听
Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug einer gesch盲ftsleitenden Holding
听
Leitsatz (amtlich)
1. Sind unter Umst盲nden wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass einer gesch盲ftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsums盲tze an Tochtergesellschaften ausf眉hrt, das Recht auf Vorsteuerabzug auch f眉r Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gew盲hrung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, zusteht, obwohl die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Ums盲tzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien T盲tigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Ums盲tze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen T盲tigkeit der Holding geh枚ren?
2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Stellt es einen Rechtsmissbrauch im Sinne der Rechtsprechung des EuGH dar, wenn eine gesch盲ftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften "zwischengeschaltet" wird, dass sie die Leistungen, f眉r die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zust眉nde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschlie脽end unter Berufung auf ihre Stellung als gesch盲ftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, oder kann diese Zwischenschaltung durch au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde gerechtfertigt werden, obwohl der volle Vorsteuerabzug an sich systemwidrig ist und zu einem Wettbewerbsvorteil von Holding-Konstruktionen gegen眉ber einstufigen Unternehmen f眉hren w眉rde?
听
Normenkette
EGRL 112/2006 Art.听9, 167, 168 Buchst. a; UStG 2005 搂搂听2, 15; AO 搂 42
听
Verfahrensgang
听
Nachgehend
听
Tenor
I. Dem Gerichtshof der Europ盲ischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind unter Umst盲nden wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dahin gehend auszulegen, dass einer gesch盲ftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsums盲tze an Tochtergesellschaften ausf眉hrt, das Recht auf Vorsteuerabzug auch f眉r Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gew盲hrung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, zusteht, obwohl die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Ums盲tzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien T盲tigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Ums盲tze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen T盲tigkeit der Holding geh枚ren?
2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Stellt es einen Rechtsmissbrauch im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union dar, wenn eine gesch盲ftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften "zwischengeschaltet" wird, dass sie die Leistungen, f眉r die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zust眉nde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschlie脽end unter Berufung auf ihre Stellung als gesch盲ftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, oder kann diese Zwischenschaltung durch au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde gerechtfertigt werden, obwohl der volle Vorsteuerabzug an sich systemwidrig ist und zu einem Wettbewerbsvorteil von Holding-Konstruktionen gegen眉ber einstufigen Unternehmen f眉hren w眉rde?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zu einer abschlie脽enden Entscheidung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union ausgesetzt.
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Sachverhalt
Rz. 2
Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist eine Gesellschaft mit beschr盲nkter Haftung (GmbH), deren T盲tigkeit der Ankauf, die Verwaltung und die Verwertung von eigenem Grundbesitz sowie die Projektierung, Sanierung und Erstellung von Bauvorhaben aller Art ist. Gesellschafter waren im Jahr 2013 (Streitjahr) zu je 50听% A --zugleich alleiniger Gesch盲ftsf眉hrer-- und B.
Rz. 3
Die Kl盲gerin war als Kommanditistin an den Unternehmen X-KG und Y-KG beteiligt. Beide Gesellschaften errichteten bestimmte Bauobjekte und ver盲u脽erten die einzelnen Wohneinheiten 眉berwiegend umsatzsteuerfrei.
Rz. 4
Die X-KG wurde 2006 in der Rechtsform der Gesellschaft b眉rgerlichen Rechts (GbR) gegr眉ndet. Seit dem 31.10.2012 bestand sie in der Form einer GmbH & Co. OHG mit der Kl盲gerin und der Z-KG als Gesellschafter zu je 50听%. Mit Vertrag vom 31.01.2013 ver盲u脽erte die Z-KG nominell 44听% ihrer Beteiligung an die Kl盲gerin. Au脽erdem wurde die Q听Verwaltungs-GmbH als weitere Gesellschafterin aufgenommen. Mit gleichem Vertrag wechselte die X-KG ihre Rechtsform in eine GmbH & Co. KG mit der Q听Verwaltungs-GmbH als Komplement盲rin und der Kl盲gerin (nunmehr 94听% Anteile) und der Z-KG (nunmehr 6听% Anteile) als Kommanditisten. Die Einlage der Kl盲gerin betr盲gt nach dem Gesellschaftsvertrag 940听鈧, die der Z-KG 60听鈧. Die Q听Verwaltungs-GmbH hatte keine Einlage zu erbringen und h盲lt keinen Kapitalanteil; sie ist nicht am Gewinn und Verlust beteiligt und besitzt keine Stimmrechte. Gesch盲ftsf眉hrer der Q听Verwaltungs-GmbH sind B und C. An der Z-KG sind weder A noch B oder ihnen nahestehende Personen, sondern Fremdinvestoren beteiligt.
