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Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerstreitende Steuerfestsetzung bei ge盲nderter Sch盲tzungsmethode
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Leitsatz (amtlich)
Hat das FA aufgrund eines Rechtsbehelfs einen Steuerbescheid unter Anwendung einer dem Steuerpflichtigen g眉nstigeren Sch盲tzungsmethode ge盲ndert und f眉hrt diese Sch盲tzungsmethode in anderen Veranlagungszeitr盲umen zu einer h枚heren Steuer, k枚nnen die f眉r letztere Zeitr盲ume ergangenen bestandskr盲ftigen Bescheide nicht auf der Rechtsgrundlage des 搂 174 Abs. 4 AO 1977 mit der Begr眉ndung ge盲ndert werden, sie seien aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ergangen.
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Normenkette
AO 1977 搂 174 Abs. 4
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) betrieb seit 1977 ein Textileinzelhandelsgesch盲ft in A. Im August/September desselben Jahres er枚ffnete er eine Filiale in R, die er 1985 wieder aufgab, und im April 1979 in A eine Verkaufsabteilung "Shop", die Ende 1979 wieder eingestellt wurde. Au脽erdem kaufte er unter der Firma "L" im Jahr 1981 in Italien Hosen ein, die zum Teil 眉ber Vertreter, zum Teil als Kommissionsware vertrieben wurden.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) hatte zun盲chst 1981 f眉r die Jahre 1977 bis 1979 beim Kl盲ger eine Au脽enpr眉fung durchgef眉hrt und war im Anschluss hieran aufgrund einer Gesamtgeldverkehrsrechnung zu einem ungekl盲rten Fehlbetrag von "etwa 80 000 DM" (1977: 30 000 DM; 1978: 25 000 DM; 1979: 25 000 DM) gekommen und hatte die hiervon betroffenen Bescheide entsprechend ge盲ndert. W盲hrend des anschlie脽enden Rechtsbehelfsverfahrens, zwischen 31. Mai 1983 und 27. M盲rz 1984, hatte das FA au脽erdem (mit Unterbrechungen) eine Steuerfahndungspr眉fung f眉r die Jahre 1977 bis 1982 beim Kl盲ger durchgef眉hrt, in deren Verlauf der Pr眉fer mit Hilfe eines Gesamtverm枚gensvergleichs f眉r den Pr眉fungszeitraum erhebliche Einnahmeverk眉rzungen ermittelte. Daraufhin erlie脽 das FA am 11. Mai 1984 entsprechend ge盲nderte Gewinnfeststellungsbescheide f眉r 1977 bis 1982, Umsatzsteuerbescheide f眉r den gleichen Zeitraum sowie am 30. Mai 1984 ge盲nderte Gewerbesteuermessbescheide f眉r 1977 sowie f眉r 1979 bis 1982.
Die hiergegen eingelegten Einspr眉che hatten nur f眉r das Jahr 1982 teilweise Erfolg.
Im anschlie脽enden Klageverfahren schaltete das Finanzgericht (FG) einen Sachverst盲ndigen (S) ein, der neben einem Gesamtverm枚gensvergleich auch eine Nachkalkulation (eine Sch盲tzung nach dem inneren Betriebsvergleich) durchf眉hrte mit der Begr眉ndung, eine Nachkalkulation schlie脽e einen erheblichen Teil m枚glicher Fehlerquellen aus und komme der Wirklichkeit am n盲chsten (Gutachten vom 19. Dezember 1986). In einem Erg盲nzungsgutachten vom 30. M盲rz 1989 stellte er fest, die Buchf眉hrung sei nicht ordnungsgem盲脽, f眉hrte u.a. eine Aufschlagsrechnung durch und ermittelte erhebliche Fehlbetr盲ge. In dem dieses Verfahren abschlie脽enden Urteil vom 1. August 1989 2 K 2343/84 wies das FG die Klage wegen der Gewerbesteuermessbetr盲ge 1978 und 1979 als unzul盲ssig ab. Im 脺brigen kam das FG im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis: F眉r die Streitjahre 1977 und 1982 sei die Klage hinsichtlich der gesonderten Feststellungen der Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb, der Umsatzsteuer und des Gewerbesteuermessbetrages zum Teil begr眉ndet. Dabei schloss es sich der Sch盲tzungsmethode des Pr眉fers S an (innerer Betriebsvergleich, Nachkalkulation), die es erlaubt habe, weitgehend auf die vorliegenden Unterlagen zur眉ckzugreifen, w盲hrend die Verm枚genszuwachsrechnung demgegen眉ber erhebliche Unsicherheiten aufweise. Die Aufschlagsrechnung trage auch den Besonderheiten des Gewerbebetriebs des Kl盲gers besser Rechnung. Das FG folgte dem Gutachten des S auch darin, dass die Abschl盲ge bez眉glich der Warenbest盲nde und der Warenbewertung entsprechend den ermittelten tats盲chlichen Rohgewinnaufschlags盲tzen vorzunehmen seien. Im Hinblick darauf, dass sich aus den Berechnungen des S h枚here Gewinne aus Gewerbebetrieb ergaben als das FA in den angefochtenen Bescheiden angesetzt hatte, wies es die Klage im 脺brigen (d.h. soweit es sie nicht als unzul盲ssig angesehen hatte) als unbegr眉ndet ab.
