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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu einer widerspr眉chlichen und rechtsfehlerhaften W眉rdigung der Eink眉nfteerzielungsabsicht
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Leitsatz (NV)
Eine Sachverhaltsw眉rdigung ist widerspr眉chlich und rechtsfehlerhaft, wenn das FG einerseits von dem Grundsatz ausgeht, die Absicht, auf Dauer zu vermieten, fehle, wenn f眉r den Steuerpflichtigen trotz Abschlusses eines unbefristeten Mietvertrags bereits bei Abschluss dieses Vertrags feststehe, dass er das bebaute Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen werde oder wenn er sich noch nicht entschieden habe, ob er das Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen wolle, es aber andererseits zu Gunsten des Steuerpflichtigen unterstellt, dem Mietvertrag liege der Entschluss zu einer dauerhaften Vermietung zugrunde.
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Normenkette
EStG 搂听9 Abs. 1 S盲tze听1-2, 搂听21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
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Verfahrensgang
FG Bremen (Urteil vom 13.08.2007; Aktenzeichen 4 K 139/04 (4); EFG 2008, 541) |
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eheleute, die in den Streitjahren (2000 bis 2002) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kl盲ger ist Eigent眉mer eines Zweifamilienhauses in A. Er sanierte im Erdgeschoss die Wohnung, die seine Mutter bis zu ihrem Tode bewohnte. Es entstanden ihm daraus in den Streitjahren Kosten von insgesamt 49 738,81 DM, um deren steuerrechtliche Behandlung es geht.
Der Kl盲ger selbst bewohnte in den Streitjahren die Wohnung im Obergeschoss. Die Kl盲gerin wohnte mit erstem Wohnsitz bei B, wo sich ihre Arbeitsstelle befand. In den Streitjahren stand die Erdgeschosswohnung leer. Zum 1. Februar 2003 vermietete sie der Kl盲ger an seinen Sohn f眉r 210 鈧 monatlich (warm). Zum 1. M盲rz 2004 l枚sten die Vertragsparteien den Mietvertrag wieder auf. Der Grund war eine schwere Erkrankung der Kl盲gerin, die sie zwang, ihre Arbeitsstelle aufzugeben und nach A zu ziehen. Da die Wohnung im Obergeschoss nicht gen眉gend Platz f眉r die zusammenzulegenden Haushalte bot, entschieden sich die Kl盲ger, beide Wohnungen zu verbinden und die Wohnung im Erdgeschoss ebenfalls selbst zu nutzen.
Der Kl盲ger erkl盲rte die Aufwendungen f眉r die Erdgeschosswohnung im Rahmen der Veranlagungen der Streitjahre bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ber眉cksichtigte die negativen Eink眉nfte nicht, weil es die Absicht des Kl盲gers verneinte, aus der Wohnung im Erdgeschoss Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Einspr眉che und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) ging in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 541 ver枚ffentlichtem Urteil dabei davon aus, die Absicht, auf Dauer zu vermieten, fehle, wenn der Steuerpflichtige das bebaute Grundst眉ck zwar unbefristet vermietet habe, aber bereits bei Abschluss des Mietvertrages feststehe, dass er das bebaute Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen werde oder wenn er sich noch nicht entschieden habe, ob er das Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen wolle. Wahrscheinlich habe sich der Kl盲ger in den Streitjahren noch nicht entschieden, die Wohnung im Erdgeschoss dauerhaft oder langfristig zu vermieten. Dies gehe zu seinen Lasten. Dem unbefristeten Mietvertrag aus dem Jahre 2003 k枚nne nichts Abweichendes entnommen werden. Auch wenn man davon ausgehe, dass diesem Mietvertrag der Entschluss des Kl盲gers zu einer dauerhaften Vermietung zu Grunde gelegen habe, k枚nne dies nicht r眉ckwirkend f眉r die Streitjahre unterstellt werden. Da der Kl盲ger bei Durchf眉hrung der Bauma脽nahmen in den Streitjahren bereits das Pensionsalter erreicht gehabt und die Kl盲gerin ab dem Jahr 2000 einer Altersteilzeitbesch盲ftigung entgegen gesehen habe, k枚nne aufgrund ihrer intakten Lebensgemeinschaft geschlossen werden, dass die Kl盲ger unabh盲ngig von der erst 2003 festgestellten Erkrankung bereits in den Streitjahren den Entschluss gefasst h盲tten, den Lebensabend gemeinsam zu verbringen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kl盲ger, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts st眉tzen. Das FG sei aufgrund einer unzutreffenden Sachverhaltsw眉rdigung zu dem Ergebnis gelangt, eine Vermietungsabsicht des Kl盲gers sei nicht indiziert gewesen. Es berufe sich f眉r seine Entscheidung lediglich darauf, dass der Vortrag der Kl盲ger unwahrscheinlich sei, ohne allerdings f眉r diese Auffassung tragf盲hige Gr眉nde anzugeben. So habe der Kl盲ger mit seinem Sohn unstreitig einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen, der --wie das FG verkenne-- infolge der erst 2003 festgestellten Erkrankung der Kl盲gerin und damit aufgrund eines nachtr盲glichen und neu gefassten Entschlusses gek眉ndigt worden sei. Das FG habe aus der "intakten Lebensgemeinschaft" der Kl盲ger unzutreffend geschlossen, sie h盲tten entschieden, den Lebensabend gemeinsam in A zu verbringen. Es habe dabei den Vortrag der Kl盲ger 眉bergangen, dass die Kl盲gerin ihre selbst genutzte Eigentumswohnung bei B trotz der ab 2003 geplanten Altersteilzeit wegen des gro脽en Freundeskreises keineswegs aufzugeben gedachte und erst durch ihre Erkrankung dazu gezwungen gewesen sei.