Rz. 5
Mit Erg盲nzungsvereinbarung vom 31.01.2013 zum Gesellschaftsvertrag der X-KG wurde vereinbart, dass die Z-KG ein Aufgeld in H枚he von 600.000听鈧 als Gesellschafterbeitrag zu leisten und die Kl盲gerin unentgeltliche Dienstleistungen f眉r die von der X-KG erworbenen beziehungsweise (bzw.) zu erwerbenden Geb盲ude zu erbringen habe. Diese Dienstleistungen bestanden in Architektenleistungen, statischen Berechnungen, Planungen des W盲rme- und Schallschutzes, Planungen der Energieversorgung, Planungen von Kabel- und Telefonanschl眉ssen, Generalunternehmer-Dienstleistungen ohne Lieferung der Materialien, Erschlie脽ungsdienstleistungen ohne Lieferung der Materialien und externe Vertriebsdienstleistungen f眉r die zu erstellenden Objekte听1 und 2. Der Bruttogesamtverkehrswert dieser Dienstleistungen sollte mindestens 9,4听Millionen听鈧 betragen und damit mit dem von der Z-KG zu erbringenden Aufgeld im gleichen Verh盲ltnis stehen wie die Beteiligungen an der X-KG. Diese Leistungen erbrachte die Kl盲gerin teilweise mit eigenem Personal bzw. eigenen Ger盲ten, teilweise mithilfe anderer Unternehmen.
Rz. 6
Mit weiterem Vertrag vom 31.01.2013 vereinbarten die Kl盲gerin und die X-KG, dass die Kl盲gerin im Zusammenhang mit den Bauprojekten听1 und 2 zuk眉nftig Buchf眉hrungs- und Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen f眉r die X-KG erbringt. Dazu geh枚rten die Einstellung und Entlassung von Personal, der Materialeinkauf, die Aufstellung des Jahresabschlusses sowie die Wahrnehmung der steuerlichen Deklaration und Kommunikation gegen眉ber dem Finanzamt. Ausdr眉cklich ausgenommen aus den vereinbarten Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen waren jene Leistungen, die die Kl盲gerin als Gesellschafterbeitrag zu leisten hatte. Als Entgelt f眉r die zu erbringenden Buchf眉hrungs- und Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen sollte die Kl盲gerin 12听鈧 pro听m虏 Wohn- oder Gewerbefl盲chen zuz眉glich Umsatzsteuer erhalten; das Entgelt war in monatlichen Betr盲gen von 25.000听鈧 zu zahlen.
Rz. 7
Die Y-KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 10.10.2012 gegr眉ndet. Komplement盲rin war die Q听Verwaltungs-GmbH. Die Kl盲gerin und die X-KG beteiligten sich mit Kapitalanteilen von 24.500听鈧 (Kl盲gerin; entspricht 49听% der Anteile) bzw. 25.500听鈧 (X-KG; entspricht 51听% der Anteile) als Kommanditisten. Die Q听Verwaltungs-GmbH hatte keine Einlage zu erbringen und h盲lt keinen Kapitalanteil; sie ist nicht am Gewinn und Verlust beteiligt und besitzt keine Stimmrechte. Mit Vertrag vom 10.04.2013 verkaufte die X-KG einen Kapitalanteil von 20.320听鈧 an die Kl盲gerin (Beteiligung seitdem: 89,64听% der Anteile) und den restlichen Kapitalanteil an die E, die anschlie脽end in P听I听GmbH umbenannt wurde. An der P听I听GmbH sind weder A noch B oder ihnen nahestehende Personen, sondern Fremdinvestoren beteiligt.
Rz. 8
Mit Erg盲nzungsvereinbarung vom 10.04.2013 wurde vereinbart, dass die P听I听GmbH ein Aufgeld in H枚he von 3,5听Millionen听鈧 zu leisten und die Kl盲gerin unentgeltliche Dienstleistungen f眉r die von der Y-KG erworbenen bzw. zu erwerbenden Geb盲ude zu erbringen habe. Diese Dienstleistungen (gleicher Art wie f眉r die X-KG) bezogen sich auf das Objekt听3. Der Bruttogesamtverkehrswert sollte mindestens 30,29听Millionen听鈧 betragen und damit mit dem von der P听I听GmbH zu erbringenden Aufgeld im gleichen Verh盲ltnis stehen wie die Beteiligungen an der Y-KG. Diese Leistungen erbrachte die Kl盲gerin teilweise mit eigenem Personal bzw. eigenen Ger盲ten, teilweise mithilfe anderer Unternehmen.
Rz. 9
Mit weiterem Vertrag vom 10.04.2013 vereinbarten die Kl盲gerin und die Y-KG, dass die Kl盲gerin im Zusammenhang mit dem Bauprojekt听3 zuk眉nftig Buchf眉hrungs- und Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen (gleicher Art wie f眉r die X-KG) f眉r die Y-KG erbringt. Auch hier wurde als Entgelt ein Betrag von 12听鈧 pro听m虏 Wohn- oder Gewerbefl盲che zuz眉glich Umsatzsteuer vereinbart, das in monatlichen Betr盲gen von 25.000听鈧 zu zahlen war.
