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Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattensplitting bei fiktiver unbeschr盲nkter Einkommensteuerpflicht: einstufige und gemeinsame Pr眉fung der Einkunftsgrenzen
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Leitsatz (amtlich)
Bei der Frage, ob Ehegatten die Einkunftsgrenzen (relative oder absolute Wesentlichkeitsgrenze) f眉r das Wahlrecht zur Zusammenveranlagung in F盲llen der fiktiven unbeschr盲nkten Einkommensteuerpflicht (搂 1 Abs. 3 EStG 2009) wahren, ist im Rahmen einer einstufigen Pr眉fung nach 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag zu verdoppeln (gegen R 1 EStR 2012).
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Normenkette
EStG 2009 搂听1 Abs. 3, 搂听1a Abs. 1 Nr. 2, 搂听49 Abs. 1 Nrn.听7, 10; DBA AUT 2000 Art. 18 Abs.听1-2
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Verfahrensgang
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Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Januar 2014 1 K 385/11 wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) lebte im Streitjahr (2009) zusammen mit seiner Ehefrau (F) in 脰sterreich. Beide sind 枚sterreichische Staatsb眉rger.
Rz. 2
F hat im Streitjahr keine Eink眉nfte erzielt. F眉r den Kl盲ger ergaben sich hingegen nach den Vorschriften des (deutschen) Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) ermittelte Welteink眉nfte in H枚he von 18.791,83 EUR. Hierzu geh枚rte die von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) bezogene Leibrente, deren im Inland steuerpflichtiger Ertragsanteil (56 %; Rentenbeginn im Jahr 2008) sich nach Abzug des anteiligen Werbungskostenpauschbetrags (49 EUR) auf 8.977 EUR belief (搂 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, 搂 49 Abs. 1 Nr. 7, 搂 9a Satz 1 Nr. 3 EStG 2009 i.V.m. Art. 18 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik 脰sterreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen vom 24. August 2000, BGBl II 2002, 734, BStBl I 2002, 584 鈥揇BA-脰sterreich 2000鈥). Zu den weiteren, nur in 脰sterreich steuerpflichtigen Eink眉nften (insgesamt: 9.814,83 EUR; vgl. auch Art. 18 Abs. 1 DBA-脰sterreich 2000), geh枚rten neben Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) aus der fr眉heren Arbeitnehmert盲tigkeit des Kl盲gers bei einem (inl盲ndischen) Arbeitgeber (rd. 10.000 EUR; Ertragsanteile: 3.260,41 EUR) Leistungen der 枚sterreichischen Pensionsversicherungsanstalt (brutto: 11.798,97 EUR; Ertragsanteil (56 %) nach Abzug des anteiligen Werbungskostenpauschbetrags (53 EUR): 6.554,42 EUR).
Rz. 3
Die Eheleute beantragten bez眉glich der im Inland steuerpflichtigen Renteneink眉nfte f眉r das Streitjahr die Zusammenveranlagung. Dem Antrag war eine Bescheinigung EU/EWR des zust盲ndigen 枚sterreichischen Finanzamts beigef眉gt, nach der im Rahmen der Veranlagung in 脰sterreich Eink眉nfte in H枚he von 15.347,21 EUR angesetzt worden sind (davon: 9.603,95 EUR f眉r die 枚sterreichische Pensionsleistung sowie 5.743,26 EUR f眉r die Betriebsrente des inl盲ndischen Arbeitgebers).
