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Leitsatz (amtlich)
Zur Dauer der aufgrund einer Betriebspr眉fung eingetretenen Ablaufhemmung der Verj盲hrung nach 搂 146 a Abs. 3 AO i. d. F. des AO脛G vom 15. September 1965.2. Ein Steueranspruch ist im allgemeinen nicht schon allein deshalb verwirkt, weil der Steuerpflichtige sich wegen des Verhaltens des FA darauf einrichten durfte, da脽 der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werde. Zur Verwirkung mu脽 in der Regel hinzukommen, da脽 der Steuerpflichtige sich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs auch tats盲chlich eingerichtet hat und die von ihm deshalb getroffenen oder unterlassenen Ma脽nahmen oder Vorkehrungen zur Folge haben, da脽 f眉r ihn die Entrichtung der nachtr盲glich doch noch festgesetzten Steuer wegen der damit verbundenen Nachteile billigerweise nicht mehr zumutbar ist.
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Normenkette
AO 搂 146a Abs. 3
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Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Boklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt - FA -) am Erla脽 von Einkommensteuerbescheiden f眉r die Streitjahre 1963 und 1964 wegen Verj盲hrung oder Verwirkung gehindert war.
Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) sind Eheleute. Der Ehemann ist Rechtsanwalt. Er bezieht Eink眉nfte aus freiberuflicher Praxis, Aufsichtsrats- und Beiratsverg眉tungen sowie Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalverm枚gen. Die Ehefrau bezieht gewerbliche Eink眉nfte als Alleininhaberin der A-Werke und als Mitunternehmerin der B-KG, Eink眉nfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalverm枚gen. Die Kl盲ger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nachdem ein Antrag vom 24. August 1964 auf Verl盲ngerung der Abgabefrist f眉r die Einkommensteuererkl盲rung 1963 bis 31. Dezember 1964 stillschweigend genehmigt worden war, wurden die Einkommensteuererkl盲rungen f眉r 1963 am 22. Juni 1966 und f眉r 1964 am 28. Juli 1966 eingereicht. Die Verm枚genserkl盲rung auf den 1. Januar 1963 wurde am 26. April 1966 abgegeben.
Im Jahre 1970 wechselte die FA-Zust盲ndigkeit. Anstelle des bis dahin zust盲ndigen FA H wurde jetzt das beklagte FA zust盲ndig. Mit dem beklagten FA f眉hrte der Steuerberater der Kl盲ger, Dipl.-Volkswirt K, mehrere Verhandlungen wegen der noch offenen Veranlagungen, 眉ber die sich in den Akten mehrere Vermerke des damaligen Sachbearbeiters S befinden.
Nach einem Aktenvermerk vom 24. Februar 1971 haben am 24. Februar 1971 K und S als zust盲ndiger Sachbearbeiter des FA die Frage der Verj盲hrung der Einkommensteueranspr眉che 1963 und 1964 er枚rtert, insbesondere die Frage, ob Unterbrechungshandlungen nach dem neuen oder dem alten AO-Recht zu beurteilen seien.
In einem weiteren Aktenvermerk vom 22. M盲rz 1971 hei脽t es: "Auf Grund einer R眉cksprache des Sachgeb.-Ltr. VI Herrn StR N mit dem Herrn Vorsteher am 22. M盲rz 1971 in der ESt-Sache 1963/64 RA 鈥 ist festgestellt worden, da脽 eine ESt-Vlg. 1963 u. 1964 wegen Verj盲hrung nicht mehr durchgef眉hrt werden kann. Die Verj盲hrung ist nach den 脺bergangsbestimmungen zum AO-脛nd.Ges Artikel 5 eingetreten."
Die Einkommensteuerbescheide 1965 bis 1968 erlie脽 das FA zwischen August 1971 und Januar 1972.
Die Veranlagung zur Verm枚gensteuer auf den 1. Januar 1963 wurde noch vom FA H am 3. M盲rz 1970 durchgef眉hrt. Gegen den Verm枚gensteuerbescheid legten die Kl盲ger (am 17. M盲rz 1970) fristgerecht Einspruch ein.
In einem Aktenvermerk vom 6. November 1971 ist u. a. ausgef眉hrt:
"Mit dem Steuerbevollm盲chtigten des Stpfl. - Herrn K - erfolgten an Amtsstelle mehrere m眉ndliche Verhandlungen bez眉glich der ESt- und VSt-Veranlagungen. Am 24. Februar 1971 war Gegenstand einer Besprechung die Frage der Verj盲hrung des ESt-Anspruchs 1963/64 (s. Bl. 54). Nach Ansicht des Herrn K sind die Anspr眉che dieser beiden Jahre verj盲hrt.
Auf Grund einer R眉cksprache des SGL Herrn N mit dem Herrn Vorsteher am 22. M盲rz 1971 kam es wegen der Verj盲hrung zum gleichen Resultat (s. Vermerk Bl. 54 Rs) 鈥
Der Einspruch gegen den VSt-Bescheid 1. Januar 1963 v. 3. M盲rz 1970 richtet sich nach Darstellung des StBev. Herrn K ebenfalls gegen die Bescheidzustellung nach Eintritt der Verj盲hrung des VSt-Anspruchs."
