听
Leitsatz (amtlich)
Der Wortlaut des 搂 146a Abs. 3 AO und der Sinnzusammenhang, in dem er steht, lassen f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern nicht die Auslegung zu, da脽 die Hemmung des Ablaufs der Verj盲hrungsfrist auch durch einen anderen als einen der beiden in der Vorschrift genannten Gr眉nde beendet werden k枚nne.
听
Normenkette
AO 搂 146a Abs. 3
听
Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) f眉hrte in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis zum Mai 1966 Waren 眉ber die dem Beklagten und Revisionsbeklagten (HZA) unterstehenden Zoll盲mter (Z脛) F. und G. ein. Eine im Jahre 1966 bei ihr durchgef眉hrte Betriebspr眉fung ergab, da脽 sie zum Zollwert geh枚rende Betr盲ge nicht angemeldet hatte. Daraufhin forderte das ZA F. durch Bescheid vom 31. Oktober 1966 die sich aus der Betriebspr眉fung f眉r seine Abfertigungen ergebenden Abgabenbetr盲ge in H枚he von insgesamt 696,41 DM nach; der Bescheid wurde unanfechtbar.
Am 23. Juni 1970 erlie脽 auch das ZA G. in bezug auf seine Abfertigungen einen auf die Betriebspr眉fung gest眉tzten Nachforderungsbescheid 眉ber 1 610,43 DM. Der Einspruch der Kl盲gerin blieb erfolglos. Mit der Klage machte die Kl盲gerin geltend: Die Abgabenforderung sei verj盲hrt. Die Verj盲hrung sei zwar nach 搂 146a AO durch die Betriebspr眉fung gehemmt worden. Der Gesetzgeber habe es aber als selbstverst盲ndlich angesehen, da脽 die Verwaltung nach einer Betriebspr眉fung Nachforderungsbetr盲ge innerhalb angemessener Frist und nicht erst nach vier Jahren geltend mache. Die Hemmung der Verj盲hrung sei jedenfalls durch den Bescheid des ZA F. vom 31. Oktober 1966 beendet worden. Schlie脽lich sei der Nachforderungsanspruch auch verwirkt.
Das FG wies die Klage mit folgender Begr眉ndung ab: Nach 搂 146a Abs. 3 AO in der seit dem 1. Januar 1966 geltenden Fassung sei der Ablauf der Verj盲hrungsfrist durch den Beginn der Betriebspr眉fung am 23. Mai 1966 gehemmt worden. F眉r einen solchen Fall sehe das Gesetz vor, da脽 die Verj盲hrung nicht eintrete, bevor die auf Grund der Betriebspr眉fung ergangenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden seien oder dem Steuerpflichtigen die Mitteilung zugegangen sei, da脽 eine Festsetzung unterbleibe. Keiner dieser beiden Gr眉nde f眉r die Beendigung der Ablaufhemmung sei bisher eingetreten.
Der Nachforderungsbescheid des ZA F. habe zum Ausdruck gebracht, da脽 er nur dessen eigene Abfertigungsbescheide betreffe. Die Unanfechtbarkeit dieses Nachforderungsbescheides k枚nne daher die Hemmung der Verj盲hrung nur f眉r die in ihm erfa脽ten Forderungen beenden, nicht auch f眉r die Forderungen aus den Abfertigungen des ZA G.
