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Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemischte Schenkung: Ber眉cksichtigung aufschiebend bedingter Gegenleistungspflichten des Bedachten erst nach Bedingungseintritt; Ansatz einer Rentenzahlungspflicht mit dem Verkehrswert auf Verlangen des Bedachten
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Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung der Schenkungsteuer f眉r eine gemischte Schenkung sind
a) aufschiebend bedingte Gegenleistungspflichten des Bedachten erst nach Bedingungseintritt zu ber眉cksichtigen;
b) Verpflichtungen zu einer Rentenzahlung auf Verlangen des Steuerpflichtigen statt mit dem sich aus 搂 14 Abs. 1 BewG i.V.m. Anlage 9 zu 搂 14 BewG ergebenden Kapitalwert mit dem Verkehrswert anzusetzen, der dem Betrag entspricht, der auf der Grundlage der bei Rentenbeginn ma脽gebenden Abgek眉rzten Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes f眉r die Begr眉ndung eines den getroffenen Vereinbarungen entsprechenden Rentenanspruchs an ein Lebensversicherungsunternehmen zu entrichten w盲re. Vereinbarte Wertsicherungsklauseln sind dabei nur zu ber眉cksichtigen, soweit es tats盲chlich zu einer 脛nderung der Rentenh枚he gekommen ist.
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Normenkette
ErbStG 搂听7 Abs. 1 Nr. 1, 搂听12 Abs. 1; BewG 搂听5 Abs. 2, 搂搂听6, 14 Abs. 1; AO 1977 搂 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB 搂 158 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der im M盲rz 1940 geborene Vater (V) der Kl盲gerin und Revisionsbeklagten (Kl盲gerin) 眉bertrug ihr und ihrem Bruder mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16. Dezember 1998 je die H盲lfte seiner Kommanditbeteiligung an einer KG. Die Bedachten verpflichteten sich gesamtschuldnerisch, als Gegenleistung daf眉r an V ab Januar 1999 eine aufgrund n盲herer Regelungen wertgesicherte lebensl盲ngliche Versorgungsrente von monatlich 45 000 DM und nach seinem Tod an seine Ehefrau (E) eine lebensl盲ngliche Rente in H枚he von 70 v.H. der bis dahin geschuldeten Rente zu zahlen. Ein eigenes Recht, die Rente zu fordern, hat E erst mit dem Ableben des V.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) sah darin eine gemischte Schenkung und legte in der Einspruchsentscheidung der Steuerberechnung den nach 搂 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. der Anlage 9 zu 搂 14 BewG ermittelten Kapitalwert der dem V geschuldeten Rente mit 5 932 980 DM zugrunde. Die der E aufschiebend bedingt geschuldete Rente ber眉cksichtigte er nicht.
Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das FA durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 939 ver枚ffentlichte Urteil, die Schenkungsteuer unter Ansatz von Kapitalwerten der V und E zustehenden Renten von 6 630 660 DM bzw. 3 981 088 DM, insgesamt also 10 611 748 DM, neu zu berechnen. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, es liege eine gemischte Schenkung vor, da der Verkehrswert der auf die Kl盲gerin 眉bertragenen Kommanditbeteiligung den Wert der von ihr 眉bernommenen Rentenverpflichtungen erheblich 眉bersteige und diese Wertdifferenz den Vertragsbeteiligten auch bewusst gewesen sei. Bei der Berechnung der Steuer sei auch der aufschiebend bedingte Rentenanspruch der E zu ber眉cksichtigen, da es dabei auf das Verh盲ltnis der Verkehrswerte der Leistungen des V und der Kl盲gerin ankomme. Der Kapitalwert der Renten sei wegen der gegen眉ber der Allgemeinen Sterbetafel f眉r die Bundesrepublik Deutschland 1986/1988 gestiegenen mittleren Lebenserwartung auf der Grundlage der zum Stichtag aktuellen "Abgek眉rzten Sterbetafel" des Statistischen Bundesamtes f眉r die Jahre 1995/1997 zu ermitteln. Danach habe V bei Rentenbeginn noch eine statistische Lebenserwartung von 20 Jahren gehabt. Der Jahreswert der Rente von 540 000 DM sei demgem盲脽 mit dem in den L盲ndererlassen vom 12. Oktober 1994 (BStBl I 1994, 775) in Tabelle 2 f眉r eine unverzinsliche Kapitalforderung/-schuld, die in gleichen Jahresraten getilgt wird, bei einer Laufzeit von 20 Jahren vorgesehenen Vervielf盲ltiger von 12,279 zu multiplizieren, so dass der Kapitalwert der Rente des V 6 630 660 DM betrage. Eine entsprechende Berechnung f眉r den Rentenanspruch der E ab dem nach der Statistik zu erwartenden Todesjahr des V ergebe einen Kapitalwert von 3 981 088 DM.
