听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsbescheid. Aufrechnung in sogenannten Bautr盲ger-F盲llen. keine Pflicht zur Verfahrensaussetzung
听
Leitsatz (amtlich)
1. Ist am finanzgerichtlichen Klageverfahren zwischen dem Zessionar und dem Anspruchsgegner der Zedent nicht beteiligt, liegt --auch au脽erhalb des Anwendungsbereichs des 搂 406 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs-- mangels Rechtskrafterstreckung keine Ermessensreduzierung auf null dahingehend vor, dass das Finanzgericht (FG) das Klageverfahren aussetzen m眉sste. Das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung ist dann lediglich eine Vorfrage zur Aufrechnung und von der Entscheidungsbefugnis des FG gem盲脽 搂 17 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes umfasst.
2. Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempf盲nger im Sinne des 搂 27 Abs. 19 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes ist bei bestehender Organschaft auch dann der Organtr盲ger, wenn zivilrechtlich die Organgesellschaft Vertragspartnerin des bauleistenden Unternehmers ist.
听
Normenkette
FGO 搂 74; UStG 搂听2 Abs. 2 Nr. 2, 搂听27 Abs. 19; AO 搂听218 Abs. 2, 搂听226 Abs.听1, 3; BGB 搂 406; GVG 搂 17 Abs. 2
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Die Revision der Kl盲gerin gegen das Urteil des Finanzgerichts M眉nster vom 17.06.2020 - 15 K 3839/17 AO wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Kl盲gerin zu tragen.
听
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten im Verfahren wegen Abrechnung dar眉ber, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in zul盲ssiger Weise mit (auf der Grundlage von 搂听27 Abs.听19 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) abgetretenen zivilrechtlichen Forderungen gegen Steuererstattungsanspr眉che der Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) aufgerechnet hat.
Rz. 2
Die Kl盲gerin ist Bauunternehmerin und Bautr盲gerin. In den Jahren 2006 und 2007 bestand zwischen der Kl盲gerin als Organgesellschaft und Herrn听U als Organtr盲ger und seit 2008 zwischen der Kl盲gerin als Organgesellschaft und der U听GmbH & Co. KG (U KG) als Organtr盲gerin eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft.
Rz. 3
Die Kl盲gerin bezog Eingangsleistungen, auf die die bauleistenden Unternehmer und die Kl盲gerin (in 脺bereinstimmung mit der damaligen Verwaltungsauffassung) die Regelungen zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen (搂听13b Abs.听1 Satz听1 Nr.听4 UStG a.F.) anwendeten.
Rz. 4
Nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.08.2013听- V听R听37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) beantragten U und die U听KG jeweils am 02.05.2014 die Erstattung der von ihnen als Organtr盲ger abgef眉hrten Umsatzsteuer. Dem Erstattungsantrag kam das FA vollumf盲nglich nach.
Rz. 5
Mit Schreiben vom 08.11.2016 teilte das FA der Kl盲gerin mit, dass mehrere bauleistende Unternehmer ihre zivilrechtlichen Umsatzsteuer-Nachforderungsanspr眉che gegen die Kl盲gerin an das FA abgetreten h盲tten. Mit diesen Forderungen rechne das FA gem盲脽 搂听226 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. 搂搂听387听ff. des B眉rgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegen ein Guthaben der Kl盲gerin wegen K枚rperschaftsteuer und Solidarit盲tszuschlag f眉r das Jahr 2015 sowie wegen K枚rperschaftsteuer f眉r das Jahr 2016 auf. Der verbleibende Erstattungsbetrag werde 眉berwiesen.
Rz. 6
In den vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen, vom FA 眉bermittelten Akten befinden sich --bezogen auf jede einzelne Forderung-- Abtretungsvertr盲ge, in denen der jeweilige Zedent der Forderung, das hei脽t der bauleistende Unternehmer hinsichtlich einer ihm im Hinblick auf 搂听27 Abs.听19 UStG gegen die Kl盲gerin zivilrechtlich zustehenden Forderung auf Nachzahlung der Umsatzsteuer, die vollst盲ndige Abtretung der Forderung an das FA best盲tigt und das FA die Abtretung annimmt. Die Abtretungsvertr盲ge sind jeweils durch den Zedenten und in Vertretung f眉r das FA durch den daf眉r zust盲ndigen Sachgebietsleiter unter Angabe des Datums und des Ortes unterschrieben. Der zeitlich letzte Abtretungsvertrag wurde am 06.03.2015 unterzeichnet. Den Abtretungsvertr盲gen sind berichtigte Rechnungen der bauleistenden Unternehmer an die Kl盲gerin mit offenem Steuerausweis beigef眉gt.
Rz. 7
Mit Schriftsatz vom 09.12.2016 beantragte die Kl盲gerin den Erlass eines Abrechnungsbescheids gem盲脽 搂听218 AO. Sie war der Auffassung, das FA sei nicht zur Aufrechnung berechtigt.
Rz. 8
Mit Abrechnungsbescheid vom 14.02.2017 stellte das FA fest, dass sich das Erhebungskonto der Kl盲gerin zum 30.09.2016 durch die Aufrechnungen ver盲ndert habe. Der Anspruch auf Erstattung von K枚rperschaftsteuer 2015 und Solidarit盲tszuschlag zur K枚rperschaftsteuer 2015 sei durch die Aufrechnungen mit den abgetretenen zivilrechtlichen Forderungen der bauleistenden Unternehmer gegen die Kl盲gerin in H枚he von 鈥μ偓 erloschen. Der danach noch verbleibende Erstattungsanspruch wurde mit einer Forderung eines anderen Finanzamts wegen Lohnsteuer August 2016 aufgerechnet. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16.11.2017).
