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Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorab entstandene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung und Nutzung 鈥渮u eigenen Wohnzwecken鈥 bei Vorbehaltsnie脽brauch
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Leitsatz (NV)
1. Vom Eigent眉mer eines mit einem Vorbehaltsnie脽brauch belasteten Grundst眉cks getragene Aufwendungen k枚nnen ausnahmsweise vorab entstandene Werbungskosten bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung sein, wenn er sie im eigenen Interesse als zuk眉nftiger Nutzer des Hauses gemacht hat und der Nie脽brauch nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen zeitnah aufgehoben werden soll.
2. Ein vorbehaltenes Nie脽brauchsrecht schlie脽t die Nutzung einer Wohnung durch den zivilrechtlichen Eigent眉mer 鈥渮u eigenen Wohnzwecken鈥 im Sinne des 搂 10e EStG nicht grunds盲tzlich aus.
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Normenkette
EStG 搂听9 Abs. 1 S. 1, 搂听10e Abs.听1, 6, 搂听21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO 搂 96 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Ehegatten, die im Streitjahr (1994) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom 29. Juni 1993 erwarb der Kl盲ger von seinen Eltern ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundst眉ck; die Kl盲ger bewohnten dort seit 1978 eine Dachgeschosswohnung, die anderen Wohnungen waren fremdvermietet. In Ziff. 2 des Schenkungsvertrages behielten sich die Eltern des Kl盲gers an dem Grundst眉ck den "Nie脽brauch auf Lebenszeit" vor. F眉r die Ausgestaltung des Nie脽brauchs wurde zwischen den Beteiligten die Geltung der gesetzlichen Bestimmungen mit der Ma脽gabe vereinbart, dass der Nie脽braucher im Verh盲ltnis zum Eigent眉mer verpflichtet sei, alle au脽erordentlichen Aufwendungen f眉r das Grundst眉ck, insbesondere f眉r Instandhaltung, Instandsetzung, Verbesserung, Umgestaltung oder Erneuerung ersatzlos zu tragen. Die Entscheidung, ob und wann solche Ma脽nahmen durchgef眉hrt werden sollten, oblag dem Nie脽braucher. Nach Ziff. 4 des Schenkungsvertrages sollte die 脺bergabe des "tats盲chlichen Besitzes" am Grundst眉ck an dem Tag erfolgen, an dem der vorbehaltene Nie脽brauch vollst盲ndig erlischt. Am Tag der Besitz眉bergabe sollten Nutzen, Lasten, Gefahrtragung und gesetzliche Haftpflicht auf den Kl盲ger 眉bergehen. Im Zuge der weiteren Vereinbarungen des Schenkungsvertrages verpflichtete sich der Kl盲ger gegen眉ber seinen Eltern, 眉ber das Grundst眉ck nicht ohne deren ausdr眉ckliche schriftliche Zustimmung durch Belastung oder Ver盲u脽erung zu verf眉gen.
Im Jahr 1994 bauten die Kl盲ger die von ihnen bewohnte Dachgeschosswohnung aus; die Grundfl盲che der Wohnung wurde hierbei um 40 qm erweitert. Die Kosten f眉r den Ausbau der Dachgeschosswohnung beliefen sich auf 344 236 DM. Gleichzeitig lie脽en die Kl盲ger eine umfassende Renovierung des gesamten Geb盲udes durchf眉hren; die Kosten hierf眉r betrugen im Streitjahr insgesamt 104 383 DM. Am 15. August 1994 ist der nie脽brauchsberechtigte Vater des Kl盲gers, am 1. Februar 1995 die nie脽brauchsberechtigte Mutter des Kl盲gers verstorben.
