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Entscheidungsstichwort (Thema)
Anscheinsbeweis f眉r Privatnutzung eines Pickup und Anwendung der Ein-Prozent-Regelung
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Leitsatz (amtlich)
Stellt das Finanzgericht (FG) nur Tatsachen fest, aus denen weder bei einer Einzelbetrachtung noch in ihrer Zusammenschau die M枚glichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden kann, fehlt es an einer tragf盲higen Tatsachengrundlage f眉r die Annahme, mit einem zum Betriebsverm枚gen geh枚renden, typischerweise zum privaten Gebrauch geeigneten Kraftfahrzeug seien m枚glicherweise keine Privatfahrten unternommen worden. Geht das FG unter diesen Umst盲nden von der Ersch眉tterung des Anscheinsbeweises f眉r die Privatnutzung aus, liegt ein Fehler der Rechtsanwendung vor, der dazu f眉hrt, dass der Bundesfinanzhof an die W眉rdigung des FG nicht gebunden ist.
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Normenkette
EStG 搂 6 Abs. 1 Nr. 4 S.听2 Hs. 1, S.听3 Hs. 1; FGO 搂听96 Abs. 1 S. 1, 搂听118 Abs. 2
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Finanzgerichts M眉nster vom 16.08.2022 - 6 K 2688/19 E aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kl盲ger zu tragen.
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Tatbestand
I.
Rz. 1
In der Sache ist streitig, ob der Beklagte und Revisionskl盲ger (Finanzamt --FA--) die in den Streitjahren 2015 und 2016 festzusetzende Einkommensteuer der Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) zu Recht gem盲脽 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 Halbsatz听1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Ber眉cksichtigung zus盲tzlicher Entnahmen in H枚he von einem听Prozent des Bruttolistenpreises des im Betriebsverm枚gen des Kl盲gers bilanzierten Pickup erh枚ht hat.
Rz. 2
Die Kl盲ger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren gem盲脽 搂听26 Abs.听1 Satz听1, 搂听26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie lebten zusammen mit zwei vollj盲hrigen Kindern (A und B) auf einem gro脽en Grundst眉ck. Dort befand sich neben dem Wohnhaus auch der Firmensitz beziehungsweise die Betriebsst盲tte des Betriebs des Kl盲gers. Der Kl盲ger erzielte aus dem Betrieb, in dem rund zwei Dutzend Arbeitnehmer und Aushilfen besch盲ftigt waren und dessen Gewinn durch Bestandsvergleich gem盲脽 搂听4 Abs.听1, 搂听5 EStG ermittelt wurde, Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb, au脽erdem Eink眉nfte aus einer nichtselbst盲ndigen Arbeit sowie Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Kl盲gerin arbeitete als Aushilfe auf Mini-Job-Basis im Betrieb des Kl盲gers. Beide Kinder studierten beziehungsweise waren in Ausbildung.
Rz. 3
Im Betriebsverm枚gen des Betriebs befanden sich in den Streitjahren neben dem Dienstwagen eines Vorarbeiters unter anderem ein BMW sowie ab dem xx.02.2015 der im Streit stehende Pickup, dessen Bruttolistenpreis sich auf 44.458听鈧 belief. F眉r beide Fahrzeuge wurde kein Fahrtenbuch gef眉hrt.
Rz. 4
In den Streitjahren hatten der Kl盲ger und seine Familie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) eine direkte und uneingeschr盲nkte Zugriffsm枚glichkeit auf den dem Kl盲ger als Einzelunternehmer geh枚renden Pickup, der --von den Arbeitszeiten im Betrieb abgesehen-- vor dem Wohnhaus der Kl盲ger und ihrer Kinder zur Nutzung bereit stand.
Rz. 5
F眉r den Pickup nahm der Kl盲ger keine Versteuerung eines privaten Nutzungsanteils vor. Zur Bewertung der Privatnutzung des BMW wendete der Kl盲ger die Ein-Prozent-Regelung des 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 Halbsatz听1 EStG an.