Die Kl盲ger beantragen,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 9. August 2004 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Ab盲nderung der Bescheide 眉ber die Einkommensteuer 2000, 2001 und 2002 vom 12. September 2003 und vom 3. September 2003 unter Ber眉cksichtigung der negativen Eink眉nfte des Kl盲gers aus Vermietung und Verpachtung neu festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zur眉ckzuverweisen, 搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil das FG mit allein nicht hinreichenden Erw盲gungen den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten abgelehnt hat; seine Gesamtbeurteilung h盲lt einer revisionsrechtlichen 脺berpr眉fung nicht stand.
1. Nach 搂 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach 搂 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das hei脽t, durch die sie veranlasst sind (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572). Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenh盲ngende Einnahmen erzielt werden, k枚nnen sie als vorab entstandene Werbungskosten ber眉cksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des Gro脽en Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477). Dieser ist z.B. gegeben, wenn sich anhand objektiver Umst盲nde feststellen l盲sst, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Eink眉nfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endg眉ltig gefasst hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477, m.w.N.). F眉r die Feststellung der Eink眉nfteerzielungsabsicht als innere Tatsache k枚nnen 盲u脽ere Umst盲nde als Indizien herangezogen werden, wie z.B. der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und sp盲terer Vermietung wie auch deren Absehbarkeit; auch sp盲tere Tatsachen und Ereignisse sind zu ber眉cksichtigen. Ob im Einzelfall Indizien f眉r oder gegen eine Eink眉nfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Feststellung und W眉rdigung, die das FG als Tatsacheninstanz nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen 脺berzeugung zu beantworten hat (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211, und vom 31. Juli 2007 IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202, m.w.N.).
2. Diesen Grunds盲tzen entspricht die Vorentscheidung nicht; die W眉rdigung des FG ist rechtsfehlerhaft und widerspr眉chlich.
a) Das FG hat zwar mit dem im Jahr 2003 abgeschlossenen Mietvertrag einen sp盲ter eintretenden Umstand zutreffend als Beweisanzeichen herangezogen. Wenn es aber zugunsten der Kl盲ger unterstellt, dem Mietvertrag mit dem Sohn liege der Entschluss zu einer dauerhaften Vermietung zugrunde, konnte es eine in den Streitjahren bestehende Absicht der Kl盲ger, das Erdgeschoss selbst zu nutzen, nicht allein deshalb annehmen, weil die Eheleute den Lebensabend auch in diesen R盲umen gemeinsam verbringen wollten. Diese vom FG angenommene "Lebensplanung" der Kl盲ger beruht n盲mlich --worauf die Revision zutreffend hinweist-- auf einer reinen Unterstellung, die das Gericht nicht aus Tatsachen, sondern lediglich aus seinem Vorverst盲ndnis herleitet, bei einer intakten Lebensgemeinschaft m眉ssten die Partner in jedem Fall auch bestrebt sein, r盲umlich zusammen zu wohnen. Dar眉ber hinaus w盲re --ausgehend von dieser Pr盲misse-- der vom FG gezogene Schluss nicht folgerichtig. H盲tten n盲mlich die Kl盲ger eine derartige Vorstellung gehabt, w盲re der Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages, dem --was das FG ja unterstellt-- die Absicht zur dauerhaften Vermietung zugrunde liegt, im n盲chsten Jahr nicht verst盲ndlich. Das FG hat auch bei seiner Schlussfolgerung den Vortrag der Kl盲ger unber眉cksichtigt gelassen, die Kl盲gerin habe auch nach dem Beginn ihrer Altersteilzeit weiterhin bei B in ihrer eigenen Wohnung leben wollen.
