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Entscheidungsstichwort (Thema)
Versandhandelsunternehmen: Doppelzahlungen eines Kunden als Entgelt, 脛nderung der Bemessungsgrundlage bei Gutschrift aufgrund M盲ngelr眉ge und nochmalige 脛nderung der Bemessungsgrundlage bei Nichtinanspruchnahme der Gutschrift
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Leitsatz (amtlich)
1. Bezahlt der Kunde eines Versandhandelsunternehmens die ihm gelieferte Ware irrt眉mlich doppelt, so ist der Gesamtbetrag Entgelt i.S. des 搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980.
2. Erteilt das Versandhandelsunternehmen einem Kunden aufgrund einer M盲ngelr眉ge eine Gutschrift, so kann darin eine 脛nderung der Bemessungsgrundlage i.S. des 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 liegen.
3. Die infolge Erteilung der Gutschrift berichtigte Bemessungsgrundlage ist gem盲脽 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 erneut zu berichtigen, wenn feststeht, da脽 der Kunde die Gutschrift nicht in Anspruch nimmt.
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Normenkette
UStG 1980 搂听10 Abs. 1 S. 2, 搂听17 Abs. 1 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a; BGB 搂 465
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) war in den Streitjahren (1985 bis 1987) Organtr盲gerin (搂 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG 1980--) verschiedener Versandhandelsunternehmen. Im Anschlu脽 an eine Au脽enpr眉fung unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in 脛nderungsbescheiden f眉r die Streitjahre u.a. auf sog. Doppelzahlungen sowie auf Gutschriften ohne Warenr眉ckgabe entfallende Erl枚se der Organgesellschaften mit den Nettobetr盲gen der Umsatzsteuer. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) handelte es sich bei den Doppelzahlungen um die als au脽erordentlicher Ertrag behandelten Doppelzahlungen von Kunden, die von diesen nicht zur眉ckgefordert oder verrechnet worden waren; bei den Gutschriften ohne Warenr眉ckgabe handelte es sich um von den Organgesellschaften gew盲hrte Teilgutschriften aus vorangegangenen Lieferungen, z.B. Preisnachl盲sse wegen Beanstandungen, die von den Kunden nicht in Anspruch genommen worden waren.
Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage im wesentlichen ab und f眉hrte insoweit zur Begr眉ndung aus: Zu Recht habe das FA die von den Kunden erbrachten Doppelzahlungen in vollem Umfang als Entgelt i.S. des 搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 f眉r die Leistungen der Organgesellschaften erfa脽t. Das FA habe ferner im Hinblick auf die Gutschriften ohne Warenr眉ckgabe zu Recht keine Entgeltsminderung nach 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 angenommen, weil hierf眉r Voraussetzung sei, da脽 der Versandhandelskunde den ihm zugesagten Preisnachla脽 tats盲chlich in Anspruch nehme. Das Urteil ist in der Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1995, 310 teilweise abgedruckt.
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend:
1. Nur die in den Versandhandelskatalogen und erg盲nzenden Preislisten festgelegten Preise stellten die von ihren Organgesellschaften f眉r die Leistung erwartete Gegenleistung dar. Das Leistungsverhalten ihrer Organgesellschaften sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, doppelt geleistete Zahlungen zu erhalten. Dies werde auch aus den den Kunden erteilten Gutschriften deutlich.
2. Die Zahlung eines Versandhandelskunden aufgrund der blo脽en Auftragsbest盲tigung k枚nne nur als Zahlung ohne jeglichen Rechtsgrund gewertet und nicht mit der erst nachfolgenden Lieferung in Verbindung gebracht werden.
3. Jedenfalls habe die Mitteilung an die Kunden 眉ber die ihnen zustehende Gutschrift und die Verbuchung des gutgeschriebenen Betrags auf einem separaten Konto zu einer Verminderung der Bemessungsgrundlage gem盲脽 搂 17 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 gef眉hrt. Der Gutschriftsbetrag stehe dem Kunden f眉r einen Zeitraum von ca. 2 Jahren zur Verf眉gung. Erst wenn der Kunde innerhalb dieses Zeitrahmens keine weiteren Bestellungen aufgebe, w眉rden die nicht in Anspruch genommenen Gutschriftsbetr盲ge von ihren Organgesellschaften erfolgswirksam vereinnahmt.
