听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch bei Strohmanngesch盲ften
听
Leitsatz (amtlich)
Ein sog. Strohmann, der im eigenen Namen Gegenst盲nde verkauft und bewirkt, da脽 dem Abnehmer die Verf眉gungsmacht daran einger盲umt wird, kann umsatzsteuerrechtlich Leistender sein.
听
Normenkette
UStG 1980 搂听2 Abs. 1, 搂听3 Abs. 1, 搂听14 Abs.听4-5, 搂听15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
听
Verfahrensgang
FG Bremen (Dok.-Nr. 0144980; EFG 1998, 420) |
听
Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin), eine Bank, zahlte im Zeitraum vom 15. Februar 1983 bis zum 6. April 1983 f眉r 14 Lieferungen von Barrengold insgesamt 3 501 954,70 DM brutto. Lieferanten des Goldes waren nach den der Kl盲gerin ausgeh盲ndigten Rechnungen das Einzelunternehmen JFM sowie die L-GmbH. Aufgrund der Ergebnisse einer Umsatzsteuer-Sonderpr眉fung lie脽 der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer von insgesamt 402 879,75 DM in einem ge盲nderten Umsatzsteuerbescheid f眉r das Streitjahr 1983 nicht als Vorsteuer zum Abzug zu.
Sowohl die JFM als auch die L-GmbH waren im Handelsregister eingetragen und unterhielten in Deutschland Bankkonten. Als Gesch盲ftsf眉hrer der L-GmbH war der niederl盲ndische Kaufmann B.L. am 18. Februar 1983 im Handelsregister eingetragen worden. F眉r die L-GmbH wurde zwar ein B眉roraum angemietet. Dar眉ber hinausgehende wirtschaftliche Aktivit盲ten sind jedoch -von den Goldgesch盲ften und den vorstehend genannten Ma脽nahmen abgesehen- nicht festgestellt worden.
F眉r das Unternehmen JFM war in der Handelsregisterspalte "Gesch盲ftsinhaber, pers枚nlich haftender Gesellschafter, Vorstand, Abwickler" der niederl盲ndische Kaufmann JBF gef眉hrt. Er hatte mit notarieller Urkunde vom 22. Dezember 1982 dem Niederl盲nder N Generalvollmacht erteilt. Die JFM entwickelte keine 眉ber den Goldhandel hinausgehende gewerbliche T盲tigkeit. Es wurden weder Wirtschaftsg眉ter angeschafft noch Personal eingestellt oder R盲umlichkeiten unter der in den Rechnungen angegebenen Adresse angemietet.
Mit Rechnungen vom 31. M盲rz 1983 und 6. April 1983 wurden der Kl盲gerin Goldlieferungen von der JFM in Rechnung gestellt. Die Rechnungen entsprachen den formalen Anforderungen des 搂 14 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 6 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im folgenden: UStG) und waren mit der Unterschrift des N versehen, der dabei als Generalbevollm盲chtigter der JFM auftrat. In allen 眉brigen F盲llen wurden Goldlieferungen durch die L-GmbH berechnet und von dem niederl盲ndischen Staatsb眉rger S als Bevollm盲chtigter der L-GmbH unterschrieben. Auch diese Rechnungen entsprachen den o.g. formalen gesetzlichen Anforderungen.
Das in den Rechnungen von JFM und der L-GmbH bezeichnete Barrengold war in den Niederlanden erworben und in die Bundesrepublik Deutschland geschmuggelt worden. Hauptt盲ter und Hinterm盲nner bei den Gesch盲ften waren im Fall des Einzelunternehmens JFM der niederl盲ndische Kaufmann F und im Fall der L-GmbH der niederl盲ndische Kaufmann M. Beide wurden vom Landgericht (LG) aufgrund dieser Vorg盲nge u.a. wegen Hinterziehung von Einfuhrumsatzsteuer verurteilt.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch gegen den Umsatzsteuer盲nderungsbescheid erhobene Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1998, 420). Es begr眉ndete seine Entscheidung u.a. damit, da脽 F bzw. M pers枚nlich der Kl盲gerin das Barrengold geliefert h盲tten und somit die umsatzsteuerrechtlich Leistenden nicht mit den Rechnungsausstellern identisch seien, wie es 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG verlange.
Mit ihrer Revision r眉gt die Kl盲gerin eine Verletzung des 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG. Zur Begr眉ndung f眉hrt sie aus: Entgegen der Auffassung des FG seien im Streitfall die Unternehmen JFM und L-GmbH die umsatzsteuerrechtlich Leistenden gewesen. Entscheidend sei, wen der Kunde nach den ihm bekannten 盲u脽eren Umst盲nden als seinen Vertragspartner bezeichnen w眉rde (Hinweis auf Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620, und vom 21. April 1994 V R 105/91, BFHE 174, 469, BStBl II 1994, 671).
