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Entscheidungsstichwort (Thema)
Auf Hinterziehungszinsen angerechnete Nachforderungszinsen sind keine Sonderausgaben
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Leitsatz (amtlich)
Festgesetzte Nachforderungszinsen, die auf Hinterziehungszinsen gem盲脽 搂 235 Abs. 4 AO 1977 angerechnet wurden, k枚nnen nicht als Sonderausgaben gem盲脽 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der bis einschlie脽lich 1998 geltenden Fassung abgezogen werden.
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Normenkette
AO 1977 搂搂听233a, 235; EStG 搂 10 Abs. 1 Nr. 5
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt 鈥旻A鈥) erlie脽 aufgrund einer Selbstanzeige f眉r die Veranlagungszeitr盲ume 1989 bis 1996 u.a. ge盲nderte Einkommensteuerbescheide und setzte Nachforderungszinsen nach 搂 233a der Abgabenordnung (AO 1977) in H枚he von insgesamt 25 735 DM fest, die von den Kl盲gern und Revisionskl盲gern (Kl盲ger) im Streitjahr 1998 bezahlt wurden. Im Jahr 1999 setzte das FA ferner Hinterziehungszinsen nach 搂 235 AO 1977 unter Anrechnung der Nachforderungszinsen fest.
Die Kl盲ger erkl盲rten in ihrer Einkommensteuererkl盲rung f眉r 1998 Nachforderungszinsen in H枚he von 24 780 DM als Sonderausgaben. Das FA lie脽 den Sonderausgabenabzug nicht zu.
Die Klage hatte hinsichtlich der Nachforderungszinsen betreffend Einkommensteuer keinen Erfolg. 搂 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) schlie脽e die Ber眉cksichtigung von Hinterziehungszinsen bei der Festsetzung der Einkommensteuer aus. Soweit Nachforderungszinsen bei der Festsetzung der Hinterziehungszinsen angerechnet worden seien, seien diese nicht mehr nach 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (a.F.) abziehbar, weil die Kl盲ger letztlich nicht mehr mit Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift, sondern nur mit Hinterziehungszinsen belastet seien.
Mit ihrer Revision r眉gen die Kl盲ger Verletzung des 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. und der 搂搂 233a, 235 AO 1977. Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts (FG) seien sie in H枚he des streitigen Betrages mit Nachforderungs-, nicht mit Hinterziehungszinsen wirtschaftlich belastet. Die Zinsen seien in der hier streitigen H枚he allein aufgrund der Festsetzung von Nachforderungszinsen in 1998 gezahlt worden. Aus 搂 235 Abs. 4 AO 1977 sei zu entnehmen, dass Nachforderungszinsen nicht nachtr盲glich in Hinterziehungszinsen umqualifiziert w眉rden. Die Anrechnung vermeide lediglich eine Verdopplung der Zinsbelastung und sei bereits bei der Festsetzung, nicht erst bei der Erhebung vorzunehmen. Eine Umqualifizierung der Nachforderungszinsen in Hinterziehungszinsen scheitere sp盲testens dann, wenn die Schuldner von Hinterziehungs- und der Nachforderungszinsen nicht identisch seien.
Die Kl盲ger beantragen unter teilweiser Aufhebung des Urteils des FG den Einkommensteuerbescheid f眉r 1998 dahin gehend abzu盲ndern, dass die 1998 auf Zinsfestsetzungen gem盲脽 搂 233a AO 1977 geleisteten Zahlungen in vollem Umfang als Sonderausgaben zum Abzug zugelassen werden.
Das FA beantragt 鈥昳m Wesentlichen unter Hinweis auf die Rechtsausf眉hrung des FG鈥, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
W盲hrend des Revisionsverfahrens hat das FA 鈥晍uletzt am 2. Juni 2004鈥 nach 搂 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ge盲nderte Einkommensteuerbescheide f眉r das Streitjahr erlassen.
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II. Das Urteil des FG ist aus verfahrensrechtlichen Gr眉nden aufzuheben. Da w盲hrend des Revisionsverfahrens 脛nderungsbescheide ergangen sind, ist das Urteil gegenstandslos geworden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFH/NV 2003, 1495). Einer Zur眉ckverweisung an das FG nach 搂 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bedarf es nicht, weil sich durch die 脛nderung nach 搂 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 der bisherige Streitstoff nicht ver盲ndert hat. Der Senat entscheidet 眉ber den gem盲脽 搂 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordenen Einkommensteuerbescheid vom 2. Juni 2004.
Die Klage gegen diesen Bescheid, in dem das FA Nachforderungszinsen in der vom FG anerkannten H枚he als Sonderausgaben ber眉cksichtigt hat, ist unbegr眉ndet. Das FG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Nachzahlungszinsen, die nach 搂 235 Abs. 4 AO 1977 auf Hinterziehungszinsen anzurechnen sind, nicht als Sonderausgaben abzuziehen sind.
1. Nach 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. sind Zinsen nach 搂搂 233a, 234 und 237 AO 1977 als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Die Aufz盲hlung der abziehbaren Zinsen ist abschlie脽end; Hinterziehungszinsen nach 搂 235 Abs. 1 AO 1977 werden von ihr nicht erfasst (vgl. auch 搂 4 Abs. 5 Nr. 8a, 搂 9 Abs. 5 EStG; vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1994 I R 7/94, BFHE 176, 552, BStBl II 1995, 477; Bl眉mich/Hutter, Einkommensteuergesetz, 搂 10 Rdnr. 494). Die Nichtabziehbarkeit von Hinterziehungszinsen hat ihren Grund im Unrechtsgehalt der Steuerhinterziehung (vgl. BTDrucks 11/2536, S. 60). Der gegenteiligen Auffassung von Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und K枚rperschaftsteuergesetz, Kommentar, 搂 10 EStG Rdnr. 232 ist nicht zu folgen. Eine Auslegung gegen den eindeutigen Gesetzeswortlaut und den erkl盲rten Willen des Gesetzgebers ist unzul盲ssig (z.B. BFH in BFHE 176, 552, BStBl II 1995, 477, m.w.N.).
