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Leitsatz (amtlich)
Die Gew盲hrung einer Tantieme an einen im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten ist betrieblich veranla脽t, wenn angenommen werden kann, da脽 die Tantieme unter den gegebenen betrieblichen Verh盲ltnissen auch einem fremden Arbeitnehmer gew盲hrt worden w盲re. Werden im Betrieb keine vergleichbaren Arbeitnehmer besch盲ftigt, so mu脽 die betriebliche Veranlassung der Tantiemezahlung durch Vergleich mit Arbeitnehmern anderer Betriebe, insbesondere gleicher Gr枚脽enordnung, gepr眉ft werden.
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Orientierungssatz
1. Ausf眉hrungen zur betrieblichen Veranlassung einer Tantiemezahlung (klare, eindeutige nicht r眉ckwirkende Vereinbarung von Bemessungsgrundlage, Hundertsatz, Obergrenze, Verh盲ltnis zum 眉brigen Lohn), zur Feststellungslast des Arbeitgeber-Ehegatten, zum Fremdvergleich (insbesondere zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot) und zur Mitwirkungspflicht der Ehegatten bei der Ermittlung von Vergleichsbetrieben (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Ist einer betrieblich veranla脽ten Tantiemevereinbarung zwischen Ehegatten die R眉ckwirkung zu versagen, so sind die daf眉r gebildeten R眉ckstellungen bei bereits bestandskr盲ftigen Veranlagungen nach den Grunds盲tzen 眉ber die Berichtigung eines unrichtigen Bilanzansatzes in der Schlu脽bilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch nicht bestandskr盲ftig ist, erfolgswirksam zu berichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.1976 IV R 222/72).
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Normenkette
EStG 搂 4 Abs.听4, 2; AO 1977 搂 90 Abs. 1
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) wurden als Eheleute zur Einkommensteuer f眉r die Streitjahre 1976 und 1977 zusammenveranlagt.
Der Kl盲ger unterhielt einen Elektroeinzelhandels- und Elektroinstallationsbetrieb. Die Kl盲gerin arbeitete im Betrieb des Kl盲gers mit. In den Streitjahren bekam sie hierf眉r eine feste Verg眉tung (1976: netto 13 440 DM; 1977: netto 16 920 DM). Au脽erdem erhielt sie aufgrund einer Vereinbarung vom 23.Januar 1976 "ab 1976 .... zus盲tzlich zu ihrem Grundgehalt eine Tantieme von 20 % des Steuerbilanzgewinns vor Abzug der Gewerbesteuer". Mit den anderen Arbeitnehmern des Kl盲gers war keine vergleichbare Vereinbarung getroffen worden.
F眉r die Tantiemeverbindlichkeiten bildete der Kl盲ger in seinen Bilanzen zum 31.Dezember 1974, 31.Dezember 1975, 31.Dezember 1976 und 31.Dezember 1977 R眉ckstellungen (1974: 9 998 DM; 1975: 16 049 DM; 1976: 11 762 DM; 1977: 16 334 DM). An Tantiemen wurden der Kl盲gerin im Jahr 1976 26 047 DM (9 998 DM f眉r 1974 und 16 049 DM f眉r 1975) sowie im Jahr 1977 11 762 DM (f眉r 1976) gezahlt.
Im Anschlu脽 an eine Au脽enpr眉fung, die die Jahre 1976 bis 1978 betraf, vertrat der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, da脽 in den Bilanzen zum 31.Dezember 1976 und zum 31.Dezember 1977 f眉r die Tantiemeverbindlichkeiten keine R眉ckstellungen gebildet werden durften. Auf dieser Grundlage erlie脽 das FA 脛nderungsbescheide f眉r die Einkommensteuer 1976 und 1977.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg.
Mit der --vom Finanzgericht (FG) wegen grunds盲tzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen-- Revision r眉gt das FA die Verletzung des 搂 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲ger beantragen, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Tatsachenfeststellungen des FG reichen nicht aus, um abschlie脽end entscheiden zu k枚nnen, ob die von den Kl盲gern am 23.Januar 1976 getroffene Vereinbarung 眉ber die Zahlung von Tantiemen betrieblich veranla脽t war.
