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Leitsatz (amtlich)
1. Bestrittene Forderungen k枚nnen erst am Schlu脽 des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem 眉ber den Anspruch rechtskr盲ftig entschieden wird bzw. in dem eine Einigung mit dem Schuldner zustande kommt.
2. Bei Forderungen aufgrund einer Vertragsverletzung, einer unerlaubten Handlung oder einer ungerechtfertigten Bereicherung erscheint es unter Umst盲nden geboten, zun盲chst nicht bestrittene Forderungen erst anzusetzen, wenn sie anerkannt sind bzw. 眉ber sie rechtskr盲ftig entschieden ist.
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Orientierungssatz
Ausf眉hrungen zum Grundsatz der Vorsicht (搂 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB), zur Abgrenzung zum Forderungsansatz (bilanzierungsf盲higes Wirtschaftsgut) bei gegenseitigen Vertr盲gen und zur Anwendung der Werterhellungstheorie (vgl. BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
EStG 搂 5 Abs. 1; HGB 搂 252 Abs. 1 Nr. 4
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Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 26.06.1984; Aktenzeichen 2 K 143/82) |
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Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) ist eine AG. In einem Rechtsstreit, der in der Schweiz gef眉hrt wurde, erstritt sie eine Entscheidung, mit der ihr eine Forderung zuz眉glich Zinsen gegen die Bank C in der Schweiz zugesprochen wurde. Die Forderung war vorher wertberichtigt, der Zinsanspruch bei der Gewinnermittlung nicht erfa脽t worden. Die Gewinnauswirkungen durch Aufl枚sung der Wertberichtigung und Ansatz des Zinsanspruchs sind nach Auffassung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) bei der K枚rperschaftsteuerveranlagung f眉r 1980 zu ber眉cksichtigen. Dagegen wendet sich die Kl盲gerin.
Der Rechtsstreit der Kl盲gerin gegen die C wurde in erster Instanz vor dem Handelsgericht in Z眉rich gef眉hrt, das am ... 1979 durch Urteil antragsgem盲脽 entschied, die C sei verpflichtet, der Kl盲gerin 22 500 000 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 21.Dezember 1973 zu zahlen. Dazu f眉hrte das Handelsgericht u.a. aus:
Die C habe --angeblich im Auftrag von Kunden-- ab Fr眉hjahr 1973 Aktien der Kl盲gerin aufgekauft und sich in den Besitz von nominell 5 880 000 DM der Aktien gebracht. Die restlichen Aktien an dem Aktienkapital von insgesamt 6 000 000 DM habe die Kl盲gerin selbst besessen. Am 18.Dezember 1973 habe die D ein Angebot der C vom 17.Dezember 1973 zum Kauf der in deren Besitz befindlichen Aktien angenommen, und zwar zum Preis von 22 500 000 DM, nachdem die C der D zugesichert gehabt habe, da脽 sie einen Zahlungsauftrag der Kl盲gerin zugunsten der D 眉ber 22 500 000 DM ausf眉hren und zwecks Regelung des Kaufpreises nur auf dieses Guthaben zur眉ckgreifen w眉rde. Die Kl盲gerin habe vorher ein Konto bei der C er枚ffnet gehabt. Auf diesem Konto seien bis 19.Dezember 1973 22 630 000 DM gutgeschrieben gewesen. Es sei davon auszugehen, da脽 das Guthaben der Kl盲gerin bei der C aus dem Verkauf des Anlageverm枚gens der Kl盲gerin stamme. Am 19.Dezember 1973 habe N, der am 18.Dezember 1973 nach der Annahme des Kaufangebots von einem neu gew盲hlten Aufsichtsrat zum alleinigen Vorstand der Kl盲gerin bestellt worden sei, die C ersucht, 22 500 000 DM zu Lasten des Kontos der Kl盲gerin zur Verf眉gung der D zu stellen. Die C habe diesen Auftrag am 20.Dezember 1973 ausgef眉hrt und den Kaufpreisanspruch mit dem Guthaben der D verrechnet.