In ihrer Einkommensteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr machte der Kl盲ger f眉r die Dachgeschosswohnung die Steuerbeg眉nstigung nach 搂 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung in H枚he von 19 800 DM geltend. Hinsichtlich der f眉r die Renovierung des Mehrfamilienhauses angefallenen Kosten in H枚he von 104 383 DM beantragte der Kl盲ger eine Verteilung auf f眉nf Jahre; gleichzeitig beantragte er, 1/5 der Aufwendungen --mithin 20 876 DM-- als vorab entstandene Werbungskosten bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung zu ber眉cksichtigen. Von den ihm entstandenen Finanzierungskosten in H枚he von 9 443,06 DM setzte der Kl盲ger 80 % (mithin 7 555 DM) als vorab entstandene Werbungskosten an; die restlichen 20 % (1 890 DM) entfielen nach Angaben des Kl盲gers auf die selbstgenutzte Wohnung im Dachgeschoss. Hiervon erkl盲rte der Kl盲ger 11/12 (1 732 DM) als Aufwendungen vor Bezug i.S. des 搂 10e Abs. 6 EStG.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ber眉cksichtigte im Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr weder die vom Kl盲ger geltend gemachten Steuerbeg眉nstigungen nach 搂 10e Abs. 1 und Abs. 6 EStG noch die vom Kl盲ger geltend gemachten vorab entstandenen Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 347 ver枚ffentlichten Urteil die Auffassung, dass die vom Kl盲ger getragenen Renovierungsaufwendungen f眉r das Mehrfamilienhaus keine vorab entstandenen Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung darstellten, weil im Streitjahr noch nicht ausreichend sicher absehbar gewesen sei, wann der Kl盲ger aufgrund des Wegfalls des Nie脽brauchsrechts seiner Eltern Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem盲脽 搂 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG werde erzielen k枚nnen. Auch die Steuerbeg眉nstigung des 搂 10e EStG stehe dem Kl盲ger nicht zu, da er im Streitjahr zwar zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigent眉mer der von ihm genutzten Wohnung im Dachgeschoss gewesen sei, er jedoch seine Nutzungsbefugnis von den nie脽brauchsberechtigten Eltern abgeleitet habe. Daher habe keine auf dem Eigentum beruhende Eigennutzung, sondern lediglich eine Nutzung aufgrund fremden Rechts vorgelegen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kl盲ger, mit der sie eine Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften (搂 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie eine Verletzung materiell-rechtlicher Vorschriften des Einkommensteuerrechts (搂 9 Abs. 1, 搂 10e EStG) r眉gen.
Die Kl盲ger beantragen,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr vom 2. Januar 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2001 mit der Ma脽gabe zu 盲ndern, dass das zu versteuernde Einkommen um Werbungskosten眉bersch眉sse aus Vermietung und Verpachtung in H枚he von 20 876 DM, um Finanzierungskosten in H枚he von 7 555 DM, um die Grundf枚rderung nach 搂 10e Abs. 1 EStG in H枚he von 19 800 DM sowie um Vorkosten nach 搂 10e Abs. 6 EStG in H枚he von 1 732 DM vermindert wird.
Das FA beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Das FG ist auf der Grundlage seiner Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kl盲ger die Kosten f眉r die Renovierung des nie脽brauchsbelasteten Mehrfamilienhauses nicht als vorab entstandene Werbungskosten aus den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr geltend machen kann.
a) Nach 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach 搂 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das hei脽t, durch sie veranlasst sind (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572). Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenh盲ngende Einnahmen erzielt werden, k枚nnen sie als vorab entstandene Werbungskosten ber眉cksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des Gro脽en Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 1/07, zur Ver枚ffentlichung bestimmt, BFH/NV 2009, 68). Allerdings fehlt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats an der Absicht, Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen f眉r eine Immobilie t盲tigt, die eine andere Person zu nutzen berechtigt ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 IX R 331/87, BFH/NV 1992, 591, m.w.N.).
Andererseits k枚nnen Reparaturaufwendungen des Steuerpflichtigen f眉r eine Immobilie, dessen Nutzungsrecht einer anderen Person zusteht, bei ihm vorab entstandene Werbungskosten sein, wenn sich aus den Gesamtumst盲nden des Falles ergibt, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen Interesse als zuk眉nftiger Nutzer des Hauses gemacht hat (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 6/96, BFH/NV 2001, 24). In diesem Fall kann die Eink眉nfteerzielungsabsicht auch dann bejaht werden, wenn die f眉r die zuk眉nftige Nutzung durch den Steuerpflichtigen erforderliche materielle Rechts盲nderung --durch Abschluss einer notariellen Vereinbarung-- noch nicht eingetreten ist.
b) Im Streitfall tragen die Tatsachenfeststellungen des FG --zu denen auch der Inhalt der Niederschrift 眉ber die Er枚rterung der Streitsache vom 10. April 2003 geh枚rt (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305)-- und ihre W眉rdigung nicht die Annahme, dass es im Streitfall an einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den vom Kl盲ger get盲tigten Aufwendungen und der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung fehle. Denn nach den Feststellungen des FG in der Niederschrift gingen der Kl盲ger und seine nie脽brauchsberechtigten Eltern einvernehmlich davon aus, dass der auf der Immobilie des Kl盲gers lastende Nie脽brauch zeitnah aufgehoben werden sollte. F眉r ein dahin gehendes Einvernehmen spricht, dass hinsichtlich eines weiteren, der Schwester des Kl盲gers schenkweise 眉berlassenen und ebenfalls mit einem Nie脽brauch zu Gunsten der Eltern belasteten Grundst眉cks in gleicher Weise beabsichtigt war, das Nie脽brauchsrecht mit Blick auf die bevorstehende Scheidung der Schwester zeitnah aufzuheben. Ferner spricht daf眉r, dass der Kl盲ger --entgegen der Nie脽brauchsvereinbarung in Ziff. 2 des Schenkungsvertrages-- im Zuge des sich zeitlich an die behauptete 脺bereinkunft anschlie脽enden gesamten Ausbau- und Renovierungsvorganges sowohl in Vertr盲gen mit Bauunternehmen als auch gegen眉ber den Bauordnungsbeh枚rden als Bauherr aufgetreten ist. Gleichwohl hat das FG nicht gepr眉ft, inwieweit der Kl盲ger die von ihm geleisteten Aufwendungen ausschlie脽lich vor dem Hintergrund dieser 脺bereinkunft mit seinen Eltern get盲tigt hat. Nach Ma脽gabe dieser Grunds盲tze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben; sie ist daher aufzuheben. Das FG wird im zweiten Rechtsgang der Frage nachgehen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Kl盲ger die Aufwendungen im eigenen Interesse als zuk眉nftiger Nutzer des Hauses gemacht hat; dabei kann es auch sp盲tere Tatsachen und Ereignisse (wie etwa den Umstand, dass es tats盲chlich --wenngleich aus anderen Gr眉nden-- zu einem Wegfall des Nie脽brauchsrechts gekommen ist) ber眉cksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 54/07, BFH/NV 2009, 150).
