je zur H盲lfte zu tragen.
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Tatbestand
Rz. 1
A. Der verheirate Kl盲ger, Revisionskl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) wohnte im Streitjahr (2009) mit seiner Ehefrau (EF) in Belgien. Beide waren im Inland als Arbeitnehmer besch盲ftigt. Das f眉r die inl盲ndischen Arbeitgeber zust盲ndige Betriebsst盲ttenfinanzamt erteilte den Eheleuten gem盲脽 搂 39c Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2002 jeweils eine Bescheinigung, derzufolge sie nach 搂 1 Abs. 3 EStG 2002 unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig sind und die Lohnsteuer f眉r den Kl盲ger nach Steuerklasse III sowie f眉r seine EF nach Steuerklasse V einzubehalten ist.
Rz. 2
Mit Bescheid vom 22. August 2011 wurde der Kl盲ger als beschr盲nkt Steuerpflichtiger zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei setzte der Beklagte, Revisionskl盲ger und Revisionsbeklagte (das Betriebsst盲tten-/Finanzamt 鈥揊A鈥) Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit in H枚he von 140.604 EUR sowie Eink眉nfte aus der Vermietung eines im Inland belegenen Hauses in H枚he von 鈥 7.294 EUR an. Bereits zuvor hatte das FA gegen眉ber EF mit Bescheid vom 28. Februar 2011 鈥揺benfalls unter der Annahme einer beschr盲nkten Einkommensteuerpflicht鈥 die Einkommensteuer f眉r die von ihr im Inland erzielten Lohneink眉nfte (15.472 EUR) auf 899 EUR festgesetzt.
Rz. 3
Der Einspruch des Kl盲gers gegen den Bescheid vom 22. August 2011 war zun盲chst nur auf die Ber眉cksichtigung der ungek眉rzten Vorsorgepauschale gerichtet. W盲hrend des Einspruchsverfahrens erkl盲rte der Kl盲ger, im Streitjahr inl盲ndische Gewinnaussch眉ttungen in H枚he von 142.000 EUR sowie Zinsen in H枚he von 1.087,97 EUR erhalten zu haben. Zum Nachweis reichte er dem FA Kopien der Seiten 3 bis 5 des belgischen Einkommensteuerbescheids (Steuerschuld: 18.163,06 EUR) sowie den Bescheid des Bundeszentralamts f眉r Steuern 眉ber die Erstattung von 10 % der (inl盲ndischen) Dividenden (10 % aus 142.000 EUR = 14.200 EUR) gem盲脽 搂 50d Abs. 1 EStG 2009 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem K枚nigreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen einschlie脽lich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 11. April 1967 鈥DBA-Belgien鈥 (BGBl II 1969, 18, BStBl I 1969, 39) ein. Das FA hat daraufhin mit ge盲ndertem Bescheid vom 19. Oktober 2011 zum einen die Vorsorgepauschale in der beantragten H枚he gem盲脽 搂 10c Abs. 2 EStG 2009 gew盲hrt, zum anderen jedoch 鈥揺ntgegen der Ansicht des Kl盲gers鈥 die steuerpflichtigen Inlandseink眉nfte (Arbeitslohn abz眉glich Verlust aus Vermietung und Verpachtung) mit R眉cksicht auf die nach dem DBA-Belgien im Wohnsitzstaat steuerpflichtigen Kapitaleink眉nfte dem Progressionsvorbehalt gem盲脽 搂 32b EStG 2009 unterworfen. Zugleich hat es den bis dahin bestehenden Nachpr眉fungsvorbehalt nach 搂 164 Abs. 3 der Abgabenordnung aufgehoben und auf die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens hingewiesen.
Rz. 4
Vor dessen Abschluss hat der Kl盲ger unter Vorlage einer auch von EF unterzeichneten Einverst盲ndniserkl盲rung die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer beantragt und hierbei die Ansicht vertreten, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleink眉nfte nach 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 nicht bei der Pr眉fung der Wesentlichkeitsgrenzen des 搂 1 Abs. 3 i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 zu ber眉cksichtigen seien.
Rz. 5
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA mit Bescheid vom 4. Juni 2013 lediglich 60 % der Kapitaleink眉nfte des Kl盲gers im Rahmen des Progressionsvorbehalts ber眉cksichtigte. Eine Zusammenveranlagung der Eheleute lehnte es ab, weil nach 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 von den Welteink眉nften des Kl盲gers auszugehen sei und hierzu auch die in Belgien steuerpflichtigen Kapitalertr盲ge geh枚rten, da sie dort nicht der Abgeltungsteuer unterl盲gen.