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Im Privatverm枚gen der Kl盲ger befanden sich in den Streitjahren |
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ein Pkw听1, der vom xx.01.2015 bis zum xx.02.2018 genutzt wurde (Erstzulassung 2005), |
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ein Pkw听2, der bis zum xx.05.2015 genutzt wurde (Erstzulassung 1998), und |
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ein Pkw听3, der ab dem xx.02.2015 genutzt wurde (Erstzulassung 2003). |
Rz. 6
Rz. 7
Diese (Klein-)Wagen wurden in den Streitjahren den Kindern der Kl盲ger 眉berlassen; der Pkw听3 ersetzte den Pkw听2. Diese Fahrzeuge standen nach Angaben des Kl盲gers, wenn er es w眉nschte, zu seiner Verf眉gung. Gleiches galt nach seinen Angaben f眉r den BMW.
Rz. 8
Die Veranlagung f眉r die Streitjahre erfolgte zun盲chst erkl盲rungsgem盲脽. Sp盲ter kam eine Pr眉ferin des FA zu der Auffassung, dass der Beweis des ersten Anscheins f眉r eine private Mitbenutzung des Pickup spreche. Mangels Fahrtenbuchs sei die Privatnutzung mit der Ein-Prozent-Regelung anzusetzen. Das FA erlie脽 hierauf gem盲脽 搂听173 Abs.听1 Nr.听1 der Abgabenordnung am 29.08.2018 脛nderungsbescheide und ber眉cksichtigte f眉r das Jahr 2015 einen um 5.000听鈧 und f眉r das Jahr 2016 einen um 6.000听鈧 h枚heren Gewinn aus Gewerbebetrieb (gesch盲tzter Bruttolistenpreis 50.000听鈧齲 1听%听x 10听Monate in 2015 und x听12听Monate in 2016). Im Einspruchsverfahren minderte das FA unter Ber眉cksichtigung des vom Kl盲ger nachgewiesenen Bruttolistenpreises f眉r den Pickup in H枚he von 44.458听鈧 den Gewinn aus Gewerbebetrieb (2015:./.听554听鈧 und 2016:./.听665听鈧) und die Einkommensteuer mit 脛nderungsbescheiden vom 24.10.2018. Im 脺brigen wies es die Einspr眉che mit Einspruchsentscheidung vom 29.07.2019 als unbegr眉ndet zur眉ck.
Rz. 9
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 1690 ver枚ffentlicht.
Rz. 10
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision.
Rz. 11
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 12
Die Kl盲ger beantragen,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II.
Rz. 13
Die Revision ist begr眉ndet. Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht (搂听118 Abs.听1 Satz听1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und erweist sich auch nicht im Ergebnis als richtig (搂听126 Abs.听4 FGO). Sie ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen (搂听126 Abs.听3 Nr.听1 FGO).
Rz. 14
1. Gem盲脽 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 Halbsatz听1 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs (Kfz), das zu mehr als 50听Prozent betrieblich genutzt wird, f眉r jeden Kalendermonat mit einem听Prozent des inl盲ndischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuz眉glich der Kosten f眉r Sonderausstattung einschlie脽lich Umsatzsteuer anzusetzen. Gem盲脽 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听3 Halbsatz听1 EStG kann die private Nutzung abweichend von dieser Vorschrift mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die f眉r das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verh盲ltnis der privaten zu den 眉brigen Fahrten durch ein ordnungsgem盲脽es Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Rz. 15
a) Diese Regelung betrifft Fahrzeuge, f眉r die der Steuerpflichtige einen Betriebsausgabenabzug geltend macht und die (seit dem Gesetz zur Eind盲mmung missbr盲uchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006, BGBl I 2006, 1095) 眉berwiegend betrieblich genutzt werden (vgl. etwa Prinz in Bordewin/Brandt, 搂听6 EStG Rz听1/676 und Rz听1/701听ff.; Schmidt/Kulosa, EStG, 43.听Aufl., 搂听6 Rz听532). Sie beruht auf der Erfahrung, dass Kfz, die ihrer Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet sind und die f眉r Privatfahrten zur Verf眉gung stehen, regelm盲脽ig auch privat genutzt werden (sogenannter Beweis des ersten Anscheins, Anscheinsbeweis oder Erfahrungssatz, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.10.2024听- VIII听R听12/21, zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt, Rz听20; vom 06.10.2011听- VI听R听56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362, Rz听15 und vom 13.02.2003听- X听R听23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472, unter II.1.d, II.2.b听bb; BFH-Beschluss vom 13.12.2011听- VIII听B听82/11, BFH/NV 2012, 573, Rz听3; Schmidt/Kulosa, EStG, 43.听Aufl., 搂听6 Rz听535).