Im Fall der L-GmbH sei M als Mitarbeiter dieses Unternehmens bei ihr, der Kl盲gerin, erschienen, um im Namen der L-GmbH Goldbarren zu verkaufen. Sie, die Kl盲gerin, habe sich Handelsregisterausz眉ge vorlegen lassen, um sich 眉ber die Identit盲t ihrer Vertragspartnerin ein Bild zu machen. Da 眉bereinstimmende Willenserkl盲rungen hinsichtlich der Person der Goldverk盲uferin abgegeben worden seien, sei die L-GmbH zivilrechtlich zur Lieferung des Barrengoldes verpflichtet gewesen. Im 眉brigen sei auch S bei den Goldgesch盲ften zugegen gewesen. Nach den tats盲chlichen Feststellungen des FG sei dieser berechtigterweise im Innenverh盲ltnis zur L-GmbH als Bevollm盲chtigter aufgetreten und habe deshalb die Befugnis gehabt, die L-GmbH zu verpflichten. Ferner habe die Kl盲gerin das Entgelt f眉r die Goldlieferungen in der Mehrzahl der F盲lle auf ein Bankkonto der L-GmbH 眉berwiesen.
Es sei unzumutbar, ihr, der Kl盲gerin, die Feststellungslast daf眉r zuzuweisen, da脽 ihr Vertragspartner vor Abschlu脽 der Kaufvertr盲ge jeweils das Eigentum an den verkauften Gegenst盲nden erworben habe. Im 眉brigen l盲gen keine Anhaltspunkte vor, die gegen einen Eigentumserwerb durch die L-GmbH spr盲chen, da jedenfalls S die hierf眉r erforderliche Vertretungsmacht gehabt habe. Schlie脽lich sei eine Eigent眉merstellung auch keine zwingende Voraussetzung daf眉r, um umsatzsteuerrechtlich als Leistender einer Lieferung angesehen werden zu k枚nnen.
Auch den Rechnungen von JFM l盲gen tats盲chlich die dort abgerechneten Goldlieferungen dieses Unternehmens zugrunde, wobei JFM bei den jeweiligen Vertragsschl眉ssen durch den Generalbevollm盲chtigten N vertreten worden sei.
Die Kl盲gerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid f眉r 1983 vom 6. Februar 1992 dahin abzu盲ndern, da脽 Vorsteuern in H枚he von 402 879,75 DM steuermindernd ber眉cksichtigt werden.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision der Kl盲gerin ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
1. Die Ablehnung des Vorsteuerabzugs f眉r die Kl盲gerin durch das FG h盲lt der revisionsrechtlichen Pr眉fung nicht stand. Das FG hat die Grunds盲tze nicht hinreichend beachtet, nach denen sich beurteilt, wer umsatzsteuerrechtlich Leistender ist.
a) Ein Unternehmer kann nach 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die in Rechnungen i.S. des 搂 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer f眉r Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmen f眉r sein Unternehmen ausgef眉hrt worden sind, als Vorsteuerbetr盲ge abziehen. Die eingangs zitierte Vorschrift verweist auf 搂 14 Abs. 4 UStG 1980 (Senatsurteile vom 24. September 1987 V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und V R 125/86, BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694). Danach ist Rechnung jede Urkunde, mit der ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter 眉ber eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen眉ber dem Leistungsempf盲nger abrechnet, gleichg眉ltig, wie diese Urkunde im Gesch盲ftsverkehr bezeichnet wird.
b) Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer m眉ssen grunds盲tzlich identisch sein (st盲ndige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Beschl眉sse vom 24. Mai 1993 V B 33/93, BFH/NV 1994, 133, unter 2. a., sowie vom 23. April 1998 V B 114/97, BFH/NV 1998, 1532, m.w.N.). Regelm盲脽ig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist (BFH-Urteile vom 13. M盲rz 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524, unter 1.; vom 1. Juni 1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677, unter 2. b). Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegen眉ber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausf眉hrt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, h盲ngt grunds盲tzlich davon ab, ob der Handelnde gegen眉ber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausf眉hrung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381; in BFHE 174, 469, BStBl II 1994, 671). Eine Lieferung im umsatzteuerrechtlichen Sinne besteht in der Verschaffung der Verf眉gungsmacht zugunsten des Leistungsempf盲ngers (搂 3 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, da脽 ihm Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand 眉bertragen werden. Die Verschaffung der Verf眉gungsmacht ist in der Regel mit dem b眉rgerlich-rechtlichen Eigentums眉bergang auf den Leistungsempf盲nger verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1992 V R 80/87, BFH/NV 1993, 634, unter 1., m.w.N.). Der Lieferer kann dem Abnehmer die Verf眉gungsmacht an dem Gegenstand auch dadurch verschaffen, da脽 er einen Dritten, der die Verf眉gungsmacht bislang innehat, mit dem Vollzug dieser Ma脽nahme beauftragt (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, I Rz. 646.1 und 647). F眉r eine solche Beauftragung w盲re auch eine nur m眉ndlich getroffene Absprache ausreichend.
