ÖD-relevante Inhalte des Koalitionsvertrags 2025 für den öffentlichen Dienst

In der Präambel des Koalitionsvertrags versprechen die Regierungsparteien, für einen handlungsfähigen Staat zu sorgen. Um Ihnen die Orientierung zu erleichtern, haben wir die für den öffentlichen Dienst relevanten Themen aus dem Koalitionsvertrag herausgearbeitet.
Für Staat und Verwaltung wird eine ambitionierte Modernisierungsagenda angestrebt. Im Arbeitsrecht soll Bürokratie abgebaut, Fachkräftegewinnung und Beschäftigung von Rentnern erleichtert sowie Inklusion verwirklicht werden. Die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft nennt das Koalitionspapier als zentrales Anliegen.
Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung
Zur Modernisierung der Verwaltung sollen insbesondere die Vorschläge der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ aufgegriffen werden. Die Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sein. Dazu sollen Verwaltungsleistungen digitalisiert und barrierefrei angeboten werden. Es soll zunehmend antragslos gearbeitet werden, z. B. sollen Eltern nach der Geburt eines Kindes automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten.
Der öffentliche Dienst als Arbeitgeber soll attraktiver gemacht werden. Es soll mehr Frauen in Führungspositionen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und bessere Möglichkeiten für Führen in Teilzeit geben.
Das öffentliche Dienstrecht soll reformiert werden. Die starren Einstiegs- und Qualifikationsvoraussetzungen für die Verwaltungslaufbahnen sollen für andere Fachrichtungen geöffnet werden. Die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft soll verbessert werden. Innerhalb der Bundesverwaltung wird ein Verfahren zur Rotation von Personal zwischen Bund, Ländern, Kommunen und EU eingeführt.
Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen und der Bundesländer soll gestärkt werden und am Grundatz der Veranlassungskonnexität ausgerichtet werden. Wenn also ein Bundesgesetz bei den Kommunen oder den Ländern zu Mehrausgaben oder zu Mindereinnahmen führt, muss vom Bund sichergestellt werden, dass die finanziellen Mittel bei der ausführenden Ebene ankommen.
Bürokratieabbau im Arbeitsrecht
Den bereits von der Vorgängerregierung eingeschlagenen Weg, Schriftformerfordernisse abzubauen, will die neue Regierung insbesondere im Arbeitsrecht fortführen. Als Beispiel, wo man dies umzusetzen gedenkt, ist das Thema Befristungen genannt, wo in § 14 Abs. 4 TzBfG derzeit noch die Schriftform vorgeschrieben ist.
Auch das Statusfeststellungsverfahren, in dem geklärt wird, ob eine selbstständige Beschäftigung oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, soll zügig im Interesse von Selbstständigen, Beschäftigten und Arbeitgebern schneller, rechtssicherer und transparenter gemacht werden, zum Beispiel auch mit Blick auf die Auswirkungen des Herrenberg-Urteils. Scheinselbstständigkeit soll verhindert werden. Zur Beschleunigung soll eine Genehmigungsfiktion eingeführt werden, die im Zuge der Reform der Alterssicherung für Selbstständige umgesetzt werden soll.
Auf europäischer Ebene will man die Entsendemeldung durch die Reform der eDeclaration technisch erleichtern und strebt eine Bündelung mit dem sogenannten A1-Verfahren an.
An der bürokratieabbauenden Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung möchte man festhalten, sie aber so verändern, dass Missbrauch zukünftig ausgeschlossen ist. So soll beispielsweise eine Online-Krankschreibung über private Online-Plattformen ausgeschlossen werden.
Arbeitszeit und Mehrarbeit
Union und SPD hatten sich schon im Sondierungspapier darauf verständigt, statt einer täglichen zukünftig auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit möglich machen zu wollen. Zur konkreten Ausgestaltung dieser wöchentlichen Höchstarbeitszeit will man nun einen Dialog mit den Sozialpartnern durchführen. Die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten soll unbürokratisch geregelt werden und für kleine und mittlere Unternehmen sollen dabei angemessene Übergangsregeln vorgesehen werden. Vertrauensarbeitszeit soll ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich bleiben. Dabei sollen die hohen Standards im Arbeitsschutz gewahrt bleiben und die geltenden Ruhezeitregelungen beibehalten werden. Kein Beschäftigter darf gegen seinen Willen zu höherer Arbeitszeit gezwungen werden.
Gleichwohl möchte man Mehrarbeit erleichtern. Damit sich Mehrarbeit auszahlt, sollen Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgeht, steuerfrei gestellt werden. Als Vollzeitarbeit soll dabei für tarifliche Regelungen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte oder vereinbarte Arbeitszeiten von 40 Stunden gelten. Bei der konkreten Ausgestaltung will die Koalition eine praxisnahe Lösung in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern entwickeln. In eine ähnliche Richtung zielt das Vorhaben, einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen zu wollen. Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, soll auch diese Prämie steuerlich begünstigt sein.
Arbeits- und Fachkräftesicherung
Die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen sehen CDU und SPD als einen entscheidenden Faktor zur Fachkräftesicherung. Geprüft werden soll die Einführung eines jährliches Familienbudgets für Alltagshelfer für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen. Dieses Budget soll digital zugänglich gemacht werden. Damit soll die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei haushaltsnahen Dienstleistungen gefördert werden und Schwarzarbeit bekämpft werden. Zur Attraktivitätssteigerung der Berufsbilder in diesem Bereich soll eine Anerkennungsoffensive gestartet werden und Quereinstiege möglich gemacht werden.