Rz. 10
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) beanstandete die nicht zustimmungsbed眉rftigen Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Kl盲gerin f眉r das Jahr 2013, in denen sie den vollen Vorsteuerabzug aus ihren Eingangsleistungen vornahm, zun盲chst nicht. Eine Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung wertete die unentgeltlichen Gesellschafterbeitr盲ge der Kl盲gerin f眉r die X-KG und die Y-KG als nichtsteuerbare T盲tigkeiten. Sie h盲tten nicht der Erzielung von Einnahmen in umsatzsteuerrechtlichem Sinne gedient und seien deshalb nicht der unternehmerischen T盲tigkeit der Kl盲gerin zuzuordnen. Vorsteuerbetr盲ge, die direkt und unmittelbar mit diesen T盲tigkeiten zusammenh盲ngen, seien nicht abziehbar. Soweit die Kl盲gerin gemischte Aufwendungen beziehe, die nicht unmittelbar und direkt die unentgeltlichen Gesellschafterbeitr盲ge betr盲fen, seien die Vorsteuerbetr盲ge um 18听% zu k眉rzen (K眉rzungsbetr盲ge: 4.925,73听鈧). Das FA erlie脽 entsprechende 脛nderungsbescheide.
Rz. 11
Am 20.02.2015 reichte die Kl盲gerin die Umsatzsteuer-Jahreserkl盲rung 2013 beim FA ein. Darin machte sie unter anderem abziehbare Vorsteuerbetr盲ge in H枚he von 413.268,11听鈧 geltend. Das FA erlie脽 am 27.03.2015 einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid; entsprechend den Feststellungen im Pr眉fungsbericht ber眉cksichtigte es die Vorsteuern lediglich mit einem Betrag von 130.201,72听鈧. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2016 als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Rz. 12
Mit ihrer Klage wandte sich die Kl盲gerin gegen die Nichtber眉cksichtigung der Vorsteuer aus Eingangsleistungen. Sie habe die Leistungen im Zusammenhang mit den Gesellschafterbeitr盲gen im Rahmen ihres Unternehmens von dritten Unternehmern bezogen, die daf眉r ordnungsgem盲脽e Rechnungen im Sinne (i.S.) von 搂听14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ausgestellt h盲tten. Ein Fall des Missbrauchs von Gestaltungsm枚glichkeiten des Rechts i.S. des 搂听42 der Abgabenordnung (AO) liege nicht vor.
Rz. 13
Das Nieders盲chsische Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem Urteil vom 19.04.2018听- 5听K听285/16 statt und ber眉cksichtigte weitere Vorsteuern von 283.066,39听鈧. Die Kl盲gerin k枚nne die Umsatzsteuern aus dem Bezug von Dienstleistungen, die sie als Gesellschafterbeitrag an die X-KG und die Y-KG erbracht habe, in voller H枚he als Vorsteuern abziehen. Da die Beteiligung der Kl盲gerin an der X-KG und Y-KG durch die Buchf眉hrungs- und Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung dieser Gesellschaften gegen Entgelt einhergehe, sei die Erbringung von Sachleistungen als Gesellschafterbeitrag Teil der unternehmerischen T盲tigkeit der aktiven Beteiligungsverwaltung. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union (EuGH), nach der Sachleistungen, die der Einwerbung von Geldmitteln dienten, welche als Gesellschafterbeitrag in die Beteiligungsgesellschaften eingelegt wurden, als Teil der unternehmerischen T盲tigkeit der Holdinggesellschaften angesehen wurden. Ein Missbrauch von Gestaltungsm枚glichkeiten des Rechts liege nicht vor. Es l盲gen au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde vor, die f眉r sich betrachtet die gew盲hlte Gestaltung rechtfertigen w眉rden.
Rz. 14
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung materiellen Rechts (搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 UStG). Es macht geltend, f眉r die streitigen Leistungen, die von den entgeltlich zu erbringenden Gesch盲ftsf眉hrungs- und Buchf眉hrungsleistungen zu unterscheiden seien, fehle es mangels Entgelt an einem Leistungsaustausch. Es handele sich somit um eine nichtwirtschaftliche T盲tigkeit. Es liege im 脺brigen auch ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des 搂听42 AO vor. Durch die hier gew盲hlte Gestaltung, die Leistungen durch die Gesellschafter unentgeltlich erbringen zu lassen, solle ein Vorsteuerabzug erm枚glicht werden, der bei einer angemessenen wirtschaftlichen Gestaltung (Einkauf unmittelbar durch die Beteiligungsgesellschaft) nicht zu gew盲hren w盲re.
Rz. 15
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 16
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 17
II. Ma脽gebliche Rechtsvorschriften
Rz. 18
1. Nationales Recht
Rz. 19
a) 搂听2 UStG lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit selbst盲ndig aus眉bt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige T盲tigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegen眉ber ihren Mitgliedern t盲tig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit wird nicht selbst盲ndig ausge眉bt,
1. soweit nat眉rliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2. wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tats盲chlichen Verh盲ltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organtr盲gers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschr盲nkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln...."
Rz. 20
b) 搂听15 UStG lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbetr盲ge abziehen:
1. die gesetzlich geschuldete Steuer f眉r Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer f眉r sein Unternehmen ausgef眉hrt worden sind...."
Rz. 21
c) 搂听42 AO lautet wie folgt:
"(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsm枚glichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erf眉llt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes听2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorg盲ngen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
(2) Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gew盲hlt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil f眉hrt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige f眉r die gew盲hlte Gestaltung au脽ersteuerliche Gr眉nde nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verh盲ltnisse beachtlich sind."