Rz. 16
b) Der Anscheinsbeweis kann durch den sogenannten Gegenbeweis entkr盲ftet oder ersch眉ttert werden.
Rz. 17
aa) Dabei obliegt es demjenigen, der sich auf einen Ausnahmefall beruft und aus dessen Sph盲re die den Ausnahmefall begr眉ndenden Tatsachen herr眉hren, substantiiert Umst盲nde darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, die den Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung des betrieblichen Kfz entkr盲ften oder ersch眉ttern. Dazu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Steuerpflichtige substantiiert einen Sachverhalt darlegt und im Zweifelsfall nachweist, der die ernsthafte M枚glichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.2012听- VIII听R听42/09, BFHE 239, 443, BStBl II 2013, 365, Rz听16).
Rz. 18
bb) Der Vollbeweis des Gegenteils ist nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung des betrieblichen Kfz nicht stattgefunden hat (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.2012听- VIII听R听42/09, BFHE 239, 443, BStBl II 2013, 365, Rz听16; BFH-Beschluss vom 13.12.2011听- VIII听B听82/11, BFH/NV 2012, 573, Rz听4). Nur die Tatsachen, aus denen entweder bei einer Einzelbetrachtung oder in ihrer Zusammenschau ein atypischer Geschehensablauf abgeleitet werden kann, m眉ssen substantiiert vorgetragen und im Zweifelsfall bewiesen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 20.10.2009听- VI听B听74/08, BFH/NV 2010, 197, unter 1.).
Rz. 19
cc) Die blo脽e Behauptung des Steuerpflichtigen, mit dem betrieblichen Kfz sei niemand privat gefahren, gen眉gt nach st盲ndiger Rechtsprechung nicht, um den Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung eines betrieblich genutzten Kfz zu ersch眉ttern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.10.2024听- VIII听R听12/21, zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt, Rz听22; vom 04.12.2012听- VIII听R听42/09, BFHE 239, 443, BStBl II 2013, 365, Rz听16; vom 19.05.2009听- VIII听R听60/06, BFH/NV 2009, 1974, unter II.3.a听bb; vom 13.02.2003听- X听R听23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472, unter II.1.a; BFH-Beschluss vom 13.12.2011听- VIII听B听82/11, BFH/NV 2012, 573, Rz听5, m.w.N.). Auch im 脺brigen sind die Grunds盲tze, nach denen sich bestimmt, ob eine Privatnutzung des betrieblichen Kfz objektiv nicht ernsthaft in Betracht kam oder ob der Anscheinsbeweis einer privaten Mitnutzung eines betrieblich genutzten Kfz sonst ersch眉ttert ist, durch die Rechtsprechung vorgepr盲gt.