Zur Stärkung der qualifizierten Einwanderung soll es eine digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit geben, die "Work-and-stay-Agentur". Hier soll eine bessere Arbeitgeberbeteiligung und ein einheitliches Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen inklusive Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung die Fachkräfteeinwanderung verbessern. Außerdem wollen die Regierungskoalitionäre die schnelle und nachhaltige Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt mit einer Verbindung aus früherer Arbeitserfahrung, berufsbegleitendem Spracherwerb und berufsbegleitender Weiterbildung/Qualifizierung dauerhaft voranbringen.
Erleichterte Beschäftigung für Rentner
Union und SPD planen zusätzliche finanzielle Anreize, damit sich freiwilliges längeres Arbeiten mehr lohnt. Statt einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters will man mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente erreichen. Arbeiten im Alter soll mit einer Aktivrente attraktiver gemacht werden. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt künftig bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei. Außerdem ist geplant, die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erleichtern, indem das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben und dadurch befristetes Weiterarbeiten ermöglicht wird. Darüber hinaus sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Hinterbliebenenrente und die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentnerinnen und Rentner in der Grundsicherung im Alter verbessert werden.
Arbeitsschutz im Koalitionsvertrag
Beim Thema Arbeitsschutz wird viel guter Wille bekundet. "Wir wollen die Prävention vor psychischen Erkrankungen stärken" liest man da und "Wir sorgen für gute Arbeitsbedingungen für körperlich stark belastete Berufsgruppen". Eine Verbesserung der Arbeitsschutzstandards der Berufskraftfahrer sowie verbesserte Arbeitsbedingungen in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche werden als Ziel betont.
Mindestlohn und Stärkung der Tarifbindung
Hier macht die SPD ihre Wahlkampfversprechen wahr und ebnet den Weg zu 15 Euro Mindestlohn. Zwar wird betont, an einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission festhalten zu wollen. Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg sei ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.
Als Ziel wird auch eine höhere Tarifbindung genannt. Dazu soll – wie es schon die Ampelregierung geplant hatte - ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg gebracht werden. Dieses Bundestariftreuegesetz soll für Vergaben auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Startups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro gelten. Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen will man dabei auf ein absolutes Minimum begrenzen.
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Angesichts einer zunehmend von Digitalisierung und KI geprägten Arbeitswelt, soll auch die Mitbestimmung weiterentwickelt werden. Es sollen Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen zusätzlich als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten ermöglicht werden. Zusätzlich soll die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden. Das Zugangsrecht der Gewerkschaften in die Betriebe soll um einen digitalen Zugang, der den bereits vorhandenen analogen Rechten entspricht, erweitert werden. Die Mitgliedschaft in Gewerkschaften soll durch steuerliche Anreize attraktiver werden.
Inklusion
Auch im Arbeitsmarkt sollen Menschen mit Behinderung ihr Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe verwirklichen können. Dazu ist geplant, die Aufnahme einer Arbeit für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verstärkt zu fördern. Die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) sollen mit Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und der Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit besser vernetzt werden und die Schwerbehindertenvertretungen sollen gestärkt werden. Die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Rehabilitation, Werkstätten für behinderte Menschen, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt soll erhöht werden.
Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll bis Mitte 2026 novelliert werden. Die Koalition plant, Mindestvertragslaufzeiten vor und nach der Promotion einzuführen und Schutzklauseln auf Drittmittelbefristungen auszuweiten.
Die Arbeitszeiterfassung an Hochschulen soll rechtssicher und praktikabel gestaltet werden. Außerdem soll im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Regelung geschaffen werden, die Arbeitsverhältnisse während eines Studiums vom sog. Anschlussverbot ausnimmt.
Wie geht es weiter?
Nach der Einigung über den Koalitionsvertrag beginnt nun die parteiinterne Abstimmungsphase – getrennt für CDU, CSU und SPD.
Die SPD startete am 15.4.2025 ein Mitgliedervotum über Koalitionsvertrag mit CDU/CSU. Bis zum 29.4.2025 können die Parteimitglieder der SPD über Annahme oder Ablehnung des mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrages abstimmen. Stimmberechtigt sind alle 358.322 SPD-Mitglieder (Stand: 23. März 2025).
Voraussetzung dafür ist außerdem die Zustimmung der CDU zum Koalitionsvertrag im CDU-Bundesausschuss (sog. kleiner Parteitag) am 28. April 2025. Trotz einiger interner Kritik gilt diese jedoch als sicher.
Die CSU hat dem Koalitionsvertrag bereits zugestimmt.
Stimmen die Parteien dem Koalitionsvertrag zu, folgt die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags. Anschließend könnte CDU-Chef Friedrich Merz am 6.5.2025 mit den Stimmen von Union und SPD zum neuen Bundeskanzler gewählt werden.
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Einigung in der TVöD-Tarifrunde für Kommunen und den Bund
45.874
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Entgelttabelle TVöD/VKA
17.651
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Entgelttabelle TV-L
14.192
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Entgelttabelle TV-V
7.496
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Entgelttabelle TVöD - Sozial- und Erziehungsdienst
7.418
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Krankmeldung im öffentlichen Dienst
2.2341
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2.1482
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Urlaubsanspruch auch bei Erwerbsminderungsrente
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Entgelttabelle TV-L Sozial- und Erziehungsdienst
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