Die zeitliche Begrenzung der Ablaufhemmung sei in 搂 146a AO abschlie脽end geregelt. Die Auffassung der Kl盲gerin, die Ablaufhemmung m眉sse als beendet angesehen werden, wenn die Verwaltung den auf der Betriebspr眉fung beruhenden Abgabenbetrag nicht innerhalb angemessener Frist nachgefordert habe, k枚nne auch aus dem Sinn der Vorschrift nicht hergeleitet werden. Die Vorschriften 眉ber die Hemmung der Verj盲hrung sollten die Verwaltung nach einer Betriebspr眉fung von der Bindung an die starren Verj盲hrungsfristen befreien, um ihr die M枚glichkeit zu sachgerechter intensiver Pr眉fung zu geben. Mit diesem Ziel sei es unvereinbar, eine bestimmte Frist f眉r die Dauer der Verj盲hrungshemmung festzusetzen. Sicher sei es nicht im Sinne der Bestimmungen 眉ber die Verj盲hrungshemmung, der Verwaltung eine willk眉rliche Verz枚gerung zu erm枚glichen. Der ohnehin als gering einzusch盲tzenden Gefahr von Mi脽br盲uchen k枚nne der Steuerpflichtige aber dadurch entgegentreten, da脽 er sich an die Dienstaufsichtsbeh枚rde wende (Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., 搂 146a AO, Rdnr. 4). Es sei jedenfalls nicht m枚glich und mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, die Hemmung der Verj盲hrung auf die Zeit zu beschr盲nken, die die Verwaltung zu einer sachgerechten Aufkl盲rung ben枚tige.
Das Recht des ZA, die Abgaben entsprechend den Feststellungen der Betriebspr眉fung nachzufordern, sei auch nicht durch Verwirkung ausgeschlossen gewesen. Die Kl盲gerin habe die Feststellungen der Betriebspr眉fung gekannt und habe erkennen k枚nnen, da脽 der Nachforderungsbescheid des ZA F. nur die 眉ber dieses Amt vorgenommenen Einfuhren zum Gegenstand gehabt habe. Sie habe daher mit den vom ZA G. geltend gemachten Nachforderungen rechnen m眉ssen.
Mit der Revision macht die Kl盲gerin geltend:
Mit der Vorschrift des 搂 144 AO, da脽 die Verj盲hrungsfrist f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern ein Jahr betrage, habe der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, da脽 er die Anforderung dieser Abgaben besonders schnell abgewickelt wissen wolle. Dem stehe nicht entgegen, da脽 durch eine Betriebspr眉fung f眉r die durch sie betroffenen Anspr眉che die einj盲hrige Verj盲hrungsfrist erst wieder zu laufen beginne, wenn die sich aus der Betriebspr眉fung ergebenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden seien. Der Gesetzgeber habe in dem Bestreben nach einer schnellen und alsbaldigen Abwicklung von Zoll- und Verbrauchsteueranspr眉chen als selbstverst盲ndlich angenommen, da脽 nach Abschlu脽 der Betriebspr眉fung die Finanzbeh枚rden unverz眉glich t盲tig w眉rden und die entsprechenden Steuerbescheide erlie脽en. Da sich die Pflicht der Finanzbeh枚rden zu einer solchen unverz眉glichen T盲tigkeit schon aus der Bindung der Beh枚rden an Gesetz und Recht ergebe, habe es der Gesetzgeber unterlassen, sie ausdr眉cklich gesetzlich zu normieren. Es k枚nne also nicht zul盲ssig sein, da脽 sich eine Finanzbeh枚rde mit der Anforderung der Abgaben nach einer Betriebspr眉fung jahrelang Zeit lasse.
Es seien hier nicht nur die Kriterien des Zeitablaufs gegeben, auf Grund dessen eine derart versp盲tete Geltendmachung von Anspr眉chen Treu und Glauben widerspreche, sondern auch das Verhalten der Finanzbeh枚rde, aus dem die Kl盲gerin habe schlie脽en d眉rfen, da脽 der Steueranspruch nicht mehr geltend gemacht werde. Das ZA F. habe in seinem Nachforderungsbescheid abschlie脽end erkl盲rt, die Abgaben w眉rden in einer Summe nachgefordert. Hieraus habe die Kl盲gerin schlie脽en m眉ssen und d眉rfen, da脽 es sich um den abschlie脽enden Ausgleich der Steuerschuld handele. Sie habe sich hierauf auch eingerichtet, indem sie f眉r die mit dem angefochtenen Steuerbescheid des ZA G. nachgeforderten Betr盲ge in ihrer Jahresbilanz keine R眉ckstellungen gebildet und den Bilanzgewinn ausgesch眉ttet habe. Es handele sich hier zwar nicht um eine existenzgef盲hrdende Nachforderung. Die Sache habe aber grunds盲tzliche Bedeutung, weil bei einer Nachforderung gr枚脽erer Betr盲ge unter den hier vorliegenden Umst盲nden ein kleines Unternehmen in seiner Existenz gef盲hrdet w眉rde.