脺ber eine Besprechung am 8. Dezember 1971 zwischen dem FA-Vorsteher, dem Sachgebietsleiter Steuerrat N und S befindet sich in den Einkommensteuerakten ein Vermerk vom 12. Januar 1972 folgenden Inhalts:
"Anl盲脽lich einer Besprechung mit dem Herrn Vorsteher und dem Herrn SachGebLtr. N wurde zur Frage der Verj盲hrung der ESt 1963 und 1964 folgendes festgestellt:
Die in Art. 5 Abs. 3 AO-脛ndG genannten fr眉heren Unterbrechungshandlungen h盲tten vor Inkrafttreten des 脛ndG zur AO (ab 1. Januar 1966) vorgenommen werden m眉ssen. Es liegen jedoch bis zu diesem Zeitpunkt keine Unterbrechungshandlungen des Finanzamts, die Auswirkungen auf die Verj盲hrung gehabt h盲tten, vor. Die ESt-Erkl盲rung 1963 ist erst am 22. Juni 1966, die ESt-Erkl盲rung 1964 erst am 28. Juli 1966 beim FA H eingegangen (s. auch fr眉here Aktenvermerke Bl. 54 und Bl. 150 ESt-Akten Bd. V). Die Verj盲hrung des ESt-Anspruchs 1963 ist mit dem 31. Dezember 1968 und des ESt-Anspruchs 1964 mit dem 31. Dezember 1969 eingetreten.
Die VSt-Vlg 1. Januar 1963 It. Vfg. vom 9. Februar 1970 war zu diesem Zeitpunkt (31. Dezember 1968) ebenfalls verj盲hrt (Eingang der Verm枚genserkl盲rung am 26. April 1966). Nach 搂 148 AO alter wie neuer Fassung erlischt durch Verj盲hrung der Anspruch mit seinen Nebenanspr眉chen.
Nach dem Eintritt der Verj盲hrung geleistete Steuerzahlungen oder beigetriebene Steuern m眉脽ten erstattet werden.
F眉r die bis zur Verj盲hrung geleisteten Steuern verbleibt es bei diesen Zahlungen.
F眉r die Finanzkasse ist zum Abschlu脽 der Konten 1963/1964 eine Vfg. (mit den Daten der Verj盲hrung der einzelnen Steuerabschnitte) zu fertigen."
脺ber eine Vorsprache des Steuerberaters K mit dem Sachbearbeiter des Teilbezirks IV bei dem FA-Vorsteher am 29. Dezember 1971 wird in einem Vermerk in den Einkommensteuerakten ausgef眉hrt, da脽 Gegenstand der Vorsprache die Stundung von r眉ckst盲ndigen Einkommensteuerschulden 1966 bis 1967 und Verm枚gensteuerschulden 1966 bis 1971 in H枚he von rund 888 000 DM waren.
Eine Einspruchsbegr眉ndung zum Einspruch gegen den Verm枚gensteuerbescheid auf den 1. Januar 1963 gaben die Kl盲ger am 29. Dezember 1971. In der Einspruchsbegr眉ndung wird ausgef眉hrt:
"Zur Begr眉ndung unseres Einspruchs verweisen wir auf die wiederholten Gespr盲che, die Herr K mit Herrn N und Herrn S gef眉hrt hat. Hierbei wurde um Pr眉fung gebeten, ob der Steueranspruch verj盲hrt ist."
In den Verm枚gensteuerakten befindet sich eine Verf眉gung vom 18. April 1972, in der es unter Ziff. 1 hei脽t:
"Der Einspruch ist zul盲ssig. Er ist auch begr眉ndet. Es trifft zu, da脽 die VSt 1. Januar 1963 zu einem Zeitpunkt festgesetzt worden ist, an dem der Anspruch bereits verj盲hrt war. Die Verj盲hrung ist mit Ablauf des 31. Dezember 1968 eingetreten. Der VSt-Bescheid wurde am 3. M盲rz 1970 erteilt. In diesem Zusammenhang wird auf die Aktenvermerke v. 24. Februar 1971 Bl. 54 ESt-Akten Bd. V, v. 6. November 1971 Bl. 150 ESt-Akten Bd. V und v. 12. Januar 1972 Bl. 57 a ESt-Akten Bd. VI hingewiesen.
Der Verm-Steuerbescheid 1. Januar 1963 vom 3. M盲rz 1970 ist aufzuheben. Zahlungen auf die VSt 1963, die nach dem Verj盲hrungszeitpunkt eingegangen sind, sind ggf. zu erstatten (beachte 搂搂 150 ff. AO). Nach den hier vorliegenden Kto-Karten sind Zahlungen nach diesem Zeitpunkt nicht erfolgt; jedoch R眉ckfrage bei der Fin-Kasse des FA H abwarten."
Mit Schreiben vom 19. April 1972 teilte das FA den Kl盲gern mit, der Verm枚gensteuerbescheid 1. Januar 1963 vom 3. M盲rz 1970 werde hierdurch aufgehoben, weil zum Zeitpunkt der Festsetzung die Verj盲hrung des Schuldanspruchs eingetreten sei. Der Einspruch vom 16. M盲rz 1970 finde hierdurch seine Erledigung.
Die streitigen Einkommensteuerbescheide f眉r 1963 und 1964 ergingen am 4. Oktober 1972 und erfa脽ten neben Verlusten aus dem landwirtschaftlichen Betrieb (1963: 4 878 DM, 1964: 8 215 DM) die Gewinne der Kl盲gerin aus A-Werken (1963: 211 738 DM, 1964: ./. 14 747 DM) aufgrund berichtigter gesonderter Gewinnfeststellungen vom 26. Oktober 1971 und die Gewinnanteile der Kl盲gerin aus der Beteiligung an der B-KG (1963: 1 742 163 DM, 1964: 1 413 658 DM) aufgrund berichtigter einheitlicher Gewinnfeststellungen vom 11. September 1969. In den Erl盲uterungen zu den Einkommensteuerbescheiden 1963 und 1964 weist das FA darauf hin, da脽 bei der Steuerfestsetzung nur die Eink眉nfte erfa脽t seien, bei denen durch Betriebspr眉fungen der Verj盲hrungsablauf nach 搂 146 a Abs. 3 der Reichsabgabenordnung (AO) gehemmt worden sei.