b) Wenn das FG von dem Grundsatz ausgeht, die Absicht, auf Dauer zu vermieten fehle, wenn der Steuerpflichtige das bebaute Grundst眉ck zwar unbefristet vermietet habe, aber bereits bei Abschluss des Mietvertrags feststehe, dass er das bebaute Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen werde oder wenn er sich noch nicht entschieden habe, ob er das Grundst眉ck langfristig wegen Eigenbedarfs f眉r eigene Wohnzwecke nutzen wolle, so stimmt damit nicht 眉berein, wenn das FG den Sachverhalt auf der Grundlage pr眉ft, dass dem Mietvertrag mit dem Sohn "der Entschluss zu einer dauerhaften Vermietung zu Grund lag".
Hinzu kommt: Wenn der Steuerpflichtige lediglich beabsichtigt, das Grundst眉ck "langfristig" einmal selbst zu nutzen, so kommt es darauf an, ob er seine tats盲chlich begonnene Vermietungst盲tigkeit nur zeitlich begrenzt ausrichten wollte. Ein Beweisanzeichen gegen die Eink眉nfteerzielungsabsicht hat die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang aber nur bejaht, wenn sich die Befristung mit einer ausdr眉cklich erkl盲rten Selbstnutzungsabsicht aus dem Mietvertrag ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695), w盲hrend sie lediglich indifferente 脺berlegungen zur Selbstnutzung als unsch盲dlich ansieht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 63/07, BFH/NV 2008, 1323).
Dar眉ber hinaus ist die Eink眉nfteerzielungsabsicht bei einer befristeten Vermietungst盲tigkeit nicht schlechthin zu verneinen. Als Indiz gegen die Eink眉nfteerzielungsabsicht f眉hrt sie dazu, die Absicht anhand einer Prognose nach den Grunds盲tzen des BFH-Urteils vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726) zu pr眉fen.
c) Auch das als Vergleich herangezogene Urteil des BFH vom 9. Juli 2002 IX R 47/99 (BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580) vermag den vom FG herausgehobenen Grundsatz nicht zu st眉tzen. Selbst wenn man der im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Vermietungst盲tigkeit ausgesprochenen K眉ndigung wegen Eigenbedarfs in gleicher Weise wie dem im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb durchgef眉hrten Verkauf eine Indizfunktion zubilligen wollte, so ist dieses Beweisanzeichen f眉r eine von vornherein gegebene Selbstnutzungsabsicht nicht ergiebig, wenn aufgrund eines nachtr盲glich gefassten Entschlusses der Vertrag gek眉ndigt wird. Im Streitfall ist aber unstreitig, dass der Kl盲ger sich zur K眉ndigung des Mietvertrages erst --und damit nachtr盲glich-- entschieden hatte, als sich die schwere Erkrankung der Kl盲gerin herausstellte, die die Kl盲ger dazu zwang, beide Haushalte in A zusammenzuf眉hren. Die Erw盲gung, die Vertragspartner seien das Mietverh盲ltnis nur "vorl盲ufig" eingegangen, ist nicht verifiziert und vom FG letztlich auch seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt worden.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird eine in sich widerspruchlose W眉rdigung nachzuholen haben. Hier muss es zun盲chst pr眉fen, ob es den Mietvertrag des Kl盲gers mit seinem Sohn steuerrechtlich 眉berhaupt zugrunde legen kann. Es wird also die zun盲chst offen gelassene Frage kl盲ren m眉ssen, ob der Mietvertrag lediglich zum Schein abgeschlossen worden ist (搂 41 Abs. 2 der Abgabenordnung). Ferner wird es zu entscheiden haben, ob der Vertrag dem Fremdvergleich entspricht. Ist der Mietvertrag auch steuerrechtlich anzuerkennen, wird zu kl盲ren sein, ob der Kl盲ger damit seine Vermietungst盲tigkeit auf Dauer ausgerichtet hat. Ist das zu bejahen, so ist das als sp盲ter eintretender Umstand auch f眉r die Streitjahre als Indiz zu w眉rdigen und es bedarf weiterer Tatsachen, um zu beurteilen, warum der Kl盲ger nicht schon in den Streitjahren beabsichtigt haben sollte zu vermieten. In diesem Zusammenhang wird das FG indes auch Umst盲nde zu ermitteln haben, aus denen sich ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbem眉hungen des Kl盲gers nach Fertigstellung der Bauma脽nahmen bereits ab dem Streitjahr 2002 (z.B. Vermietungsanzeigen usw.) ergeben.
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Fundstellen
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BFH/NV 2009, 150 |
HFR 2009, 457 |