Rz. 22
2. Unionsrecht
Rz. 23
a) Art.听9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1) Als 'Steuerpflichtiger' gilt, wer eine wirtschaftliche T盲tigkeit unabh盲ngig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstst盲ndig aus眉bt.
Als 'wirtschaftliche T盲tigkeit' gelten alle T盲tigkeiten eines Erzeugers, H盲ndlers oder Dienstleistenden einschlie脽lich der T盲tigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche T盲tigkeit gilt insbesondere die Nutzung von k枚rperlichen oder nicht k枚rperlichen Gegenst盲nden zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen...."
Rz. 24
b) Art.听167 der Richtlinie 2006/112/EG hat folgenden Wortlaut:
"Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht."
Rz. 25
c) Art.听168 Buchst.听a der Richtlinie 2006/112/EG hat folgenden Wortlaut:
"Soweit die Gegenst盲nde und Dienstleistungen f眉r die Zwecke seiner besteuerten Ums盲tze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Ums盲tze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Betr盲ge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer f眉r Gegenst盲nde und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;...".
Rz. 26
III. Beurteilung von Vorfragen
Rz. 27
Es liegt keine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vor (dazu unter 1.). Die Kl盲gerin ist auch unternehmerisch t盲tig (dazu unter 2.) und die in den Eingangsleistungen enthaltene Umsatzsteuer k枚nnte grunds盲tzlich bei den Ausgangsums盲tzen geltend gemacht werden (dazu unter 3.).
Rz. 28
1. Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft liegt nicht vor.
Rz. 29
Es fehlt insbesondere an der organisatorischen Eingliederung i.S. des 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 Satz听1 UStG, da die Gesch盲ftsf眉hrer der Tochtergesellschaften X-KG und Y-KG nicht mit den Gesch盲ftsf眉hrern der Kl盲gerin identisch sind. Denn Gesch盲ftsf眉hrer der Tochtergesellschaften ist jeweils die Q听Verwaltungs-GmbH (vertreten durch B und C); alleiniger Gesch盲ftsf眉hrer der Kl盲gerin ist aber A.
Rz. 30
2. Gem盲脽 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 Satz听1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer f眉r Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer f眉r sein Unternehmen ausgef眉hrt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Diese Vorschrift beruht auf Art.听168 Buchst.听a der Richtlinie 2006/112/EG, wonach der Steuerpflichtige, der Gegenst盲nde und Dienstleistungen f眉r Zwecke seiner besteuerten Ums盲tze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer f眉r Gegenst盲nde und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen (vergleiche --vgl.-- zum Beispiel --z.B.-- Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12.02.2020听- XI听R听24/18, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 268, 351, Rz听30).
Rz. 31
a) Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist eine Holdinggesellschaft, deren einziger Zweck der Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen ist, ohne dass sie --unbeschadet ihrer Rechte als Aktion盲rin oder Gesellschafterin-- unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, keine Mehrwertsteuerpflichtige i.S. von Art.听9 der Richtlinie 2006/112/EG und somit nicht zum Vorsteuerabzug nach Art.听167听ff. der Richtlinie 2006/112/EG berechtigt. Der blo脽e Erwerb und das blo脽e Halten von Aktien stellen f眉r sich genommen keine wirtschaftliche T盲tigkeit i.S. der Richtlinie 2006/112/EG dar, die den Erwerber bzw. Inhaber zum Steuerpflichtigen machen w眉rde, da diese Vorg盲nge nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten, weil das einzige Entgelt aus ihnen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf dieser Aktien liegt (vgl. EuGH-Urteile Larentia + Minerva vom 16.07.2015听- C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496, Rz听18听f.; Marle Participations vom 05.07.2018听- C-320/17, EU:C:2018:537, Rz听27听f.; Ryanair vom 17.10.2018听- C-249/17, EU:C:2018:834, Rz听16; C&D Foods Acquisition vom 08.11.2018听- C-502/17, EU:C:2018:888, Rz听30; EuGH-Beschluss MVM vom 12.01.2017听- C-28/16, EU:C:2017:7, Rz听30听f.; jeweils mit weiteren Nachweisen --m.w.N.--; BFH-Urteil in BFHE 268, 351, Rz听31).
Rz. 32
b) Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die finanzielle Beteiligung an einem anderen Unternehmen unbeschadet der Rechte, die dem Anteilseigner in seiner Eigenschaft als Aktion盲r oder Gesellschafter zustehen, mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung begr眉ndet worden ist, soweit ein solcher Eingriff die Vornahme von Ums盲tzen einschlie脽t, die gem盲脽 Art.听2 der Richtlinie 2006/112/EG der Mehrwertsteuer unterliegen, wie die Erbringung von administrativen, buchf眉hrerischen, finanziellen, kaufm盲nnischen, der Informatik zuzuordnenden und technischen Dienstleistungen (vgl. EuGH-Urteile Larentia + Minerva, EU:C:2015:496, Rz听20听f.; Marle Participations, EU:C:2018:537, Rz听29听f.; C&D Foods Acquisition, EU:C:2018:888, Rz听32; EuGH-Beschluss MVM, EU:C:2017:7, Rz听32听f.; jeweils m.w.N.; BFH-Urteil in BFHE 268, 351, Rz听32). Auch die 脺berlassung von Personal der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft gegen Erstattung der Kosten kann ein Umsatz sein (vgl. EuGH-Urteil San Domenico Vetraria vom 11.03.2020听- C-94/19, EU:C:2020:193).