Rz. 4
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥揊A鈥) hat den Antrag abgelehnt und den Kl盲ger mit seinen Eink眉nften aus der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) als beschr盲nkt einkommensteuerpflichtig veranlagt. Eine Zusammenveranlagung komme nicht in Betracht, weil der Kl盲ger die Voraussetzungen des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 nicht erf眉lle; die der inl盲ndischen Besteuerung unterliegenden Eink眉nfte beliefen sich auf weniger als 90 % seiner Welteink眉nfte, zudem w眉rden seine in 脰sterreich steuerpflichtigen Eink眉nfte den ihm zustehenden Grundfreibetrag gem盲脽 搂 32a Abs. 1 EStG 2009 (7.834 EUR) 眉berschreiten. Eine Zusammenveranlagung gem盲脽 搂 1 Abs. 3 i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 scheide deshalb ungeachtet dessen aus, dass im Falle der Verdoppelung des Grundfreibetrags (搂 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 2009) diese Grenze (15.668 EUR) 鈥揵ezogen auf die Eink眉nfte beider Eheleute鈥 nicht 眉berschritten werde. Der Einspruch der Eheleute blieb ohne Erfolg; die Einspruchsentscheidung ist nur an den Kl盲ger gerichtet.
Rz. 5
Der hiergegen gerichteten Klage des Kl盲gers hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben und das FA verpflichtet, die Eheleute zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Januar 2014 1 K 385/11, Entscheidungen der Finanzgerichte 鈥揈FG鈥 2014, 1106).
Rz. 6
Mit der Revision beantragt das FA, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 7
Der Kl盲ger beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Rz. 8
II. Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kl盲ger mit seiner Ehefrau im Streitjahr nach 搂 1 Abs. 3 i.V.m. 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen ist.
Rz. 9
1. Die Klage des Kl盲gers ist zul盲ssig. 脺ber den Antrag zur Zusammenveranlagung ist 鈥搘ie vom FG zutreffend angenommen鈥 sachlich ohne Beiladung von F zu entscheiden. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausf眉hrungen seines Urteils vom 1. Oktober 2014 I R 18/13 (BFHE 247, 388, BStBl II 2015, 474).
Rz. 10
2. Nach 搂 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 2009 werden auf Antrag auch nat眉rliche Personen als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gew枚hnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inl盲ndische Eink眉nfte i.S. des 搂 49 EStG 2009 erzielen. Voraussetzung hierf眉r ist gem盲脽 Satz 2 der Vorschrift, dass entweder die Eink眉nfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen (sog. relative Wesentlichkeitsgrenze) oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte den Grundfreibetrag nach 搂 32a Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2009 nicht 眉bersteigen (sog. absolute Wesentlichkeitsgrenze). Die vorgenannten Regelungen werden in 搂 1a EStG 2009 in der Weise erg盲nzt, dass f眉r Staatsangeh枚rige eines Mitgliedstaates der Europ盲ischen Union (EU), die nach 搂 1 Abs. 1 unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig oder die nach 搂 1 Abs. 3 als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, bei der Pr眉fung der Voraussetzungen f眉r eine Zusammenveranlagung (搂 26 Abs. 1 Satz 1 EStG 2009) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohnsitz oder gew枚hnlichen Aufenthalt im Inland auf Antrag als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009) und bei Anwendung des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 (relative und absolute Wesentlichkeitsgrenze) auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag nach 搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2009 zu verdoppeln ist.
Rz. 11
a) Die Vorinstanz ist im Einvernehmen mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass der Kl盲ger und seine Ehefrau, die beide im Streitjahr weder ihren Wohnsitz noch gew枚hnlichen Aufenthalt (搂搂 8, 9 der Abgabenordnung) im Inland hatten und Staatsangeh枚rige eines Mitgliedstaats der EU (脰sterreich) sind, dann die Voraussetzungen f眉r die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer erf眉llen, wenn in die Pr眉fung der absoluten Wesentlichkeitsgrenze (Einkunftsgrenze) nur die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Eink眉nfte beider Ehegatten einbezogen (搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009) und diese mit dem doppelten Grundfreibetrag (搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2009; 2 脳 7.834 EUR = 15.668 EUR) verglichen werden. Der Senat hat nach dem festgestellten Sachverhalt keine Veranlassung, dieses (rechnerische) Ergebnis in Frage zu stellen. Die Voraussetzungen f眉r die Zusammenveranlagung sind, folgt man dem FG, indessen nicht erf眉llt, wenn die Wesentlichkeitsgrenzen nach 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 鈥搗or der Verdoppelung des Grundfreibetrags und unter Einbeziehung der Eink眉nfte beider Ehegatten鈥 f眉r die Eheleute zus盲tzlich jeweils isoliert und unter Ansatz des einfachen Grundfreibetrags gepr眉ft werden m眉ssen. Im Einzelnen kann Letzteres dahinstehen, weil es einer eigenst盲ndigen Vorabpr眉fung der Einkunftsgrenzen der Ehegatten nicht bedarf.