Rz. 9
Das FG wies die Klage, mit der die Kl盲gerin geltend machte, dass die Aufrechnung des FA unzul盲ssig sei, weil keine Aufrechnungslage bestehe und den bauleistenden Unternehmern keine Umsatzsteuer-Nachforderungsanspr眉che gegen die Kl盲gerin zust眉nden, ab. Es nahm an, die vom FA erkl盲rten Aufrechnungen h盲tten die im Bescheid genannten Anspr眉che der Kl盲gerin wirksam zum Erl枚schen gebracht. Das Verfahren sei weder auszusetzen noch sei dem FA eine Frist zu setzen, um die abgetretenen Gegenforderungen auf dem Zivilrechtsweg feststellen zu lassen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1288 ver枚ffentlicht.
Rz. 10
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler.
Rz. 11
Sie macht geltend, die angeblichen zivilrechtlichen Anspr眉che der bauleistenden Unternehmer wegen Wegfalls der Gesch盲ftsgrundlage (搂听313 BGB) best眉nden nicht. Sie habe auf den Bestand der vertraglichen Regelungen vertraut. Au脽erdem habe nicht sie, die Kl盲gerin, sondern h盲tten die Organtr盲ger den Antrag auf Erstattung von zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer gestellt. Weiter sei relevant, in welcher H枚he das FA auf den Umsatzsteuererstattungsantrag der Organtr盲ger gezahlt habe. Die angeblichen zivilrechtlichen Anspr眉che gegen die Kl盲gerin st眉nden au脽erdem mit den Steuererstattungsanspr眉chen der Kl盲gerin nicht in Zusammenhang, was sch盲dlich sei. Aus ihrer Sicht habe das FA wegen ihres Bestreitens der Gegenforderungen schon keine Aufrechnungsbefugnis (搂听226 Abs.听3 AO analog). Ferner habe das FA gegen das Verbot widerspr眉chlichen Verhaltens (搂听226 AO i.V.m. 搂听242 BGB) und das Gebot der "Antragskongruenz" versto脽en. Die Aufrechnung versto脽e 眉berdies gegen das R眉ckwirkungsverbot, da der Erstattungsantrag von den Organtr盲gern vor Inkrafttreten des 搂听27 Abs.听19 UStG gestellt worden sei. Au脽erdem habe das FG keine Entscheidungskompetenz in Bezug auf die Beurteilung der zivilrechtlichen Fragestellung des Bestehens des zivilrechtlichen Nachforderungsanspruchs und der damit zusammenh盲ngenden Frage der Ordnungsgem盲脽heit der korrigierten Rechnungen der bauleistenden Unternehmer, weshalb es das Verfahren h盲tte aussetzen m眉ssen. Das Ermessen des FG sei insoweit auf null reduziert gewesen. Das FG h盲tte das FA zur Kl盲rung der zivilrechtlichen Vorfragen auf den Zivilrechtsweg verweisen m眉ssen und h盲tte nicht selbst 眉ber die zivilrechtlichen Vorfragen entscheiden d眉rfen.
Rz. 12
Die Kl盲gerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Abrechnungsbescheid vom 14.02.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2017 dahingehend zu 盲ndern, dass die Anspr眉che wegen K枚rperschaftsteuer 2015 und Solidarit盲tszuschlag zur K枚rperschaftsteuer 2015 nicht durch Aufrechnung erloschen sind,
hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben, das Verfahren auszusetzen und dem FA eine Frist zu setzen, um die abgetretenen Gegenforderungen auf dem Zivilrechtsweg feststellen zu lassen.
Rz. 13
Das FA beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II.
Rz. 14
Die Zust盲ndigkeit des erkennenden Senats ergibt sich aus Teil听A, XI.听Senat, Nr.听2 i.V.m. Teil听A, Erg盲nzende Regelungen, Nr.听III.4. Buchst.听b und Teil听A, VII.听Senat, Nr.听5 Buchst.听c i.V.m. Teil听A, Erg盲nzende Regelungen, Nr.听IV.1. des Gesch盲ftsverteilungsplans des BFH. Der Senat ist f眉r die K枚rperschaftsteuer der Kl盲gerin, gegen die das FA mit zivilrechtlichen Anspr眉chen aufgerechnet hat, zust盲ndig.
III.
Rz. 15
Die Revision ist unbegr眉ndet; sie ist daher zur眉ckzuweisen (搂听126 Abs.听2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend angenommen, dass die vom FA erkl盲rten Aufrechnungen wirksam sind und das Verfahren nicht auszusetzen ist.
Rz. 16
1. Das FG hat zu Recht angenommen, dass das FA zum Erlass eines Abrechnungsbescheids berechtigt und verpflichtet war.
Rz. 17
a) Gem盲脽 搂听218 Abs.听1 und Abs.听2 Satz听1 AO ergeht unter anderem dann ein Abrechnungsbescheid, wenn die Verwirklichung von Anspr眉chen aus dem Steuerschuldverh盲ltnis (搂听37 AO) und ihr Erl枚schen (搂听47 AO) durch Aufrechnung (搂听226 Abs.听1 AO i.V.m. 搂搂听387听ff. BGB) streitig sind (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19.03.2019听- VII听R听27/17, BFHE 263, 483, BStBl II 2020, 31, Rz听14; vom 18.02.2020听- VII听R听39/18, BFHE 268, 391, BStBl II 2023, 224, Rz听22). Dies gilt auch in sogenannten Bautr盲ger-F盲llen (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2019听- V听R听21/18, BFHE 266, 10, BStBl II 2020, 35, Rz听24).