Rz. 33
Dabei handelt es sich nicht um eine abschlie脽ende Aufz盲hlung; der Begriff "Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft" ist dahin zu verstehen, dass er alle Ums盲tze umfasst, die eine wirtschaftliche T盲tigkeit i.S. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie darstellen und von der Holding f眉r ihre Tochtergesellschaft erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Marle Participations, EU:C:2018:537, Rz听31听f.; BFH-Urteil in BFHE 268, 351, Rz听33).
Rz. 34
c) Die Kl盲gerin hat entgeltliche Leistungen in Form von Buchf眉hrungs- und Gesch盲ftsf眉hrungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften X-KG und Y-KG als Ausgangsleistungen erbracht und ist daher Unternehmerin. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
Rz. 35
3. Der Kl盲gerin steht daher an sich der volle Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen Eingangsleistungen zu.
Rz. 36
a) Ein Recht auf Vorsteuerabzug zugunsten des Steuerpflichtigen wird auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsums盲tzen angenommen, wenn die Kosten f眉r die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen geh枚ren und --als solche-- Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenst盲nde oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten h盲ngen n盲mlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamtt盲tigkeit des Steuerpflichtigen zusammen (vgl. EuGH-Urteile Larentia + Minerva, EU:C:2015:496, Rz听23; Cibo Participations, EU:C:2001:495, Rz听31; Portugal Telecom vom 06.09.2012听- C-496/11, EU:C:2012:557, Rz听36; Ryanair, EU:C:2018:834, Rz听31; Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments vom 14.09.2017听- C-132/16, EU:C:2017:683鈥 Rz听29; Vos Aannemingen vom 01.10.2020听- C-405/19, EU:C:2020:785, Rz听26; EuGH-Beschluss MVM, EU:C:2017:7, Rz听39; BFH-Urteil in BFHE 268, 351, Rz听60).
Rz. 37
So geh枚ren nach st盲ndiger Rechtsprechung die Kosten einer in die Verwaltung einer Tochtergesellschaft eingreifenden Holdinggesellschaft f眉r die verschiedenen im Rahmen einer Beteiligung an dieser Tochtergesellschaft erworbenen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen und sind als solche Kostenelemente seiner Leistungen. Sie h盲ngen somit grunds盲tzlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamtt盲tigkeit der Holdinggesellschaft zusammen. Dabei ist das Vorsteuerabzugsrecht zu gew盲hrleisten, ohne dieses an ein Kriterium wie Ort, Zweck oder Ergebnis der Wirtschaftst盲tigkeit des Steuerpflichtigen zu kn眉pfen (EuGH-Urteil Marle Participations, EU:C:2018:537, Rz听43听f., m.w.N.). Insofern ist auch der Umfang der wirtschaftlichen T盲tigkeit oder deren Erfolg grunds盲tzlich unerheblich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 268, 351, Rz听61, m.w.N.).
Rz. 38
b) Soweit die unterschiedlichen Eingangsleistungen bereits vor der Erbringung der steuerpflichtigen Ausgangsleistungen im Streitjahr erbracht wurden, sind sie bereits der wirtschaftlichen T盲tigkeit zuzuordnen. Denn auch vorbereitende T盲tigkeiten k枚nnen der wirtschaftlichen T盲tigkeit zugeordnet werden. Jeder, der die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche T盲tigkeit selbst盲ndig auszu眉ben, und erste Investitionsausgaben f眉r diese Zwecke t盲tigt, gilt als Steuerpflichtiger (EuGH-Urteil Ryanair, EU:C:2018:834, Rz听18听f., m.w.N.).
Rz. 39
IV. Zur Anrufung des EuGH
Rz. 40
Es ist jedoch i.S. des Art.听267 Abs.听3 des Vertrags 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union zweifelhaft, ob die Kl盲gerin die Vorsteuer deshalb nicht abziehen kann, weil sie die Eingangsleistungen bezogen hat, um sie in die Tochtergesellschaften einzulegen und diese Leistungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsums盲tzen der Tochtergesellschaften stehen.
Rz. 41
Zur ersten Vorlagefrage
Rz. 42
1. Es ist deshalb fraglich, ob die Kl盲gerin die Eingangsleistungen, die sie als Gesellschafterbeitrag an die X-KG und die Y-KG weitergibt, f眉r ihr Unternehmen bezogen hat und die Aufwendungen daf眉r zu ihren "Allgemeinkosten" (den Kostenelementen ihrer besteuerten Ausgangsums盲tze "Buchhaltung und Gesch盲ftsf眉hrung f眉r die Tochtergesellschaften") geh枚ren.