Daraufhin erlie脽 das FA am 10. Mai 1990 unter Berufung auf 搂 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) ge盲nderte Gewinnfeststellungsbescheide f眉r die Jahre 1978 bis 1981 und 1983, in dem es die Gewinne f眉r 1978 um 14 077 DM, f眉r 1979 um 47 160 DM, f眉r 1980 um 27 262 DM, f眉r 1981 um 40 959 DM und f眉r 1983 um 66 375 DM erh枚hte.
Die dieser Korrektur zugrunde liegenden Hinzusch盲tzungen ergaben sich aus den beiden Gutachten des S.
Au脽erdem hatten die auf diese Weise ge盲nderten Gewinne zur Folge, dass das FA die Gewerbesteuermessbescheide entsprechend 盲nderte, und zwar am 29. Mai 1990 f眉r 1978 (Erh枚hung des Messbetrags um 947 DM) und 1980 (Erh枚hung um 4 553 DM), am 6. Juni 1990 f眉r 1981 (5 456 DM) und am 25. Juni 1990 f眉r 1983 (2 680 DM).
Entsprechende 脛nderungen ergaben sich (bei jeweils gleichem Aufteilungsma脽stab) gegen眉ber den Vorbescheiden f眉r die Zerlegung der verschiedenen Gewerbesteuermessbetr盲ge in den Bescheiden vom 29. Mai 1990 f眉r 1978 und 1980 und vom 12. Juli 1990 f眉r 1983.
Schlie脽lich erh枚hte das FA, ebenfalls in Auswertung der Gutachten vom 19. Dezember 1986 bzw. 30. M盲rz 1989, auch die Ums盲tze f眉r die Streitjahre (f眉r 1978 um 13 825 DM, f眉r 1980 um 27 262 DM und f眉r 1981 um 40 959 DM) und erlie脽 am 29. Mai 1990 entsprechende Umsatzsteuer盲nderungsbescheide.
Die gegen s盲mtliche 脛nderungsbescheide eingelegten Rechtsbehelfe des Kl盲gers wies das FA durch Einspruchsentscheidungen vom 24. Oktober 1991 als unbegr眉ndet zur眉ck.
Der hiergegen gerichteten, auf Aufhebung der Korrekturbescheide zielenden Klage gab das FG statt, indem es durchweg die Voraussetzungen des 搂 174 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AO 1977 verneinte, und zwar im Wesentlichen mit folgender Begr眉ndung:
Es fehle schon an der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts durch das FA. Dieses habe in den Ausgangsbescheiden f眉r 1977 und 1982 einen Sachverhalt, n盲mlich die beim Handel mit Bekleidung erzielten Gewinne und Ums盲tze nicht irrig, sondern aufgrund einer anderen Sch盲tzungsmethode (Geldverkehrsrechnung statt Nachkalkulation) anders beurteilt. Au脽erdem entspr盲chen die Sachverhalte, die das FA f眉r die Jahre 1977 und 1982 beurteilt habe, nicht den Sachverhalten, die den steuerrechtlichen Beurteilungen f眉r die Jahre 1978 bis 1981 und 1983 in den angefochtenen Bescheiden zugrunde l盲gen. Die vom FA im Wege der Geldverkehrsrechnung f眉r Wareneinkauf und Warenverkauf ermittelten Betr盲ge seien f眉r jedes Kalenderjahr gesondert zu betrachten. Insoweit handele es sich insgesamt nicht um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der sich 眉ber die Jahre 1977 bis 1983 erstrecke und dessen ge盲nderte Beurteilung f眉r die Jahre 1977 und 1982 auch eine 脛nderung hinsichtlich der nicht in diesen Zeitraum fallenden Geschehensabl盲ufe rechtfertigen w眉rde. Dies sei mit den Grunds盲tzen der periodengerechten Gewinnermittlung (搂 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes 鈥旹StG鈥) und denen der Abschnittsbesteuerung, f眉r die jeweils das in Frage stehende Kalenderjahr die zeitliche Begrenzung liefere, nicht vereinbar.