Rz. 18
b) Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen vor; denn es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die unstreitig bestehenden Erstattungsanspr眉che der Kl盲gerin wegen K枚rperschaftsteuer und Solidarit盲tszuschlag 2015 durch Aufrechnung mit zivilrechtlichen Anspr眉chen der bauleistenden Unternehmer gegen die Kl盲gerin auf Nachzahlung von Umsatzsteuer, die diese an das FA abgetreten haben, erloschen sind. Eine Kl盲rung der Wirksamkeit der Aufrechnung eines FA erfolgt im Festsetzungsverfahren nicht (vgl. BFH-Urteil vom 23.01.2019听- XI听R听21/17, BFHE 264, 60, BStBl II 2019, 354, Rz听26).
Rz. 19
2. Die in ihrer Revisionsbegr眉ndungsschrift erhobene Verfahrensr眉ge der Kl盲gerin, das FG habe das Verfahren zu Unrecht nicht nach 搂听74 FGO ausgesetzt, obwohl eine Ermessensreduzierung auf null vorliege, greift nicht durch. Ist am Klageverfahren zwischen dem Zessionar (hier: das FA) und dem Anspruchsgegner (hier: die Kl盲gerin) der Zedent (hier: die bauleistenden Unternehmer) nicht beteiligt, liegt keine Ermessensreduzierung auf null vor, da das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung dann von der Entscheidungsbefugnis der Finanzgerichtsbarkeit gem盲脽 搂听17 Abs.听2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) umfasst ist.
Rz. 20
a) Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein Finanzgericht in bestimmten F盲llen verpflichtet ist, ein bei ihm anh盲ngiges Klageverfahren gem盲脽 搂听74 FGO auszusetzen (Ermessensreduzierung auf null). Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn im Falle der Aufrechnung die Gegenforderung --wie im Streitfall-- nicht rechtskr盲ftig festgestellt ist und vom Anspruchsgegner bestritten wird. In einem solchen Fall darf das Gericht 眉ber das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung grunds盲tzlich nicht entscheiden, sondern muss das Verfahren aussetzen, bis das zust盲ndige Gericht 眉ber den Bestand der zur Aufrechnung gestellten, vom Anspruchsgegner bestrittenen zivilrechtlichen Forderung entschieden hat (vgl. BFH-Beschl眉sse vom 09.04.2002听- VII听B听73/01, BFHE 198, 55, BStBl II 2002, 509, unter II.1.; vom 01.12.2004听- VII听B听245/04, BFH/NV 2005, 711; vom 19.02.2007听- VII听B听253/06, BFH/NV 2007, 968; BFH-Urteil vom 31.05.2005听- VII听R听56/04, BFH/NV 2005, 1759). Ein Versto脽 hiergegen ist ein Verfahrensfehler (vgl. BFH-Beschluss vom 09.04.2002听- VII听B听73/01, BFHE 198, 55, BStBl II 2002, 509, unter II.1. und II.2.).
Rz. 21
b) Zu dieser Ermessensreduzierung auf null kommt es jedoch nicht ausnahmslos. Sie scheidet zum Beispiel in den F盲llen aus, in denen ein Zessionar klagt und ihm gegen眉ber nach 搂听406 BGB mit einer Forderung gegen den Zedenten aufgerechnet wird. Insoweit kommt es nicht zu der Rechtskraftwirkung nach 搂听322 Abs.听2 der Zivilprozessordnung (ZPO) f眉r den Zedenten, da sich die Rechtskraft eines Urteils nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger (搂听110 Abs.听1 FGO, 搂听325 Abs.听1 ZPO) erstreckt, nicht aber auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte wie im Falle der Abtretung der Zedent als Rechtsvorg盲nger des an dem Prozess beteiligten Zessionars (vgl. BFH-Beschl眉sse vom 06.08.1985听- VII听B听3/85, BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672, unter I.3.d; vom 01.12.1992听- VII听B听229/91, BFH/NV 1994, 479, unter II. a.E.; vom 25.11.1997听- VII听B听146/97, BFHE 184, 242, BStBl II 1998, 200, unter 2.b; BFH-Urteile vom 23.02.1988听- VII听R听52/85, BFHE 152, 317, BStBl II 1988, 500, unter 4.; vom 01.08.2017听- VII听R听12/16, BFHE 259, 207, BStBl II 2018, 737, Rz听15: Th眉rmer in H眉bschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, 搂听74 FGO Rz听74). Ist danach am Klageverfahren zwischen dem Zessionar und dem Anspruchsgegner --wie hier-- der Zedent nicht beteiligt, liegt --auch au脽erhalb des Anwendungsbereichs des 搂听406 BGB-- mangels Rechtskrafterstreckung keine Ermessensreduzierung auf null vor. Das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung ist in einem solchen Fall auch dann lediglich eine Vorfrage zur Aufrechnung und von der Entscheidungsbefugnis der Finanzgerichtsbarkeit gem盲脽 搂听17 Abs.听2 GVG umfasst (vgl. BFH-Urteil in BFHE 259, 207, BStBl II 2018, 737, Rz听16).
Rz. 22
c) Das FG hat das ihm zustehende Ermessen, ob es gem盲脽 搂听74 FGO aussetzt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672; BFH-Urteil in BFHE 259, 207, BStBl II 2018, 737, Rz听19), in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausge眉bt, dass es nicht aussetzt. Die umfangreich vorhandene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den zivilrechtlichen Fragen des Streitfalls und die bisher h枚chstrichterlich nicht gekl盲rte umsatzsteuerrechtliche Frage, welche Bedeutung eine Organschaft insoweit hat, sprechen f眉r die vom FG pr盲ferierte Entscheidung auf dem Finanzrechtsweg.