Nach Darstellung der C habe die D die Aktien f眉r Rechnung von N gekauft, der jedoch eine Firma T, die er f眉r 500 Dollar gekauft habe, als Erwerberin eingeschaltet habe; deren Bevollm盲chtigten seien die Aktien ausgeh盲ndigt worden. Die D habe den Betrag von 22 500 000 DM, der zun盲chst als Guthaben der Kl盲gerin bei ihr (der D) behandelt worden sei, aufgrund einer von N gegengezeichneten Lastschrift mit einem N bzw. der T f眉r den Kauf der Aktien gew盲hrten Kredit verrechnet. Im Anschlu脽 an einen Rechtsstreit zwischen der Kl盲gerin und N seien der Kl盲gerin im Zwangsvollstreckungsverfahren die Aktien der T zu Eigentum 眉berwiesen worden.
Es sei davon auszugehen, da脽 sich die Kunden, in deren Auftrag die C t盲tig gewesen sei, durch den Verkauf der Aktien und die Begleichung des Kaufpreises aus dem Guthaben das Verm枚gen der Kl盲gerin angeeignet h盲tten, ohne die Kl盲gerin liquidieren zu m眉ssen. Die Mitwirkung der C an dieser Aush枚hlung der Kl盲gerin versto脽e gegen die guten Sitten. Der Kaufvertrag mit der D und die sich auf diesen Vertrag st眉tzenden nachfolgenden Handlungen seien deshalb unwirksam. Damit fehle auch der Belastung des Kontos der Kl盲gerin bei der C mit 22 500 000 DM die Rechtsgrundlage.
Die Rechtsmittel gegen dieses Urteil des Handelsgerichts in Z眉rich hatten keinen Erfolg.
Das Kassationsgericht des Kantons Z眉rich wies die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am ... 1979 ab.
Mit Urteil vom November 1979 wies auch das Schweizerische Bundesgericht die Berufung ab und best盲tigte das Urteil des Handelsgerichts.
In der Steuerbilanz der Kl盲gerin auf den 30.Juni 1974 war u.a. eine Wertberichtigung von 11 300 000 DM zu der Forderung gegen die C gebildet worden. Das FA hatte f眉r 1974 bis 1976 Steuerbescheide unter Vorbehalt der Nachpr眉fung erlassen und dabei f眉r 1974 auch die Wertberichtigung ber眉cksichtigt.
Im Jahre 1981 f眉hrte das FA K eine Au脽enpr眉fung f眉r die Jahre 1974 bis 1980 bei der Kl盲gerin durch. W盲hrend der Pr眉fung legte die Kl盲gerin ihren Jahresabschlu脽 zum 30.Juni 1980 und den Abschlu脽 f眉r das wegen Umstellung der Bilanzierung gebildete Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.Juli bis 31.Dezember 1980 sowie die K枚rperschaftsteuererkl盲rung f眉r 1980 vor.
Der Pr眉fer kam zu dem Ergebnis, da脽 das zu versteuernde Einkommen der Kl盲gerin in den Jahren 1974 bis 1979 Null DM und im Jahre 1980 5 032 245 DM betragen habe. Dabei hat er f眉r 1980 Verlustvortr盲ge aus den Jahren 1976 bis 1979 ber眉cksichtigt. F眉r 1974 und 1975 waren positive Einkommen durch Verlustvortr盲ge aus den Vorjahren ausgeglichen worden. Bei einem restlichen Verlustvortrag von 4 456 193 DM aus dem Jahre 1973 entfiel durch den Zeitablauf die M枚glichkeit zum Ausgleich mit einem positiven Einkommen.
Auf den vom Pr眉fer zugrunde gelegten Gewinn f眉r das Jahr 1980 wirkte sich insbesondere erh枚hend aus, da脽 nach seiner Auffassung in diesem Jahr die Wertberichtigung von 11 300 000 DM aufzul枚sen und der Wertansatz der Forderung von 22 600 000 DM auf 29 171 875 DM aufzustocken war. Die Kl盲gerin hatte die entsprechenden Ans盲tze im Jahre 1979 ber眉cksichtigt.