Rz. 6
Mit der Klage hat der Kl盲ger die Verpflichtung des FA begehrt, ihn mit EF zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen, hilfsweise, bei der Veranlagung als beschr盲nkt Steuerpflichtiger die von ihm erzielten Kapitaleink眉nfte nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu ber眉cksichtigen. Das Finanzgericht (FG) hat nur Letzterem entsprochen und ist hierbei davon ausgegangen, dass der Kl盲ger keinen Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer nach 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b i.V.m. 搂 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG 2009 gestellt hat (FG K枚ln, Urteil vom 22. Januar 2014 4 K 2001/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 鈥揈FG鈥 2014, 766).
Rz. 7
Gegen das Urteil des FG haben sowohl der Kl盲ger als auch das FA Revision eingelegt. W盲hrend der Kl盲ger an seiner bisherigen Rechtsauffassung festh盲lt, vertritt das FA nunmehr die Ansicht, dass angesichts des fehlenden Veranlagungsantrags der Einkommensteuerbescheid vom 4. Juni 2013 aufzuheben, ein Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid nach 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. 搂 39a Abs. 5 EStG 2009 zu erlassen und die Veranlagung des beschr盲nkt einkommensteuerpflichtigen Kl盲gers auf die Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu beschr盲nken sei.
Rz. 8
Der Kl盲ger beantragt, das vorinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Einkommensteuerbescheide aufzuheben, das FA zu verpflichten, f眉r das Streitjahr eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer durchzuf眉hren und die Revision des FA zur眉ckzuweisen.
Rz. 9
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil mit den Feststellungen zur Durchf眉hrung der Lohnsteuernachforderungen aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision des Kl盲gers zur眉ckzuweisen.
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Rz. 10
B. Die Revisionen sind nicht begr眉ndet und daher zur眉ckzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kl盲ger nicht mit EF zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen und im Rahmen der Veranlagung zur beschr盲nkten Einkommensteuerpflicht ein Progressionsvorbehalt nicht zu ber眉cksichtigen ist.
Rz. 11
I. Revision des Kl盲gers
Rz. 12
1. 脺ber den Antrag, den Kl盲ger und EF zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen, ist ohne Beteiligung der EF am finanzgerichtlichen Verfahren zu entscheiden. Der Senat verweist insoweit auf die Ausf眉hrungen in seinem Urteil vom 1. Oktober 2014 I R 18/13 (BFHE 247, 388, BStBl II 2015, 474). Dem 鈥搃m Verlauf des Einspruchs gegen den an den Kl盲ger gerichteten Einkommensteuerbescheid gestellten鈥 Antrag steht auch nicht entgegen, dass 鈥搘ozu die Vorinstanz allerdings keine Feststellungen getroffen hat鈥 der gegen眉ber EF ergangene Einkommensteuerbescheid in Bestandskraft erwachsen ist; vielmehr kann die Wahl der Veranlagungsart nach der f眉r das Streitjahr zu beachtenden Rechtsprechung auch in einem solchen Fall ge盲ndert werden (BFH-Urteil vom 3. M盲rz 2005 III R 22/02, BFHE 209, 454, BStBl II 2005, 690; Schmidt/Seeger, EStG, 34. Aufl., 搂 26 Rz 24).
Rz. 13
2. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Zusammenveranlagung an die unbeschr盲nkte Steuerpflicht gebunden ist und der Kl盲ger sowie EF im Streitjahr weder Wohnsitz oder gew枚hnlichen Aufenthalt im Inland hatten (搂 26 Abs. 1 i.V.m. 搂 1 Abs. 1 EStG 2009) noch die Voraussetzungen der fingierten unbeschr盲nkten Einkommensteuerpflicht gem盲脽 搂 1 Abs. 3 i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 别谤蹿眉濒濒迟别苍.