Die Kl盲gerin hat beantragt, das FG-Urteil und den Steuerbescheid vom 23. Juni 1970 samt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 1970 aufzuheben.
Das HZA hat beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen. Es tr盲gt vor, der angefochtene Nachforderungsbescheid sei deshalb so sp盲t erlassen worden, weil durch das Versehen einer anderen Zolldienststelle das f眉r die Nachforderung zust盲ndige ZA G. den Betriebspr眉fungsbericht versp盲tet erhalten habe.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision ist zul盲ssig, aber nicht begr眉ndet.
Die Vorschrift des 搂 144 Abs. 1 AO, da脽 die Verj盲hrungsfrist bei Z枚llen und Verbrauchsteuern nur ein Jahr, bei den 眉brigen Steuern dagegen f眉nf Jahre betr盲gt, erkl盲rt sich aus der Bestimmung der Z枚lle und Verbrauchsteuern, auf die Verbraucher der damit belasteten Waren abgew盲lzt zu werden. Aus ihr ergibt sich f眉r die mit der Verwaltung der Z枚lle und Verbrauchsteuern betrauten Beh枚rden die Aufgabe, Forderungen auf solche Abgaben dem Steuerpflichtigen gegen眉ber unverz眉glich geltend zu machen. Die Vorschriften des 搂 146a AO 眉ber die Hemmung des Ablaufs der Verj盲hrungsfrist enthalten allerdings f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern keine entsprechende strengere Regelung im Verh盲ltnis zu den 眉brigen Steuerarten. Wird also in bezug auf Z枚lle oder Verbrauchsteuern vor Ablauf der Verj盲hrungsfrist mit einer Betriebspr眉fung begonnen, so verj盲hren auch hier die Anspr眉che, auf die sich die Betriebspr眉fung erstreckt, nicht, bevor die auf Grund der Betriebspr眉fung ergangenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder dem Steuerpflichtigen die Mitteilung zugegangen ist, da脽 eine Festsetzung unterbleibt. An diese klare Regelung des 搂 146a AO ist der Senat gebunden. Der Wortlaut des 搂 146a Abs. 3 AO und der Sinnzusammenhang, in dem er steht, lassen f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern nicht die Auslegung zu, da脽 die Ablaufhemmung auch durch einen anderen als einen der beiden in der Vorschrift genannten Gr眉nde beendet werden k枚nne. Darin kann nicht etwa ein unsinniges Ergebnis gesehen werden, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben k枚nnte. Es lag n盲mlich im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die Ablaufhemmung im Falle der Betriebspr眉fung f眉r alle Steuerarten einheitlich zu regeln und nur die im Gesetz erw盲hnten beiden Beendigungsgr眉nde vorzusehen. Das Bed眉rfnis des Steuerpflichtigen nach m枚glichst baldiger Kl盲rung der Frage, ob und in welcher H枚he er mit einer Nachforderung zu rechnen hat, kann zwar bei Z枚llen und Verbrauchsteuern mit R眉cksicht auf deren Bestimmung, auf den Verbraucher der mit ihnen belasteten Waren abgew盲lzt zu werden, besonders gro脽 sein. Es wird aber durch die Regelung des 搂 146a AO nicht beeintr盲chtigt, da es dem Steuerpflichtigen unbenommen ist, die Beh枚rde zu einer alsbaldigen 脛u脽erung 眉ber diese Frage zu veranlassen. Der Gesetzgeber mag wohl bei der Regelung des 搂 146a Abs. 3 AO es als selbstverst盲ndlich angesehen haben, da脽 nach Abschlu脽 der Betriebspr眉fung die Finanzbeh枚rde unverz眉glich t盲tig wird und die entsprechenden Steuerbescheide erl盲脽t. Er hat indessen durch das Gesetz nicht zum Ausdruck gebracht, da脽 nach einer bestimmten Unt盲tigkeitszeit der Beh枚rde die Ablaufhemmung ende. Eine solche Regelung l盲脽t sich auch nicht aus der auf Art. 20 Abs. 3 GG beruhenden Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht herleiten.