Gegen den K枚rperschaftsteuerbescheid f眉r 1980, die Feststellungsbescheide gem盲脽 搂 47 des K枚rperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) zum 30.Juni 1978, 30.Juni 1979 und 31.Dezember 1980 sowie den Gewerbesteuerme脽bescheid f眉r 1980, die das FA gem盲脽 dem Pr眉fungsergebnis erlie脽, erhob die Kl盲gerin nach erfolglosem Einspruch Klage. Sie machte dabei geltend, da脽 die Gewinnauswirkung schon 1978 zu ber眉cksichtigen sei, weil bereits zum 30.Juni 1978 die volle Forderung gegen die C anzusetzen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 82 ver枚ffentlichten Urteil als unbegr眉ndet ab.
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin die Verletzung des 搂 6 Abs.1 Nr.2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Sie beantragt, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidungen des FA aufzuheben, die K枚rperschaftsteuer 1980 auf 322 586 DM und den einheitlichen Gewerbesteuerme脽betrag 1980 auf 20 904 DM festzusetzen sowie die Bescheide zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem盲脽 搂 47 KStG 1977 zum 30.Juni 1978, 30.Juni 1979 und 31.Dezember 1980 dementsprechend zu 盲ndern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist unbegr眉ndet. Sie war daher zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG ging zu Recht davon aus, da脽 das zu versteuernde Einkommen des Streitjahres sich um die Differenz erh枚ht, die zwischen dem Ansatz der Forderung gegen die C, wie er sich aufgrund des letztinstanzlichen Urteils gegen diese (29 171 875 DM) und dem Ansatz ergab, mit dem die Forderung unter Ber眉cksichtigung der Wertberichtigung in der Steuerbilanz der Kl盲gerin ausgewiesen war, bevor diese die Auswirkungen des g眉nstigen Proze脽ausgangs in der Steuerbilanz zum 30.Juni 1979 ber眉cksichtigte.
Diese Differenz erh枚ht den Gewinn des am 30.Juni 1980 endenden Wirtschaftsjahres, das der Veranlagung des Streitjahres 1980 zugrunde lag.
2. Die Forderung gegen die C in der H枚he, wie sie sich aus dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom November 1979 ergab, durfte erstmals zu dem auf den November 1979 folgenden Bilanzstichtag, n盲mlich am 30.Juni 1980, angesetzt werden. Bei der Forderung gegen die C handelt es sich um eine bestrittene Forderung. Bestrittene Forderungen k枚nnen erst am Schlu脽 des Wirtschaftsjahres angesetzt werden (搂 5 Abs.1 EStG), der dem Zeitpunkt nachfolgt, zu dem 眉ber den Anspruch rechtskr盲ftig entschieden wird bzw. zu dem eine Einigung mit dem Schuldner zustande komme. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch durch die Handlungen der C Ende 1973 entstanden sein sollte. Dies f眉hrt aber nicht zur Begr眉ndung der Aktivierungspflicht in der Bilanz. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Vorsicht, der jetzt in 搂 252 Abs.1 Nr.4 des Handelsgesetzbuches (HGB) gesetzlich geregelt ist, jedoch bereits vor der gesetzlichen Regelung galt (vgl. K眉ting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, 搂 252 HGB Rz.18). Nach diesem gem盲脽 搂 5 Abs.1 EStG auch f眉r die steuerliche Gewinnermittlung anzuwendenden Grundsatz ist der Bewertende gehalten, im Bewertungsproze脽 ggf. den Faktoren ein gr枚脽eres Gewicht beizulegen, die geeignet sind, den Wertansatz von Verm枚genspositionen zu erm盲脽igen bzw. von Schuldposten zu erh枚hen (vgl. Adler/D眉ring/Schmaltz, Rechnungslegung und Pr眉fung der Aktiengesellschaft, 搂 149 AktG Rz.82). Danach sind im vollen Umfange bestrittene Forderungen erst nach rechtskr盲ftiger Feststellung bzw. Anerkennung durch den Schuldner anzusetzen. Bei einer hier in Betracht kommenden Forderung aufgrund einer Vertragsverletzung, einer unerlaubten Handlung oder einer ungerechtfertigten Bereicherung ist normalerweise mit Widerstand des in Anspruch Genommenen zu rechnen, so da脽 es unter Umst盲nden sogar geboten erscheint, zun盲chst nicht bestrittene Forderungen erst anzusetzen, wenn sie anerkannt sind. Dies gilt um so mehr f眉r Forderungen, die vom Schuldner nach Grund und H枚he bestritten sind.