Rz. 20
c) Tr盲gt der Steuerpflichtige substantiiert Tatsachen vor, aus denen entweder bei einer Einzelbetrachtung oder in ihrer Zusammenschau die M枚glichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden kann, beweist er sie gegebenenfalls und gelingt es ihm damit, den Anscheinsbeweis zu ersch眉ttern, muss das FA eine private Nutzung des betrieblich genutzten Kfz nachweisen. Kann es das nicht, ist die Ein-Prozent-Regelung nicht anwendbar. Denn das FG muss sich grunds盲tzlich die volle 脺berzeugung (搂听96 Abs.听1 Satz听1 FGO) davon bilden, dass eine private Nutzung tats盲chlich stattgefunden hat, wenn es 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 Halbsatz听1 EStG anwenden will (BFH-Urteile vom 04.12.2012听- VIII听R听42/09, BFHE 239, 443, BStBl II 2013, 365, Rz听14 und Rz听17 und vom 19.05.2009听- VIII听R听60/06, BFH/NV 2009, 1974, unter II.3.a).
Rz. 21
d) Gelingt es dem Steuerpflichtigen nicht, den Anscheinsbeweis zu ersch眉ttern, ist die Ein-Prozent-Regelung anzuwenden (搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 Halbsatz听1 EStG), sofern er kein Fahrtenbuch f眉hrt (搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听3 Halbsatz听1 EStG).
Rz. 22
e) 脺ber die Frage, ob der Steuerpflichtige den f眉r eine Privatnutzung sprechenden Beweis des ersten Anscheins entkr盲ftet oder ersch眉ttert hat, entscheidet das FG unter Ber眉cksichtigung der Gesamtumst盲nde des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen 脺berzeugung.
Rz. 23
Zwar ist die finanzrichterliche 脺berzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschr盲nkt auf Verst枚脽e gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungss盲tze 眉berpr眉fbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine 脺berzeugung in rechtlich zul盲ssiger und einwandfreier Weise gewonnen hat. Die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnende W眉rdigung des FG ist nur dann ausreichend und f眉r das Revisionsgericht bindend (搂听118 Abs.听2 FGO), wenn sie auf einer logischen, verstandesm盲脽ig einsichtigen W眉rdigung zutreffender Kriterien beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragf盲higen Tatsachengrundlage f眉r die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umst盲nden, so liegt ein Versto脽 gegen die Denkgesetze vor (Senatsurteil vom 14.04.2021听- III听R听50/20, BFHE 273, 385, BStBl II 2021, 866, Rz听15, m.w.N.), der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere R眉ge beanstandet werden kann (z.B. BFH-Urteile vom 26.06.2014听- VI听R听51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9, Rz听21, m.w.N. und vom 19.05.2009听- VIII听R听60/06, BFH/NV 2009, 1974, unter II.3.a听cc und b).
Rz. 24
2. Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrunds盲tzen nicht. Es fehlt an einer tragf盲higen Tatsachengrundlage f眉r die Annahme des FG, mit dem Pickup seien m枚glicherweise keine Privatfahrten unternommen worden. Denn das FG hat nur solche Tatsachen festgestellt, aus denen weder bei einer Einzelbetrachtung noch in ihrer Zusammenschau die M枚glichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden kann. Das FG ist somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anscheinsbeweis ersch眉ttert sei und das FA deshalb die Behauptungen der Kl盲ger widerlegen und eine Privatnutzung des Pickup beweisen m眉sse.
Rz. 25
a) Objektive Umst盲nde, wonach eine Privatnutzung des Pickup im Streitfall in den Monaten M盲rz bis Dezember 2015 und im Jahr 2016 (zum Beispiel wegen fehlender Zulassung des Kfz oder fehlender Fahrerlaubnis der Kl盲ger oder der dauerhaften 脺berlassung an einen Mitarbeiter) nicht in Betracht kam, hat das FG nicht festgestellt.
Rz. 26
b) Der Vortrag des Kl盲gers, das Fahrzeug sei seiner Familie f眉r eine Privatnutzung zu gro脽 gewesen, ist nicht geeignet, den f眉r die private Nutzung des Kfz sprechenden Anscheinsbeweis zu entkr盲ften; dass der Pickup auch dem Kl盲ger selbst zu gro脽 war, wurde zudem schon nicht vorgetragen.