Die Kl盲gerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 1985 bis 1987 dahingehend zu 盲ndern, da脽 die Umsatzsteuer 1985 um ... DM, die Umsatzsteuer 1986 um ... DM und die Umsatzsteuer 1987 um ... DM erm盲脽igt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zwar zutreffend entschieden, da脽 die sog. Doppelzahlungen der Versandhandelskunden zum Entgelt i.S. des 搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 f眉r die ihnen gelieferten Waren geh枚ren. Die Vorentscheidung ist jedoch aufzuheben, weil in bezug auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der nicht in Anspruch genommenen Gutschriften nicht erkennbar ist, 眉ber welchen Sachverhalt das FG zu entscheiden hatte.
1. Der Umsatz wird bei Lieferungen nach dem Entgelt bemessen (搂 10 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980). Entgelt ist alles, was der Leistungsempf盲nger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abz眉glich der Umsatzsteuer (搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980). Hat sich diese Bemessungsgrundlage ge盲ndert, so hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgef眉hrt hat, den daf眉r geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (搂 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980). Die Berichtigung der Bemessungsgrundlage ist f眉r den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die 脛nderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (搂 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980).
a) 脺ber den vertraglich vereinbarten Preis hinausgehende Aufwendungen (Mehraufwendungen) des Leistungsempf盲ngers geh枚ren dann i.S. des 搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 zum Entgelt f眉r eine Leistung, wenn sie aufgrund keines anderen Rechts- oder Anspruchsgrundes als dem der Leistung zugrundeliegenden erbracht werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Februar 1972 V R 118/71, BFHE 105, 79, BStBl II 1972, 405; vom 13. Dezember 1973 V R 57/72, BFHE 111, 191, BStBl II 1974, 191; vom 25. November 1986 V R 109/76, BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228, unter II.1.; vom 15. Dezember 1988 V R 24/84, BFHE 155, 431, BStBl II 1989, 252, unter II.1.; vom 31. August 1992 V R 47/88, BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046, unter II.2. a, und vom 11. Mai 1995 V R 86/93, BFHE 177, 563, BStBl II 1995, 613, unter II.1.; Wagner in S枚lch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., 搂 10 Rz. 19 ff.; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, III Rz. 52).
Diese Voraussetzung ist im Streitfall erf眉llt. Die Versandhandelskunden haben die streitigen Zahlungen allein deshalb erbracht, um ihre Leistung f眉r die Lieferung der von ihnen bestellten Waren zu bewirken; ein anderer Zuwendungsgrund --insbesondere eine Schenkung-- scheidet aus. Dies gilt auch dann, wenn eine Zahlung aufgrund einer blo脽en Auftragsbest盲tigung zivilrechtlich als Zahlung ohne jeglichen Rechtsgrund zu werten w盲re, wie die Kl盲gerin meint. Unerheblich ist auch, welche Gegenleistung die Versandhandelsunternehmen erwarteten. Denn 搂 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980 bestimmt den Umfang des Entgelts aus der Sicht des Leistungsempf盲ngers (vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1988 V R 112/86, BFHE 152, 360, BStBl II 1988, 473, unter II.2.; vom 6. Oktober 1988 V R 124/83, BFH/NV 1989, 469, unter 1. b).
Wie das FG ferner zutreffend dargelegt hat, steht dieses Ergebnis in Einklang mit Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenst盲nden alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer f眉r diese Ums盲tze vom Abnehmer oder von einem Dritten erh盲lt oder erhalten soll, einschlie脽lich der unmittelbar mit dem Preis dieser Ums盲tze zusammenh盲ngenden Subventionen. Bemessungsgrundlage im Sinne dieser Vorschrift ist die tats盲chlich erhaltene Gegenleistung f眉r die erbrachte Leistung (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europ盲ischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 23. November 1988 Rs. 230/87, EuGHE 1988, 6365, UR 1990, 307, unter 16.; vom 27. M盲rz 1990 Rs. C-126/88, EuGHE 1990, 1235, UR 1991, 204, unter 19.; vom 5. Mai 1994 Rs. C-38/93, EuGHE 1994, 1679, 1692, BStBl II 1994, 548, unter 8., und vom 2. Juni 1994 Rs. C-33/93, EuGHE 1994, 2329, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Richtlinie 77/388/EWG, Art. 11, Rechtsspruch 13, unter 18.).
b) Zu den von den Kunden nicht in Anspruch genommenen Gutschriften hat das FG in tats盲chlicher Hinsicht festgestellt, da脽 die Kl盲gerin diese Erl枚se nicht der Umsatzsteuer unterworfen hat. Dies spricht daf眉r, da脽 die Frage streitig ist, ob eine bei Erteilung der Gutschrift vorgenommene Minderung des Entgelts mit entsprechender Berichtigung nach 搂 17 UStG 1980 (erste Berichtigung) nunmehr dahingehend zu berichtigen ist, da脽 die Erl枚se aus den nicht in Anspruch genommenen Gutschriften die Bemessungsgrundlage wieder erh枚hen (zweite Berichtigung). Nach der Begr眉ndung des FG l盲脽t sich allerdings nicht ausschlie脽en, da脽 es tats盲chlich 眉ber die Frage, ob sich durch die Erteilung der jeweiligen Gutschrift das Entgelt mindert, entschieden hat.