Dies steht nicht im Gegensatz zu den Grunds盲tzen, die f眉r den Ansatz von Forderungen aus gegenseitigen Vertr盲gen als Wirtschaftsgut gelten. Insoweit wird neben dem b眉rgerlich-rechtlichen Entstehen der Forderung (vgl. f眉r das deutsche Zivilrecht die 搂搂 194, 241, 305 des B眉rgerlichen Gesetzbuches --BGB--) verlangt, da脽 der zu der Sachleistung Verpflichtete den Vertrag wirtschaftlich erf眉llt hat (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.April 1987 I R 192/82, BFHE 150, 412, BStBl II 1987, 797). Wie bei anderen Forderungen gen眉gt damit auch bei Forderungen aus gegenseitigen Vertr盲gen nicht das Entstehen der Forderungen auf die Gegenleistung, sondern es mu脽 ein weiteres Moment hinzukommen, um nach dem Vorsichtsprinzip von einem die Gewinnrealisierung ausl枚senden Ansatz der Forderung ausgehen zu k枚nnen. Der Unterschied in den Voraussetzungen der Aktivierung als Wirtschaftsgut erkl盲rt sich nicht nur aus dem Umstand, da脽 ein entsprechendes Merkmal bei anderen Anspr眉chen nicht zur Verf眉gung steht, sondern auch aus dem Vorsichtsprinzip. Dieses gebietet es, im Falle anderer Anspr眉che nicht auf ein vom Gl盲ubiger zu verwirklichendes Merkmal abzustellen. Bei einem gegenseitigen Vertrag liegt der Forderung eine Einigung mit dem Schuldner zugrunde, die es normalerweise rechtfertigt, mit der wirtschaftlichen Erbringung der geschuldeten Leistung in der Forderung ein bilanzierungsf盲higes Wirtschaftsgut zu sehen.
Im Streitfall fehlt eine Einigung zwischen der Kl盲gerin und C, da脽 die C den im Auftrag der Kl盲gerin der D zur Verf眉gung gestellten Betrag an die Kl盲gerin zu zahlen hat.
Demgegen眉ber sind die Hinweise der Kl盲gerin auf das deutsche Zivilrecht nicht erheblich. Sie tr盲fen auch dann nicht zu, wenn die Schweizer Gerichte deutsches Recht angewandt h盲tten und davon ausgegangen w盲ren, da脽 der 脺berweisungsauftrag der Kl盲gerin nach 搂 138 BGB unwirksam ist. Dies g盲lte selbst f眉r den Fall, da脽 man zugunsten der Kl盲gerin unterstellt, dem 脺berweisungsauftrag habe ein g眉ltiges Deckungsverh盲ltnis in Form eines Bankvertrages zugrunde gelegen (vgl. im einzelnen zu den Folgen einer unwirksamen 脺berweisung Canaris in Staub (Gro脽kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4.Aufl., 10.Lieferung, Bankvertragsrecht 1.Teil, Rz.379 ff.) und sich daher den Anspruch gegen die C auf die Zahlung allein nach Vertragsrecht richtet. Entscheidend ist, da脽 die Kl盲gerin der C tats盲chlich den Auftrag durch ihre Organe erteilt hat und daher von Anfang an mit den Einwendungen der C zu rechnen war, die den