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Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung des Vorsteuerabzugs bei unzutreffender Angabe der Steuernummer
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Leitsatz (amtlich)
Enth盲lt die Rechnung entgegen 搂 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG nur eine Zahlen- und Buchstabenkombination, bei der es sich nicht um die dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer handelt, ist der Leistungsempf盲nger nach 搂 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG --vorbehaltlich einer Rechnungsberichtigung-- nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
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Normenkette
UStG 2005 搂搂听14-15; EWGRL 388/77 Art.听17-18
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) bezog Reinigungsleistungen von der Firma S. S erteilte 眉ber ihre Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis, obwohl sie nicht 眉ber eine Steuernummer verf眉gte. Als Steuernummer enthielten die Rechnungen die Angabe "75/180 Wv", eine Kennzeichnung, die das Finanzamt B unter der Angabe "SteuerNr./Aktenzeichen" im Schriftverkehr mit S zur Erteilung einer Steuernummer verwendet hatte. Die Rechnungen der S enthielten weiter den Zusatz "Finanzamt B".
Rz. 2
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --(FA--) erkannte den von der Kl盲gerin aus den Rechnungen der S geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht an und setzte die Umsatzsteuer f眉r das Streitjahr 2006 entsprechend h枚her fest. Das FA wies den Einspruch zur眉ck, weil die Rechnungen keine Steuernummer enthielten und auch nach Vertrauensschutzgrunds盲tzen der Vorsteuerabzug nicht zu gew盲hren sei.
Rz. 3
Demgegen眉ber gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Zwar setze der Vorsteuerabzug eine ordnungsgem盲脽e Rechnung voraus, wof眉r die Steuernummer des Leistenden anzugeben sei. Selbst wenn die Kennzeichnung "75/180 Wv" keine "Steuernummer" sei, stehe der Kl盲gerin im Hinblick auf den Grundsatz der Verh盲ltnism盲脽igkeit der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der S zu, da dies f眉r die Kl盲gerin nicht erkennbar gewesen sei und das Finanzamt B selbst diese Kennzeichnung im Schriftverkehr mit der Leistenden, S, verwendet habe. Die Kl盲gerin sei nicht verpflichtet gewesen, Ausk眉nfte bei der Finanzverwaltung einzuholen.
Rz. 4
Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2009, 798 ver枚ffentlicht.
Rz. 5
Mit seiner Revision r眉gt das FA Verletzung materiellen Rechts. Die Steuernummer sei zwingend in der Rechnung anzugeben. Das FG habe eine ihm nicht zustehende Billigkeitsentscheidung getroffen.
Rz. 6
Das FA beantragt,das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 7
Die Kl盲gerin beantragt,die Revision zur眉ckzuweisen.
Rz. 8
Bei der Zeichenfolge "75/180 Wv" handele es sich um eine Steuernummer, da sie geeignet und dazu bestimmt sei, den Steuerpflichtigen zu identifizieren. Das FA habe durch die Verwendung dieser Zeichenfolge einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Das FA k枚nne sich auf das Fehlen einer Steuernummer zumindest nicht berufen, da ein widerspr眉chliches Verhalten vorliege. Da das Finanzamt B dem leistenden Unternehmer keine andere Steuernummer erteilt habe, k枚nne sich die Finanzverwaltung gegen眉ber ihr, der Leistungsempf盲ngerin, nicht darauf berufen, dass es sich bei der Zeichenfolge nicht um eine Steuernummer handele. Es sei ihr, der Kl盲gerin, nicht zuzumuten, sich mit Detailfragen des Aufbaus von Steuernummern besch盲ftigen zu m眉ssen.
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Rz. 9
II. Die Revision des FA ist begr眉ndet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Rechnungen der S berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug, da sie nicht die Steuernummer des Leistenden enthalten.
Rz. 10
1. Nach 搂 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass der Unternehmer eine nach den 搂搂 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies erfordert, dass die dem Unternehmer erteilte Rechnung den Anforderungen des 搂 14 Abs. 4 UStG entspricht. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG muss der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug aus眉ben zu k枚nnen, eine nach Art. 22 Abs. 3 dieser Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzen. Nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. b dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG hat die Rechnung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu enthalten, unter der der Steuerpflichtige die Lieferung von Gegenst盲nden oder Dienstleistungen bewirkt hat. Nach Art. 22 Abs. 9 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG kann in der Rechnung statt der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auch eine Steuerregisternummer angegeben werden.
Rz. 11
2. Der Vorsteuerabzug setzt nach 搂 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG die Ordnungsm盲脽igkeit der Rechnung voraus und verlangt daher u.a., dass die Rechnung gem盲脽 搂 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG entweder eine dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer oder dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enth盲lt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. September 2009 II R 66/07, BFHE 227, 212, BStBl II 2010, 712, unter II.1.).