1. Aufwendungen f眉r einen im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie betrieblich veranla脽t sind (搂 4 Abs.4 EStG). Dementsprechend sind R眉ckstellungen f眉r zuk眉nftige Verbindlichkeiten gegen眉ber dem mitarbeitenden Ehegatten nur zu bilden, wenn diesen Verbindlichkeiten ein betrieblicher Anla脽 zugrunde liegt. Das setzt klare und eindeutige Vereinbarungen vor Beginn des Leistungsaustauschs voraus; die Vereinbarungen m眉ssen au脽erdem nach Inhalt und Durchf眉hrung dem zwischen Fremden 脺blichen entsprechen. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann angenommen werden, da脽 die Vertragsbeziehungen und die auf ihnen beruhenden Leistungen dem betrieblichen Bereich und nicht --z.B. als Unterhaltsleistungen-- dem privaten Bereich (搂 12 Nr.1 und 2 EStG) zuzuordnen sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, und vom 20.Mai 1988 III R 51/85, BFH/NV 1989, 19, m.w.N.).
Mit R眉cksicht auf die besonderen pers枚nlichen Beziehungen der Vertragspartner zueinander k枚nnen an den Nachweis der Vereinbarung und ihrer Durchf眉hrung sowie an den Fremdvergleich strenge Anforderungen gestellt werden. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Verpflichtung der Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts nach 搂 90 Abs.1 der Abgabenordnung --AO 1977-- (vgl. hierzu n盲her BFH-Urteil vom 15.Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462). Abgesehen hiervon tr盲gt der Arbeitgeber-Ehegatte grunds盲tzlich die objektive Beweislast (Feststellungslast) daf眉r, da脽 Minderungen seines Betriebsverm枚gens durch Aufwendungen f眉r den Arbeitnehmer-Ehegatten als betrieblich veranla脽t anzusehen und deshalb Betriebsausgaben sind (vgl. BFH-Urteile vom 24.Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562, und vom 21.August 1985 I R 73/82, BFHE 145, 316, BStBl II 1986, 250, a.E.).
Da脽 an den Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen im Rahmen von Ehegattenarbeitsverh盲ltnissen besondere Anforderungen gestellt werden k枚nnen, widerspricht nicht dem Grundgesetz (vgl. Beschlu脽 des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 22.Juli 1970 1 BvR 285/66 u.a., BVerfGE 29, 104, 112). Die Verfassungsm盲脽igkeit der besonderen Nachweispflichten wird --entgegen der Auffassung des FG-- auch durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG nicht in Frage gestellt. Der vom FG in diesem Zusammenhang erw盲hnte Beschlu脽 des BVerfG vom 12.M盲rz 1985 1 BvR 571/81 u.a. (BStBl II 1985, 475) ist zu den Voraussetzungen f眉r die Annahme einer Betriebsaufspaltung ergangen. Nach dem Beschlu脽 kann bei der Beurteilung der personellen Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen nicht von der Vermutung ausgegangen werden, Ehegatten verfolgten gleichgerichtete Interessen. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob die Eink眉nfte des Besitzunternehmens gewerblich sind; sie hat mit den Voraussetzungen f眉r die steuerliche Anerkennung von Ehegattenarbeitsverh盲ltnissen und den hierbei zu beachtenden Mitwirkungs- und Nachweispflichten des Arbeitgeber-Ehegatten nichts zu tun.
Da脽 im Streitfall dem Grunde nach ein steuerlich anzuerkennendes Ehegatten-Arbeitsverh盲ltnis vorliegt, wird im 眉brigen auch von keiner Seite angezweifelt.