Zudem erm枚gliche 搂 174 AO 1977 nicht jede Anpassung, vielmehr m眉sse sich die Rechtswidrigkeit der anderen Steuerfestsetzungen im Sinne dieser Vorschrift zwangsl盲ufig aus der irrigen Beurteilung des Sachverhalts im ersten Bescheid ergeben. Beruhe 鈥晈ie hier鈥 die richtige steuerliche Schlussfolgerung in dem anderen Bescheid nicht auf der Beurteilung des bestimmten Sachverhalts im Ausgangsverfahren, sondern auf anderen im Einzelfall m枚glicherweise mittelbar aus dieser Beurteilung gewonnenen Erkenntnissen, so sei der Tatbestand des 搂 174 Abs. 4 AO 1977 nicht verwirklicht. Die in s盲mtlichen F盲llen gebotene zeitliche Begrenzung der in Frage stehenden Vorg盲nge auf das jeweilige Kalenderjahr finde auch darin ihre Best盲tigung, dass der Gutachter die Aufschlags盲tze f眉r jeden Zeitraum getrennt ermittelt und hieraus die entsprechenden Folgerungen gezogen habe.
Auch den Bescheiden 1977 und 1982 liege kein Irrtum des FA hinsichtlich bestimmter Verkaufsvorg盲nge zugrunde. Vielmehr sei es auch insoweit im Wege der Sch盲tzung von anderen Lebensvorg盲ngen ausgegangen.
Auch aus 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 seien die angefochtenen Bescheide nicht zu rechtfertigen, weil ihnen nur ein Wechsel in der Sch盲tzungsmethode, nicht aber eine nachtr盲glich bekannt gewordene Sch盲tzungsunterlage zugrunde liege.
F眉r 1983 scheitere eine Korrektur nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 schon am Ablauf der Festsetzungsfrist (搂 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977).
Die Revision begr眉ndet das FA im Wesentlichen wie folgt:
Die Ermittlung konkreter Ums盲tze und Gewinne f眉r die einzelnen Streitjahre scheitere hier daran, dass die Buchf眉hrung des Kl盲gers weder formell noch materiell ordnungsgem盲脽 gewesen sei. Einigkeit habe zwischen FG und FA darin bestanden, dass man Gewinne und Ums盲tze nur durch eine Sch盲tzung ann盲hernd zutreffend ermitteln k枚nne. Uneinigkeit habe lediglich hinsichtlich der Sch盲tzungsmethode bestanden. Diese sei schlie脽lich f眉r alle Streitjahre einheitlich aufgrund einer Gesamtbeurteilung der streitbefangenen Jahre vorgenommen worden. F眉r die Entscheidungsfindung h盲tten FA wie FG dieselben von der Steuerfahndungsstelle beschlagnahmten Unterlagen zur Verf眉gung gestanden. Schon in der fehlerhaften Wahl einer bestimmten Sch盲tzungsmethode sei eine irrige Beurteilung i.S. des 搂 174 Abs. 4 AO 1977 zu sehen. Billige der Kl盲ger die vom FG gew盲hlte Sch盲tzungsmethode, m眉sse er diese Sch盲tzungsmethode auch in den Jahren gegen sich gelten lassen, in denen sie sich f眉r ihn nachteilig auswirke.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegr眉ndet abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt, die Revision des FA als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegr眉ndet (搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥). Zu Recht hat das FG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (搂 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Zutreffend hat das FG die Voraussetzung des 搂 174 Abs. 4 AO 1977, auf den die angefochtenen Bescheide ausschlie脽lich gest眉tzt sind, verneint.
Diese Vorschrift erlaubt es f眉r den Fall, dass aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbeh枚rde zu seinen Gunsten aufgehoben oder ge盲ndert wird, aus dem Sachverhalt nachtr盲glich durch Erlass oder 脛nderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgen zu ziehen (搂 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder ge盲ndert wird (搂 174 Abs. 4 Satz 2 AO 1977).