Mit der Revision r眉gt das FA Verletzung der 搂搂 6 und 14 BewG und des in 搂 11 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) bestimmten Stichtagsprinzips. Die aufschiebend bedingte Rentenverpflichtung schm盲lere die Bereicherung der Kl盲gerin zun盲chst nicht und sei daher bei der Berechnung der Schenkungsteuer (noch) nicht zu ber眉cksichtigen. Die Kl盲gerin m眉sse sich zudem an der im Schenkungsvertrag vereinbarten Methode zur Bestimmung des Kapitalwertes der Renten (Berechnung nach Anlage 9 zu 搂 14 BewG) festhalten lassen. Jedenfalls k枚nne zur Ber眉cksichtigung der gestiegenen mittleren Lebenserwartung nicht die o.a. Tabelle 2 angewendet werden.
W盲hrend des Revisionsverfahrens erlie脽 das FG den ge盲nderten Schenkungsteuerbescheid vom 6. Januar 2006, mit dem es die Steuer trotz geringf眉gig abweichender Besteuerungsgrundlagen in unver盲nderter H枚he festsetzte und die Steuerfestsetzung im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anh盲ngige Revisionsverfahren II R 61/99 zur Pr眉fung der Verfassungsm盲脽igkeit des ErbStG in vollem Umfang f眉r vorl盲ufig erkl盲rte.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt bereits aus verfahrensrechtlichen Gr眉nden zur Aufhebung der Vorentscheidung. Da w盲hrend des Revisionsverfahrens ein 脛nderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des FG gegenstandslos geworden (BFH-Urteil vom 10. November 2004 XI R 30/04, BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274, m.w.N.).
Die Vorentscheidung kann auch aus materiell-rechtlichen Gr眉nden keinen Bestand haben. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass bei der Berechnung der Steuer der aufschiebend bedingte Rentenanspruch der E zu ber眉cksichtigen sei, und ferner den f眉r die Rentenzahlungspflicht gegen眉ber V anzusetzenden Verkehrswert unzutreffend ermittelt. Dies f眉hrt zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥).
1. Da der Verkehrswert des auf die Kl盲gerin 眉bertragenen Kommanditanteils unabh盲ngig von der Berechnungsmethode erheblich h枚her als der Verkehrswert der von ihr gegen眉ber V und E 眉bernommenen Verpflichtungen zu Rentenzahlungen ist, wie den Vertragsbeteiligten auch bewusst war, und daher kein entgeltliches Austauschverh盲ltnis mit wertm盲脽ig in etwa ausgewogenen Gegenleistungen vorliegt, haben die Beteiligten und das FG zutreffend das Vorliegen einer gemischten Schenkung angenommen.
2. Bei der gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbst盲ndige) freigebige Teil der Zuwendung. Dieser Teil ist die Bereicherung i.S. von 搂 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG und bestimmt sich nach dem Verh盲ltnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers (BFH-Urteile vom 14. Juli 1982 II R 125/79, BFHE 136, 303, BStBl II 1982, 714; vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524; vom 23. Oktober 2002 II R 71/00, BFHE 200, 402, BStBl II 2003, 162; vom 24. November 2005 II R 11/04, BFH/NV 2006, 744). Die Gegenleistungen des Bedachten sind danach entsprechend ihrem Anteil am Verkehrswert der Leistung des Schenkers von deren Steuerwert abzuziehen (BFH-Urteile vom 17. Oktober 2001 II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25; in BFH/NV 2006, 744).
Unter einer aufschiebenden Bedingung (搂 158 Abs. 1 des B眉rgerlichen Gesetzbuches 鈥旴GB鈥) stehende Gegenleistungspflichten des Bedachten sind bei dieser Berechnung nur zu ber眉cksichtigen, soweit sie bei der Steuerfestsetzung oder w盲hrend eines dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens bereits infolge Bedingungseintritts entstanden sind. Dies ergibt sich aus 搂 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wonach als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden gilt, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, sowie aus 搂 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. 搂 6 Abs. 1 und 2 und 搂 5 Abs. 2 BewG. Bei 搂搂 5 ff. BewG handelt es sich nicht nur um Vorschriften zur Ermittlung des Steuerwerts eines Gegenstandes. Sie enthalten vielmehr auch Regelungen mit lediglich stichtagsdurchbrechender Wirkung, die darauf abzielen, Ereignisse erst dann zu ber眉cksichtigen, wenn sie tats盲chlich eingetreten sind. Dies ber眉hrt nicht die Frage der Ermittlung des "Wie" der Bewertung, d.h. des hier zugrunde zu legenden Verkehrswerts der Beschenktenleistung, sondern beschr盲nkt nur das "Was" der Bewertung, d.h. den zu bewertenden Gegenstand. Danach ist der gemeine Wert der tats盲chlichen und nicht der auf einen bestimmten Stichtag prognostizierten Belastung steuerrechtlich ma脽gebend.
