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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Aktivierungspflicht und Teilwertabschreibung eines Schadensersatzanspruchs
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Leitsatz (NV)
Bestrittene Schadensersatzforderungen k枚nnen erst am Schlu脽 des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem sie vom Schuldner anerkannt worden sind bzw. in dem 眉ber sie rechtskr盲ftig entschieden wurde. Einer bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, zu deren Berechtigung sich der Schuldner noch nicht ge盲u脽ert hat.
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Normenkette
EStG 搂 5 Abs. 1
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Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) ist eine GmbH und Co. KG i.L., deren einzige Kommanditistin und Gesch盲ftsf眉hrerin der Komplement盲r-GmbH Frau X ist. Deren fr眉herer Ehemann (E) - zun盲chst selbst Gesellschafter der KG und weiterhin mit 1/20 am Stammkapital der GmbH beteiligt - war seit dem 1. Mai 1979 bei der Komplement盲r-GmbH als Angestellter t盲tig. Im Herbst 1980 wurde er wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung kurzfristig verhaftet, arbeitete aber ab 10. Dezember 1980 wieder bei der GmbH. Im Mai 1981 stellte sich heraus, da脽 er in Zusammenwirken mit Gesch盲ftspartnern fingierte Rechnungen an die KG hatte ausstellen lassen bzw. selbst ausgestellt und diese dadurch um 1114062,30 DM (1979) und 729488,87 DM (1980) gesch盲digt hatte. Die Gesch盲ftspartner haben ihre Mitwirkung in verschiedenen Vernehmungen im Laufe des Jahres 1981 gestanden. E ist seit dem 15. August 1981 fl眉chtig.
Art und Umfang der Veruntreuungen wurden X erst im Oktober 1981 bekannt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ermittelte f眉r 1979 einen Gewinn der Kl盲gerin in H枚he von 1,5 Mio DM. Die unterschlagenen bzw. veruntreuten Betr盲ge behandelte er dabei als Entnahmen. Das Finanzgericht (FG) ber眉cksichtigte diese Betr盲ge in dem sich anschlie脽enden Klageverfahren zwar als Betriebsausgaben, hielt andererseits aber die Aktivierung eines Schadensersatzanspruches gegen眉ber E f眉r geboten, so da脽 sich f眉r dieses Jahr keine Gewinnauswirkung ergab. Das Urteil wurde rechtskr盲ftig.
F眉r das Streitjahr 1980 sch盲tzte das FA ebenfalls einen Gewinn in H枚he von 1,5 Mio. DM. Auch bei dieser Sch盲tzung behandelte es die unterschlagenen bzw. veruntreuten Betr盲ge als Entnahmen. Den einheitlichen Gewerbesteuerme脽betrag f眉r 1980 setzte es auf 73228 DM fest. Die Einspr眉che blieben erfolglos.
Mit der Klage machte die Kl盲gerin u.a. die Uneinbringlichkeit der Schadensersatzforderung gegen眉ber E in H枚he von insgesamt 1843551,20 DM und einen Verlust f眉r 1980 in H枚he von 1288823 DM geltend.
Auf die Pr眉fung und Durchsetzung von Schadensersatzanspr眉chen gegen眉ber den an den Veruntreuungen beteiligten Personen habe sie verzichtet, weil diese vermutlich verm枚genslos seien, nur einen geringen Teil des Schadens zu ersetzen h盲tten und sie - die Kl盲gerin - sich unsichere und kostspielige Prozesse nicht leisten k枚nne.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Dabei ging das FG davon aus,
- da脽 der Schadensersatzanspruch gegen E rechtlich zweifelsfrei bereits in den Jahren 1979 bzw. 1980 entstanden und f盲llig geworden und deshalb unabh盲ngig von der Entdeckung der Veruntreuung zu aktivieren sei und
- da脽 weder die Verhaftung des E im Herbst 1980 noch dessen Flucht im August 1981 eine Abschreibung der Forderung wegen Uneinbringlichkeit rechtfertige. Insbesondere l盲gen insoweit keine wertaufhellenden Umst盲nde vor.
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin Verletzung materiellen Rechts (搂搂 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -, 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches - HGB -).
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Die Revision ist begr眉ndet.
Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (搂 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der Senat braucht die Frage, ob die Forderung der Kl盲gerin gegen E wegen Uneinbringlichkeit abzuschreiben ist, nicht zu entscheiden. Eine Forderung war weder zum 31. Dezember 1979 noch zum 31. Dezember 1980 zu aktivieren.
a) Bestrittene Forderungen aufgrund einer Vertragsverletzung, einer unerlaubten Handlung oder einer ungerechtfertigten Bereicherung k枚nnen erst am Schlu脽 des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem 眉ber den Anspruch rechtskr盲ftig entschieden wird bzw. in dem eine Einigung mit dem Schuldner zustande kommt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213). Welche dieser zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen im Streitfall in Betracht kommt, kann offenbleiben. Ihnen ist gemeinsam, da脽 es sich um sog. Zwangsaufwendungen handelt, die zu Betriebsausgaben f眉hren, wenn objektiv einwandfrei feststeht, da脽 das ausl枚sende Moment f眉r die Wertabgabe im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liegt (vgl. dazu - f眉r Diebstahl und Unterschlagung - BFH-Urteil vom 22. Oktober 1991 VIII R 64/86, BFH/NV 1992, 449, m.w.N.).
Einer bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, zu deren Berechtigung sich der Schuldner noch nicht ge盲u脽ert hat, mit deren Bestreiten aber gerechnet werden mu脽. Das ergibt sich aus der Verpflichtung zu einer vorsichtigen Bilanzierung (搂搂 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, 5 Abs. 1 EStG; vgl. auch BFH in BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213).
b) Nach diesen Grunds盲tzen durfte die - zivilrechtlich bereits in den Jahren 1979 und 1980 entstandene - Forderung nicht aktiviert werden.
aa) Es ist davon auszugehen, da脽 die Wertabgaben aus dem Betriebsverm枚gen der Kl盲gerin betrieblich veranla脽t waren.
Nach den Feststellungen des FG handelt es sich bei der eingetretenen Minderung bzw. bei der verhinderten Mehrung des Gesellschaftsverm枚gens um Folgen von Unterschlagungen bzw. Veruntreuungen des E im Zusammenhang mit der Gesch盲ftst盲tigkeit der Kl盲gerin. Das ist unstreitig und f眉hrt zu betrieblichem Aufwand, wenn - wie hier - der Sch盲diger im Zeitpunkt der Straftaten nicht mehr Gesellschafter ist (vgl. dazu u.a. - f眉r Arbeitnehmer - BFH-Urteil vom 10. M盲rz 1989 III R 190/85, BFH/NV 1990, 358).
Dagegen w眉rde es bereits am Tatbestand einer Unterschlagung bzw. Veruntreuung fehlen, wenn die Gesellschafter der Personengesellschaft mit dem Zugriff des E auf das Gesellschaftsverm枚gen einverstanden gewesen w盲ren. Dann l盲gen privat veranla脽te Entnahmen aller Gesellschafter durch mittelbare Zuwendung an einen Dritten vor (zu den Voraussetzungen einer zul盲ssigen Entnahme von Gesellschaftern einer Personengesellschaft vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 1987 VIII R 353/82, BFHE 151, 360, BStBl II 1988, 418, unter 3. b; Hellwig, Festschrift f眉r Georg D枚llerer, Handelsrecht und Steuerrecht, S. 205, 210ff., m.w.N.). F眉r eine solche Zuwendung fehlt nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt jeder Anhaltspunkt. Soweit das FA insoweit - im Rahmen einer Gegenr眉ge - mangelnde Aufkl盲rung durch das FG r眉gen wollte, ist diese R眉ge nicht schl眉ssig erhoben (vgl. zu den Voraussetzungen u.a. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 126/85, BFHE 158, 404, BStBl II 1990, 155, unter 5., und Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819).
bb) Das Urteil des FG enth盲lt auch keine Hinweise darauf, da脽 die Kl盲gerin es mit R眉cksicht auf die famili盲ren Beziehungen der X zu E unterlassen hat, ihre Anspr眉che gegen眉ber E geltend zu machen.