2. Ist ein Ehegatten-Arbeitsverh盲ltnis dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, so k枚nnen Tantieme-Zahlungen, die im Rahmen eines solchen Arbeitsverh盲ltnisses an den Arbeitnehmer-Ehegatten gezahlt werden, nur dann als Betriebsausgaben abgezogen --und f眉r zuk眉nftige Tantiemezahlungen nur dann in den Bilanzen R眉ckstellungen gebildet-- werden, wenn auch hinsichtlich der Zusage der Tantieme eine betriebliche Veranlassung vorlag; es m眉ssen also auch insoweit die genannten Voraussetzungen der Klarheit der Vereinbarung sowie ihrer tats盲chlichen Durchf眉hrung gegeben sein; au脽erdem mu脽 die Zusage der Tantieme einem Fremdvergleich standhalten (vgl. BFH-Urteil vom 29.November 1988 VIII R 83/82, BFHE 155, 114, BStBl II 1989, 281).
a) Das Recht, das der Gew盲hrung von Tantiemen durch den Arbeitgeber zugrunde liegt, ist auf der Grundlage der Vertragsfreiheit (搂 305 des B眉rgerlichen Gesetzbuches --BGB--) entwickelt worden. Tantiemen k枚nnen durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder durch Einzelvertrag vereinbart werden. Dabei ist allerdings das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot zu beachten, das besagt, da脽 eine willk眉rliche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern eines Betriebs verboten ist (Lipke, Gratifikationen, Tantiemen, Sonderzulagen, S.31 ff.).
F眉r die vertragliche Gew盲hrung von Tantiemen kann es verschiedene Gr眉nde geben. In den meisten F盲llen ist die Tantieme eine erfolgsgebundene Verg眉tung; sie ist dann als Entlohnung f眉r eine pers枚nliche Leistung des Arbeitnehmers (insbesondere f眉r entsprechende Produktions- oder Absatzerfolge) gedacht. Unabh盲ngig von der pers枚nlichen Arbeitsleistung k枚nnen Tantiemen aber auch als Anerkennung f眉r eine langj盲hrige Bindung an den Betrieb vereinbart werden.
b) Ob einem mitarbeitenden Ehegatten eine Tantieme aus betrieblichem Anla脽 gew盲hrt wird, l盲脽t sich nur anhand der tats盲chlichen Verh盲ltnisse des Einzelfalls beurteilen.
Voraussetzung f眉r die Annahme einer betrieblichen Veranlassung ist zun盲chst eine klare Vereinbarung der Bemessungsgrundlage, des Hundertsatzes und gegebenenfalls auch einer Obergrenze (BFH-Urteil vom 23.April 1975 I R 208/72, BFHE 115, 481, BStBl II 1975, 579; FG Hamburg, Urteil vom 14.Juni 1982 VI 57/79, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1983, 163; FG M眉nchen, Urteil vom 3.Oktober 1988 II (XIII) 134/84 E2, EFG 1989, 164).
Au脽erdem mu脽 angenommen werden k枚nnen, da脽 die Tantieme unter den gegebenen betrieblichen Verh盲ltnissen auch einem fremden Arbeitnehmer gew盲hrt worden w盲re. Eine betriebliche Veranlassung f眉r die Gew盲hrung einer Tantieme ist regelm盲脽ig zu verneinen, wenn anderen Arbeitnehmern im Betrieb, die die gleichen T盲tigkeitsmerkmale aufweisen wie der Arbeitnehmer-Ehegatte, keine Tantieme versprochen wurde. Werden im Betrieb keine vergleichbaren Arbeitnehmer besch盲ftigt, so mu脽 die betriebliche Veranlassung der Tantiemezahlung durch Vergleich mit Arbeitnehmern anderer Betriebe, insbesondere gleicher Gr枚脽enordnung, gepr眉ft werden. Bei diesem Fremdvergleich kommt es darauf an, ob die in den anderen Betrieben t盲tigen Arbeitnehmer, die die gleichen T盲tigkeitsmerkmale wie der Arbeitnehmer-Ehegatte aufweisen, 眉blicherweise eine Tantieme erhalten.