Rz. 23
d) Der Anspruch der Kl盲gerin auf Gew盲hrung effektiven Rechtsschutzes (Art.听19 Abs.听4 des Grundgesetzes) wird durch die Entscheidung des FG 眉ber die rechtswegfremden Vorfragen nicht verfassungswidrig eingeschr盲nkt (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 14.02.2016听- 1听BvR听3514/14, Neue Zeitschrift f眉r Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2016, 361, Rz听7); denn gem盲脽 搂听17 Abs.听2 Satz听1 GVG entscheidet das Gericht des zul盲ssigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Dies bedeutet nach allgemeinem Verst盲ndnis, dass es auch rechtswegfremde, entscheidungserhebliche Vorfragen pr眉ft und 眉ber sie entscheidet (vgl. BVerfG-Beschluss vom 29.07.2010听- 1听BvR听1634/04, Neue Zeitschrift f眉r Verwaltungsrecht 2010, 1482, Rz听51). Das Bestehen der abgetretenen Gegenforderung und die zivilrechtlichen Einwendungen der Kl盲gerin werden entweder --wie im Streitfall wegen der Nichtaussetzung gem盲脽 搂听74 FGO-- als Vorfragen in vollem Umfang von den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit oder --im Falle der Aussetzung unter Verweis auf den Zivilrechtsweg (搂听74 FGO)-- von den ordentlichen Gerichten gepr眉ft.
Rz. 24
e) Tatsachen, die bei der Kl盲gerin die Sorge begr眉nden k枚nnten, die zivilrechtlichen Vorfragen w盲ren auf dem Finanzrechtsweg nicht in verfassungsrechtlich hinreichender Weise gepr眉ft worden, sind nicht ersichtlich. Das Gegenteil zeigt sich im Streitfall unter anderem daran, dass umfangreiche Rechtsprechung des BGH zum Bestand und Inhalt der zivilrechtlichen Gegenforderung vorhanden ist, auf die das FG zur眉ckgegriffen hat und der es in vollem Umfang gefolgt ist.
Rz. 25
3. Zutreffend hat das FG weiter angenommen, dass die Voraussetzungen f眉r eine Aufrechnung nach 搂听226 AO i.V.m. 搂搂听387听ff. BGB im Streitfall erf眉llt sind.
Rz. 26
a) Nach 搂听226 Abs.听1 AO gelten f眉r die Aufrechnung gegen Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis sinngem盲脽 die Vorschriften des b眉rgerlichen Rechts. Gem盲脽 搂听387 BGB k枚nnen Forderungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, gegeneinander aufgerechnet werden, sobald die eine Leistung gefordert und die andere Leistung bewirkt werden kann. Eine Aufrechnung von Anspr眉chen aus dem Steuerschuldverh盲ltnis setzt mithin voraus, dass im Zeitpunkt der Aufrechnungserkl盲rung (vgl. BFH-Beschluss vom 12.07.1999听- VII听B听29/99, BFH/NV 2000, 4, unter 1.a) eine Aufrechnungslage besteht, das hei脽t die Forderung des Aufrechnenden, mit der aufgerechnet werden soll (sogenannte Gegenforderung), entstanden und auch f盲llig ist, und die Forderung des Aufrechnungsgegners, gegen die aufgerechnet werden soll (sogenannte Hauptforderung), bereits entstanden und schon erf眉llbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 13.01.2000听- VII听R听91/98, BFHE 191, 5, BStBl II 2000, 246, unter 1., m.w.N.). Die erfolgreiche Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegen眉bergetreten sind (搂听389 BGB). Dies gilt auch f眉r Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis (搂听47, 搂听226 Abs.听1 AO).
Rz. 27
b) Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen der Aufrechnung im Zeitpunkt der Aufrechnungserkl盲rung des FA am 08.11.2016 vorlagen.
Rz. 28
aa) Der Kl盲gerin stand gegen das FA zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Erstattungsanspruch aus K枚rperschaftsteuer 2015 und Solidarit盲tszuschlag zur K枚rperschaftsteuer 2015 --wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig-- eine erf眉llbare Hauptforderung zu.
Rz. 29
bb) Wie das FG in seinem Urteil in EFG 2020, 1288, Rz听33听ff. entschieden hat, waren die Gegenforderungen, mit denen das FA aufgerechnet hat, entstanden. Die bauleistenden Unternehmer verf眉gten jeweils 眉ber einen gleichartigen Anspruch gegen die Kl盲gerin auf Nachforderung von Umsatzsteuer aufgrund Wegfalls der Gesch盲ftsgrundlage gem盲脽 搂听313 BGB sowie aus erg盲nzender Vertragsauslegung. Soweit ein Erstattungsantrag der U听KG (und des U) vor Inkrafttreten des 搂听27 Abs.听19 UStG gestellt wurde, vermag dies nichts am Entstehen des zivilrechtlichen Anspruchs auf Nachforderung der Umsatzsteuer zu 盲ndern. Der Entstehung der zivilrechtlichen Anspr眉che auf Nachforderung der Umsatzsteuer kann nicht entgegengehalten werden, dass die Umsatzsteuerfestsetzungen der Bauleistenden nicht h盲tten ge盲ndert werden k枚nnen und d眉rfen. Diese zivilrechtlichen Anspr眉che sind im Verh盲ltnis zwischen den Bauleistenden und der Kl盲gerin entstanden, da zwischen ihnen der jeweilige Vertrag 眉ber die Erbringung der Bauleistung abgeschlossen worden ist. Dass die Kl盲gerin umsatzsteuerrechtlich als Organgesellschaft zum Unternehmen der Organtr盲ger geh枚rte und die Organtr盲ger Erstattung beantragten, steht dem nicht entgegen. Eine Nettopreis-Abrede wurde nicht getroffen. Ob die Organtr盲ger tats盲chlich eine Erstattung erhalten h盲tten, musste nach Auffassung des FG nicht gepr眉ft werden.