Das FG hat angenommen, da脽 der Kl盲gerin das Barrengold von den Hinterm盲nnern F und M und nicht von den als Tarnfirmen bezeichneten Rechnungsausstellern JFM und L-GmbH geliefert worden sei. Die Rechnungsaussteller seien weder rechtlich noch tats盲chlich in der Lage gewesen, 眉ber das Barrengold zu verf眉gen und an die Kl盲gerin zu liefern, weil sie kein Eigentum daran erworben h盲tten, bevor es weiterver盲u脽ert worden sei. Diese Beurteilung ist mit den erw盲hnten Grunds盲tzen 眉ber die Zurechnung von Leistungen und auch mit der Beurteilung einer Lieferung durch Verschaffung der Verf眉gungsmacht unvereinbar. Selbst wenn JFM und die L-GmbH bei den Goldgesch盲ften jeweils nur als Strohmann (Tarnfirma) aufgetreten waren, konnten sie die abgerechneten Lieferungen von Goldbarren an die Kl盲gerin ausgef眉hrt haben. Ein Strohmann schlie脽t Gesch盲fte mit Dritten im eigenen Namen ab und erf眉llt dadurch begr眉ndete eigene Verpflichtungen. Ihm werden die Erf眉llungshandlungen zugerechnet, auch wenn er dabei Interessen eines im Hintergrund wirkenden Auftraggebers wahrnimmt. Seine verdeckte Treuh盲ndert盲tigkeit f眉r den Auftraggeber (vgl. dazu Wagner, Steuer und Wirtschaft 1995, 155, m.w.N.; Schuhmann, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1998, 424 ff.) steht der Ausf眉hrung eigener steuerbarer Leistungen gegen眉ber dem Dritten nicht entgegen. Der selbst盲ndig und nachhaltig t盲tige Strohmann f眉hrt an den Dritten eine Lieferung aus, wenn er ihm die Verf眉gungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Daf眉r ist nach 搂 3 Abs. 1 UStG nicht erforderlich, da脽 er zuvor Eigentum daran erworben hat. Es reicht aus, wenn er den Abnehmer bef盲higt, im eigenen Namen 眉ber den Gegenstand zu verf眉gen.
2. Die vorhandenen Feststellungen lassen eine abschlie脽ende Entscheidung durch den Senat nicht zu. Sowohl im FG-Urteil als auch in den vom FG in Bezug genommenen Strafurteilen gegen M und gegen F finden sich keine hinreichenden Feststellungen zu der nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. oben zu II. 1. b) f眉r die Zurechnung der ma脽geblichen Ums盲tze entscheidenden Frage, ob der oder die bei den Goldverk盲ufen gegen眉ber der Kl盲gerin handelnden Personen jeweils im eigenen Namen oder z.B. berechtigterweise im Namen von JFM bzw. der L-GmbH aufgetreten sind. Die Kl盲gerin hat schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, da脽 bei den Goldank盲ufen durch sie neben den unstreitig anwesenden M und F auch jeweils vertretungsberechtigte Repr盲sentanten der beiden rechnungsausstellenden Unternehmen zugegen gewesen seien und die auf der Verk盲uferseite beteiligten Personen jeweils im gegenseitigen Einvernehmen gehandelt h盲tten. Die Kl盲gerin hat sich bei ihrem entsprechenden Vortrag auch auf objektive Indizien (z.B. Kontoer枚ffnungen bei der Kl盲gerin auf den Namen der rechnungsausstellenden Unternehmen sowie den Inhalt von Urkunden wie z.B. schriftliche Bevollm盲chtigungen) berufen. Auch die in diesem Zusammenhang notwendigen Feststellungen wird das FG nachholen m眉ssen.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 55874 |
BFH/NV 1999, 1176 |
BStBl II 1999, 628 |
BFHE 188, 456 |
BFHE 1999, 456 |
BB 1999, 1365 |
DB 1999, 1365 |
DStRE 1999, 526 |
DStRE 1999, 526-528 (Leitsatz und Gr眉nde) |
HFR 1999, 662 |
StE 1999, 355 |
UR 1999, 283 |