Rz. 27
aa) Sogenannte Kombinationsfahrzeuge, die wahlweise zur G眉ter- oder zur Personenbef枚rderung eingesetzt werden k枚nnen, sind unabh盲ngig von ihrer kraftfahrzeugsteuer- und stra脽enverkehrsrechtlichen Klassifizierung typischerweise auch zum privaten Gebrauch geeignet und werden erfahrungsgem盲脽 auch privat genutzt (BFH-Urteil vom 13.02.2003听- X听R听23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472, unter II.2.b听aa und bb; BFH-Beschluss vom 11.07.2005听- X听B听11/05, BFH/NV 2005, 1801, unter 1.b; FG M眉nchen, Urteil vom 06.03.2008听- 15听K听4626/05, EFG 2008, 1448, Rz听17; vgl. auch Brandis/Heuermann/Krumm, 搂听6 EStG Rz听1367听f., 1375; Schmidt/Kulosa, EStG, 43.听Aufl., 搂听6 Rz听530, m.w.N.; Strahl in Korn, 搂听6 EStG Rz听404.8).
Rz. 28
bb) Der Pickup des Kl盲gers, ein Pickup mit f眉nf Sitzen, war ein sogenanntes Kombinationsfahrzeug, das nach den eindeutigen Feststellungen des FG objektiv und auch im konkreten Fall zum privaten Gebrauch geeignet war. Er hatte in etwa die Gr枚脽e eines Kleinbusses, wie ihn viele Familien nutzen. Eine derartige Gr枚脽e ist kein Umstand, der f眉r sich genommen den Anscheinsbeweis beziehungsweise Erfahrungssatz widerlegt, dass das Fahrzeug auch privat genutzt wurde.
Rz. 29
c) Die Werbefolien des kl盲gerischen Betriebs auf der Karosserie des Pickup scheiden als Grund f眉r die Ersch眉tterung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung des Kfz aus.
Rz. 30
aa) Auf der Karosserie eines Kfz angebrachte Werbefolien eines Handwerks- oder...-Betriebs stehen einer Privatnutzung des Kfz regelm盲脽ig nicht entgegen; vielmehr vergr枚脽ert die Nutzung des Fahrzeugs au脽erhalb des Einsatzes im Betrieb die Chance, dass die Werbung ihre Wirkung entfaltet, was im Interesse des Werbetreibenden liegt. Derartige Werbefolien sind daher regelm盲脽ig nicht geeignet, den Anscheinsbeweis einer Privatnutzung zu widerlegen. Darauf, ob die Werbefolien entfernt werden k枚nnen, ohne zerst枚rt zu werden, kommt es nicht an.
Rz. 31
bb) Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass sich auf der Karosserie des Pickup "zur眉ckhaltend" gestaltete Werbefolien des Betriebs des Kl盲gers befanden. Einen Grund, weshalb die Werbefolien einer Privatnutzung entgegen gestanden haben k枚nnten, hat das FG nicht festgestellt. Dass die Werbefolien nicht entfernt werden konnten, ohne Schaden zu nehmen, ist deshalb ohne Belang.
Rz. 32
d) Eine betriebsbedingte Verschmutzung des Pickup wurde vom FG nicht festgestellt und w盲re auch kein Umstand, der den Anscheinsbeweis einer Privatnutzung eines betrieblichen Kfz ersch眉ttert, sofern nicht besondere Umst盲nde hinzutreten (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 11.07.2005听- X听B听11/05, BFH/NV 2005, 1801, unter 1.b).
Rz. 33
e) Der Anscheinsbeweis f眉r eine auch private Nutzung des Pickup wird weder dadurch in Frage gestellt, dass nach dem Vortrag der Kl盲ger f眉r die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ein Kfz nicht erforderlich war, noch dadurch, dass der Pickup betrieblich genutzt wurde und der Kl盲ger nach seinem Vortrag w盲hrend dieser Zeit und w盲hrend seiner eigenen nichtselbst盲ndigen T盲tigkeit keine Gelegenheit zu Privatfahrten hatte oder dadurch, dass die Kl盲ger in bestimmten F盲llen auf alternative Transportmittel zur眉ckgegriffen haben wollen.