Rz. 12
b) Allerdings besteht dazu kein einheitliches Meinungsbild. Die Finanzverwaltung (so erstmals ausdr眉cklich R 1 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien 鈥EStR 2012鈥) und Teile des Schrifttums (z.B. Bl眉mich/Vogt, 搂 1a EStG Rz 45) halten eine solche Vorabpr眉fung f眉r erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Urteil vom 1. Oktober 2014 I R 18/13, BFHE 247, 388, BStBl II 2015, 474) ist hingegen im Zusammenhang mit 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 nach dessen Satz 3 auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen und der Betrag von (damals Streitjahre 2005 und 2006) 6.136 EUR (heute: 7.834 EUR) zu verdoppeln (ebenso bereits zuvor Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 78/07, BFHE 222, 517, BStBl II 2009, 708; vom 8. September 2010 I R 28/10, BFHE 231, 105, BStBl II 2011, 269). Eine eigenst盲ndige Vorabpr眉fung der Einkunftsgrenzen des Kl盲gers scheidet damit aus (gl.A. Gosch in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., 搂 1a Rz 9; Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., 搂 1a Rz 21; Lochte in Frotscher, EStG, 搂 1a Rz 31; Reimer/Weimar in Kirchhof/S枚hn/Mellinghoff, EStG, 搂 1a B 186 und B 187: verfassungskonforme Auslegung entgegen Gesetzessystematik; Hahn in Lademann, EStG, 搂 1a EStG Rz 7; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Juni 2014 6 K 6279/12, EFG 2015, 104; vgl. auch FG K枚ln, Beschluss vom 5. April 2013 11 V 1596/13, EFG 2013, 1565). Daran ist festzuhalten.
Rz. 13
aa) Zwar ist der Gegenansicht einzur盲umen, dass nach dem Einleitungssatz von 搂 1a Abs. 1 EStG 2009 die Vorschrift in personeller Hinsicht f眉r Staatsangeh枚rige eines Mitgliedstaats der EU gilt, die nach 搂 1 Abs. 1 EStG 2009 unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig oder nach 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 als unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind. Es l盲sst sich deshalb die Meinung vertreten, dass in der Wahrung dieser individuellen Voraussetzungen (hier: Einkunftsgrenzen gem盲脽 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 entsprechend den Verh盲ltnissen des Kl盲gers) auch eine unverzichtbare Bedingung f眉r die hierauf aufbauende Sonderregelung zur Zusammenveranlagung mit dem nicht im Inland ans盲ssigen und nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (搂 1a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 搂 26 EStG 2009) zu sehen ist. Folge davon w盲re, dass hieran 鈥揳uf einer zweiten Stufe鈥 nach 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 2009 die Pr眉fung der Wesentlichkeitsgrenzen (Einkunftsgrenzen) bezogen auf die Verh盲ltnisse beider Ehegatten anzuschlie脽en ist. Der Senat kann sich jedoch dieser Beurteilung auch nach erneuter 脺berpr眉fung seines bisherigen Standpunkts nicht anschlie脽en.