2. Sind dem Grunde nach sowohl Nachzahlungs-, als auch Hinterziehungszinsen festzusetzen, sind die Hinterziehungszinsen auch nicht insoweit bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abziehbar, als auf sie Nachzahlungszinsen gem盲脽 搂 235 Abs. 4 AO 1977 anzurechnen sind. Dabei ist unerheblich, ob die Nachforderungszinsen bei der Festsetzung oder der Erhebung der Hinterziehungszinsen angerechnet werden (vgl. hierzu z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 搂 235 AO 1977 Tz. 27).
a) Zinsen sind steuerliche Nebenleistungen (搂 3 Abs. 4, 搂 37 Abs. 1 AO 1977), die nach 搂 38 AO 1977 entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht kn眉pft. Werden Steuern aufgrund einer Steuerhinterziehung "versp盲tet" i.S. des 搂 233a Abs. 2 oder "nicht rechtzeitig" i.S. des 搂 370 Abs. 1, 4 AO 1977 festgesetzt, entstehen folglich Zinsanspr眉che sowohl nach 搂 233a als auch nach 搂 235 AO 1977. Beide Rechtsgrundlagen stehen selbst盲ndig nebeneinander (Anspruchskonkurrenz).
b) Die Frage, ob die f眉r einen deckungsgleichen Zeitraum entstandenen Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen das zu versteuernde Einkommen mindern, beantwortet sich ausschlie脽lich nach ertragsteuerrechtlichen Vorschriften, mithin nach 搂 4 Abs. 5 Nr. 8a, 搂 9 Abs. 5 und (hier) nach 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F.
Gegen den Abzug der Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen spricht, dass 鈥晈ie bereits unter II. 1. dargelegt鈥 Hinterziehungszinsen als solche wegen des in der Steuerhinterziehung liegenden Unrechtsgehalts einkommensteuerrechtlich nicht abziehbar sind. Dieser wird nicht dadurch behoben, dass neben den Hinterziehungszinsen dem Grunde nach auch Nachzahlungszinsen anfallen. Zudem ist 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. als Ausnahmeregelung grunds盲tzlich keiner erweiternden Auslegung zug盲nglich, denn grunds盲tzlich folgt die Abziehbarkeit der Zinsen der Abziehbarkeit der Steuer (vgl. 搂 12 Nr. 3 EStG). Von diesem Grundsatz macht 搂 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. eine Ausnahme nur f眉r die Zinsen i.S. der 搂搂 233a, 234 und 237 AO 1977 (vgl. auch BFH in BFHE 176, 552, BStBl II 1995, 477). Der Zweck dieser Ausnahmeregelung besteht ferner allein darin, die Einf眉hrung der Vollverzinsung zu erleichtern, nicht die schon bis dato festzusetzenden Hinterziehungszinsen abziehbar zu machen (vgl. BTDrucks 11/2536, S. 77, 89).
Aus 搂 235 Abs. 4 AO 1977 ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Verzinsung von Steueranspr眉chen hat den Zweck, Zinsvorteile abzusch枚pfen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. November 2002 II R 58/00, BFH/NV 2003, 353; vom 18. Mai 1999 I R 60/98, BFHE 188, 542, BStBl II 1999, 634). Zur Vermeidung einer Zinskumulation bestimmt 搂 235 Abs. 4 AO 1977, dass festgesetzte Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen sind (vgl. z.B. Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 233a AO 1977 Tz. 86, m.w.N.). Aus der Anrechnung folgt der Vorrang des 搂 235 AO 1977, die Nachforderungszinsen werden gleichsam zu Hinterziehungszinsen umqualifiziert. Es w盲re im 脺brigen mit dem Grundsatz der steuerlichen Belastungsgleichheit unvereinbar, je nachdem, ob vom FA Nachforderungzinsen durch Zinsbescheid "festgesetzt" wurden (vgl. 搂 235 Abs. 4 AO 1977), Hinterziehungszinsen einkommensteuerrechtlich zum Abzug zuzulassen oder nicht.
c) Entgegen der Auffassung der Kl盲ger wird im Zinsfestsetzungsbescheid auch nicht die Art der Zinsen f眉r das Besteuerungsverfahren bindend festgestellt. Dem steht 搂 239 Abs. 1 i.V.m. 搂 157 Abs. 2 AO 1977 entgegen. 搂 233a AO 1977 ist Rechtsgrundlage f眉r die Zinsfestsetzung.
d) 脺ber den von den Kl盲gern angesprochenen Fall, dass der Schuldner der Hinterziehungszinsen nicht Schuldner der in 搂 233a AO 1977 genannten Steuern ist, ist hier nicht zu entscheiden. Im Streit- wie im Regelfall ist der Schuldner von Hinterziehungszinsen zugleich der Schuldner der Nachzahlungszinsen.
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Fundstellen
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BFH/NV 2005, 609 |
BStBl II 2005, 274 |
BFHE 2005, 194 |
BFHE 208, 194 |
BB 2005, 536 |
DB 2005, 538 |
DStRE 2005, 419 |
DStZ 2005, 175 |
HFR 2005, 660 |