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Entscheidungsstichwort (Thema)
Formeller Bilanzenzusammenhang: Best盲tigung der bisherigen Rechtsprechung, Verfassungsm盲脽igkeit, Auseinandersetzung mit Kritik, Durchbrechung
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Leitsatz (amtlich)
Als Betriebsverm枚gen am Schlu脽 des vorangegangenen Wirtschaftsjahres i.S. von 搂 4 Abs.1 Satz 1 EStG ist nach Eintritt der Bestandskraft grunds盲tzlich das dem Gewinnfeststellungsbescheid oder Veranlagungsbescheid zugrundeliegende Verm枚gen anzusetzen (Best盲tigung der st盲ndigen Rechtsprechung zum sog. formellen Bilanzenzusammenhang).
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Orientierungssatz
1. Die hiermit verbundene perioden眉bergreifende "Verlagerung" des durch eine Fehlerkorrektur bedingten Einflusses auf die Ermittlung des Gewinns oder Verlusts ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG-Beschlu脽 vom 18.2.1993 2 BvR 1196/88).
2. Auseinandersetzung mit der in der Literatur ge盲u脽erten Kritik an der Rechtsprechung des BFH zum formellen Bilanzenzusammenhang.
3. Bilanzen m眉ssen f眉r Zwecke der Veranlagung und der Gewinnfeststellung grunds盲tzlich im Fehlerjahr und in den Folgejahren berichtigt werden. Ist eine solche Berichtigung aber nicht mehr m枚glich, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskr盲ftig sind und keine 脛nderungsvorschrift f眉r diese Bescheide eingreift, ist die Korrektur in der Schlu脽bilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung m枚glich ist. Diese, aus dem Prinzip des formellen Bilanzenzusammenhangs abzuleitenden Folgerungen gelten indes nicht ausnahmslos; vielmehr erfahren sie Durchbrechungen sowohl unter Ber眉cksichtigung der allgemeinen Grunds盲tze von Treu und Glauben als auch dann, wenn der fehlerhafte Bilanzansatz in den (bestandskr盲ftigen) Vorjahren ohne Auswirkung auf die H枚he der festgesetzten Steuern geblieben ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
EStG 搂 4 Abs.听1 S. 1, Abs.听2; GG Art. 3 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob bei der Gewinnfeststellung 1978 die Grunds盲tze des formellen Bilanzenzusammenhangs zu beachten sind.
Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin), eine GmbH & Co. KG, ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsverm枚gensvergleich. Aufgrund der Selbstanzeige vom 7. Februar 1989 (搂 371 der Abgabenordnung --AO 1977--) wurde dem Beklagten und Revisionskl盲ger (Finanzamt --FA--) bekannt, da脽 die Kl盲gerin seit 1948 Teile des Vorratsverm枚gens nicht aktiviert hatte.
Da zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Verj盲hrungsfristen bis einschlie脽lich 1977 bereits abgelaufen waren, erlie脽 das FA am 20. Juni 1989 einen ge盲nderten Gewinnfeststellungsbescheid 1978 (Streitjahr). Der Gewinnermittlung wurde das gesamte --und damit auch das bisher nicht erfa脽te-- Betriebsverm枚gen am Schlu脽 des Wirtschaftsjahres 1978 als Endverm枚gen zugrunde gelegt. Die Bestandserh枚hungen beliefen sich auf insgesamt 2 369 336 DM. Als Anfangsverm枚gen des Wirtschaftsjahres 1978 wurde das der Gewinnfeststellung 1977 zugrundeliegende Endverm枚gen angesetzt.
W盲hrend des Einspruchsverfahrens 盲nderte das FA mit Bescheid vom 4. Mai 1992 die Gewinnverteilung f眉r das Streitjahr. Die rechnerische Ermittlung des f眉r 1978 festgestellten Gewinns aus Gewerbebetrieb sowie die im 脛nderungsbescheid vom 4. Mai 1992 angenommenen Zurechnungsquoten (Anteile der Gesellschafter am Gewinn der Kl盲gerin) sind zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Sowohl in dem erfolglos durchgef眉hrten Einspruchsverfahren als auch mit ihrer Klage hat die Kl盲gerin geltend gemacht, da脽 der Feststellungsbescheid rechtswidrig und insoweit zu 盲ndern sei, als sich der festgestellte Gewinn um das nunmehr erfa脽te Vorratsverm枚gen erh枚ht habe. Der Gewinnermittlung f眉r das Streitjahr sei als Anfangsverm枚gen das Betriebsverm枚gen zugrunde zu legen, das sich bei materiell-rechtlich zutreffender Bewertung zum Schlu脽 des Wirtschaftsjahres 1977 ergebe. Der Auffassung des FA, der formelle Bilanzenzusammenhang sei zu wahren, k枚nne nicht gefolgt werden, da sie insbesondere mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbar sei. Zudem f眉hre sie zur Beseitigung der Verj盲hrungswirkung und verkenne, da脽 nur Steueranspr眉che, nicht aber auch die Besteuerungsgrundlagen der Verj盲hrung unterl盲gen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben (ver枚ffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1996, 983).
Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beantragt das FA sinngem盲脽, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet, das Urteil der Vorinstanz war demgem盲脽 aufzuheben und die Klage abzuweisen (搂 126 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach st盲ndiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) m眉ssen zwar Bilanzen f眉r Zwecke der Veranlagung und der Gewinnfeststellung grunds盲tzlich im Fehlerjahr und in den Folgejahren berichtigt werden. Ist eine solche Berichtigung aber nicht mehr m枚glich, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskr盲ftig sind und keine 脛nderungsvorschrift f眉r diese Bescheide eingreift, so ist die Korrektur in der Schlu脽bilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung m枚glich ist. Diese, aus dem Prinzip des formellen Bilanzenzusammenhangs abzuleitenden Folgerungen gelten indes nicht ausnahmslos; vielmehr erfahren sie Durchbrechungen sowohl unter Ber眉cksichtigung der allgemeinen Grunds盲tze von Treu und Glauben als auch dann, wenn der fehlerhafte Bilanzansatz in den (bestandskr盲ftigen) Vorjahren ohne Auswirkung auf die H枚he der festgesetzten Steuern geblieben ist (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, 516; vom 29. August 1996 VIII R 24/95, BFHE 182, 307; BFH-Beschlu脽 vom 30. M盲rz 1994 I B 81/93, BFH/NV 1995, 192, jeweils m.w.N.; zur Frage der 脛nderbarkeit eines Veranlagungs- oder Gewinnfeststellungsbescheids nach 搂 174 Abs. 4 AO 1977 vgl. BFH-Beschlu脽 vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83).
2. F眉r das anh盲ngige Verfahren, in dem die genannten Ausnahmetatbest盲nde --unstreitig-- nicht zum Tragen kommen, folgt hieraus, da脽 das FA die Wertans盲tze f眉r das Vorratsverm枚gen der Kl盲gerin zu Recht um die bisher nicht erfa脽ten Wirtschaftsg眉ter in der Schlu脽bilanz des Streitjahrs erh枚ht hat.
a) Der Senat verkennt nicht, da脽 die hierdurch bedingte Erh枚hung des festzustellenden Gewinns in der Literatur vor allem im Hinblick auf den Wortlaut des 搂 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als auch mit R眉cksicht auf die Geltungsgrenzen der Bestandskraft von Steuerbescheiden sowie das Rechtsinstitut der Verj盲hrung auf Kritik gesto脽en ist (vgl. Weber-Grellet in Kirchhof/S枚hn, Einkommensteuergesetz, 搂 4 C 33 ff. m.w.N.; S枚ffing, Der Betrieb 1969, 185; von Wallis, Deutsche Steuer-Zeitung 1991, 437). Gleichwohl geben diese Erw盲gungen keine Veranlassung, von der langj盲hrigen Rechtsprechung des BFH zum formellen Bilanzenzusammenhang abzur眉cken; letzteres w盲re nur dann gerechtfertigt, wenn hierf眉r schwerwiegende sachliche Gr眉nde erkennbar w盲ren, die es geboten erscheinen lassen, die Rechtswerte der Rechtssicherheit sowie des Vertrauensschutzes zur眉ckzustellen (BFH-Beschl眉sse vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 846; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, 83). Gr眉nde dieser Art vermag der Senat nicht zu erkennen; insbesondere sind die angesprochenen Einw盲nde in der Rechtsprechung des BFH mehrfach ausf眉hrlich er枚rtert und gew眉rdigt worden (vgl. auch BFH in BFH/NV 1995, 192).