Auftrag ausf眉hrte. Hinzu kommt, da脽 die C den Anspruch der Kl盲gerin tats盲chlich bestritt. Der Anspruch der Kl盲gerin war, solange er nicht durch ein rechtskr盲ftiges Urteil best盲tigt wurde, nicht so sicher wie der Anspruch des Steuerpflichtigen, der im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages die Sachleistung erbracht hat. Die Aktivierung seines Anspruchs ist gerechtfertigt, weil sich die Vertragsparteien dar眉ber einig sind, da脽 der Steuerpflichtige eine Gegenleistung erh盲lt; die Aktivierung des Anspruchs wird aus Gr眉nden der Vorsicht auf den Zeitpunkt verschoben, in dem der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nachkommt. Demgegen眉ber f盲llt nicht ins Gewicht, da脽 die C der Kl盲gerin auf deren Konto 22 630 000 DM gutschrieb. Einmal ist schon fraglich, ob eine insoweit bestehende Einigung herausgegriffen werden kann; denn die Gutschrift stand im Zusammenhang mit den Ma脽nahmen, die zur Aush枚hlung der Kl盲gerin getroffen worden waren; von einem Weiterbestehen des Guthabens gingen diejenigen, die an den gegen die Kl盲gerin gerichteten Ma脽nahmen beteiligt waren (einschlie脽lich der C), nicht aus. Zum anderen bestand gerade in dem Zeitpunkt, in dem das Ereignis stattfand, das der Kl盲gerin zur Verfolgung ihres Anspruchs Anla脽 gab, n盲mlich im Zeitpunkt der Abbuchung, keine Einigung dar眉ber, da脽 die Forderung der Kl盲gerin aus dem Bankvertrag gegen die C trotz der Abbuchung weiterbestand.
Die Forderung kann im Streitfall auch nicht deswegen bereits zu einem fr眉heren Bilanzstichtag angesetzt werden, weil die Kl盲gerin bereits vor diesem ein obsiegendes, jedoch nicht rechtskr盲ftiges Urteil erstritten hat. Nach dem Grundsatz der Vorsicht ist es im allgemeinen ausgeschlossen, eine bestrittene Forderung schon in dem Augenblick ganz oder teilweise zu aktivieren, in dem der Gl盲ubiger ein obsiegendes, aber nicht rechtskr盲ftiges Urteil erstritten hat. Solange das Urteil nicht rechtskr盲ftig ist, kann in der Regel die M枚glichkeit nicht verneint werden, da脽 in der n盲chsten Instanz ein ung眉nstiges Urteil ergeht (BFH-Urteil vom 27.Mai 1964 IV 352/62 U, BFHE 80, 8, BStBl III 1964, 478). Der Ansatz der Forderung bereits aufgrund eines obsiegenden nicht rechtskr盲ftigen Urteils mag unter Umst盲nden dann gerechtfertigt sein, wenn das Urteil nur in eingeschr盲nktem Umfang angefochten werden kann und die Voraussetzungen hierf眉r nach der ma脽gebenden Rechtsordnung offensichtlich nicht vorliegen. Die Kl盲gerin hat auf derartige Vorschriften des ma脽gebenden Schweizerischen Rechts nicht hingewiesen.