Rz. 30
cc) Diese Beurteilung des FG ist frei von Rechtsfehlern und h盲lt den Angriffen der Revision stand.
Rz. 31
(1) Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des BGH steht einem Bauunternehmer bei einem vor dem Erlass des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 abgeschlossenen Bauvertrag mit einem Bautr盲ger aufgrund erg盲nzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags gegen seinen Vertragspartner zu, wenn beide Vertragsparteien 眉bereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bautr盲gers gem盲脽 搂听13b UStG ausgegangen sind, der Bautr盲ger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgef眉hrt hat und wegen eines Erstattungsverlangens des Bautr盲gers f眉r den Bauunternehmer die Gefahr besteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gem盲脽 搂听27 Abs.听19 UStG die Umsatzsteuer abf眉hren zu m眉ssen (vgl. BGH-Urteile vom 17.05.2018听- VII听ZR听157/17, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2018, 661; vom 10.01.2019听- VII听ZR听6/18, HFR 2019, 329; vom 10.01.2019听- VII听ZR听7/18, juris; vom 16.07.2020听- VII听ZR听204/18, HFR 2020, 958; vom 14.10.2021听- VII听ZR听242/20, HFR 2022, 93). Dem folgt der BFH auch in der rechtlichen Einordnung (vgl. BFH-Urteil vom 23.01.2019听- XI听R听21/17, BFHE 264, 60, BStBl II 2019, 354, Rz听23听f., m.w.N.). Ausreichend f眉r das Entstehen dieses Anspruchs ist, dass wegen eines Erstattungsverlangens des Bautr盲gers f眉r den Bauunternehmer die Gefahr besteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gem盲脽 搂听27 Abs.听19 UStG die Umsatzsteuer abf眉hren zu m眉ssen. Diese Gefahr besteht bereits dann, wenn eine Finanzbeh枚rde (und sei es auch unter etwaiger fehlerhafter Beurteilung der Rechtslage) den Bauunternehmer auf der Grundlage des 搂听27 Abs.听19 UStG als Steuerschuldner in Anspruch nimmt, weil der Bautr盲ger hinsichtlich der von ihm abgef眉hrten Umsatzsteuer einen Erstattungsantrag gestellt hat (vgl. BGH-Urteil in HFR 2022, 93, Rz听29).
Rz. 32
(2) Bezogen auf den Streitfall bestand diese Gefahr; denn beide Vertragsparteien haben nach den tats盲chlichen Feststellungen des FG bei Vertragsschluss 眉bereinstimmend angenommen, dass Schuldner der Umsatzsteuer entsprechend der fr眉heren Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung nicht die bauleistenden Unternehmer, sondern die jeweilige Leistungsempf盲ngerin (das hei脽t die Kl盲gerin oder --bei Kenntnis der bauleistenden Unternehmer vom Vorliegen einer Organschaft-- der jeweilige Organtr盲ger) sei. Ihr 眉bereinstimmendes Verst盲ndnis war damit, dass die auf die Bauleistungen entfallende Umsatzsteuer von der Leistungsempf盲ngerin (der Kl盲gerin oder den Organtr盲gern) getragen werden sollte. Der an die bauleistenden Unternehmer gezahlte Betrag sollte danach ein Nettobetrag (ohne Umsatzsteuer) sein und insgesamt der Bruttobetrag gezahlt werden (teilweise von der Kl盲gerin an die bauleistenden Unternehmer und teilweise von den Organtr盲gern an das FA sowie im Wege des Innenausgleichs von der Kl盲gerin an die Organtr盲ger). Mit dem Erstattungsantrag der Organtr盲ger wurde jedoch klar, dass es dabei nicht bleiben sollte. F眉r die bauleistenden Unternehmer wurde sp盲testens aufgrund der Aufforderung des FA, ihre zivilrechtlichen Anspr眉che gegen die Kl盲gerin an das FA abzutreten, offenbar, dass f眉r sie, die bauleistenden Unternehmer, die Gefahr besteht, dass das FA gegen sie nach 搂听27 Abs.听19 UStG vorgehen werde.
Rz. 33
(3) Dieser Beurteilung stehen --entgegen der Auffassung der Kl盲gerin-- die bestehenden beiden Organschaften nicht entgegen (vgl. dazu auch Urteile des Oberlandesgerichts --OLG-- Hamm vom 18.06.2020听- 24听U听64/19, NJW-RR 2020, 1146, Rz听88听ff.; OLG Stuttgart vom 03.03.2020听- 10听U听406/19, Immobilien- und Baurecht --IBR-- 2022, 58, Rz听3, 42, 46 und 80; nachgehend dazu BGH-Beschluss vom 13.01.2021听- VII听ZR听46/20, juris).