Sollten die Ausf眉hrungen des FG dahin zu verstehen sein, da脽 es bei der vom FA vorgenommenen Erh枚hung der Bemessungsgrundlage um die Erl枚se aus der Ausbuchung der Gutschriften bleiben soll, so w盲re dem zu folgen, wenn --wozu Feststellungen des FG fehlen-- bei Erteilung der Gutschrift infolge Minderung des Entgelts die Bemessungsgrundlage nach 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 berichtigt worden w盲re. In diesem Fall w眉rde sich die Bemessungsgrundlage wieder auf den Betrag des Entgelts erh枚hen, wenn feststeht, da脽 der Kunde die Gutschrift nicht in Anspruch nimmt. Die Bemessungsgrundlage w盲re nach 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 entsprechend zu berichtigen. H盲tte demgegen眉ber die Erteilung der Gutschrift bisher nicht zu einer Berichtigung des Entgelts gef眉hrt, so w盲ren die Erl枚se aus den nicht in Anspruch genommenen Gutschriften umsatzsteuerrechtlich nicht zu erfassen; denn sie w盲ren dann bereits im urspr眉nglichen Entgelt enthalten und versteuert.
Sollte die Frage der erstmaligen Berichtigung infolge der Erteilung der Gutschrift streitig sein, so kann der Rechtsauffassung des FG, da脽 es hierf眉r der Inanspruchnahme der Gutschrift durch den Kunden bed眉rfe, nicht gefolgt werden.
Eine 脛nderung der Bemessungsgrundlage i.S. des 搂 17 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 liegt nach der Rechtsprechung des BFH u.a. dann vor, wenn die Forderung auf die Gegenleistung aufgrund einer sp盲teren Vertrags盲nderung teilweise erlischt (vgl. BFH-Beschlu脽 vom 10. M盲rz 1983 V B 46/80, BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389, unter 3.). Dies gilt insbesondere bei einer Herabsetzung der Kaufpreisschuld aufgrund einer M盲ngelr眉ge (vgl. M枚脽lang in S枚lch/Ringleb/List, a.a.O., 搂 17 Rz. 35; Pl眉ckebaum/ Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 10. Aufl., 搂 10 UStG 1993 Rz. 116, 搂 17 UStG Rz. 17; Birkenfeld, a.a.O., VI Rz. 61; Hartmann/ Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., 搂 17 Rz. 23; Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 4. Aufl., 搂 17 Rz. 10; Lippross in Sauerland/Schmidt/Lippross, Umsatzsteuer, 18. Aufl., S.402 f.; Wei脽, UR 1986, 83, 90, unter e). Dabei ist eine Minderung (bereits dann) gem盲脽 搂 465 des B眉rgerlichen Gesetzbuches (BGB) vollzogen, wenn sich der Verk盲ufer auf Verlangen des K盲ufers mit ihr einverstanden erkl盲rt (vgl. dazu im einzelnen H.B. Westermann in M眉nchener Kommentar zum B眉rgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., 搂 465 Rz. 3 ff.; Huber in Soergel, B眉rgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., 搂 465 Rz. 5 ff.; Honsell in Staudinger, Kommentar zum B眉rgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 搂 465 Rz. 8 ff.).
Eine zur Berichtigung nach 搂 17 Abs. 1 UStG 1980 f眉hrende 脛nderung der Bemessungsgrundlage kann danach in den F盲llen der Minderung aufgrund von M盲ngelr眉gen bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Gutschrift gegeben sein.
Die Sache geht an das FG zur眉ck, damit es die gebotenen tats盲chlichen Feststellungen nachholt und erneut 眉ber die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Gutschriften entscheidet.
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Fundstellen
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BFH/NV 1996, 151 |
BFH/NV 1996, 151-152 (LT) |
BFHE 179, 465 |
BFHE 1996, 465 |
BB 1996, 626 |
BB 1996, 626-627 (LT) |
DB 1996, 1019-1020 (LT) |
DStR 1996, 464-465 (KT) |
DStZ 1996, 282-283 (KT) |
HFR 1996, 350-351 (L) |
StE 1996, 201 (K) |