Rz. 14
a) Nach 搂 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 2009 werden auf Antrag auch nat眉rliche Personen als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gew枚hnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inl盲ndische Eink眉nfte i.S. des 搂 49 EStG 2009 erzielen. Voraussetzung hierf眉r ist gem盲脽 Satz 2 der Vorschrift, dass entweder die Eink眉nfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen (relative Wesentlichkeitsgrenze) oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte den Grundfreibetrag nach 搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2009 nicht 眉bersteigen (absolute Wesentlichkeitsgrenze). Bei der Pr眉fung beider Wesentlichkeitsgrenzen gelten Eink眉nfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der H枚he nach beschr盲nkt besteuert werden d眉rfen, als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend (Satz 4). Weitere Voraussetzung f眉r die fiktive unbeschr盲nkte Einkommensteuerpflicht ist nach 搂 1 Abs. 3 Satz 5 EStG 2009, dass die H枚he der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte durch eine Bescheinigung der zust盲ndigen ausl盲ndischen Steuerbeh枚rde nachgewiesen wird.
Rz. 15
Die vorgenannten Regelungen werden in 搂 1a EStG 2009 in der Weise erg盲nzt, dass f眉r Staatsangeh枚rige eines Mitgliedstaates der Europ盲ischen Union (EU), die nach 搂 1 Abs. 1 EStG 2009 unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig oder die nach 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, bei der Pr眉fung der Voraussetzungen f眉r eine Zusammenveranlagung (搂 26 Abs. 1 Satz 1 EStG 2009) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, dessen Wohnsitz oder gew枚hnlicher Aufenthalt sich zwar nicht im Inland, aber in einem anderen Mitgliedstaat der EU befindet, auf Antrag als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009) und bei Anwendung des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 (relative und absolute Wesentlichkeitsgrenze) auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen sowie der Grundfreibetrag nach 搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (EStG 2009) zu verdoppeln ist. Letzteres ist, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 6. Mai 2015 I R 16/14 (BFH/NV 2015, 1628) entschieden hat, dahin zu verstehen, dass die Wesentlichkeitsgrenzen im Rahmen von 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 nur einer einstufigen Pr眉fung unterliegen und deshalb nach Ma脽gabe des zweifachen Grundfreibetrags nur auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen ist.
Rz. 16
b) Der Kl盲ger und EF haben die vorgenannten Wesentlichkeitsgrenzen nicht gewahrt. Dies ist zwischen den Beteiligten dann unstreitig, wenn in die Pr眉fung dieser Grenzen die vom Kl盲ger im Streitjahr erzielten Kapitalertr盲ge 鈥搃nsbesondere also seine inl盲ndischen Dividendenertr盲ge in H枚he von 142.000 EUR鈥 einbezogen werden. Da die Dividenden in Belgien als Ans盲ssigkeitsstaat des Kl盲gers besteuert werden k枚nnen (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 DBA-Belgien) und in Deutschland als Ans盲ssigkeitsstaat der zahlenden Kapitalgesellschaften nur einem auf 15 % ihres Bruttobetrags beschr盲nkten Quellenbesteuerungsrecht unterworfen sind (搂 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG 2009 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 DBA-Belgien; im Streitfall aufgrund der Teilerstattung nach 搂 50d Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG 2009), gelten die Dividenden im Rahmen der Pr眉fung der Einkunftsgrenzen (Wesentlichkeitsgrenzen) nach 搂 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 2009 als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend (Senatsurteile vom 13. November 2002 I R 67/01, BFHE 201, 54, BStBl II 2003, 587 zu DBA-Belgien; s. auch Senatsurteil vom 20. August 2003 I R 72/02, BFH/NV 2004, 321). Folge hiervon ist nicht nur, dass die von dem Kl盲ger und EF insgesamt bezogenen (Welt-)Eink眉nfte nicht im Sinne der relativen Wesentlichkeitsgrenze zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen; zudem 眉berschreiten die der belgischen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte im Sinne der absoluten Wesentlichkeitsgrenze den doppelten Grundfreibetrag (搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2009: 2 脳 7.834 EUR).