Rz. 34
aa) 搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 und 3 EStG beziehungsweise die Ein-Prozent-Regelung betrifft nur 眉berwiegend betrieblich genutzte Fahrzeuge, die nicht st盲ndig und uneingeschr盲nkt zur Privatnutzung zur Verf眉gung stehen. Dass man das Kfz nur au脽erhalb der Zeiten, in denen es f眉r betriebliche Zwecke gebraucht wird, und au脽erhalb der eigenen Arbeitszeit --unabh盲ngig davon, ob diese im Betrieb oder bei einem anderen Arbeitgeber zu erbringen ist-- privat nutzen kann, ist somit der Regelfall. Es gen眉gt, dass eine Privatnutzung zum Beispiel am Morgen, am Abend oder an Sonn- und Feiertagen oder in der Urlaubszeit m枚glich ist. Ob der Steuerpflichtige im Laufe seines Arbeitstages mit dem Kfz zwischendurch private Besorgungen machen kann, ist f眉r die Anwendung der Ein-Prozent-Regelung ohne Belang.
Rz. 35
bb) Im Streitfall ist das FG dem Vortrag gefolgt, dass der Kl盲ger w盲hrend der Arbeits- und Betriebszeiten des Betriebs und seiner eigenen Arbeitszeiten nicht privat mit dem Pickup fahren und mit dem Pickup auch nicht zwischendurch Besorgungen machen konnte. Dies gen眉gt jedoch nicht, um den Erfahrungssatz einer auch privaten Nutzung des Pickup in Zweifel zu ziehen. Dieser wird insbesondere auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Kfz nach dem Vortrag der Kl盲ger f眉r die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nicht erforderlich war oder dass f眉r bestimmte Gelegenheiten --den Umzug der Tochter, den Transport von sperrigen Gegenst盲nden und die Entsorgung von Gr眉nschnitt-- andere L枚sungen gefunden worden seien.
Rz. 36
Denn das FG hat keine Umst盲nde festgestellt, welche eine Privatnutzung des Pickup au脽erhalb der Betriebszeiten und der jeweiligen Arbeitszeiten --also am Morgen, am Abend, am Wochenende und in der Urlaubszeit-- in Frage stellen k枚nnten. Die Kl盲ger hatten vielmehr nach den Feststellungen des FG --von ihren Arbeitszeiten und von den Betriebszeiten des Betriebs abgesehen-- eine direkte und uneingeschr盲nkte Zugriffsm枚glichkeit auf den dem Kl盲ger geh枚renden Pickup, der in der 眉brigen Zeit vor dem Wohnhaus der Kl盲ger zur Nutzung bereit stand. Da der Kl盲ger seinen Betrieb als Einzelunternehmer f眉hrte, musste er sich mit niemandem abstimmen und war niemandem Rechenschaft schuldig, wenn er das Kfz privat nutzen oder seinen Angeh枚rigen eine Privatnutzung gestatten wollte. Unter diesen Umst盲nden spricht die Erfahrung daf眉r, dass der Pickup auch privat genutzt wurde.
Rz. 37
f) Der Verweis auf das Vorhandensein des BMW und auf die den Kindern 眉berlassenen Wagen ist gleichfalls nicht geeignet, den Anscheinsbeweis zu ersch眉ttern, dass der Pickup auch privat genutzt wurde.
Rz. 38
aa) Steht dem Steuerpflichtigen kein in Status und Gebrauchswert mit dem betrieblich genutzten Kfz vergleichbares Privatfahrzeug st盲ndig und uneingeschr盲nkt zur Privatnutzung zur Verf眉gung, mit denen er seine jeweiligen Fahr- und Repr盲sentationsbed眉rfnisse abdecken kann, spricht die Erfahrung daf眉r, dass ein betriebliches Kfz, das diese Bed眉rfnisse deckt und f眉r Privatfahrten genutzt werden kann, daf眉r auch genutzt wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.05.2009听- VIII听R听60/06, BFH/NV 2009, 1974, unter II.3.b; BFH-Beschluss vom 31.05.2023听- X听B听111/22, BFH/NV 2023, 958, Rz听13听ff.).
