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Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Organschaft
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Leitsatz (amtlich)
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG f眉r die Mitgliedstaaten vorgesehene Erm盲chtigung, in ihrem Gebiet ans盲ssige Personen, die zwar rechtlich unabh盲ngig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, in der Weise auszu眉ben,
a) dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger bei einer dieser Personen erfolgt, die Steuerpflichtige f眉r alle Ums盲tze dieser Personen ist oder in der Weise,
b) dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger zwingend --und damit auch unter Inkaufnahme erheblicher Steuerausf盲lle-- zu einer von den eng miteinander verbundenen Personen getrennten Mehrwertsteuergruppe f眉hren muss, bei der es sich um eine eigens f眉r Mehrwertsteuerzwecke zu schaffende fiktive Einrichtung handelt?
2. Falls zur ersten Frage die Antwort a) zutreffend ist: Folgt aus der EuGH-Rechtsprechung zu den unternehmensfremden Zwecken i.S. von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88), dass bei einem Steuerpflichtigen,
a) der zum einen eine wirtschaftliche T盲tigkeit aus眉bt und dabei entgeltliche Leistungen i.S. von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erbringt und
b) der zum anderen zugleich eine T盲tigkeit aus眉bt, die ihm im Rahmen der 枚ffentlichen Gewalt obliegt (Hoheitst盲tigkeit), f眉r die er nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtiger gilt,
die Erbringung einer unentgeltlichen Dienstleistung aus dem Bereich seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit f眉r den Bereich seiner Hoheitst盲tigkeit keine Besteuerung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG vorzunehmen ist?
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Normenkette
UStG 2005 搂听2 Abs. 2 Nr. 2, 搂听3 Abs. 9a Nr. 2; EWGRL 388/77 Art.听4 Abs. 4 Unterabs. 2, Art.听6 Abs. 2
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Verfahrensgang
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Nachgehend
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Tenor
I. Dem Gerichtshof der Europ盲ischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern f眉r die Mitgliedstaaten vorgesehene Erm盲chtigung, in ihrem Gebiet ans盲ssige Personen, die zwar rechtlich unabh盲ngig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, in der Weise auszu眉ben,
a) dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger bei einer dieser Personen erfolgt, die Steuerpflichtige f眉r alle Ums盲tze dieser Personen ist oder in der Weise,
b) dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger zwingend听听听und damit auch unter Inkaufnahme erheblicher Steuerausf盲lle听听听zu einer von den eng miteinander verbundenen Personen getrennten Mehrwertsteuergruppe f眉hren muss, bei der es sich um eine eigens f眉r Mehrwertsteuerzwecke zu schaffende fiktive Einrichtung handelt?
2. Falls zur ersten Frage die Antwort a) zutreffend ist: Folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union zu den unternehmensfremden Zwecken im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern (Urteil des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union VNLTO vom 12.02.2009 - C-515/07, EU:C:2009:88), dass bei einem Steuerpflichtigen,
a) der zum einen eine wirtschaftliche T盲tigkeit aus眉bt und dabei entgeltliche Leistungen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern erbringt und
b) der zum anderen zugleich eine T盲tigkeit aus眉bt, die ihm im Rahmen der 枚ffentlichen Gewalt obliegt (Hoheitst盲tigkeit), f眉r die er nach Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern nicht als Steuerpflichtiger gilt, die Erbringung einer unentgeltlichen Dienstleistung aus dem Bereich seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit f眉r den Bereich seiner Hoheitst盲tigkeit keine Besteuerung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern vorzunehmen ist?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union ausgesetzt.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist eine Stiftung 枚ffentlichen Rechts. Sie ist Tr盲gerin einer Universit盲t, die auch einen Bereich Universit盲tsmedizin unterh盲lt. Die Kl盲gerin ist Steuerpflichtige im Sinne (i.S.) von Art.听4 Abs.听1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) und erbringt Dienstleistungen gegen Entgelt i.S. von Art.听2 Nr.听1 der Richtlinie 77/388/EWG. Zugleich nimmt die Kl盲gerin als juristische Person des 枚ffentlichen Rechts (Einrichtung des 枚ffentlichen Rechts) hoheitliche Aufgaben wahr, f眉r die sie gem盲脽 Art.听4 Abs.听5 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtige gilt.