Rz. 43
a) Diese Fragestellung folgt aus dem (einen Vorsteuerabzug versagenden) EuGH-Urteil C&D Foods Acquisition (EU:C:2018:888, Rz听37听ff.). Denn nach Auffassung des EuGH kann f眉r den Vorsteuerabzug der ausschlie脽liche Entstehungsgrund des fraglichen Umsatzes ber眉cksichtigt werden. So w盲re im Fall C&D Foods Acquisition eine Aktienver盲u脽erung durch die Holding nur dann in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer gefallen, wenn sie ihren ausschlie脽lichen unmittelbaren Entstehungsgrund in der steuerbaren wirtschaftlichen T盲tigkeit der Muttergesellschaft gehabt oder eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung dieser T盲tigkeit dargestellt h盲tte. Da der Zweck der Aktienver盲u脽erung jedoch darin lag, den Erl枚s aus der Ver盲u脽erung zur Tilgung der gegen眉ber der neuen Eigent眉merin bestehenden Verbindlichkeiten zu verwenden, hat der EuGH dies verneint. Die Ver盲u脽erung stelle keinen Umsatz dar, der darin besteht, nachhaltig Einnahmen aus T盲tigkeiten, die 眉ber den blo脽en Verkauf von Aktien hinausgehen, zu erzielen, und falle damit nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer. Daraus folge, dass die auf die dort streitigen Eingangsleistungen entfallende Mehrwertsteuer nicht abzugsf盲hig sei. Implizit hat der EuGH damit auch verneint, dass (bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs) die Kosten f眉r die fraglichen Eingangsleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der dortigen Kl盲gerin geh枚rten und --als solche-- Kostenelemente der gelieferten Gegenst盲nde bzw. erbrachten Dienstleistungen waren.
Rz. 44
b) Der EuGH hat des Weiteren auch in den "Nicht-Holding-F盲llen" The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge vom 03.07.2019听- C-316/18 (EU:C:2019:559, Rz听26, 27, 29, 31听f.), Vos Aannemingen (EU:C:2020:785, Rz听39) und Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments (EU:C:2017:683, Rz听39) den Vorsteuerabzug als Gemeinkosten unter bestimmten Umst盲nden versagt.
Rz. 45
aa) Im Fall The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge verneinte der EuGH den Vorsteuerabzug f眉r Kosten einer Kapitalanlage als Gemeinkosten, weil Ums盲tze, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuersystemrichtlinie fallen, oder solche, die von der Mehrwertsteuer befreit sind, kein Recht auf Vorsteuerabzug er枚ffnen und die Kapitalanlage eine nichtwirtschaftliche T盲tigkeit sei. Kosten der Eingangsleistungen, die wie dort keinen Eingang in den Preis bestimmter Ausgangsums盲tze oder in den Preis der Gegenst盲nde oder Dienstleistungen finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit liefert bzw. erbringt, berechtigen nach Auffassung des EuGH nicht zum Vorsteuerabzug.
Rz. 46
bb) Im Fall Vos Aannemingen verneinte der EuGH den Vorsteuerabzug f眉r Kosten als Gemeinkosten, die einem Dritten zugutekommen f眉r den Fall, dass diese Ausgaben nicht mit den Ums盲tzen des Steuerpflichtigen, sondern mit solchen eines Dritten zusammenh盲ngen. Dienen sie Zwecken der von Dritten bewirkten Ums盲tze, w盲re der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen diesen Dienstleistungen und den besteuerten Ums盲tzen dieses Unternehmens teilweise unterbrochen, so dass das Unternehmen die auf diesen Teil der Ausgaben entfallende Mehrwertsteuer nicht abziehen d眉rfe.
Rz. 47
cc) Im Fall Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments verneinte der EuGH den Vorsteuerabzug f眉r Kosten als Gemeinkosten, die 眉ber den allein durch die von Iberdrola errichteten Geb盲ude erzeugten Bedarf hinausgingen. Die Kosten, die in Bezug auf den Teil der f眉r die Instandsetzung der Abwasserpumpstation angefallenen Kosten entrichtet wurden, der nicht objektiv notwendig ist, damit Iberdrola ihre besteuerten Ums盲tze ausf眉hren kann, w眉rden nicht im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Dienstleistung und dem besteuerten Ausgangsumsatz von Iberdrola stehen.
Rz. 48
c) Dem folgend hat der BFH mit Urteil vom 06.04.2016听- V听R听6/14 (BFHE 253, 456, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2017, 577) den Vorsteuerabzug einer Holding versagt, weil das eingeworbene Kapital nicht im Zusammenhang mit den Kosten der Beteiligung oder den an die Tochtergesellschaft erbrachten Leistungen standen.