Rz. 34
(a) Es trifft zwar im Ausgangspunkt zu, dass die Kl盲gerin auch als Organgesellschaft weiter selbst盲ndig im Sinne des 搂听2 Abs.听1 UStG war (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.2023听- XI听R听29/22 (XI听R听16/18), Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2023, 638; BFH-Beschluss vom 26.01.2023听- V听R听20/22 (V听R听40/19), BStBl II 2023, 530). Auch blieb die Kl盲gerin, wie sie zu Recht geltend macht, zivilrechtlich selbst盲ndig, so dass auch die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten des Organkreises keine Ver盲nderung erfuhren (vgl. BFH-Beschluss vom 30.11.2011 - VII B 99/11, BFH/NV 2012, 805; BFH-Urteil vom 14.03.2012听- XI听R听28/09, BFH/NV 2012, 1493, Rz听36; BGH-Urteil vom 29.01.2013听- II听ZR听91/11, HFR 2013, 537, Rz听12). Das FG hat deshalb zu Recht angenommen, dass sich der zivilrechtliche Nachzahlungsanspruch der bauleistenden Unternehmer trotz der Organschaft gegen die Kl盲gerin richtet.
Rz. 35
(b) Dies f眉hrt jedoch, anders als die Kl盲gerin meint, nicht dazu, dass der Erstattungsanspruch nicht im Sinne des 搂听27 Abs.听19 UStG vom Leistungsempf盲nger gestellt worden w盲re. Umsatzsteuerrechtlich werden jegliche Ausgangsums盲tze (vgl. BFH-Urteile vom 22.02.2017听- XI听R听13/15, BFHE 257, 160, BStBl II 2021, 782, Rz听45; in DStR 2023, 638, Rz听23) und Leistungsbez眉ge (vgl. BFH-Urteile vom 03.04.2003听- V听R听63/01, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, unter II.1.; vom 10.11.2010听- XI听R听25/08, BFH/NV 2011, 839, Rz听18; vom 29.01.2014听- XI听R听4/12, BFHE 244, 131, Rz听33) im Verh盲ltnis zu Dritten dem Organtr盲ger, der nach 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG unionsrechtskonform zum einzigen Steuerpflichtigen der Organschaft bestimmt ist (BFH-Urteil in DStR 2023, 638, Rz听23听ff.), zugerechnet, so dass zum Beispiel auch ihm (und nicht der Organgesellschaft) ein gegebenenfalls bestehendes Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. Das bedeutet, dass umsatzsteuerrechtlich die Organtr盲ger Leistungsempf盲nger der Leistungen der Bauunternehmer waren und daher auch die umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempf盲nger im Sinne des 搂听27 Abs.听19 UStG den Erstattungsantrag gestellt haben, obwohl zivilrechtlich die Kl盲gerin Vertragspartnerin (und damit zivilrechtliche Leistungsempf盲ngerin und Zahlungsverpflichtete) war.
Rz. 36
(c) Wegen dieser unterschiedlichen Sichtweisen des Zivilrechts und des Umsatzsteuerrechts kann es zwar sein, dass aufgrund des Erstattungsantrags der Organtr盲ger ein Gesamtschuldnerausgleich zwischen der Kl盲gerin und ihren jeweiligen Organtr盲gern erforderlich werden kann oder ein bereits erfolgter Ausgleich r眉ckg盲ngig gemacht werden muss. Dies hat jedoch, worauf das FG zu Recht hingewiesen hat, mit den Organtr盲gern nach b眉rgerlichem Recht entsprechend 搂听426 BGB zu erfolgen (vgl. BGH-Urteil in HFR 2013, 537, Rz听10 und 15听ff.; BFH-Beschluss vom 20.02.2018听- XI听B听129/17, BFH/NV 2018, 641, Rz听28), wor眉ber vorliegend nicht zu befinden ist. Ob und wie der zivilrechtliche Innenausgleich im Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorgenommen worden ist und ob er aufgrund der Erstattungsantr盲ge gegebenenfalls r眉ckg盲ngig gemacht werden muss, bedarf deshalb keiner weiteren Aufkl盲rung.
Rz. 37
(d) Auf die Frage, welche Auswirkungen eine auf Seiten des bauleistenden Unternehmers bestehende Organschaft auf 搂听27 Abs.听19 UStG hat (vgl. dazu Urteil des S盲chsischen FG vom 03.02.2021听- 2听K听763/20, EFG 2021, 1235; Aktenzeichen des BFH: V听R听5/21), kommt es hier nicht an.
Rz. 38
(4) Ist danach f眉r das Entstehen des zivilrechtlichen Anspruchs der bauleistenden Unternehmer gegen die Kl盲gerin auf Nachzahlung der Umsatzsteuer nur entscheidend, dass f眉r die bauleistenden Unternehmer die Gefahr bestand, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gem盲脽 搂听27 Abs.听19 UStG die Umsatzsteuer an das FA abf眉hren zu m眉ssen, kommt es entgegen der Auffassung der Revision f眉r das Entstehen dieses zivilrechtlichen Anspruchs der bauleistenden Unternehmer nicht darauf an, in welcher H枚he das FA Zahlungen an die Organtr盲ger der Kl盲gerin geleistet hat, zumal es an der Kl盲gerin gewesen w盲re, im Rahmen einer sekund盲ren Darlegungslast detailliert vorzutragen, in welchen F盲llen ein Erstattungsantrag ihrer Organtr盲ger fehlt (vgl. Urteil des OLG Stuttgart in IBR 2022, 58, Rz听3, 46, 57). Auch musste das FG nicht der Frage nachgehen, ob die Inanspruchnahme der Bauunternehmer gem盲脽 搂听27 Abs.听19 UStG umsatzsteuerrechtlich zu Recht erfolgt. Unerheblich ist au脽erdem, ob als Anspruchsteller der bauleistende Unternehmer oder die Finanzverwaltung auftritt (BGH-Urteil in HFR 2020, 958, Rz听19) und ob der bauleistende Unternehmer die geschuldete Umsatzsteuer aufgrund insolvenzrechtlicher Vorschriften gegebenenfalls nicht in voller H枚he an den Fiskus wird abf眉hren m眉ssen (BGH-Urteil in HFR 2020, 958, Rz听20). Es kommt 眉berdies --anders als die Kl盲gerin meint-- nicht darauf an, dass die Organtr盲ger der Kl盲gerin nach Angaben der Kl盲gerin bei R眉ckforderung der von ihnen zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer nicht wussten und auch nicht wissen mussten, dass dies zu einer Belastung der leistenden Unternehmer f眉hren w眉rde, sondern davon ausgegangen sind, die Erstattung werde wegen der vertrauenssch眉tzenden Regelung des 搂听176 Abs.听2 AO keine Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung gegen die leistenden Unternehmer haben (vgl. BFH-Urteil in BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz听57).