Rz. 2
Die Kl盲gerin ist entsprechend einer verbindlichen Auskunft, die der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) gem盲脽 搂听89 Abs.听2 der Abgabenordnung (AO) erteilt hat, nach 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Organtr盲gerin der U-GmbH.
Rz. 3
Die U-GmbH erbrachte f眉r die Kl盲gerin Reinigungs-, Hygiene- und W盲schereileistungen sowie Patiententransportdienstleistungen. Die Reinigungsleistungen erbrachte die U-GmbH in den R盲umen der Kl盲gerin. Sie umfassten den gesamten Geb盲udekomplex des Bereichs Universit盲tsmedizin, zu dem neben Patientenzimmern, Fluren, Operationss盲len auch H枚rs盲le und Labore geh枚ren. W盲hrend der eigentliche Krankenhausbereich der Versorgung der Patienten dient und damit dem wirtschaftlichen T盲tigkeitsbereich der Kl盲gerin zuzuordnen ist, in dem sie als Steuerpflichtige handelt, werden die H枚rs盲le, Labore und andere R盲ume f眉r die Ausbildung der Studierenden und damit f眉r den hoheitlichen Bereich der Kl盲gerin genutzt, f眉r den sie nicht als Steuerpflichtige gilt. Der Anteil des hoheitlichen Bereichs der zu reinigenden Fl盲che betrug 7,6听% der Gesamtfl盲che. Die U-GmbH erhielt f眉r ihre Dienstleistungen von der Kl盲gerin im Streitjahr (2005) eine Verg眉tung von insgesamt 76.085,48听鈧.
Rz. 4
Im Anschluss an eine Au脽enpr眉fung ging das FA in einem ge盲nderten Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 03.11.2015 davon aus, dass es sich bei den Betrieben der Kl盲gerin um ein einheitliches Unternehmen handelt, f眉r das nur eine Umsatzsteuererkl盲rung abzugeben und dementsprechend nur ein Umsatzsteuerbescheid zu erteilen sei. Das FA sah dabei die von der U-GmbH f眉r den Hoheitsbereich erbrachten Reinigungsleistungen als innerhalb der zwischen der Kl盲gerin und der U-GmbH bestehenden Organschaft erbracht an. Die Reinigungsleistungen dienten einer unternehmensfremden T盲tigkeit und l枚sten eine unentgeltliche Wertabgabe gem盲脽 搂听3 Abs.听9a Nr.听2 UStG (Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG) bei der Kl盲gerin aus. Da die Gesamtverg眉tung f眉r die von der U-GmbH an die Kl盲gerin erbrachten Reinigungsleistungen im Streitjahr 76.065,48听鈧 betrug, ging das FA unter Ber眉cksichtigung des auf den Hoheitsbereich entfallenden Fl盲chenanteils von 7,6听% davon aus, dass 5.782,50听鈧 auf die Reinigung der hoheitlich genutzten Fl盲chen entfielen. Abz眉glich eines Gewinnzuschlags, den das FA mit 525,66听鈧 bezifferte, errechnete es eine Bemessungsgrundlage f眉r die unentgeltliche Wertabgabe in H枚he von 5.257听鈧 und damit eine um 841,12听鈧 h枚here Umsatzsteuer. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Rz. 5
Demgegen眉ber gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Nach seinem Urteil liegt eine Organschaft vor, die zur Zusammenfassung von Kl盲gerin als Organtr盲gerin und U-GmbH als Organgesellschaft zu einem Unternehmen f眉hrt. Diese Organschaft erstrecke sich auch auf den Hoheitsbereich der Kl盲gerin. Die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Wertabgabe nach 搂听3 Abs.听9a Nr.听2 UStG l盲gen aber nicht vor. Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 6
II. Der Senat legt dem Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) die in den Leits盲tzen bezeichneten Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung durch den EuGH aus.
Rz. 7
1. Rechtlicher Rahmen
Rz. 8
a) Unionsrecht
Rz. 9
Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG regelt:
"Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel听29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ans盲ssige Personen, die zwar rechtlich unabh盲ngig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln."