Die Wertaufhellungstheorie rechtfertigt es demgegen眉ber nicht, das Anerkenntnis der Forderung bzw. das rechtskr盲ftige Urteil bereits zu Bilanzstichtagen zu ber眉cksichtigen, die vor diesen Ereignissen liegen. Nach der Wertaufhellungstheorie sind sp盲tere bessere Erkenntnisse 眉ber die (Wert-)Verh盲ltnisse an Bilanzstichtagen unter Umst盲nden zu ber眉cksichtigen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 17.Mai 1978 I R 89/76, BFHE 125, 172, BStBl II 1978, 497). Zwar trifft der Grundgedanke der These auch auf das Vorhandensein von Wirtschaftsg眉tern zu (BFH-Urteil vom 11.Oktober 1973 VIII R 1/69, BFHE 110, 532, BStBl II 1974, 90). Jedoch werden durch ein rechtskr盲ftiges Urteil bzw. ein Anerkenntnis nach einem Bilanzstichtag keine besseren Erkenntnisse 眉ber das Bestehen eines bilanzierungsf盲higen Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag vermittelt. Durch das nach dem Bilanzstichtag ergangene rechtskr盲ftige Urteil bzw. das Anerkenntnis werden vielmehr erst die Voraussetzungen f眉r ein bilanzierungsf盲higes Wirtschaftsgut erf眉llt (vgl. auch das Urteil in BFHE 110, 532, BStBl II 1974, 90 zum Falle eines Vergleichsabschlusses). Dem steht nicht entgegen, da脽 das Urteil eines Zivilgerichts nach der heute 眉berwiegend in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Auffassung nur feststellt, was Rechtens ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, Zivilproze脽ordnung mit Nebengesetzen, 搂 322 Anm.3 b), nicht aber selbst Recht schafft. Dies schlie脽t nicht aus, ein Wirtschaftsgut im Falle eines Anspruches erst anzunehmen, wenn der Anspruch anerkannt bzw. rechtskr盲ftig zuerkannt wird. Mag auch das rechtskr盲ftige Urteil des Zivilgerichts die bereits zu einem vorangegangenen Bilanzstichtag bestehende Rechtslage lediglich best盲tigen, so ist es doch erst Grundlage f眉r die endg眉ltige Durchsetzbarkeit des Anspruchs.
Die Kl盲gerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, da脽 ihr ein Wahlrecht zustehe, die bestehende Forderung gegen die C bereits zu Bilanzstichtagen anzusetzen, die vor der Rechtskraft des von ihr erstrittenen Urteils liegen. Der Grundsatz der Vorsicht ist zwingend. Zwar steht dem Kaufmann bei der Bewertung ein gewisser Spielraum zu, da er die Verh盲ltnisse seines Unternehmens am besten kennt. Dies vermag jedoch nicht die f眉r alle Unternehmen in Auspr盲gung des Vorsichtsprinzips entwickelten Grunds盲tze 眉ber den Ansatz einer Forderung zu durchbrechen. Aus den Urteilen in BFHE 80, 8, BStBl III 1964, 478 und in BFHE 110, 532, BStBl II 1974, 90 kann kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen hergeleitet werden. Die auf ein Wahlrecht hindeutenden Formulierungen in den Urteilen ("im allgemeinen nicht gezwungen ...", "braucht ein Schadensersatzanspruch erst aktiviert zu werden") erkl盲ren sich aus den Besonderheiten der Sachverhalte, zu denen die Entscheidungen ergangen sind. In den Streitf盲llen wandten sich die Steuerpflichtigen jeweils gegen den Ansatz einer Schadensersatzforderung vor einem mit dem Schuldner geschlossenen Vergleich bzw. vor dem rechtskr盲ftigen Urteil eines Zivilgerichts.
Auch aus 搂 6 Abs.1 Nr.2 Satz 3 EStG ergibt sich kein Ansatzwahlrecht. Aus der Vorschrift kann nicht hergeleitet werden, da脽 ein Ansatz m枚glich ist, wenn die Voraussetzungen f眉r ein aktivierungsf盲higes Wirtschaftsgut nicht gegeben sind.
3. Der Senat mu脽 offenlassen, ob es richtig war, f眉r die Besteuerung von dem Ausweis der Forderung in der Anfangsbilanz des am 30.Juni 1980 endenden Wirtschaftsjahres in H枚he von 11 300 000 DM auszugehen. Die FG d眉rfen durch ihre Entscheidung die Rechtsposition des Kl盲gers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (vgl. Gr盲ber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 搂 96 Anm.5). Soweit die Forderung in der Anfangsbilanz des Wirtschaftsjahres 1979/1980 nicht ausgewiesen ist, erh枚ht sich das zu versteuernde Einkommen der Kl盲gerin im Streitjahr.
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Fundstellen
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BFH/NV 1989, 38 |
BStBl II 1991, 213 |
BFHE 157, 121 |
BFHE 1990, 121 |
BB 1989, 1729-1729 (LT1-2) |
DB 1989, 1949-1950 (LT) |
DStR 1989, 573 (KT) |
HFR 1989, 599 (LT) |