Die Betriebspr眉fung bei den A-Werken hatte am 10. November 1969 begonnen und f眉hrte f眉r die Streitjahre zu Berichtigungen der Feststellungsbescheide vom 13. Mai 1965 und vom 20. M盲rz 1967. Bei der B-KG ergaben sich aufgrund der am 19. Juli 1967 begonnenen Betriebspr眉fung Berichtigungen der Bescheide vom 29. Juli 1965 bzw. 4. Mai 1966. Beim Land- und Forstwirtschaftsbetrieb hatte eine Pr眉fung am 27. Mai 1968 begonnen.
Die Einspr眉che gegen die streitigen Einkommensteuerbescheide hatten (bis auf die Anerkennung eines um 1 432 DM erh枚hten Spendenabzugs 1963) keinen Erfolg. Das FA wies darauf hin, da脽 es einen Teil der Eink眉nfte, so auch die aus Kapitalverm枚gen, wegen Verj盲hrung habe au脽er Ansatz lassen und sich auf die Eink眉nfte habe beschr盲nken m眉ssen, hinsichtlich derer wegen Durchf眉hrung einer Betriebspr眉fung der Ablauf der Verj盲hrung nach 搂 146 a AO (i. d. F. nach dem Gesetz zur 脛nrung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15. September 1965 - AO脛G -, BGBl I, 1356, BStBl I, 643; im folgenden AO n. F.) gehemmt gewesen sei. Hinsichtlich dieser Eink眉nfte sei auch keine Verwirkung eingetreten.
Mit ihrer Klage machten die Kl盲ger Verj盲hrung oder Verwirkung aller Steueranspr眉che 1963 und 1964 geltend.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die angefochtenen Steuerbescheide wegen Verwirkung des Steueranspruchs ersatzlos auf.
Den Eintritt der Verj盲hrung der Einkommensteueranspr眉che 1963 und 1964 in vollem Umfang hat das FG allerdings verneint. Im Streitfall bestimme sich die Verj盲hrung noch nach den Vorschriften der Reichsabgaben ordnung vor der 脛nderung durch das Gesetz zur 脛nde rung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15. September 1965 (a. a. O.) - AO a. F. -, so da脽 die Verj盲hrung der Einkommensteuer 1963 und 1964 - wenn sie nicht unterbrochen oder gehemmt worden sei - mit Ablauf des Jahres 1968 bzw. 1969 eingetreten sei. Eine Unterbrechung sei im Geltungsbereich der AO a. F. (d. h. vor dem 1. Januar 1966) bez眉glich der Einkommensteuer 1963 durch den Antrag auf Verl盲ngerung der Erkl盲rungsfrist vom 24. August 1964 eingetreten, so da脽 die Verj盲hrung erst mit Ablauf des Jahres 1969 eingetreten sei. Dar眉ber hinaus sei hinsichtlich der Eink眉nfte der Ehefrau die Verj盲hrung der Einkommensteuer 1963 nach 搂 147 AO a. F. erneut unterbrochen worden durch die im Jahre 1965 ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide, so da脽 die Verj盲hrungsfrist f眉r die entsprechenden Einkommensteueranspr眉che 1963 bis zum Ablauf des Jahres 1970 verl盲ngert worden sei. Durch die sp盲teren Gewinnfeststellungsbescheide oder die Abgabe der Einkommensteuererkl盲rungen f眉r die Streitjahre sei allerdings die Verj盲hrung nicht mehr unterbrochen worden, da es sich hier um Vorg盲nge nach dem 1. Januar 1966, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der AO n. F. (Art. 7 AO脛G vom 15. September 1965), gehandelt habe, denen nunmehr keine Unterbrechungswirkung mehr zugekommen sei. Jedoch sei nach den nun ma脽geblichen Vorschriften der AO n. F. durch den Beginn der Betriebspr眉fungen bei der B-KG, den A-Werken und dem Landwirtschaftsbetrieb der Ablauf der noch laufenden Verj盲hrungsfristen gehemmt worden (搂 146 a Abs. 3 AO n. F.). Diese Hemmung ende erst mit der Unanfechtbarkeit der - ebenfalls als aufgrund der Betriebspr眉fung ergangen anzusehenden - Folgebescheide, also der streitigen Einkommensteuerbescheide. Sie sei auch nicht durch eine "Mitteilung" 眉ber ein Unterbleiben der Steuerfestsetzung i. S. von 搂 146 a Abs. 3 AO n. F. beendet worden. Denn die m眉ndliche Erkl盲rung des Sachbearbeiters, da脽 eine Einkommensteuerfestsetzung f眉r die Streitjahre nicht durchgef眉hrt werde, bedeute nicht den Zugang einer derartigen Mitteilung. Eine solche sei vielmehr gar nicht mehr m枚glich gewesen, nachdem durch den Erla脽 berichtigter Gewinnfeststellungsbescheide bereits die 脛nderung der Besteuerungsgrundlagen durch die Betriebspr眉fungen klargestellt gewesen sei.