Rz. 39
bb) In den Streitjahren hatten die Kl盲ger kein mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert vergleichbares Privatfahrzeug zur jederzeitigen uneingeschr盲nkten Nutzung zur Verf眉gung.
Rz. 40
Die den vollj盲hrigen Kindern 眉berlassenen, alten (Klein-)Wagen waren zwar Privatfahrzeuge. Sie waren mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert aber nicht vergleichbar und standen dem Kl盲ger nur nach Anforderung zur Verf眉gung.
Rz. 41
Der BMW war nach den Feststellungen des FG zwar mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert vergleichbar. Dieser war jedoch ein Betriebsfahrzeug, wurde entsprechend auch in erheblichem Umfang betrieblich genutzt und stand schon deshalb nicht zur uneingeschr盲nkten Privatnutzung zur Verf眉gung. Zudem mussten sich der Kl盲ger und die Kl盲gerin hinsichtlich der Nutzung des BMW absprechen.
Rz. 42
Unter diesen Umst盲nden spricht der Beweis des ersten Anscheins und die Erfahrung daf眉r, dass nicht nur der BMW, sondern auch der Pickup privat genutzt wurde. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Fall des BFH-Urteils vom 22.10.2024听- VIII听R听12/21 (zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt), in welchem dem dortigen Kl盲ger mehrere Privatfahrzeuge zur Verf眉gung standen, und dem Fall des BFH-Urteils vom 04.12.2012听- VIII听R听42/09 (BFHE 239, 443, BStBl II 2013, 365, Rz听20), in dem einem der Kl盲ger im gesamten Kalenderjahr ein vergleichbares Privatfahrzeug zur Verf眉gung stand.
Rz. 43
g) Auch eine Zusammenschau der vom FG festgestellten Umst盲nde ist im Streitfall nicht geeignet, den Anscheinsbeweis einer privaten Mitnutzung des Pickup am Morgen oder am Abend, an Sonn- und Feiertagen oder in der Urlaubszeit zu ersch眉ttern, der au脽erhalb der Betriebszeiten des Betriebs abfahrbereit vor dem Haus stand. Daher war das FA nicht gehalten, eine private Nutzung des Fahrzeugs nachzuweisen.
Rz. 44
3. Der Senat kann selbst entscheiden. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 45
Die angefochtenen 脛nderungsbescheide sind rechtm盲脽ig. Die Ein-Prozent-Regelung ist auch f眉r den Pickup anwendbar. Ein Grund, den Streitfall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen, ist nicht ersichtlich.
Rz. 46
Der Pickup des Kl盲gers war zum privaten Gebrauch geeignet und stand au脽erhalb der Betriebs- und Arbeitszeiten f眉r Privatfahrten zur Verf眉gung. Nach dem Beweis des ersten Anscheins wurde er auch privat genutzt. Dieser Anscheinsbeweis wurde im Streitfall durch die vom FG festgestellten Umst盲nde weder bei einer Einzelbetrachtung noch bei einer Zusammenschau ersch眉ttert. Umst盲nde, die einer weiteren Aufkl盲rung in einem zweiten Rechtsgang bed眉rften, wurden von den Beteiligten nicht vorgetragen und sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.
Rz. 47
In den Streitjahren wurde f眉r den Pickup kein Fahrtenbuch gef眉hrt (搂听6 Abs.听1 Nr.听4 Satz听2 und 3 EStG).
Rz. 48
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听135 Abs.听1 FGO.
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Fundstellen
BFH/NV 2025, 574 |
BB 2025, 789 |
DStR 2025, 6 |
NWB 2025, 960 |
BBK 2025, 337 |
StuB 2025, 275 |
BC 2025, 142 |
StX 2025, 196 |