Insoweit ist der Ablauf der Festsetzungsfrist (搂 169 AO 1977) unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder 脛nderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden (搂 174 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Dies allerdings gilt, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der sp盲ter aufgehobene oder ge盲nderte Bescheid erlassen wurde, nur unter den erschwerenden Voraussetzungen des 搂 174 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 (搂 174 Abs. 4 Satz 4 AO 1977), d.h. nur dann, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht ber眉cksichtigt w眉rde, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu ber眉cksichtigen sei, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Dieser Grundtatbestand ist hier nach den mit Verfahrensr眉gen nicht angegriffenen und f眉r den Senat daher bindenden (搂 118 Abs. 2 FGO) tats盲chlichen Feststellungen des FG in mehrfacher Hinsicht nicht erf眉llt.
a) Soweit Bescheide f眉r die Jahre 1978 bis 1981 schon Gegenstand des ersten FG-Verfahrens (2 K 2343/84) waren, ist der Korrekturtatbestand des 搂 174 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AO 1977 schon deshalb nicht erf眉llt, weil die Klagen insoweit, aus welchen Gr眉nden auch immer, letztlich erfolglos geblieben sind, es also schon aus diesem Grunde nicht in Frage steht, dass der Kl盲ger gehalten ist, irgendwelche Folgerungen hieraus f眉r andere Bescheide hinzunehmen. Insoweit fehlt es schon an dem nach dem Wortlaut und der Zwecksetzung der Vorschrift unerl盲sslichen Merkmal eines durch den Rechtsuchenden ausgel枚sten Widerstreits (s. dazu n盲her: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 搂 174 AO 1977 Rz. 39 ff.; BTDrucks VI/1982, 153, 154, rechte Spalte Mitte; vgl. auch Urteile des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647, unter B. 2. c, sowie vom 4. April 2001 XI R 59/00, BFHE 195, 286, BStBl II 2001, 564).
b) Unabh盲ngig hiervon ist f眉r keinen der angefochtenen Bescheide das unerl盲ssliche Merkmal der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts erf眉llt. Der einzige Korrekturgrund, den das FA hinsichtlich aller angefochtenen Bescheide f眉r sich in Anspruch nimmt und nehmen kann, n盲mlich die 脛nderung der Sch盲tzungsmethode, erf眉llt diese Voraussetzungen nicht.
aa) Insoweit kann schon nicht von einem "Sachverhalt" gesprochen werden. Auch wenn man mit der BFH-Rechtsprechung und der herrschenden Meinung hierunter nicht eine einzelne Tatsache versteht, sondern einen einheitlichen Lebensvorgang, an den das Gesetz bestimmte steuerrechtliche Folgen kn眉pft (s. u.a. BFH-Urteile vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404; vom 6. M盲rz 1990 VIII R 28/84, BFHE 160, 140, BStBl II 1990, 558, unter 3. a; vom 22. August 1990 I R 42/88, BFHE 162, 470, BStBl II 1991, 387, unter II. 2.; in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647, unter B. 1. b; Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 174 AO 1977 Rz. 6 und Rz. 39; von Wedelst盲dt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, 搂 174 AO 1977 Rz. 15 f. sowie Rz. 94), und unabh盲ngig davon, inwieweit man (vollst盲ndige) Identit盲t der beiden in Frage stehenden Sachverhalte (des bisher geregelten und des infolge der Korrektur neu zu regelnden) f眉r erforderlich h盲lt (verneinend: die BFH-Entscheidungen vom 6. Dezember 1979 IV B 56/79, BFHE 130, 1, BStBl II 1980, 314, unter 2.; in BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404; vom 17. Oktober 1990 I R 9/89, BFH/NV 1991, 354), muss doch in jedem Fall der Gegenstand der irrigen Beurteilung in 搂 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977, anders als diese selbst, ausschlie脽lich der Seinswelt angeh枚ren, d.h. es muss sich um einen Zustand, einen Vorgang, eine Beziehung, bzw. eine Eigenschaft materieller oder immaterieller Art handeln, die ihrerseits Merkmal oder Teilst眉ck eines gesetzlichen Tatbestandes sind (n盲her dazu: H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 搂 173 AO 1977 Rz. 66 f., m.w.N.). Dies aber ist bei der in 搂 162 AO 1977 geregelten Sch盲tzung nicht der Fall. Diese ist ein Vorgang des 鈥昰gf. wertenden鈥 Schlussfolgerns und