Das FG nahm jedoch Verwirkung der nicht verj盲hrten Steueranspr眉che an. Durch die - wenn auch nur m眉ndlich und durch den Sachbearbeiter erfolgte - Bekanntgabe der rechtsirrigen Entscheidung des FA-Vorstehers an den Bevollm盲chtigten der Kl盲ger im M盲rz 1971, s盲mtliche Einkommensteueranspr眉che 1963 und 1964 seien durch Verj盲hrung erloschen, sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der sich auf die Behandlung eines in vollem Umfange dem FA bekannten Sachverhalts bezogen habe. Dieses Vertrauen sei durch das sp盲tere Verhalten des FA - mehrfacher Best盲tigung der Entscheidung des Vorstehers durch den Sachbearbeiter, Erla脽 von Einkommensteuerbescheiden ohne ersichtlichen anderen Grund (au脽er dem der Verj盲hrung) zun盲chst erst ab 1965, Aufhebung des Verm枚gensteuerbescheids 1963 wegen Verj盲hrung - noch verst盲rkt worden. Da脽 der Steuerberater K die von ihm erbetene schriftliche Best盲tigung der Entscheidung des Vorstehers nicht erhalten habe, sei ohne Bedeutung, da dies mit technischen Schwierigkeiten begr眉ndet worden sei. - Zwar liege zwischen der Mitteilung, da脽 die Einkommensteuer 1963 und 1964 verj盲hrt sei und deshalb nicht mehr festgesetzt werde, und der dann doch vorgenommenen Steuerfestsetzung in den angefochtenen Bescheiden nur ein Zeitraum von 1 1/2 Jahren. Das reiche jedoch in Anbetracht der besonderen Umst盲nde des Streitfalles zur Annahme einer Verwirkung aus.
Mit der Revision macht das FA geltend, die von ihm festgesetzten Einkommensteuern 1963 und 1964 seien weder verj盲hrt noch verwirkt. Der Ausfall eines Steueranspruchs durch Verwirkung k枚nne nur in ganz besonderen Ausnahmef盲llen hingenommen werden, in denen die Steuergerechtigkeit dem Schutzbed眉rfnis des einzelnen Steuerpflichtigen zu weichen habe. Wenn schon bei der Verwirkung auf das z. B. im Zusammenhang mit einer verbindlichen Zusage geforderte Merkmal einer im Vertrauen auf das Verhalten des FA getroffenen Disposition verzichtet werde, obwohl der Fall der Verwirkung an sich der schwerer wiegende Fall sei, dann m眉sse hier jedenfalls eine ganz besondere Schutzw眉rdigkeit des Steuerpflichtigen gegeben sein. Solche besonderen Umst盲nde, die es als gerecht und billig erscheinen lassen k枚nnten, im Streitfall die Kl盲ger von einer bei zutreffender Rechtsanwendung von ihnen zu erbringenden Steuerschuld von 1,1 Mio. DM zu entlasten, seien hier nicht gegeben.
Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.
Die Kl盲ger beantragen Zur眉ckweisung der Revision.
Sie tragen vor, der Eintritt der Verj盲hrung sei vom FA eindeutig und vorbehaltlos bejaht worden, so da脽 f眉r die Kl盲ger kein Grund bestanden habe, an der Richtigkeit dieser Auffassung zu zweifeln oder das FA zu einer schriftlichen 脛u脽erung anzuhalten, zu der dieses im 眉brigen gesetzlich verpflichtet gewesen w盲re, da es nach 搂 210 Abs. 3 AO einen schriftlichen Freistellungsbescheid h盲tte erlassen m眉ssen. Hier habe in Anbetracht der besonderen Umst盲nde die m眉ndliche Erkl盲rung des FA vom M盲rz 1971 die Qualit盲t eines solchen Freistellungsbescheides, so da脽 die angefochtenen Bescheide 眉berhaupt nur unter den Voraussetzungen des 搂 222 AO h盲tten erlassen werden d眉rfen. Diese Voraussetzungen h盲tten jedoch nicht vorgelegen. Die Fehleraufdeckung durch die Aufsichtsbeh枚rde (den Landesrechnungshof), die zum Erla脽 der Bescheide gef眉hrt habe, rechtfertige nach 搂 222 Abs. 1 Nr. 3 AO keine Berichtigung, da es im Streitfall um die Festsetzung von Einkommensteuer gehe. - Im 眉brigen seien die streitigen Anspr眉che aber auch verj盲hrt, weil die Erkl盲rung des FA vom M盲rz 1971, die in Kenntnis dessen abgegeben worden sei, da脽 bei den Betrieben der Kl盲gerin Betriebspr眉fungen durchgef眉hrt worden seien, als Mitteilung i. S. von 搂 146 a Abs. 3 AO n. F. gewertet werden m眉sse.
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II.
Die Revision des FA f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, da脽 im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Einkommensteuerbescheide eine Verj盲hrung der Steueranspr眉che, soweit sie aus den Eink眉nften der Kl盲gerin aus ihrer Beteiligung an der B-KG und als Inhaberin der A-Werke und des landwirtschaftlichen Betriebes resultieren, noch nicht eingetreten war. In allen diesen Betrieben hatten vor Ablauf der entsprechenden Verj盲hrungsfristen Betriebspr眉fungen begonnen; hier眉ber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Deshalb ist die Verj盲hrung, die sich, da fr眉here Unterbrechungshandlungen nicht in Betracht kommen, gem盲脽 Art. 5 Abs. 3 AO脛G vom 15. September 1965 nach den Bestimmungen der AO n. F. richtet, nach 搂 146 a Abs. 3 des Gesetzes gehemmt worden. Die Verj盲hrungshemmung war auch entgegen der Auffassung der Kl盲ger im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Bescheide nicht bereits wieder beseitigt.