Rz. 10
Art.听6 Abs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:
"Dienstleistungen gegen Entgelt werden gleichgestellt:
a) die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands f眉r den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, f眉r den Bedarf seines Personals oder allgemein f眉r unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat;听
b) die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen f眉r seinen privaten Bedarf, oder f眉r den Bedarf seines Personals oder allgemein f眉r unternehmensfremde Zwecke.
Die Mitgliedstaaten k枚nnen Abweichungen von diesem Absatz vorsehen, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen f眉hren."
Rz. 11
b) Nationales Recht
Rz. 12
搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG regelt:
"(2)听听Die gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit wird nicht selbst盲ndig ausge眉bt, 鈥
2. wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tats盲chlichen Verh盲ltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organtr盲gers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschr盲nkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organtr盲ger seine Gesch盲ftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer."
Rz. 13
搂 3 Abs. 9a UStG bestimmt:
"Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt
1. die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer f眉r Zwecke, die au脽erhalb des Unternehmens liegen, oder f眉r den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach 搂听15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach 搂听15a Absatz 6a durchzuf眉hren ist;
2. die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer f眉r Zwecke, die au脽erhalb des Unternehmens liegen, oder f眉r den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen."
Rz. 14
搂听73 Satz听1 AO, der auch im Bereich der Umsatzsteuer gilt, ordnet an:
"Eine Organgesellschaft haftet f眉r solche Steuern des Organtr盲gers, f眉r welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. 鈥"
Rz. 15
2. Zur ersten Frage
Rz. 16
a) Vorbemerkungen
Rz. 17
aa) Gesetzliche Regelung des nationalen Rechts
搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG ordnet zur Umsetzung von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG an, dass eine juristische Person ("Organgesellschaft"), die aufgrund finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Beziehungen in das Unternehmen einer anderen Person ("Organtr盲ger") eingegliedert ist, ihre wirtschaftliche T盲tigkeit nicht selbst盲ndig aus眉bt. Die Organgesellschaft, die bei eigenst盲ndiger Betrachtung Steuerpflichtiger w盲re, wird aufgrund dieser Beziehungen im Ergebnis wie ein Arbeitnehmer des Organtr盲gers behandelt. Dies wirkt sich sowohl bei Ums盲tzen gegen眉ber Dritten als auch bei Ums盲tzen zwischen der Organgesellschaft und dem Organtr盲ger als eng miteinander verbundene Personen aus.
Im Streitfall ist die Kl盲gerin die Organtr盲gerin und die U-GmbH die Organgesellschaft, wie sich aus der vom FA erteilten Auskunft ergibt, die f眉r den Streitfall verbindlich ist und was von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt wird.
Rz. 18
bb) Rechtsfolgen f眉r Ums盲tze gegen眉ber Dritten
In Bezug auf Ums盲tze, die die Organgesellschaft gegen眉ber Dritten ausf眉hrt, wird die von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG geforderte Behandlung als ein Steuerpflichtiger dadurch gew盲hrleistet, dass nicht die Organgesellschaft, sondern der Organtr盲ger der Steuerpflichtige ist, der diese Ums盲tze als Steuerschuldner zu versteuern hat.
Danach ist die Kl盲gerin nicht nur f眉r die von ihr selbst ausgef眉hrten Ums盲tze Steuerpflichtige, sondern ebenso f眉r die von der U-GmbH gegen眉ber Dritten ausgef眉hrten Ums盲tze.
Rz. 19
cc) Rechtsfolgen f眉r Ums盲tze zwischen den verbundenen Personen
Ums盲tze zwischen Organgesellschaften und Organtr盲ger gelten nach 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG auf der Grundlage von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG als innerhalb eines Steuerpflichtigen erbracht (搂听2 Abs.听2 Nr.听2 Satz听3 UStG). Diese sogenannten Innenums盲tze unterliegen nicht dem Anwendungsbereich der Steuer.
Im Streitfall handelt es sich bei den von der U-GmbH an die Kl盲gerin ausgef眉hrten Reinigungsleistungen um derartige Innenums盲tze.