Rz. 14
bb) Tragend hierf眉r ist, dass 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 2009 erkennbar nicht im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens auf eine nachgelagerte Einkunftspr眉fung zielt. Vielmehr ordnet die Vorschrift nach ihrem Wortlaut an, dass 鈥搃m Einklang mit dem Einleitungssatz des 搂 1a Abs. 1 EStG 2009鈥 die Einkunfts- bzw. Wesentlichkeitsgrenzen des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009 auch bei Inanspruchnahme des Zusammenveranlagungswahlrechts zu beachten sind und 鈥瀊ei Anwendung des 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009鈥 鈥揹.h. mit R眉cksicht auf die Frage, ob diese Grenzen gewahrt werden鈥 nicht auf die Verh盲ltnisse des einzelnen Ehegatten, sondern unter Ansatz des doppelten Grundfreibetrags auf die Eink眉nfte beider Ehegatten abzustellen ist. Demnach ist unter grammatikalisch-systematischen Gesichtspunkten die in Bezug genommene Vorschrift (Wesentlichkeitsgrenzen gem盲脽 搂 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 2009) nur nach Ma脽gabe der in 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 2009 geregelten Modifikationen (Summe der Ehegatteneink眉nfte) zu pr眉fen und einer vorgelagerten Wesentlichkeitspr眉fung nach den jeweils individuellen Verh盲ltnissen der Ehegatten (i.V.m. dem einfachen Grundfreibetrag) die Grundlage entzogen (盲hnlich Gosch in Kirchhof, a.a.O., 搂 1a Rz 9).
Rz. 15
cc) Soweit im Schrifttum teilweise aus der Formulierung des Senatsurteils in BFHE 231, 105, BStBl II 2011, 269 鈥(搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F.) ordne die Anwendung des 搂 1 Abs. 3 EStG 2002 n.F. nicht an, sondern setze sie voraus鈥 das Erfordernis einer zweistufigen Wesentlichkeitspr眉fung abgeleitet wird (z.B. Bl眉mich/Vogt, 搂 1a EStG Rz 45), beruht dies auf einem Missverst盲ndnis. Die wiedergegebene Erw盲gung steht erkennbar im Zusammenhang damit, dass nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Neufassung des 搂 1a Abs. 1 EStG 2002 (n.F.) durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218) das Recht zur Zusammenveranlagung dann nicht mehr an die Wahrung der Einkunftsgrenzen gebunden ist, wenn der Steuerpflichtige gem盲脽 搂 1 Abs. 1 EStG 2002 (d.h. aufgrund seines Wohnsitzes oder gew枚hnlichen Aufenthalts) unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtig ist. Fehlt es hieran jedoch, so bedarf es entsprechend der unmissverst盲ndlichen und insoweit unver盲nderten Regelungen der 搂 1 Abs. 3 Satz 2, 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 (a.F./n.F.) der Pr眉fung der Einkunftsgrenzen, die nach der Gesetzessystematik f眉r beide Ehegatten in einem einstufigen Verfahren, d.h. gemeinsam durchzuf眉hren ist.