Eine Beendigung der Ablaufhemmung durch Unanfechtbarkeit der "auf Grund der Bp. ergangenen Steuerbescheide" ist nicht eingetreten, weil erst die streitigen Einkommensteuerbescheide diese auf Grund der Betriebspr眉fung ergangenen Bescheide sind. Das gilt auch, soweit es sich bei diesen Bescheiden um Folgebescheide handelt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Dezember 1971 III R 35/71, BFHE 104, 282, BStBl II 1972, 331). Die Ablaufhemmung der Verj盲hrung ist auch nicht durch eine "Mitteilung" i. S. von 搂 146 a Abs. 3 AO n. F. beendet worden. Zutreffend hat das FG dargelegt, aus welchen Gr眉nden die 脛u脽erung des Sachbearbeiters S, da脽 nach Auffassung des FA in vollem Umfange Verj盲hrung eingetreten sei, nicht als eine solche "Mitteilung" beurteilt werden kann. Bei sinngem盲脽er Auslegung des 搂 146 a Abs. 3 AO n. F. handelt es sich bei beiden in der Vorschrift genannten Alternativen der Beendigung der Ablaufhemmung um das Ergebnis der Betriebspr眉fung, d. h. die abschlie脽ende endg眉ltige 脛u脽erung, ob diese zu einem Ergebnis gef眉hrt hat oder ergebnislos verlaufen ist. Im Streitfall hatten die Betriebspr眉fungen zu Ergebnissen gef眉hrt, so da脽 eine Mitteilung 眉ber deren Ergebnislosigkeit nicht mehr in Betracht kam. - Eine andere, in der Rechtsprechung mehrfach angeschnittene Frage ist die, inwieweit die nach Durchf眉hrung einer Betriebspr眉fung eingetretene Hemmung der Verj盲hrung, die nach 搂 146 a Abs. 3 AO n. F. theoretisch zeitlich unbegrenzt h盲tte andauern k枚nnen, nun auch wieder ihre Begrenzung durch Anwendung der Grunds盲tze von Treu und Glauben finden kann (Urteil des BFH III R 35/71; vgl. auch BFH-Urteil vom 29. Januar 1974 VII R 69/71, BFHE 111, 293 [296], BStBl II 1974, 308). Diese Frage der zeitlichen Ausdehnung der Ablaufhemmung nach 搂 146 a AO n. F., die letztlich ebenfalls in das Problem der Verwirkung einm眉ndet (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1977 I R 171/74, BFHE 123, 321 [324], BStBl II 1978, 33), stellt sich jedoch im Streitfall bei dem verh盲ltnism盲脽ig zeitnahen Erla脽 der aufgrund der Betriebspr眉fung ergangenen Steuerbescheide (hier knapp zwei bzw. drei Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem die Verj盲hrung ohne Durchf眉hrung einer Betriebspr眉fung eingetreten w盲re) nicht.
2. Das FA war auch nicht nach 搂 222 AO am Erla脽 der streitigen Steuerbescheide gehindert. Die 脛u脽erung des Sachbearbeiters des FA gegen眉ber dem Bevollm盲chtigten der Kl盲ger 眉ber eine Nichtdurchf眉hrung der Veranlagungen wegen Verj盲hrung kann, selbst wenn sie die Auffassung auch des FA-Vorstehers wiedergab, nicht als ein Freistellungsbescheid gewertet werden. Auch ein Freistellungsbescheid 眉ber Steuern vom Einkommen ist ein f枚rmlicher Steuerbescheid, der schriftlich erteilt werden mu脽 (搂搂 210 Abs. 3, 210 b, 211 AO; vgl. 搂搂 155, 157 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die Auffassung der Kl盲ger, da脽 wegen der eingetretenen Verj盲hrung ein Freistellungsbescheid h盲tte erteilt werden m眉ssen und da脽 das FA, weil es das unterlassen habe, so zu behandeln sei, als h盲tte es den Bescheid formgerecht erteilt, ist nicht haltbar. Die Verj盲hrung hindert an sich den Erla脽 des Steuerbescheides 眉berhaupt (vgl. Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 7. Aufl., 搂 148 Anm. 1). Eine Festsetzung der Steuer auf null ist nur veranla脽t, wenn in Unkenntnis der Verj盲hrung zuvor eine Steuer festgesetzt worden war. Auch hier jedoch gibt es f眉r den Erla脽 eines Freistellungsbescheides keine Frist. Im 眉brigen ist aber, wie nun feststeht, der Steueranspruch im streitigen Umfange eben nicht verj盲hrt, so da脽 das Ansinnen der Kl盲ger dahin ginge, da脽 das FA, weil es die Erteilung eines unrichtigen Bescheides unterlassen hat, so behandelt werden soll, als h盲tte es diesen falschen Bescheid erlassen. Das kann nicht Rechtens sein. Da somit Steuerbescheide f眉r die streitigen Veranlagungszeitr盲ume noch nicht - auch nicht in Form von Freistellungsbescheiden - ergangen waren, war das FA am Erla脽 der streitigen Bescheide nicht durch 搂 222 AO gehindert.
3. Als einziges Hindernis f眉r den Erla脽 der streitigen Einkommensteuerbescheide kommt somit, wie das FG zutreffend erkannt hat, die Verwirkung in Betracht.