2. Zu Unrecht ist das FG auch davon ausgegangen, dass das zugunsten der Eltern des Kl盲gers bestellte Nie脽brauchsrecht die Nutzung der Dachgeschosswohnung durch den Kl盲ger "zu eigenen Wohnzwecken" i.S. des 搂 10e Abs. 1 Satz 2 EStG 补耻蝉蝉肠丑濒颈别脽迟.
Da in 搂 10e Abs. 1 Satz 1 EStG das Bewohnen einer "eigenen Wohnung" gefordert wird, beginnt in F盲llen, in denen --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige vor dem Eigentums眉bergang bereits in der Wohnung gewohnt hat, die Nutzung der (eigenen) Wohnung zu eigenen Wohnzwecken jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige die Wohnung "aufgrund seines Eigentumsrechts" bewohnt (vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 1998 X R 21/95, BFHE 186, 271, BStBl II 1998, 563). Der Kl盲ger war als zivilrechtlicher Eigent眉mer der Immobilie (搂 39 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--) im Streitjahr grunds盲tzlich zur Inanspruchnahme der F枚rderung nach 搂 10e Abs. 1 Satz 1 EStG berechtigt. Das FG ist 眉berdies zutreffend davon ausgegangen, dass der Kl盲ger auch wirtschaftlicher Eigent眉mer i.S. des 搂 39 Abs. 2 AO war; insbesondere war die Immobilie nicht schon deshalb den Eltern des Kl盲gers zuzurechnen, weil diese sich den Nie脽brauch an dem Grundst眉ck vorbehalten hatten. Weder die Bestellung des Nie脽brauchsrechts "auf Lebenszeit" an sich noch schuldrechtliche Ver盲u脽erungs- und Belastungsverbote sowie etwaige R眉ck眉bertragungsverpflichtungen des Erwerbers f眉hren zum Verbleib des wirtschaftlichen Eigentums beim 脺bertragenden. Als Vorbehaltsnie脽braucher w盲ren die Eltern des Kl盲gers nur dann als wirtschaftliche Eigent眉mer des Grundst眉cks anzusehen gewesen, wenn sich ihre rechtliche oder tats盲chliche Stellung gegen眉ber dem zivilrechtlichen Eigent眉mer des Grundst眉cks von der normalen --lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelnden-- Position eines Nie脽brauchers so deutlich unterschieden h盲tte, dass sie die tats盲chliche Herrschaft 眉ber das nie脽brauchsbelastete Grundst眉ck ausge眉bt h盲tten (BFH-Urteil vom 28. M盲rz 2007 IX R 37/05, BFH/NV 2007, 1891). Gerade dies war, wie das Verhalten des Kl盲gers im Zuge des Ausbau- und Renovierungsvorganges deutlich zeigt, jedenfalls im Streitjahr nicht der Fall. Nach diesen Ma脽st盲ben erf眉llt der Kl盲ger die Voraussetzungen des 搂 10e Abs. 1 Satz 1 EStG; denn er bewohnte die Dachgeschosswohnung zusammen mit seiner Familie als Eigent眉mer.
Aus den gleichen Gr眉nden kann der Kl盲ger im Streitjahr auch dem Grunde nach Aufwendungen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung der Dachgeschosswohnung zu eigenen Wohnzwecken entstanden sind, im Rahmen des Vorkostenabzugs nach 搂 10e Abs. 6 EStG geltend machen.
Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einer abweichenden Auslegung von 搂 10e EStG. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat, da es den Anspruch des Kl盲gers schon dem Grunde nach verneint hat, folgerichtig keine ausreichenden Feststellungen zur H枚he der dem Kl盲ger zustehenden Steuerbeg眉nstigung getroffen.
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Fundstellen
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BFH/NV 2009, 1251 |