Rz. 17
c) Soweit der Kl盲ger hiergegen geltend macht, die Wesentlichkeitsgrenzen w眉rden deshalb gewahrt, weil aufgrund der Regelung des 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 die Kapitaleink眉nfte nicht zu den Eink眉nften i.S. von 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 geh枚rten, kann sich der Senat dieser Beurteilung nicht anschlie脽en. Zwar ordnet die im Zusammenhang mit der Einf眉hrung der sog. Abgeltungsteuer f眉r Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen in das Einkommensteuergesetz aufgenommene Vorschrift des 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 an, dass Kapitalertr盲ge nach 搂 32d Abs. 1 EStG 2009 (Steuersatz von 25 %) und 搂 43 Abs. 5 EStG 2009 (abgeltender Einbehalt der Kapitalertragsteuer) nicht in die in den vorstehenden Abs盲tzen (n盲mlich 搂 2 Abs. 1 bis 5 EStG 2009) definierten Begriffe (Eink眉nfte, Summe der Eink眉nfte, Gesamtbetrag der Eink眉nfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) einzubeziehen sind, soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an diese Begriffe ankn眉pfen. Entgegen der Ansicht des Kl盲gers wirkt diese Vorschrift jedoch nicht auf die Pr眉fung der Einkunftsgrenzen des 搂 1 Abs. 3 i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 ein; sie ist demgem盲脽 鈥搘ie vom FG im Ergebnis zu Recht entschieden鈥 auch im Streitfall nicht geeignet, eine fiktive unbeschr盲nkte (deutsche) Einkommensteuerpflicht des Kl盲gers und EF zu begr眉nden (Gosch in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., 搂 1 Rz 20 Fn 4; ebenso 鈥搃mplizit鈥 Michel in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, 搂 1 Rz 132; Frotscher in Frotscher, EStG, 搂 1 Rz 32; Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 1 EStG Rz 278 unter 鈥濨eispiel鈥; Schmidt/Heinicke, a.a.O., 搂 1 Rz 55; a.A. Schmidt/ Weber-Grellet, a.a.O., 搂 2 Rz 65).
Rz. 18
aa) Letzteres ergibt sich bereits daraus, dass nach dem unmissverst盲ndlichen Wortlaut des 搂 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 2009 die Fiktion der unbeschr盲nkten Einkommensteuerpflicht sich auf die 鈥瀒nl盲ndischen Eink眉nfte鈥 i.S. von 搂 49 EStG 2009 erstreckt und hierzu die in 搂 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2009 genannten Kapitalertr盲ge, insbesondere also die in Buchst. a dieser Bestimmung (i.V.m. 搂 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009) angesprochenen Gewinnaussch眉ttungen der inl盲ndischen Kapitalgesellschaften, geh枚ren.
Rz. 19
搂 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 2009 kn眉pft insoweit also (盲hnlich wie in anderen Zusammenh盲ngen beispielsweise 搂 34c Abs. 1 oder 搂 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009) nicht an den in 搂 2 Abs. 1 bis 5 EStG 2009 vorgegebenen allgemeinen, sondern an einen davon abzuhebenden, durch spezifische Merkmale qualifizierten Begriff der Eink眉nfte an. Davon aber spart 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 die der Abgeltung unterfallenden Kapitalertr盲ge erkl盲rterma脽en nicht aus. Und auch unter systematischen Gesichtspunkten besteht hiernach kein Anlass, die betreffenden Kapitaleink眉nfte aus der Pr眉fung der Wesentlichkeitsgrenze des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 auszunehmen.
Rz. 20
bb) Zudem entspricht nur diese Beurteilung dem Zweck des 搂 1 Abs. 3 (hier: i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2) EStG 2009.
Rz. 21
aaa) Die Eink眉nfteermittlung nach 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 erfolgt in zwei Stufen. Zun盲chst ist in einem ersten Schritt die Summe der Welteink眉nfte, d.h. die Summe s盲mtlicher Eink眉nfte unabh盲ngig davon zu ermitteln, ob sie im In- oder Ausland erzielt wurden; die Pr眉fung beruht auf der Annahme einer unbeschr盲nkten Einkommensteuerpflicht. Die so bestimmten Eink眉nfte (Welteink眉nfte) sind sodann in einem zweiten Schritt in die Eink眉nfte, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen, und die Eink眉nfte, die diese Voraussetzungen nicht erf眉llen, aufzuteilen. Hintergrund dieser Regelungen ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union 鈥揈uGH鈥 (fr眉her Gerichtshof der Europ盲ischen Gemeinschaft), nach der es grunds盲tzlich Sache des Wohnsitzstaates ist, den Steuerpflichtigen nach Ma脽gabe seiner gesamten Leistungsf盲higkeit zu besteuern und eine unionsrechtliche Verpflichtung des Quellenstaates, dem Gebietsfremden (beschr盲nkt Steuerpflichtigen) die Steuerverg眉nstigungen einzur盲umen, die auch einem Gebietsans盲ssigen (unbeschr盲nkt Steuerpflichtigen) zustehen, nur dann besteht, wenn der Gebietsfremde seine Eink眉nfte im Wesentlichen in seinem Besch盲ftigungsstaat erzielt und deshalb der Wohnsitzstaat nicht in der Lage ist, die pers枚nlichen und familienbezogenen Umst盲nde des Steuerpflichtigen zu ber眉cksichtigen (grundlegend Urteil Schumacker vom 14. Februar 1995 C-279/93, EU:C:1995:31, Slg. 1995, I-225; zuletzt Senatsurteil in BFHE 247, 388, BStBl II 2015, 474, m.w.N.).