Rz. 49
d) Im Streitfall ist daher nicht ausgeschlossen, dass auch nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen ist. Die Leistungen k枚nnten nicht f眉r das Unternehmen der Kl盲gerin und ihre besteuerten Ums盲tze bezogen sein, da sie in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den (weitgehend) umsatzsteuerfreien T盲tigkeiten der Tochtergesellschaften stehen. Die Kl盲gerin k枚nnte die Leistungen letztlich nicht f眉r ihr eigenes Unternehmen bezogen haben, sondern f眉r die Unternehmen ihrer T枚chter. Sie st眉nden dann im Zusammenhang mit den steuerfreien Ums盲tzen der Tochtergesellschaften. Wenn die Kl盲gerin den Einkauf f眉r die jeweilige Tochter auf eigene Rechnung 眉bernimmt und anschlie脽end die eingekauften Leistungen in ihre Tochter einlegt, k枚nnte in einem solchen "Durchleitungs"-Fall der Leistungsbezug f眉r das Unternehmen der Kl盲gerin zu verneinen sein; denn mit den von der Kl盲gerin an die T枚chter erbrachten Leistungen oder ihrer eigenen Stellung als gesch盲ftsleitende Holding h盲tte dies nichts zu tun. Die Aufwendungen f眉r die bezogenen Leistungen sind auch keine Kostenelemente der von der Kl盲gerin erbrachten Dienstleistungen (Buchhaltung und Gesch盲ftsf眉hrung) oder Teil der allgemeinen Aufwendungen, sondern bestimmten Ausgangsums盲tzen der Tochtergesellschaften zuzuordnen. Die Bemessungsgrundlage der Ums盲tze an die Tochtergesellschaften ist von den geleisteten Gesellschafterbeitr盲gen und deren H枚he unabh盲ngig. Sie beeinflussen "nur" die H枚he des der Kl盲gerin zustehenden Gewinns.
Rz. 50
Zur zweiten Vorlagefrage
Rz. 51
2. Sollte der EuGH der Auffassung sein, dass die streitigen Eingangsleistungen zur Erbringung der Gesellschafterbeitr盲ge trotzdem zum Vorsteuerabzug berechtigen, so ist f眉r das vorlegende Gericht zweifelhaft, ob die Zwischenschaltung einer Muttergesellschaft in den Leistungsbezug der Tochtergesellschaft zur Erlangung eines an sich nicht zustehenden Vorsteuerabzugs typischerweise rechtsmissbr盲uchlich ist.
Rz. 52
a) 搂听42 AO ist bei der Umsatzsteuer bereichsspezifisch im Sinne der sogenannten (sog.) Missbrauchs-Rechtsprechung des EuGH auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 11.04.2013听- V听R听28/12, Sammlung amtlich nicht ver枚ffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2013, 1638, Rz听28; vom 16.06.2015听- XI听R听17/13, BFHE 250, 470, BStBl II 2015, 1024, Leitsatz听4 und Rz听34听ff.; vom 09.09.2015听- XI听R听21/13, BFH/NV 2016, 597, Rz听34; BFH-Beschluss vom 23.07.2019听- XI听B听29/19, BFH/NV 2019, 1363, Rz听22).
Rz. 53
aa) Die Feststellung einer missbr盲uchlichen Praxis im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (und damit auch i.S. des 搂听42 AO) erfordert daher zum einen, dass die fraglichen Ums盲tze --trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschl盲gigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern bzw. der Richtlinie 2006/112/EG und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts-- einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gew盲hrung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen w眉rde; zum anderen muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Ums盲tzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (vgl. EuGH-Urteile Halifax u.a. vom 21.02.2006听- C-255/02, EU:C:2006:121, Rz听74听ff.; Cussens u.a. vom 22.11.2017听- C-251/16, EU:C:2017:881, Rz听53 und 70; siehe auch EuGH-Urteil T听Danmark und Y听Denmark vom 26.02.2019听- C-116/16 und C-117/16, EU:C:2019:135, Rz听97).
Rz. 54
bb) Die Beurteilung, ob ein Rechtsmissbrauch in diesem Sinne vorliegt, erfordert eine tats盲chliche W眉rdigung der Umst盲nde des jeweiligen Einzelfalls durch das FG, die in den Grenzen des 搂听118 Abs.听2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) f眉r den BFH bindend ist (vgl. BFH-Urteile vom 19.01.2016听- XI听R听38/12, BFHE 252, 516, BStBl II 2017, 567, Rz听45; vom 28.06.2017听- XI听R听12/15, BFHE 258, 532, Rz听66). Im Streitfall hat das FG angenommen, dass au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde vorliegen. Hieran ist der Senat gebunden (搂听118 Abs.听2 FGO).
Rz. 55
b) Es stellt sich aber aus Sicht des vorlegenden Senats die Frage, ob es sich unter Umst盲nden wie denen des Ausgangsverfahrens um eine Konstellation handelt, in denen aus Gr眉nden der Systematik der Richtlinie 2006/112/EG und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen (zur Vermeidung einer Bevorzugung von Holding-Konstruktionen gegen眉ber einstufigen Unternehmen) typischerweise von einem Missbrauch auszugehen ist, auch wenn der Steuerpflichtige sich auf (angebliche) au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde beruft.