Das FG hatte keinen Anla脽, die insoweit vom FA vorgetragenen Vermutungen auf ihre Richtigkeit hin zu 眉berpr眉fen. Eine in einem Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung liegende Entnahme der X kann mit steuerrechtlicher Wirkung fr眉hestens dann angenommen werden, wenn die Voraussetzungen f眉r die Aktivierung eines Anspruchs erf眉llt sind oder die Kl盲gerin eindeutig zu erkennen gegeben h盲tte, da脽 sie den Anspruch mit R眉cksicht auf die privaten Verh盲ltnisse ihrer Gesellschafterin nicht geltend machen will. An beiden Voraussetzungen fehlt es hier. Der Anspruch durfte noch nicht aktiviert werden, weil ohne 脛u脽erung des E zu Grund und H枚he des Anspruchs nicht angenommen werden kann, da脽 er einer Inanspruchnahme durch die Kl盲gerin nicht widersprechen werde (vgl. dazu auch BFH in BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213). Aus der unterlassenen Inanspruchnahme des E kann nicht ohne weiteres auf den fehlenden Willen der Kl盲gerin geschlossen werden, ihren Anspruch bei hinreichender Erfolgsaussicht nicht noch geltend zu machen. Soweit das FA zus盲tzliche, f眉r einen solchen Willen sprechende Indizien vortr盲gt, handelt es sich um neuen tats盲chlichen Vortrag, der im Revisionsverfahren nicht ber眉cksichtigt werden kann und der zudem nicht zum Nachweis daf眉r geeignet ist, da脽 der Verzicht auf die Geltendmachung der Forderung gegen眉ber E bereits am Bilanzstichtag vorlag.
Der vom FG festgestellte Sachverhalt bietet auch keinerlei Anhaltspunkte f眉r m枚gliche - und unbestrittene - Ersatzanspr眉che gegen mithaftende Personen.
2. Die Forderung ist zum 31. Dezember 1980 in voller H枚he auszubuchen.
Dem steht nicht entgegen, da脽 sie teilweise bereits in der Bilanz zum 31. Dezember 1979 ausgewiesen und diese Grundlage des bestandskr盲ftigen Gewinnfeststellungsbescheides 1979 geworden ist. Ist eine Berichtigung des fehlerhaften Bilanzansatzes aus verfahrensrechtlichen Gr眉nden nicht mehr zul盲ssig, ist die Korrektur grunds盲tzlich in der Schlu脽bilanz des Folgejahres vorzunehmen, in dem sie noch mit steuerrechtlicher Wirkung m枚glich ist. Das folgt aus dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7. Juni 1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886; vom 8. Dezember 1988 IV R 33/87, BFHE 155, 532, BStBl II 1989, 407; in BFH/NV 1990, 358; vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84, BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594).
Die Bilanzberichtigung ist grunds盲tzlich erfolgswirksam durchzuf眉hren (BFH in BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886, und vom 16. Mai 1990 X R 72/87, BFHE 161, 451, BStBl II 1990, 1044, jeweils m.w.N.). Ist deshalb in einer bestandskr盲ftigen Bilanz zu Unrecht eine Forderung angesetzt worden, so ist sie in der ersten noch offenen Bilanz gewinnmindernd auszubuchen (vgl. - zur Ausbuchung eines zu Unrecht weiterbilanzierten Wirtschaftsguts - BFH-Urteil vom 14. Dezember 1982 VIII R 53/81, BFHE 137, 339, BStBl II 1983, 303, und - f眉r die gewinnerh枚hende Ausbuchung einer Verbindlichkeit - BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 VIII R 29/82, BFHE 143, 71, BStBl II 1985, 308).
3. Die gewinnwirksame Ausbuchung der in der Bilanz der Kl盲gerin zum 31. Dezember 1979 und zum 31. Dezember 1980 erfa脽ten Teilforderungen f眉hrt zu demselben Ergebnis wie die von der Kl盲gerin vorgenommene Abschreibung der Forderung, deren Gesamtbetrag nicht streitig ist und deren Ausbuchung zu einem Verlust im Streitjahr in H枚he von (1417444,18 DM ./. 128621,12 DM =) 1288823 DM f眉hrt. Das entspricht dem Klageantrag.
Von diesem Verlust sind der Gesellschafterin X 1262442 DM und der GmbH (25776 DM + 605 DM =) 26381 DM zuzurechnen. Das ergibt sich aus dem der Vorentscheidung zugrunde liegenden Verteilungsschl眉ssel. Die Gewinnverteilung ist von der Kl盲gerin mit der Revision nicht angefochten worden. Das FA hat innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegr眉ndung keine Anschlu脽revision eingelegt (zur zu beachtenden Frist vgl. BFH-Zwischenurteil vom 8. April 1981 II R 4/78, BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534). Damit kann die Frage, ob der Gesellschafterin X der Verlustanteil entsprechend den zum negativen Kapitalkonto entwickelten Grunds盲tzen nicht mehr h盲tte zugerechnet werden d眉rfen, nicht gepr眉ft werden.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 64506 |
BFH/NV 1994, 366 |