Rz. 22
bbb) Es liegt auf der Hand, dass es diesem Gesetzeszweck und dem seiner Verwirklichung zugrunde liegenden Gedanken der territorialen Einkunftszuordnung widerstreiten w眉rde, wollte man aus der hiernach gebotenen Ermittlung des Welteinkommens und dessen Aufteilung auf die der inl盲ndischen sowie der ausl盲ndischen Besteuerung unterliegenden Eink眉nfte die im Inland erzielten Kapitaleink眉nfte allein deshalb ausgrenzen, weil sie nach den Rechtsvorschriften des deutschen Einkommensteuerrechts mit einem Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zu ber眉cksichtigen ist insoweit nicht nur, dass die Abgeltungsteuer des deutschen Einkommensteuerrechts es unbeeinflusst bel盲sst, ob und in welcher Weise die Kapitalertr盲ge Eingang in die Veranlagung im Wohnsitzstaat (hier: Belgien) nehmen. Es w盲re gleicherma脽en mit dem dargelegten Gesetzeszweck unvereinbar, wollte man nur die inl盲ndischen und dem Kapitalertragsteuereinbehalt belasteten Kapitaleink眉nfte aus der Einkunftsberechnung des 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 ausnehmen, hingegen die von dem im EU-Ausland wohnenden Steuerpflichtigen dort oder in einem Drittstaat erzielten Kapitalertr盲ge im Rahmen der Entscheidung 眉ber die inl盲ndische unbeschr盲nkte Einkommensteuerpflicht ber眉cksichtigen. Entgegen der Ansicht des Kl盲gers kann auch der mit der Regelung des 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 intendierte Vereinfachungszweck (vgl. dazu BTDrucks 16/5377, S. 10 und S. 25) eine solche Differenzierung nicht rechtfertigen. Hinzu kommt, dass die fiktive unbeschr盲nkte Steuerpflicht nach 搂 1 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. Satz 3 EStG 2009 an den formalisierten Nachweis der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte gebunden und demgem盲脽 auch f眉r den Streitfall nicht ersichtlich ist, in welcher Weise die Nichtber眉cksichtigung der 鈥揹urch die Vorlage der ausl盲ndischen Bescheinigung zu belegenden鈥 Kapitaleink眉nfte im Streitfall dem Vereinfachungszweck des 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 dienen sollte.
Rz. 23
II. Revision des FA
Rz. 24
1. Der Senat legt die Revision des FA 鈥搑echtsschutzgew盲hrend鈥 dahin aus, dass die Beh枚rde lediglich die Abweisung der Klage (i.V.m. einer Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils), nicht hingegen einen gerichtlichen Anspruch dar眉ber beantragt, dass gegen眉ber dem Kl盲ger ein Verfahren zur Lohnsteuernacherhebung durchzuf眉hren ist. Da letzteres Begehren mit einer 脛nderung des Streitgegenstands (bisher: Rechtm盲脽igkeit der Einkommensteuerfestsetzung gegen眉ber dem Kl盲ger) verbunden w盲re und eine Klage盲nderung, die insbesondere in einem Wechsel des Streitgegenstands zu sehen ist (BFH-Urteil vom 4. Mai 2006 VI R 17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830; Gr盲ber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., 搂 123 Rz 2; hier: Rechtm盲脽igkeit einer Lohnsteuernachforderung nach Aufhebung eines zuvor erlassenen Veranlagungsbescheids), im Revisionsverfahren nach 搂 123 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgeschlossen ist, w盲re ein hierauf gerichteter Antrag zu verwerfen. Der Senat geht deshalb davon aus, dass das FA eine 脺berpr眉fung des vorinstanzlichen Urteils nur in dem durch das Revisionsrecht er枚ffneten Rahmen erstrebt.