a) Dies gilt zum einen f眉r die Erw盲gung, der Wortlaut des 搂 4 Abs. 1 Satz 1 EStG trage die Rechtsprechung des BFH nicht. Hierzu hat bereits das BFH-Urteil vom 27. M盲rz 1962 I 136/60 S (BFHE 75, 10, BStBl III 1962, 273) eingehend Stellung genommen und ausgef眉hrt, da脽 unter dem Tatbestandsmerkmal "Betriebsverm枚gen am Schlu脽 des vorangegangenen Wirtschaftsjahres" i.S. von 搂 4 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht nur das f眉r die (materiell richtige) Ermittlung des Gewinns anzusetzende Verm枚gen, sondern --nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung (oder des Feststellungsbescheids)-- auch das der Veranlagung tats盲chlich zugrundeliegende und unter Umst盲nden fehlerhaft ermittelte Betriebsverm枚gen zu verstehen sei. Diese Wortlautinterpretation ist nicht nur m枚glich und im Beschlu脽 des Gro脽en Senats des BFH vom 29. November 1965 GrS 1/65 S (BFHE 84, 392, BStBl III 1966, 142) ausdr眉cklich best盲tigt worden; sie mu脽 vielmehr --insbesondere unter Ber眉cksichtigung der in diesen Entscheidungen dargelegten rechtspraktischen Erw盲gungen-- gegen眉ber dem Verst盲ndnis der genannten Literaturstimmen als zumindest gleichwertige Auslegung angesehen werden (gl.A. Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und 碍枚谤辫别谤蝉肠丑补蹿迟蝉迟别耻别谤驳别蝉别迟锄, 搂 4 EStG Anm. 77 c; Bl眉mich/Wacker, Einkommensteuergesetz, 碍枚谤辫别谤蝉肠丑补蹿迟蝉迟别耻别谤驳别蝉别迟锄, Gewerbesteuergesetz, 搂 4 EStG Rz. 336).
b) Kommt somit --im Einklang mit dem Wortlaut des 搂 4 Abs. 1 Satz 1 EStG-- dem Betriebsverm枚gen, das einem nicht mehr 盲nderbaren Veranlagungs- oder Feststellungsbescheid (tats盲chlich) zugrunde liegt, vorbehaltlich der zu Abschn. 1 der Gr眉nde dargestellten Ausnahmen die rechtliche Qualit盲t eines Tatbestandsmerkmals f眉r die Gewinnermittlung des Folgejahres zu, so werden durch dieses Verst盲ndnis --entgegen der Kritik in der Literatur-- weder die Geltungsgrenzen der Bestandskraft (vgl. 搂搂 155 Abs. 1, 157 Abs. 2 AO 1977) verletzt, noch bereits verj盲hrte Steueranspr眉che festgesetzt (vgl. hierzu auch BFH in BFHE 75, 10, BStBl III 1962, 273). Denn gerade aufgrund des Umstands, da脽 auch fehlerhafte Bilanzans盲tze Teil des Betriebsverm枚gens des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (搂 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) sind und somit Eingang in die Anfangsbilanz des Folgejahres finden (formeller Bilanzenzusammenhang), entsteht der durch die Korrektur in der Schlu脽bilanz des Folgejahres ausgel枚ste Steueranspruch nicht im Vorjahr, sondern im Jahr des Fehlerausgleichs nach Ma脽gabe des in diesem (Folge-)Jahr aufgrund der berichtigten (Schlu脽-)Bilanz ausgewiesenen Gewinns (Senatsurteil vom 7. Juni 1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886, 888; vgl. auch Ruban in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtordnung, Vor 搂 169 AO 1977 Rz. 5).
c) Die hiermit verbundene perioden眉bergreifende "Verlagerung" des durch die Fehlerkorrektur bedingten Einflusses auf die Ermittlung des Gewinns oder Verlusts ist --wie das Bundesverfassungsgericht in seinem zum Urteil des erkennenden Senats in BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886, 888 ergangenen Beschlu脽 vom 18. Februar 1993 2 BvR 1196/88 (H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 408) entschieden hat --verfassungsrechtlich unbedenklich. Abgesehen davon, da脽 sie sich je Art des in Frage stehenden Bilanzierungsfehlers nicht nur zu Lasten, sondern auch zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken kann, verst枚脽t eine auf dem formellen Bilanzenzusammenhang beruhende Fehlerberichtigung insbesondere auch mit Blick auf diejenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch eine 脺berschu脽rechnung nach 搂 4 Abs. 3 EStG ermitteln, nicht gegen den Grundsatz der gleichm盲脽igen Besteuerung (Art. 3 des Grundgesetzes; vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1990 I R 78/85, BFH/NV 1990, 630, m.w.N.).
3. Nach den Feststellungen der Vorinstanz sind die rechnerischen Grundlagen des angefochtenen Bescheids zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Die Sache ist somit spruchreif und die Klage unter Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanz abzuweisen.
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Fundstellen
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BFH/NV 1998, 1176 |
BFH/NV 1998, 1176-1177 (Leitsatz und Gr眉nde) |
BStBl II 1998, 443 |
BFHE 185, 492 |
BB 1998, 1412 |
BB 1998, 1412-1413 (Leitsatz und Gr眉nde) |
DB 1998, 1377 |
DB 1998, 1377-1378 (Leitsatz und Gr眉nde) |
DStR 1998, 1003 |
DStRE 1998, 502 |
DStRE 1998, 502 (Leitsatz) |
HFR 1998, 729 |