a) Das Rechtsinstitut der Verwirkung gilt als Ausflu脽 der die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grunds盲tze von Treu und Glauben auch im Steuerrecht (st盲ndige Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH-Urteile vom 14. September 1977 II R 74/76, BFHE 123, 299 [304], BStBl II 1978, 168; I R 171/74; vom 30. Juni 1972 III R 133/71, BFHE 106, 233, BStBl II 1972, 779; vom 16. September 1965 V 91/63 U, BFHE 83, 441, BStBl III 1965, 657; vom 14. Februar 1967 II 15/64, BFHE 88, 42; vom 7. Februar 1962 II 137/60 U, BFHE 75, 628, BStBl III 1962, 496). Als Anwendungsfall des Verbots widerspr眉chlichen Tuns (venire contra factum proprium) greift Verwirkung ein, wenn ein Anspruchsberechtigter durch sein Verhalten beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen hat, da脽 nach Ablauf einer gewissen Zeit die Geltendmachung des Anspruchs als illoyale Rechtsaus眉bung empfunden werden mu脽 (vgl. z. B. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 27. Juni 1957 II ZR 15/56, BGHE 25, 47 [52]). Es handelt sich dann um einen Rechtsmi脽brauch (Tipke/Kruse, a. a. O., 搂 2 Anm. 44 a, mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Urteil des BGH vom 20. Dezember 1968 V ZR 97/65, Der Betrieb 1969 S. 302 - DB 1969, 302 -, und des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 9. Juli 1958 2 AZR 438/65, BAGE 6, 165). Der Tatbestand der Verwirkung enth盲lt hiernach ein Zeitmoment (l盲ngere Unt盲tigkeit des Anspruchsberechtigten) und ein Umstandsmoment (bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten und hierdurch ausgel枚ster Vertrauenstatbestand beim Verpflichteten); hierbei ist das Zeitmoment jedoch in der Regel von untergeordneter Bedeutung, da die zeitliche Begrenzung von Anspr眉chen in erster Linie durch die Verj盲hrung bestimmt wird (BFH-Urteil II 15/64). Entscheidend ist das Umstandsmoment, wobei neben dem Verhalten des Berechtigten auch das Verhalten des Verpflichteten von Bedeutung ist (BGH-Entscheidung II ZR 15/56; BAG-Entscheidung 2 AZR 438/56).
Die Rechtsprechung des BFH begn眉gt sich zum Teil mit dem Hinweis, da脽 Verwirkung eintrete, wenn das FA (obwohl es den Steueranspruch kennt oder kennen m眉脽te) l盲ngere Zeit gegen眉ber dem Steuerpflichtigen unt盲tig bleibt und dieser sich "darauf einrichten darf, da脽 der Steueranspruch nicht mehr geltend gemacht wird" (vgl. z. B. die Urteile vom 30. Mai 1973 I R 35/71, BFHE 109, 368 [372], BStBl II 1973, 668, und vom 5. M盲rz 1970 IV 213/65, BFHE 100, 1, BStBl II 1970, 793). Das gen眉gt insofern, als Verwirkung nicht eintritt, wenn diese Voraussetzungen fehlen. Die positive Anerkennung einer Verwirkung von Rechten setzt jedoch weiteres voraus. Es reicht nicht aus, da脽 der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung darauf vertrauen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Er mu脽 vielmehr auch tats盲chlich darauf vertraut und sich auf die Nichtgeltendmachung eingerichtet haben (BFH-Urteile II 137/60 U, BFHE 75, 631; II 15/64, BFHE 88, 43; III R 133/71, BFHE 106, 236; ferner BAG-Entscheidung 2 AZR 438/56, BAGE 6, 168; BGH-Entscheidung II ZR 15/56 BGHE 25, 52; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 7. Februar 1974 III C 115/71, Verwaltungsrechtsprechung Bd. 26 S. 126; Weber in Staudinger, Kommentar zum B眉rgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., 搂 242 D 619), und zwar so, da脽 die nachtr盲glich begehrte Anspruchsbefriedigung schlechtin als unzumutbar erscheint. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen ist von dem Grundsatz auszugehen, da脽 jeder Schuldner - auch der Steuerschuldner - seine Verpflichtungen erf眉llen mu脽 und nur unter ganz besonderen Umst盲nden schon vor Vollendung der Verj盲hrung einwenden kann, eine Inanspruchnahme versto脽e gegen Treu und Glauben (BGH-Entscheidung V ZR 97/65, DB 1969, 302). Das zwingt "zu sorgf盲ltiger Pr眉fung im einzelnen Fall und zur 盲u脽ersten Zur眉ckhaltung" bei der Anwendung der Verwirkung (Weber in Staudinger, a. a. O., 搂 242 D 635).
Hiernach erscheint es bedenklich, wenn die Entscheidung des BFH V 91/63 U (BFHE 83, 441), von der die Vorinstanz ausgegangen ist, ausspricht, da脽 die Verwirkung besondere Dispositionen, die im Zusammenhang mit dem Verhalten des FA stehen, nicht voraussetze (vgl. auch die Urteile desselben Senats vom 14. November 1968 V 191/65, BFHE 94, 168 [174], BStBl II 1969, 120, und vom 30. Januar 1969 V 149/64, BFHE 95, 236 [242], BStBl II 1969, 409 [412]). Denn wenn der Steuerpflichtige sich nicht nur auf die Nichtinanspruchnahme einrichten durfte, sondern sich auch darauf eingerichtet haben mu脽 - wobei dies nicht nur als gedankliche Einstellung verstanden werden darf -, so ist das schon eine Art Disposition. So f眉hrt denn auch das BVerwG in der genannten Entscheidung III C 115/71 aus, da脽 der Schuldner im Vertrauen auf das Verhalten des Gl盲ubigers sich "in seinen Vorkehrungen und Ma脽nahmen" so eingerichtet haben mu脽, da脽 ihm durch die nachtr盲gliche Rechtsdurchsetzung ein unzumutbarer Nachteil entstehen w眉rde. Weber (in Staudinger, a. a. O., D 619) weist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG) darauf hin, da脽 der Schulder im urs盲chlichen Zusammenhang mit dem Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs 眉ber seine Mittel verf眉gt oder sonstige wirtschaftliche Ma脽nahmen getroffen haben mu脽, die nicht mehr oder nur schwer r眉ckg盲ngig gemacht werden k枚nnen. Nur unter dem Gesichtspunkt von im Vertrauen auf das Verhalten des FA getroffenen Ma脽nahmen des Steuerpflichtigen sind endlich auch die Ausf眉hrungen des BFH zu verstehen, wenn im Urteil II 137/60 U (auf das das Urteil V 91/63 U 眉brigens verweist: BFHE 83, 444) als Voraussetzung f眉r die Anerkennung einer Verwirkung verlangt wird, da脽 der Steuerpflichtige sich mit R眉cksicht auf das Verhalten des FA eingerichtet hat und gerade deshalb die Geltendmachung des Steueranspruchs gegen Treu und Glauben verst枚脽t (BFHE 75, 631). Dasselbe gilt, wenn im Urteil II 15/64 darauf hingewiesen wird (BFHE 88, 43), es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, da脽 die Kl盲gerin sich im Vertrauen auf die Nichterhebung der Steuer eingerichtet h盲tte; insbesondere habe sie keinen Verm枚gensschaden geltend gemacht. Im Urteil III R 133/71 endlich wird ebenfalls darauf hingewiesen (BFHE 106, 236), da脽 die Steuerpflichtigen nicht vorgetragen h盲tten, sie h盲tten sich in irgendeiner Form auf die Nichterhebung der Steuer eingerichtet.