Rz. 25
2. Die Revision bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Hierzu bedarf es keiner Entscheidung, ob 鈥搘ie im Schrifttum ganz 眉berwiegend vertreten鈥 die von 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 erfassten Kapitalertr盲ge grunds盲tzlich nicht in den Progressionsvorbehalt gem盲脽 搂 32b EStG 2009 (hier: Abs. 1 Satz 1 Nr. 5) eingehen (so z.B. Schmidt/Heinicke, a.a.O., 搂 32b Rz 43; Kuhn/ K眉hner in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 32b EStG Rz 30, 119, 149). Ebenso bedarf es im Rahmen der Revision des FA keiner Stellungnahme dazu, ob 鈥搘ie vom FG angenommen鈥 die Regelung des 搂 2 Abs. 5b EStG 2009 deshalb im Streitfall nicht zum Tragen kommen kann, weil dem Kl盲ger die einbehaltene Kapitalertragsteuer nach 搂 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 2009 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 DBA-Belgien teilweise erstattet worden ist. Beides kann vorliegend deshalb offenbleiben, da eine Steuersatzerh枚hung nach 搂 32b Abs. 1 Satz 1, erster und zweiter Satzteil EStG 2009 (in der f眉r das Streitjahr anzuwendenden Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) tatbestandlich erfordert, dass der Steuerpflichtige entweder unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig ist oder unter Anwendung des 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG 2009 鈥揹.h. aufgrund eines Eintrags nach 搂 39d Abs. 2 EStG 2009 (Buchst. a) oder aufgrund eines vom Steuerpflichtigen gestellten Antrags (Buchst. b)鈥 als beschr盲nkt Steuerpflichtiger zur Einkommensteuer veranlagt wird. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend jedoch gegeben. Zum einen ist der Kl盲ger 鈥搘ie zu B.I.2. der Gr眉nde dieses Urteils erl盲utert鈥 nicht unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig und damit auch nicht von Amts wegen nach 搂 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a EStG 2009 zur Einkommensteuer zu veranlagen. Zum anderen fehlt es nicht nur an dem Eintrag eines Lohnsteuerabzugsmerkmals gem盲脽 搂 39d Abs. 2 EStG 2009, sondern 鈥搘ie vom FG f眉r den Senat nach 搂 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt (vgl. dazu Gr盲ber/ Ratschow, a.a.O., 搂 118 Rz 48 i.V.m. 24)鈥 auch an einem Veranlagungsantrag gem盲脽 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b EStG 2009. Eine Steuersatzerh枚hung nach 搂 32b EStG 2009 muss deshalb ungeachtet dessen ausscheiden, ob in den F盲llen, in denen der Abzug vom Arbeitslohn keine die Einkommensteuer abgeltende Wirkung hat, weil nachtr盲glich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der unbeschr盲nkten Einkommensteuerpflicht nicht vorliegen, neben das Recht zur Nachforderung von Lohnsteuer gem盲脽 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. 搂 39 Abs. 5a EStG 2009 auch 鈥揳lternativ und ohne Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestands und eines Antrags nach 搂 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b EStG 2009鈥 die Einkommensteuer durch einen Veranlagungsbescheid festgesetzt werden kann (so z.B. Gosch in Kirchhof, a.a.O., 搂 50 Rz 20, m.w.N.; a.A. Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 50 EStG Rz 260). Da ein solcher 鈥搃m Streitfall ergangener鈥 Bescheid jedenfalls nicht nichtig ist (s. dazu Gr盲ber/Ratschow, a.a.O., 搂 96 Rz 49, m.w.N.), ist das Gericht nicht befugt, 眉ber den Klageantrag (hier: Hilfsantrag des Kl盲gers auf Steuerfestsetzung ohne Ansatz des Progressionsvorbehalts) hinauszugehen und den Bescheid aufzuheben. Auch die Revision des FA ist demnach zur眉ckzuweisen.
Rz. 26
III. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 2 i.V.m. 搂 136 Abs. 1 Satz 1 FGO analog (s. dazu Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 135 FGO Rz 16).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 8805773 |
BFH/NV 2016, 288 |
BFH/PR 2016, 57 |
BStBl II 2016, 201 |
BFHE 2016, 182 |
BB 2016, 150 |
BB 2017, 543 |
DB 2016, 27 |
DB 2016, 7 |
DStR 2016, 6 |
DStRE 2016, 65 |
HFR 2016, 604 |