Rz. 56
aa) Auf nationaler Ebene f眉hrte in F盲llen der steuerpflichtigen Vermietung eines Geb盲udes an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Mieter die (jedenfalls im Bereich des 搂听27 Abs.听2 UStG noch aktuelle) sog. Vorschalt-Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 09.11.2006听- V听R听43/04, BFHE 215, 379, BStBl II 2007, 344, unter II.3.a听cc und II.3.b听aa, Rz听43听ff., 54; vom 01.03.2018听- V听R听35/17, BFHE 261, 380, Rz听13; Sch眉ler-T盲sch in S枚lch/Ringleb, Umsatzsteuer, 搂听9 Rz听143, 154听f.; zur 脺bertragbarkeit auf das Verh盲ltnis von Gesellschafter und Gesellschaft siehe BFH-Urteil vom 18.12.1996听- XI听R听12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, unter II.3.a听bb, Rz听33) in vielen F盲llen zur Anwendung des 搂听42 AO.
Rz. 57
bb) Der Gesetzgeber hat sp盲ter mit 搂听9 Abs.听2 UStG eine gesetzliche Regelung zum typisierten Ausschluss von Vorschalt-Optionen geschaffen, ohne dass es noch auf eine Einzelfall-Pr眉fung ank盲me.
Rz. 58
c) Im Streitfall geschieht wirtschaftlich gesehen dasselbe wie in den Vorschalt-F盲llen, so dass ein sog. Missbrauch in Betracht k盲me. Die Muttergesellschaft soll durch Zwischenschaltung einen Vorsteuerabzug erhalten, der ihr bei unmittelbarem Leistungsbezug nicht zust眉nde (vgl. Stadie in Rau/D眉rrw盲chter, Umsatzsteuergesetz, 搂听15 Rz听238).
Rz. 59
d) Sollte der EuGH eine solche Gestaltung nicht als missbr盲uchlich ansehen oder sollten die vom FG als Vorinstanz festgestellten Umst盲nde als au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde das Vorliegen eines sog. Missbrauchs ausschlie脽en k枚nnen, besteht die Gefahr, dass es in F盲llen, in denen die Tochtergesellschaft nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, zu einer neuen "Vorschalt-Welle" bei Steuerpflichtigen kommt. Zuk眉nftig w眉rde nicht mehr nur (wie in den Altf盲llen des 搂听27 UStG) an sie steuerpflichtig vermietet, sondern es w眉rden Holdings in ihren gesamten Leistungseinkauf "ein"-, "vor"- bzw. "zwischengeschaltet". Ein oder mehrere Leistungen w眉rden mit einem (zu Recht) niedrigen Entgelt an die Tochter erbracht und daneben der Gro脽teil der "teuren" Leistungen unentgeltlich erbracht (= in die Tochter eingelegt). Die Holding erhielte trotzdem den vollen Vorsteuerabzug f眉r alle Eingangsleistungen, obwohl die meisten mit ihren entgeltlichen Ums盲tzen nichts zu tun haben, und es w眉rde damit ein Vorsteuerabzug erreicht, den bei unmittelbarer Leistungserbringung weder die Mutter noch die Tochter h盲tte.
Rz. 60
Dies w盲re auch dann nicht systemgerecht, wenn au脽ersteuerrechtliche Gr眉nde f眉r die "Zwischenschaltung" bestehen und w眉rde Holdings einen Wettbewerbsvorteil gegen眉ber einstufigen Unternehmen verschaffen, bei denen der Vorsteuerabzug versagt wird.
Rz. 61
V.Die Vorlagefragen sind auch entscheidungserheblich.
Rz. 62
1. Steht der Kl盲gerin als gesch盲ftsleitender Holding an sich der volle Vorsteuerabzug zu und w盲re die Vorlagefrage听1 zu bejahen und die Vorlagefrage听2 zu verneinen, w盲re die Revision des FA als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen. W盲re die Vorlagefrage听1 zu verneinen oder die Vorlagefrage听2 zu bejahen, ist die Revision des FA begr眉ndet und unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Rz. 63
2. Der Senat hat erwogen, ob nach den Grunds盲tzen des EuGH-Urteils Am膬r膬艧ti Land Investment vom 19.12.2019听- C-707/18 (EU:C:2019:1136, Tenor Ziffer听2 und Rz听36听ff., m.w.N.) eine entgeltliche Leistungserbringung der Kl盲gerin an ihre Tochtergesellschaften i.S. von 搂听3 Abs.听11 UStG, Art.听28 der Richtlinie 2006/112/EG anzunehmen sein k枚nnte. Allerdings hat die Kl盲gerin die bezogenen Leistungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage als Gesellschafterin gegen Beteiligung am Gewinn in die Tochtergesellschaften erbracht, was aus Sicht des vorlegenden Senats ein Handeln der Kl盲gerin auf fremde Rechnung (der Tochtergesellschaften) insoweit ausschlie脽t. Sofern der EuGH diese Einsch盲tzung nicht teilen sollte, bittet der Senat um einen entsprechenden Hinweis.
Rz. 64
VI.Die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH beruht auf 搂听74 in Verbindung mit 搂听121 Satz听1 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 14319206 |
BFH/NV 2021, 513 |
BFH/PR 2021, 194 |
BStBl II 2021, 325 |
DB 2021, 376 |
DB 2021, 6 |
DStR 2021, 346 |
DStRE 2021, 244 |