Im Rahmen des Fremdvergleichs spielt u.a. auch die H枚he der Tantieme eine Rolle. Um die Gew盲hrung der Tantieme als betrieblich veranla脽t ansehen zu k枚nnen, mu脽 die Tantieme zu dem 眉brigen Lohn bzw. Gehalt in einem Verh盲ltnis stehen, das auch bei vergleichbaren Tantiemegew盲hrungen an familienfremde Arbeitnehmer 眉blich ist (vgl. BFH-Urteil vom 17.April 1986 IV R 2/86, BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559). Da hohe Tantiemezahlungen an einen Arbeitnehmer, der nur in einer untergeordneten Stellung t盲tig ist, nicht 眉blich sind, k枚nnen sie auch einem Ehegatten, der in einer solchen Stellung t盲tig ist, nicht mit steuerlicher Wirkung versprochen werden.
c) R眉ckwirkend abgeschlossene Vertr盲ge unter Ehegatten werden grunds盲tzlich steuerlich nicht anerkannt. Das gilt auch f眉r Tantieme-Vereinbarungen. Sie k枚nnen steuerliche Wirkung erst von dem Zeitpunkt an entfalten, in dem sie mit der gebotenen Klarheit vertraglich vereinbart wurden.
3. Im Streitfall reichen die tats盲chlichen Feststellungen des FG nicht aus, um zu entscheiden, ob die vom Kl盲ger in seinen Bilanzen zum 31.Dezember 1976 und 31.Dezember 1977 angesetzten Tantieme-R眉ckstellungen den Gewinn des Kl盲gers aus seinem Gewerbebetrieb mindern konnten.
Es fehlen insbesondere noch tats盲chliche Feststellungen zu der Frage, welche Aufgabe die Kl盲gerin im Betrieb des Kl盲gers wahrgenommen hat. Geht man von der H枚he des an sie gezahlten Grundgehalts aus, so k枚nnte daraus geschlossen werden, da脽 sie lediglich einfachere T盲tigkeiten auszuf眉hren hatte. Andererseits enth盲lt das Urteil des FG Ausf眉hrungen, aus denen zu entnehmen ist, da脽 die Kl盲gerin seit 1974 gesch盲ftsf眉hrend t盲tig war. Nach Angaben der Kl盲ger soll sie dabei die Aufgaben eines fr眉heren Mitgesellschafters des Kl盲gers 眉bernommen haben.
Da im Betrieb des Kl盲gers keine Arbeitnehmer t盲tig waren, die vergleichbare T盲tigkeitsmerkmale wie die Kl盲gerin aufwiesen, m眉脽te nach den oben erw盲hnten Grunds盲tzen im Wege eines Vergleichs mit anderen Betrieben gepr眉ft werden, ob dort vergleichbaren anderen Arbeitnehmern Tantiemezahlungen gew盲hrt wurden. Dabei m眉脽ten die Kl盲ger an der Ermittlung des Sachverhalts in der Weise mitwirken (搂 90 Abs.1 AO 1977), da脽 sie die ihnen bekannten Parallelf盲lle angeben oder sich bei dem f眉r den Betrieb des Kl盲gers einschl盲gigen Berufs- oder Interessenverband um die Benennung von Vergleichsf盲llen bem眉hen (vgl. Schmidt-Liebig, Betriebs-Berater 1983, 52, 57).
Sollte sich aus alledem ergeben, da脽 der Kl盲gerin eine Tantieme aus betrieblichem Anla脽 gew盲hrt wurde, m眉脽te der Tantieme-Vereinbarung vom 23.Januar 1976 allerdings die R眉ckwirkung versagt bleiben. Zwar k枚nnen die in den Bilanzen zum 31.Dezember 1974 und 31.Dezember 1975 mit gewinnmindernder Wirkung gebildeten Tantieme-R眉ckstellungen nicht mehr r眉ckg盲ngig gemacht werden, sofern die Einkommensteuerveranlagungen f眉r die Jahre 1974 und 1975 bestandskr盲ftig sind. In diesem Fall m眉脽ten die R眉ckstellungen nach den Grunds盲tzen 眉ber die Berichtigung eines unrichtigen Bilanzansatzes in der Schlu脽bilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch nicht bestandskr盲ftig ist (im Streitfall also wohl zum 31.Dezember 1976), erfolgswirksam --d.h. gewinnerh枚hend-- berichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 21.Oktober 1976 IV R 222/72, BFHE 120, 369, BStBl II 1977, 148).
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Fundstellen
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BFH/NV 1989, 38 |
BFHE 157, 172 |
BFHE 1990, 172 |
BB 1990, 332 |
BB 1990, 332-334 (LT1) |
DB 1989, 1903 (ST) |
DStR 1989, 586 (KT) |
HFR 1989, 659 (LT) |