Dem FG ist ferner darin beizutreten, da脽 die Hemmung des Ablaufs der Verj盲hrung der vom ZA G. geltend gemachten Forderungen nicht dadurch endete, da脽 der vom ZA F. im Jahre 1966 erlassene Bescheid unanfechtbar wurde. In diesem Bescheid hat das ZA nur auf seine eigenen Steuerbescheide Bezug genommen. Seine Erkl盲rung, die Abgaben w眉rden in einer Summe nachgefordert, gab der Kl盲gerin keinen vern眉nftigen Anla脽 zu der Auffassung, da脽 der Bescheid auch die 眉ber ein anderes ZA vorgenommenen Einfuhren zum Gegenstand habe, zumal die Kl盲gerin anhand des in ihrem Besitz befindlichen Betriebspr眉fungsberichts die Tragweite dieses Nachforderungsbescheides auch nachpr眉fen konnte.
Das FG hat auch zutreffend darauf hingewiesen, da脽 das Recht des ZA G., die Abgaben entsprechend dem Ergebnis der Betriebspr眉fung nachzufordern, nicht durch Verwirkung erloschen war. Der Umstand, da脽 seit der Betriebspr眉fung schon etwa vier Jahre verstrichen waren, konnte allein eine Verwirkung nicht herbeif眉hren (vgl. Urteile des BFH vom 9. Dezember 1960 IV 220/59 U, BFHE 72, 288, BStBl III 1961, 108, und vom 5. M盲rz 1970 IV 213/65, BFHE 100, 1, BStBl II 1970, 793).
Soweit die Kl盲gerin nunmehr geltend macht, sie habe f眉r die nachgeforderten Betr盲ge in ihrer Jahresbilanz keine R眉ckstellungen gebildet und den Bilanzgewinn ausgesch眉ttet, tr盲gt sie neue Tatsachen vor, mit denen sie im Revisionsverfahren nicht mehr geh枚rt werden kann (vgl. 搂 118 Abs. 2 der FGO). Im 眉brigen sind diese Tatsachen nicht geeignet, die versp盲tete Nachforderung der auf die Einfuhren 眉ber das ZA G. entfallenden Abgaben als Versto脽 gegen Treu und Glauben erscheinen zu lassen, da sich die Kl盲gerin angesichts ihrer Kenntnis von den Feststellungen der Betriebspr眉fung vor einer solchen Ma脽nahme durch R眉ckfrage bei dem ZA G. h盲tte Gewi脽heit verschaffen m眉ssen, da脽 mit einer Nachforderung nicht mehr zu rechnen sei. Auch die Erkl盲rung des HZA, weshalb der Nachforderungsbescheid so sp盲t erlassen worden ist, kann hier nicht ber眉cksichtigt werden. Sie gibt aber m枚glicherweise Anla脽 zu der nach 搂 131 AO zun盲chst von der Verwaltung zu pr眉fenden Frage, ob und in welchem Umfang der Abgabenbetrag aus Billigkeitsgr眉nden erlassen werden kann.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 70818 |
BStBl II 1974, 308 |