Rz. 39
(5) Dass das BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 Auswirkungen auf bestehende Vertragsverh盲ltnisse hat, indem es zu einem Nachzahlungsanspruch infolge erg盲nzender Vertragsauslegung f眉hrt, verst枚脽t nach 眉bereinstimmender Rechtsprechung des BGH und des BFH nicht gegen das verfassungsrechtliche R眉ckwirkungsverbot (vgl. BFH-Urteil vom 23.02.2017听- V听R听16,听24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz听62; BGH-Urteile in HFR 2019, 329, Rz听18; vom 10.01.2019听- VII听ZR听7/18, juris, Rz听18; in HFR 2020, 958, Rz听15). Die Revision zeigt keine Argumente auf, die Anlass dazu g盲ben, von dieser Rechtsprechung abzur眉cken.
Rz. 40
(6) Die Berufung der Kl盲gerin auf Vertrauensschutz greift schon deshalb nicht durch, weil kein sch眉tzenswertes Vertrauen besteht. Es entsprach dem Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss, dass die Bautr盲ger die (nicht als Vorsteuer abziehbare) Umsatzsteuer auf die von ihnen bezogenen Bauleistungen tragen (vgl. Urteil des OLG K枚ln vom 30.03.2022听- 16听U听113/21, DStR 2022, 2333, Rz听57). Bei Vertragsschluss bestand daher kein Vertrauen der Kl盲gerin, dass sie die Leistungen ohne Belastung mit Umsatzsteuer werde beziehen k枚nnen. Ein solches Vertrauen konnte sich auch nicht als Folge des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 bilden. Soweit sich die Kl盲gerin darauf beruft, ist nach der Rechtsprechung des BFH das Interesse der Organtr盲ger der Kl盲gerin und der Kl盲gerin an der Ausnutzung von steuerrechtlichen Zufallsgewinnen ("windfall profits") unter Ber眉cksichtigung der Interessenlage aller Beteiligten nicht schutzw眉rdig, weil die M枚glichkeit zu einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug systemwidrig ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz听57; in BFHE 264, 60, BStBl II 2019, 354, Rz听23; s.a. BFH-Beschluss vom 23.09.2020听- XI听R听22/18, BFHE 270, 562, BStBl II 2021, 325, Rz听60). Ziel des Regelungskonzepts des 搂听27 Abs.听19 UStG, den der BFH in st盲ndiger Rechtsprechung als verfassungsgem盲脽 ansieht, ist es, tats盲chliche Zahlungsvorg盲nge m枚glichst durch Abtretung (搂听27 Abs.听19 Satz听4 UStG) und Aufrechnung (搂听37 Abs.听1 AO, 搂听226 Abs.听1 AO, 搂听389 BGB) zu ersetzen, um zu einem Nullsummenspiel f眉r alle Beteiligten zu kommen (Kessens, Zeitschrift f眉r das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2019, 308, 315), damit die Umsatzsteuer dadurch letztlich dort ankommt, wo sie materiell-rechtlich auch hingeh枚rt, n盲mlich beim Fiskus (Meixner/Schr枚der, DStR 2022, 2235, 2236). Dass die abtretbaren Anspr眉che als Folge des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 entstanden sind, entspricht der oben genannten Rechtsprechung des BGH. Die zutreffende Lastenverteilung innerhalb des Organkreises sichert der interne Gesamtschuldnerausgleich analog 搂听426 BGB.
Rz. 41
(7) Entgegen der Annahme der Kl盲gerin w眉rde es f眉r den Anspruch aus erg盲nzender Vertragsauslegung auch nicht an einer formellen Voraussetzung fehlen, wenn keine Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt worden w盲ren. Das Fehlen einer Rechnung mit offenem Steuerausweis w眉rde die Entstehung des zivilrechtlichen Anspruchs der bauleistenden Unternehmer gegen die Kl盲gerin auf Zahlung des Umsatzsteueranteils nicht hindern, sondern k枚nnte nur dazu f眉hren, dass die Zahlung nur Zug um Zug gegen Vorlage der Rechnung verlangt werden kann (vgl. BGH-Urteil in HFR 2020, 958, Rz听21). Im Streitfall liegen allerdings Rechnungen der bauleistenden Unternehmer mit offenem Steuerausweis vor, die sich bei den Akten befinden. Nach den Feststellungen des FG (in EFG 2020, 1288, Rz听61) wurde bei keiner Rechnung auch nur ein Rechnungsmerkmal im Sinne des 搂听14 Abs.听4 UStG benannt, das den gesetzlichen Anforderungen nicht gen眉gen soll. Gleiches gilt f眉r das Vorbringen im Revisionsverfahren.