Die Anwendung des 搂 6 Abs. 2 BewG ist bei der Ermittlung des Verkehrswerts der Beschenktenleistung nicht ausgeschlossen (so im Ergebnis BFH-Urteile vom 7. Juni 1989 II R 183/85, BFHE 157, 440, BStBl II 1989, 814, und vom 17. Oktober 2001 II R 60/99, BFHE 197, 260, BStBl II 2002, 165; BFH-Beschl眉sse vom 20. September 2000 II B 109/99, BFH/NV 2001, 455, und vom 6. Dezember 2000 II B 161/99, BFH/NV 2001, 781). Kann der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung nicht mehr bei der Steuerfestsetzung oder in einem Rechtsbehelfsverfahren ber眉cksichtigt werden, ist die Steuerfestsetzung nach Ma脽gabe des 搂 6 Abs. 2 i.V.m. 搂 5 Abs. 2 BewG zu berichtigen. Bei dem Bedingungseintritt handelt es sich um ein r眉ckwirkendes Ereignis i.S. von 搂 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung 鈥AO 1977鈥 (BFH-Urteil in BFHE 157, 440, BStBl II 1989, 814; Halaczinsky in R枚ssler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, 搂 6 Anm. 5 i.V.m. 搂 5 Anm. 4).
Soweit sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25 etwas anderes ergeben sollte, h盲lt der Senat daran nicht mehr fest.
Da die Nichtber眉cksichtigung aufschiebend bedingter Verpflichtungen vor Bedingungseintritt auf eigenst盲ndigen Regelungen des Bewertungs- und Schenkungsteuerrechts beruht, kann die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 2. Mai 2001 VIII R 64/93, BFH/NV 2002, 10, unter 3. b, m.w.N.), wonach es f眉r die Bestimmung der auch ertragsteuerrechtlich ma脽gebenden Anschaffungskosten i.S. des 搂 255 des Handelsgesetzbuches (HGB) unerheblich ist, ob der Erwerber eines Verm枚gensgegenstandes als Gegenleistung dem Ver盲u脽erer und einer dritten Person eine Rente zusagt, die sich nach dem Tod des Ver盲u脽erers erm盲脽igt, oder ob der erm盲脽igte Anspruch der dritten Person erst mit dem Tod des Ver盲u脽erers entsteht, nicht f眉r die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung der gemischten Schenkung 眉bernommen werden.
3. Das FA kann bei der Festsetzung der Schenkungsteuer f眉r eine gemischte Schenkung aus Gr眉nden der Verwaltungsvereinfachung eine Rentenverpflichtung des Bedachten mit dem sich aus 搂 14 Abs. 1 BewG i.V.m. der Anlage 9 zu 搂 14 BewG ergebenden Kapitalwert ansetzen, wenn nicht der Steuerpflichtige den Ansatz des Verkehrswerts verlangt. Der Verkehrswert entspricht dem Betrag, der auf der Grundlage der bei Rentenbeginn ma脽gebenden (Abgek眉rzten) Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes f眉r die Begr眉ndung eines den getroffenen Vereinbarungen entsprechenden Rentenanspruchs zugunsten des Schenkers oder der vertraglich bestimmten Person an ein Lebensversicherungsunternehmen entrichtet werden m眉sste. Vereinbarte Wertsicherungsklauseln sind dabei nur zu ber眉cksichtigen, soweit 脛nderungen der Rentenh枚he bis zur Steuerfestsetzung oder w盲hrend eines Rechtsbehelfsverfahrens eingetreten sind (搂 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. 搂搂 6 und 5 Abs. 2 BewG). Sp盲tere 脛nderungen der Rentenh枚he f眉hren nach 搂 6 Abs. 2 i.V.m. 搂 5 Abs. 2 BewG und 搂 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 zu einer entsprechenden Berichtigung des Schenkungsteuerbescheids.
4. Die nicht spruchreife Sache geht zur Feststellung des Verkehrswerts der Rentenverpflichtung gegen眉ber V an das FG zur眉ck. Das FG wird dazu ggf. ein Sachverst盲ndigengutachten einzuholen haben. Der Rentenanspruch der E kann erst nach dem Ableben von V ber眉cksichtigt werden.
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Fundstellen
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BFH/NV 2006, 1181 |
BStBl II 2006, 475 |
BFHE 2006, 102 |
BFHE 213, 102 |
BB 2006, 1149 |
DB 2006, 1141 |
DStR 2006, 895 |
DStRE 2006, 697 |
DStZ 2006, 391 |
HFR 2006, 702 |