Der Senat ist in 脺bereinstimmung mit dieser Rechtsprechung der Auffassung, da脽 auch bei der Verwirkung - 盲hnlich wie bei der Zusage und der verbindlichen Auskunft (vgl. hierzu Tipke/Kruse, a. a. O., 搂 2 Anm. 44 b mit Rechtsprechungshinweisen) und wie bei Anwendung der Grunds盲tze von Treu und Glauben 眉berhaupt (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., Anm. 41) - zu dem Vertrauenstatbestand in der Regel die Vertrauensfolge hinzukommen mu脽, d. h. der Steuerpflichtige im Vertrauen auf das Verhalten des FA Ma脽nahmen ergriffen oder unterlassen haben mu脽, die er nicht ergriffen oder unterlassen h盲tte, wenn er mit der Geltendmachung der Steuer gerechnet h盲tte, und die dazu f眉hren, da脽 ihm die Erf眉llung der Verpflichtung billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann, weil ihm nunmehr erhebliche Nachteile entstehen, die nicht entstanden w盲ren, wenn er vom Berechtigten gleich in Anspruch genommen worden w盲re (vgl. BGH-Entscheidung V ZR 97/65; BVerwG-Entscheidung, III C 115/71; Fritzsch, Finanz-Rundschau 1965 S. 244).
Der Senat wird in seiner Auffassung best盲rkt durch die 脺berlegung, da脽 es schlechthin unverst盲ndlich erscheinen mu脽, einerseits bei einem Steuerpflichtigen, dem vom FA eine eindeutige und verbindliche Zusage gemacht worden ist, das Vertrauen auf diese Zusage nur zu sch眉tzen, wenn es urs盲chlich war f眉r bestimmte Dispositionen, andererseits aber bei einem Steuerpflichtigen, der zwar keine konkrete Zusage hatte, der aber - gegen眉ber einer bindenden Zusage doch wohl der schw盲chere Fall - lediglich auf ein bestimmtes Verhalten des FA vertrauen durfte, auf eine derartige Disposition zu verzichten. Das zeigt auch der Streitfall deutlich. Die 脛u脽erung des Sachbearbeiters des FA, einem Erla脽 der streitigen Steuerbescheide stehe die Verj盲hrung entgegen, konnte noch nicht als bindende Zusage oder Auskunft gewertet werden; sie konnte allenfalls Grundlage f眉r die Schaffung eines im Rahmen der Verwirkung zu ber眉cksichtigenden Vertrauenstatbestandes sein. Auch hier mu脽 dann aber in der Regel das Dispositionsmerkmal hinzukommen. Ausnahmen sind m枚glich, da bei der Verwirkung die Umst盲nde des Einzelfalls von ausschlaggebender Bedeutung sind und Billigkeitsgesichtspunkte f眉r die Entscheidung im Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit eine besondere Rolle spielen. Daher k枚nnen die Voraussetzungen der Verwirkung nicht f眉r alle F盲lle von vornherein festgelegt werden (vgl. BFH-Urteil II R 74/76, BFHE 123, 304; Tipke/Kruse, a. a. O., 搂 2 Anm. 44 a). So erscheint es schon denkbar, da脽 Verwirkung auch einmal ohne vertrauensbedingte Dispositionen, etwa nur durch blo脽en Zeitablauf eintreten kann, wie z. B. in dem bereits erw盲hnten Fall der zeitlich unbegrenzten Verj盲hrungshemmung nach 搂 146 a AO n. F. Das ist dann aber, wie betont, ein besonderer Ausnahmefall.
b) Der Senat ist nicht gehalten, wegen Abweichung von den genannten Entscheidungen des V. Senats gem盲脽 搂 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Gro脽en Senat des BFH anzurufen. Die Entscheidung V 91/63 U ist vor Inkrafttreten der Finanzgerichtsordnung ergangen und nicht nach 搂 64 AO ver枚ffentlicht worden (搂 184 Abs. 2 Nr. 5 FGO). In der Entscheidung V 149/64 (BFHE 95, 242) ist die im Urteil V 91/63 U vertretene Rechtsauffassung ohne Bezug auf das Ergebnis lediglich wiedergegeben. In der Entscheidung V 191/65 war die Rechtsauffassung, es bed眉rfe zur Verwirkung keiner Disposition, nicht entscheidungserheblich, da der BFH ausdr眉cklich davon ausgeht (BFHE 94, 174, BStBl II 1969, 122 rechte Spalte), da脽 der Steuerpflichtige disponiert, n盲mlich bei der Preisgestaltung die zugebilligte Steuerfreiheit ber眉cksichtigt habe. Im 眉brigen ist die Rechtslage hinsichtlich der Bedeutung von Treu und Glauben bei einer Wiederaufrollung des Steuerfalles nach 搂 222 AO, um die es im Urteil V 191/65 ging, wegen der damit verbundenen Durchbrechung der Bestandskraft eine andere als bei der erstmaligen Veranlagung, um die es im Streitfall geht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1966 V 181/63, BFHE 87, 469, BStBl III 1967, 212).