Rz. 42
(8) Der Vortrag, dass nach der Rechtsprechung des BFH in F盲llen des 搂听27 Abs.听19 UStG Fragen des Erhebungsverfahrens bereits im Festsetzungsverfahren gekl盲rt werden m眉ssen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz听38), verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. F眉r den Leistungsempf盲nger gilt die Trennung von Festsetzungs- und Erhebungsverfahren unver盲ndert fort, so dass es f眉r das 脛nderungsbegehren des Leistungsempf盲ngers auf eine f眉r das FA bestehende Aufrechnungsm枚glichkeit nicht ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 27.09.2018听- V听R听49/17, BFHE 262, 571, BStBl II 2019, 109, Rz听20). Konnte das FA die niedrigere Festsetzung der Umsatzsteuer der Organtr盲ger nicht mit dieser Begr眉ndung verweigern, kann nun auch die Kl盲gerin der Aufrechnung des FA nicht entgegenhalten, dass das FA seine Aufrechnungsm枚glichkeit (und damit den Bestand der abgetretenen Forderung) bereits im Festsetzungsverfahren der Organtr盲ger h盲tte pr眉fen m眉ssen.
Rz. 43
(9) Ebenfalls zutreffend hat das FG die Einrede, die Anspr眉che seien verj盲hrt, f眉r nicht durchgreifend erachtet. Die zivilrechtliche Verj盲hrungsfrist f眉r derartige Anspr眉che war im Jahr 2016 noch nicht abgelaufen (vgl. BGH-Urteil in HFR 2019, 329, Rz听29).
Rz. 44
dd) Die erforderliche Gegenseitigkeit wurde im Streitfall, wie das FG (in EFG 2020, 1288, Rz 47听ff.) zutreffend angenommen hat, dadurch hergestellt, dass die bauleistenden Unternehmer ihre Anspr眉che an das FA abgetreten haben. Das Vorliegen einer Organschaft 盲ndert daran nichts (s. oben III.3.b听cc听(3)). Die abgetretenen Anspr眉che waren abtretbar (vgl. BFH-Urteil in BFHE 264, 60, BStBl II 2019, 354, Rz听23 m.w.N.).
Rz. 45
ee) Weiterhin war --entgegen der Auffassung der Revision-- die Aufrechnungsbefugnis des FA nicht analog 搂听226 Abs.听3 AO eingeschr盲nkt, weil diese Regelung ausdr眉cklich nur f眉r die Aufrechnung durch den Steuerpflichtigen gilt; die Finanzbeh枚rde kann folglich auch mit bestrittenen Forderungen aufrechnen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 259, 207, BStBl II 2018, 737, Rz听18; Steinhauff in HHSp, 搂听34 FGO Rz听66; Rozek in HHSp, 搂听226 AO Rz听76, 140; Th眉rmer in HHSp, 搂听74 FGO Rz听71; Loose in Tipke/Kruse, 搂听226 AO Rz听39). F眉r eine Analogie zu 搂听226 Abs.听3 AO fehlt es angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts an einer L眉cke und besteht angesichts der unter III.2. dargestellten Rechtsprechung zu 搂听74 FGO kein Bed眉rfnis.
Rz. 46
ff) Es ist weder treuwidrig noch eine unzul盲ssige Rechtsaus眉bung, wenn sich das FA zur Vermeidung steuerrechtlicher Zufallsgewinne die Anspr眉che der bauleistenden Unternehmer abtreten l盲sst, um mit diesen Anspr眉chen gegen den Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen aufzurechnen (vgl. BGH-Urteil in HFR 2022, 93, Rz听41听ff.; zum Antrag des Erstattungsberechtigten vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 571, BStBl II 2019, 109, Rz听21).
Rz. 47
Dass dies in Organschafts-Konstellationen dazu f眉hrt, dass anschlie脽end gegebenenfalls ein interner Gesamtschuldnerausgleich unter den Mitgliedern des Organkreises (vgl. allgemein BGH-Urteil in HFR 2013, 537, Rz听10 und 15听ff.) erforderlich werden kann oder ein fr眉herer Gesamtschuldnerausgleich r眉ckg盲ngig gemacht werden muss, um zwischen der Kl盲gerin und ihren Organtr盲gern (wieder) eine zutreffende interne Lastenverteilung herzustellen, macht das Verhalten des FA nicht treuwidrig. Eine Aufrechnung des FA mit den Erstattungsanspr眉chen der Organtr盲ger war mangels Gegenseitigkeit unm枚glich, weil sich die abgetretenen Nachzahlungsanspr眉che der bauleistenden Unternehmer gegen die Kl盲gerin als zivilrechtliche Vertragspartnerin und nicht gegen die umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempf盲nger richteten.
Rz. 48
4. Soweit das FA im angefochtenen Abrechnungsbescheid die Aufrechnung des verbleibenden Guthabens mit Lohnsteuer f眉r den Monat August 2016 f眉r rechtm盲脽ig gehalten hat, sind Rechtsfehler weder von der Kl盲gerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Rz. 49
5. Falls der Hilfsantrag der Kl盲gerin als Antrag zu verstehen sein sollte, das Revisionsverfahren XI听R听45/20 auszusetzen, hat dieser Antrag aus den unter III.2. genannten Gr眉nden keinen Erfolg.
Rz. 50
6. Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听135 Abs.听2 FGO.
Rz. 51
7. Der Senat entscheidet mit Einverst盲ndnis der Beteiligten ohne m眉ndliche Verhandlung (搂听90 Abs.听2, 搂听121 Satz听1 FGO).
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 15945613 |
BFH/NV 2023, 1375 |
BFH/PR 2024, 12 |
BStBl II 2023, 1082 |
BB 2023, 2261 |
BB 2023, 2403 |
DStR 2023, 10 |
DStR 2023, 2282 |
DStRE 2023, 1337 |