der Subsumtion. Sie besteht im Wesentlichen in der an bestimmte Voraussetzungen gekn眉pften Befugnis, den Sachverhalt mit Hilfe eines verminderten Beweisma脽es zu beurteilen: statt nach der 脺berzeugung von einem bestimmten Geschehensablauf nach den Kriterien gr枚脽tm枚glicher Wahrscheinlichkeit (n盲her dazu: BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; Gr盲ber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, 搂 96 Rz. 13). Insgesamt geht es darum, rechtliche Folgerungen aus einem mehr oder weniger unvollst盲ndig aufgekl盲rten bzw. aufkl盲rbaren Sachverhalt zu ziehen (BFH-Urteile vom 24. Oktober 1985 IV R 75/84, BFHE 145, 302, BStBl II 1986, 233; vom 30. Oktober 1986 III R 163/82, BFHE 148, 208, BStBl II 1987, 161; vom 3. Juni 1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342; vom 14. Januar 1998 II R 9/97, BFHE 185, 117, BStBl II 1998, 371; H眉bschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., 搂 173 AO 1977 Rz. 73; siehe auch die weiteren Beispiele bei Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 173 AO 1977 Rz. 11). Demgem盲脽 sind die einzelnen Sch盲tzungsmethoden, aus denen das FA hier die Berechtigung zur Korrektur herleitet, lediglich Hilfsmittel, um im Einzelfall die gr枚脽tm枚gliche Wahrscheinlichkeit f眉r eine Sachverhaltsannahme oder Sachverhaltsunterstellung zu erreichen (s. z.B. BFH-Urteil vom 2. M盲rz 1982 VIII R 225/80, BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504; Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 162 AO 1977 Rz. 52 ff.).
bb) Au脽erdem fehlt der Sch盲tzung wie den einzelnen Sch盲tzungsmethoden das im Rahmen des 搂 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 unerl盲ssliche Merkmal der Bestimmtheit. Nicht nur aus dem Wortlaut der Korrekturvorschrift, sondern auch aus der Systematik des gesamten Korrekturrechts der AO 1977 ergibt sich die Notwendigkeit, dass jeder einzelne in den 搂搂 172 ff. AO 1977 genannte Korrekturgrund pr盲zise konturiert sein muss: Nur auf diese Weise ist gew盲hrleistet, dass die Bestandskraft von Fall zu Fall immer nur insoweit durchbrochen ist, als der einzelne Korrekturgrund reicht (siehe zum punktuellen Korrektursystem der AO 1977 n盲her: BFH in BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504, unter I. 2. a; H眉bschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., Rz. 72 ff. Vor 搂搂 172 bis 177 AO 1977). Die hierdurch angestrebte gegenst盲ndlich begrenzte Durchbrechung der Bestandskraft von Fall zu Fall ist auch im Rahmen des 搂 174 Abs. 4 AO 1977 鈥昦uch im Hinblick auf die sachliche Verkn眉pfung mit der Festsetzungsverj盲hrung nach den 搂搂 169 ff. AO 1977, die ebenfalls vom Prinzip der Teilverj盲hrung gepr盲gt ist鈥 nur gew盲hrleistet, wenn sichergestellt ist, dass die in Frage stehende irrige Beurteilung jeweils einen bestimmten Sachverhalt betrifft, so dass die Durchbrechung der Bestandskraft auch in diesem Fall ihrem Umfang nach durch die konkreten Auswirkungen des Korrekturgrundes auf den Steuerbescheid oder auf einen diesem gleichgestellten Steuerverwaltungsakt begrenzt ist.
Unter diesen Umst盲nden braucht die Frage, inwieweit der Anwendung des 搂 174 Abs. 4 AO 1977 auf den Streitfall weitere Hindernisse entgegenstehen, wie etwa die aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung abzuleitende zeitliche Begrenzung oder die Bedeutung des Verb枚serungsverbots (s. dazu BFH-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 54/89, BFHE 168, 231, BStBl II 1992, 867 - eine Einschr盲nkung, die auch durch das BFH-Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 65/99, BFHE 192, 207, BStBl II 2001, 89, unter 2. a nicht in Zweifel gezogen wird) hier nicht n盲her er枚rtert zu werden.
2. Die Korrekturvorschrift des 搂 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 scheidet f眉r s盲mtliche Bescheide, die Gegenstand dieses Verfahrens sind, schon aus den oben (unter 1. b aa) genannten Gr眉nden aus, dass hier keine Tatsachen in Frage stehen, sondern lediglich rechtliche Wertungen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 762541 |
BFH/NV 2002, 1064 |
BStBl II 2002, 450 |
BFHE 198, 20 |
BFHE 2003, 20 |
BB 2002, 1580 |
DStRE 2002, 978 |
HFR 2002, 868 |