c) Bei Anwendung der dargelegten Grunds盲tze auf den Streitfall ergibt sich, da脽 die Vorentscheidung nicht best盲tigt werden kann.
aa) Zun盲chst ist allerdings nicht zu beanstanden, wenn das FG davon ausgegangen ist, da脽 die auch die Auffassung des FA-Vorstehers wiedergebenden mehrfachen 脛u脽erungen des Sachbearbeiters geeignet waren, eine Vertrauensgrundlage zu schaffen. Der zu beurteilende Sachverhalt war den zust盲ndigen Beamten des FA bei der Pr眉fung der Verj盲hrungsfrage in vollem Umfang bekannt. Da脽 das FA sich nicht schriftlich ge盲u脽ert hat, ist bei den Umst盲nden des Falles nicht von Bedeutung. Die Kl盲ger konnten das FA zu einer schriftlichen 脛u脽erung nicht zwingen. Das FA hat jedenfalls in keiner Phase bis zum Erla脽 der streitigen Bescheide Zweifel hinsichtlich der dem Bevollm盲chtigten der Kl盲ger mitgeteilten Beurteilung der Rechtslage zu erkennen gegeben oder Anhaltspunkte daf眉r geboten, da脽 man sich noch im Stadium des 脺berlegens befinde. Da脽 der Bevollm盲chtigte gleichwohl sich mehrfach die Auffassung des FA durch den Sachbearbeiter hat best盲tigen lassen, ist in Anbetracht eines in Frage kommenden Steueranspruchs von 眉ber 1 Mio. DM nicht verwunderlich und kann den Kl盲gern nicht zum Nachteil gereichen.
bb) Das FG konnte auch davon ausgehen, da脽 die Kl盲ger aufgrund des Verhaltens des FA darauf vertrauen durften, die streitigen Veranlagungen w眉rden wegen Verj盲hrung nicht mehr durchgef眉hrt. Die Steuererkl盲rungen waren seit 1966 abgegeben, seit ca. 1 1/2 Jahren hatte das FA kundgetan, da脽 es Verj盲hrung annehme, und es hatte bereits die Veranlagungen f眉r die folgenden vier Jahre durchgef眉hrt und dem Einspruch gegen den Verm枚gensteuerbescheid zum 1. Januar 1963 wegen Verj盲hrung stattgegeben. Ob die Kl盲ger selbst, etwa aufgrund ihrer Vorbildung oder der Inanspruchnahme fachm盲nnischer Beratung, Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des FA haben konnten, kann angesichts der zweifelsfreien 脛u脽erung dieser Auffassung nicht von Bedeutung sein. Das FA kann mit der Revision nicht unterstellen, die Kl盲ger h盲tten wegen ihrer eigenen Zweifel eine konkrete Auseinandersetzung mit dem FA vermieden. Da, wie bereits in anderem Zusammenhang betont, der Eintritt der Verj盲hrung den Erla脽 eines Steuerbescheides 眉berhaupt ausschlie脽t, konnten die Kl盲ger das FA nicht zum Erla脽 eines Freistellungsbescheides zwingen. F眉r die Kl盲ger w盲re es zwar besser gewesen, sie h盲tten die ihnen mitgeteilte Auffassung des FA schriftlich best盲tigt. Da脽 sie dies unterlassen haben, kann f眉r sie aber nicht nachteilig verwertet werden; denn nach der Beweisaufnahme vor dem FG h盲tte eine solche Best盲tigung beim FA keinen Widerspruch ausgel枚st.
cc) Die Vorentscheidung mu脽 jedoch aufgehoben werden, weil das FG zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen der Verwirkung keine Feststellungen getroffen hat. Das FG mu脽 nunmehr ermitteln, ob die Kl盲ger sich in ihren Vorkehrungen und Ma脽nahmen im Vertrauen auf die eingetretene Verj盲hrung so eingerichtet haben, da脽 es f眉r sie unzumutbar war, 1 1/2 Jahre nach Schaffung des Vertrauenstatbestandes nun doch mit der Steuerforderung konfrontiert zu werden. Ein Fall der Verwirkung infolge reinen Zeitablaufs liegt hier jedenfalls nicht vor. Unter Ber眉cksichtigung der unter Ziff. 3 a dargelegten Grunds盲tze dieser Entscheidung hat das FG zu pr眉fen, ob den Kl盲gern durch die an sich dem Gesetz entsprechende Inanspruchnahme erhebliche Nachteile entstehen w眉rden, die sie nicht erlitten h盲tten, wenn das FA von vornherein die richtige Rechtsauffassung vertreten, also die Steuerforderung bereits im M盲rz 1971 statt im Oktober 1972 geltend gemacht h盲tte. Die um 1 1/2 Jahre versp盲tete Inanspruchnahme mu脽, wenn Verwirkung angenommen werden soll, unter Ber眉cksichtigung von Billigkeit und Gerechtigkeit mit den Grunds盲tzen von Treu und Glauben nicht mehr vereinbar sein.
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Fundstellen
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BStBl II 1979, 121 |
BFHE 1979, 130 |