Rz. 12
3. Fehlen die f眉r den Vorsteuerabzug nach 搂 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht nach Satz 2 dieser Vorschrift f眉r den Leistungsempf盲nger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (Urteil des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union --EuGH-- vom 15. Juli 2010 C-368/09, Pannon G茅p, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 1475 RandNr. 43 sowie BFH-Urteile vom 27. Juli 2000 V R 55/99, BFHE 193, 156, BStBl II 2001, 426; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218; vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432; vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744; in BFHE 227, 212, BStBl II 2010, 712, unter II.1.). Etwas anderes gilt nur f眉r den --hier nicht vorliegenden Fall-- der lediglich betragsm盲脽ig unzutreffenden Rechnung (BFH-Urteil vom 19. November 2009 V R 41/08, BFHE 227, 521, BFH/NV 2010, 562, Leitsatz 1).
Rz. 13
4. Das Urteil des FG entspricht nicht den vorstehenden Grunds盲tzen und war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen.
Rz. 14
Steuernummer ist die dem Steuerpflichtigen zur verwaltungstechnischen Erfassung und der Durchf眉hrung des Besteuerungsverfahrens erteilte und mitgeteilte Nummer (vgl. 搂 8 der Buchungsordnung der Finanz盲mter, BStBl I 1993, 562). Bei der Rechnungsangabe "75/180 Wv" handelte es sich weder um eine der Firma S erteilte Steuernummer noch um eine diesem Unternehmer erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, sondern um ein aus einer Zahlen- und Buchstabenkombination bestehendes Aktenzeichen, welches das Finanzamt B im Schriftverkehr 眉ber die Erteilung einer Steuernummer gegen眉ber S verwendet hatte. Die Kl盲gerin war daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteil in BFHE 227, 212, BStBl II 2010, 712, unter II.1.).
Rz. 15
5. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Berichtigung einer fehlerhaften Rechnung R眉ckwirkung auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zukommt (EuGH-Urteil Pannon G茅p in DStR 2010, 1475 RandNr. 44 f.). Denn aufgrund der f眉r den Senat bindenden Feststellung des FG (搂 118 Abs. 2 FGO) ist davon auszugehen, dass zumindest bis zum Schluss der letzten m眉ndlichen Verhandlung vor dem FG keine nachtr盲gliche Berichtigung der fehlerhaften Rechnungsangabe erfolgt ist.
Rz. 16
6. Ohne Erfolg beruft sich die Kl盲gerin darauf, ihr sei der Vorsteuerabzug unter Ber眉cksichtigung der Grunds盲tze des Vertrauensschutzes zu gew盲hren. Hier眉ber ist nicht im Verfahren 眉ber die Rechtm盲脽igkeit des Steuerbescheides zu entscheiden.
Rz. 17
Liegen die Voraussetzungen f眉r den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vor, kommt unter Ber眉cksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (搂搂 163, 227 der Abgabenordnung --AO--) in Betracht. Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gew盲hren, ist allerdings die Entscheidung 眉ber die Billigkeitsma脽nahme nach 搂 163 Satz 3 AO regelm盲脽ig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden (BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744). Im vorliegenden Verfahren gegen die Steuerfestsetzung kann der Senat dar眉ber jedoch nicht entscheiden. Im 脺brigen ist die in den Rechnungen enthaltene Angabe "75/180 Wv" ungeeignet, einen Vertrauenstatbestand in die Erteilung einer dem leistenden Unternehmer erteilten Steuernummer zu begr眉nden, da diese Zeichenfolge --durch Vergleich mit der eigenen Steuernummer ohne weiteres erkennbar-- weder in ihrem Umfang noch nach ihrem Aufbau den in der Bundesrepublik Deutschland gebr盲uchlichen Steuernummern 盲hnelt.
Rz. 18
7. Die Kl盲gerin kann ihren Anspruch auf Vorsteuerabzug schlie脽lich auch nicht darauf st眉tzen, dass eine Versagung des Vorsteuerabzugs durch das FA zu einem widerspr眉chlichen Verhalten der Finanzverwaltung f眉hren w眉rde. Zwar ben枚tigte S zum Ausstellen von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen eine Steuernummer. F眉r die Auffassung der Kl盲gerin, die Nichterteilung einer Steuernummer f眉r den leistenden Unternehmer begr眉nde jedoch einen Anspruch auf Vorsteuerabzug des Leistungsempf盲ngers, fehlt ein rechtlicher Ankn眉pfungspunkt. Vielmehr kann und muss der leistende Unternehmer seinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer gegen眉ber dem FA ggf. gerichtlich durchsetzen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 227, 212, BStBl II 2010, 712, Leitsatz).
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Fundstellen
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BFH/NV 2011, 174 |
BFH/PR 2011, 62 |
BStBl II 2011, 235 |
BFHE 2011, 332 |
BFHE 231, 332 |
BB 2010, 2924 |
DB 2010, 2652 |
DStRE 2010, 1468 |
HFR 2011, 69 |
UR 2010, 946 |