Rz. 16
dd) Dieses Auslegungsergebnis wird ferner durch den Gesetzeszweck des 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002/2009 best盲tigt. Die Vorschrift beruht auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union (EuGH; fr眉her: Gerichtshof der Europ盲ischen Gemeinschaften), nach der es grunds盲tzlich Sache des Wohnsitzstaates ist, den Steuerpflichtigen nach seiner gesamten Leistungsf盲higkeit zu besteuern, und deshalb ein Versto脽 gegen die unionsrechtlich verb眉rgte Arbeitnehmerfreiz眉gigkeit nur vorliegt, wenn der Gebietsfremde seine Eink眉nfte im Wesentlichen in seinem Besch盲ftigungsstaat erzielt und der Wohnsitzstaat nicht in der Lage ist, die pers枚nlichen und familienbezogenen Umst盲nde des Steuerpflichtigen zu ber眉cksichtigen (vgl. Senatsurteil in BFHE 247, 388, BStBl II 2015, 474). Hierzu geh枚rt insbesondere auch das im Falle einer Zusammenveranlagung der Ehegatten zu gew盲hrende Splittingverfahren (搂 32a Abs. 5 EStG 2009; st盲ndige Spruchpraxis des EuGH; grundlegend EuGH-Urteil Finanzamt K枚ln-Altstadt/Schumacker vom 14. Februar 1995 C-279/93, EU:C:1995:31; BTDrucks 13/1558, S. 148) und werden hierbei aufgrund der Charakterisierung der Ehe als Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft die von den Ehegatten erzielten Eink眉nfte diesen gemeinsam zugerechnet (搂 26b EStG 2009); zur Verhinderung einer 眉berm盲脽igen Steuerprogression betr盲gt die (tarifliche) Einkommensteuer das Zweifache des Steuerbetrags, der sich nach der Grundtabelle f眉r die H盲lfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt (搂 32a Abs. 5 EStG 2009, Splittingtarif; vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106). Es erscheint deshalb folgerichtig, diesen durch die Zusammenfassung der Ehegatteneink眉nfte gekennzeichneten Regelungszusammenhang (einschlie脽lich der doppelten Gew盲hrung des Grundfreibetrags; 搂 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 EStG 2009) auch der Pr眉fung der Wesentlichkeitsgrenzen des 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 zugrunde zu legen.
Rz. 17
ee) Entgegen der Auffassung des FA erkennt der Senat keinen von dem Vorstehenden abweichenden Willen des Gesetzgebers. Abgesehen davon, dass der subjektive Wille der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen f眉r die Auslegung nur insofern von Bedeutung sein kann, als er die Richtigkeit einer nach den sonstigen Grunds盲tzen ermittelten Auslegung best盲tigt oder Zweifel behebt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. Mai 1991 VIII R 31/88, BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167, m.w.N.), geben die Gesetzesmaterialien keinen hinreichenden Anhalt daf眉r, das Wahlrecht zur Zusammenveranlagung gem盲脽 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 搂 1 Abs. 3 EStG 2009 an eine zweistufige Pr眉fung der Einkunftsgrenzen zu binden. Zwar findet sich 鈥搘orauf das FA zu Recht hinweist鈥 in der Gesetzesbegr眉ndung auch die Aussage, dass der Einleitungssatz des 搂 1a Abs. 1 den Personenkreis bestimme, der die Steuererleichterungen (dieser Norm) in Anspruch nehmen k枚nne (BTDrucks ebenda, S. 151, linke Spalte). Andererseits stellt die Gesetzesbegr眉ndung 鈥搒oweit es um die Gew盲hrung des Splittingtarifs geht鈥 ausdr眉cklich auf das gemeinsame Einkommen der Ehegatten ab (BTDrucks ebenda, S. 150 und S. 151, jeweils rechte Spalte). Letzteres l盲sst aber (im Sinne eines Vorrangs der spezielleren Gesetzerw盲gung) nur den Schluss zu, dass die Eink眉nfte der Ehegatten mit R眉cksicht auf das Recht zur Zusammenveranlagung nur einer einstufigen und gemeinsamen Pr眉fung unterworfen werden.
Rz. 18
ff) Zu Recht hat das FG hiernach der Klage stattgegeben. Insbesondere kommt es mit R眉cksicht auf die Gew盲hrung des Splittingtarifs nach den einfach-rechtlichen Bestimmungen der 搂 1 Abs. 3, 搂 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 nicht darauf an, ob der hiernach beg眉nstigte Steuerpflichtige sich zugleich auf die unionsrechtlichen Freiz眉gigkeitsrechte berufen k枚nnte.
Rz. 19
3. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.
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Fundstellen
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BFH/NV 2015, 1628 |
BFH/PR 2015, 413 |
BStBl II 2015, 957 |
BFHE 2016, 356 |
BFHE 250, 356 |
BB 2017, 542 |
DB 2015, 2609 |
DB 2015, 6 |
DStR 2015, 2273 |
DStRE 2015, 1337 |
DStZ 2015, 852 |
HFR 2016, 103 |