Rz. 20
b) Kl盲rungsbed眉rftige Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts
Der Senat hatte keine Zweifel, dass die erste Frage in der hier vorliegenden Rechtssache entsprechend der Alternative a) zu beantworten ist, da sich hieraus die von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG geforderte Behandlung als ein Steuerpflichtiger ergibt. Dies entspricht der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Senats (vergleiche --vgl.-- zum Beispiel --z.B.-- Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.06.1967听- V听R听89/66, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 89, 402; vom 02.12.2015听- V听R听15/14, BFHE 252, 158, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2017, 553).
Trotzdem ist dem Senat eine eigene Entscheidung zur ersten Rechtsfrage in der hier vorliegenden Rechtssache verwehrt. Denn der XI.听Senat des BFH sieht es insbesondere im Hinblick auf das EuGH-Urteil Skandia America听(USA) vom 17.09.2014听- C-7/13 (EU:C:2014:2225, Rz听28) zu einer "Mehrwertsteuergruppe" als kl盲rungsbed眉rftig an, ob die Bestimmungen der Richtlinie "es einem Mitgliedstaat gestatten, anstelle der Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (den Organtr盲ger) zum Steuerpflichtigen zu bestimmen" (vgl. BFH-Beschluss vom 11.12.2019听- XI听R听16/18, zur amtlichen Ver枚ffentlichung bestimmt, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2020, 338, erste Vorlagefrage; Aktenzeichen des EuGH: C-141/20, Rechtssache Norddeutsche Gesellschaft f眉r Diakonie, betreffend die Klage einer GmbH, die geltend macht, Organgesellschaft zu sein). Hierdurch sind Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts entstanden, die eine Beantwortung der ersten Vorlagefrage im hier vorliegenden Rechtsstreit durch den EuGH erforderlich machen.
Rz. 21
c) Zur Beantwortung der Auslegungsfrage
Rz. 22
aa) Wortlaut und Zweck der Bestimmung
Die vom Wortlaut des Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG verlangte Behandlung als ein Steuerpflichtiger ist mit der Zusammenfassung bei einer der eng miteinander verbundenen Personen verwirklicht. Hierf眉r spricht auch der mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck der Verwaltungsvereinfachung, wie er sich aus der EuGH-Rechtsprechung ergibt (EuGH-Urteil Kommission/Schweden vom 25.04.2013听- C-480/10, EU:C:2013:263, Rz听37). Das nationale Recht vereinfacht die Anwendung des Mehrwertsteuerrechts, indem es in 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 Satz听3 UStG die Behandlung der mehreren Personen als ein Steuerpflichtiger regelt und damit die Besteuerung bei einer dieser Personen konzentriert, die ohnehin Steuerpflichtige ist. Demgegen眉ber vermag der Senat in einer --sich jedenfalls aus dem Wortlaut von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG nicht ergebenden-- Verpflichtung zur Schaffung einer eigenst盲ndigen Mehrwertsteuergruppe i.S. einer "fiktiven Einrichtung" (BFH-Beschluss in UR 2020, 338, Rz听58), bei der dann "alle Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe die Steuer gemeinsam, das hei脽t als Gesamtschuldner, schulden" (BFH-Beschluss in UR 2020, 338, Rz听56) und f眉r die "zivilrechtlich" eine entsprechende "Gesellschaftsform" (BFH-Beschluss in UR 2020, 338, Rz听57) mit einer Aufteilungsregelung f眉r die gemeinsame Steuerschuld im Verh盲ltnis zwischen den eng miteinander verbundenen Personen vorgesehen sein m眉sste, keine Verwaltungsvereinfachung zu erblicken.
Rz. 23
bb) Keine gegenteilige EuGH-Rechtsprechung
F眉r die Auffassung, dass die Richtlinie es einem Mitgliedstaat nicht gestattet, anstelle der Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (den Organtr盲ger) zum Steuerpflichtigen zu bestimmen, sprechen aus Sicht des Senats auch nicht die EuGH-Urteile Skandia America (USA) (EU:C:2014:2225, Rz听28听f., 35 und 37); Kommission/Irland vom 09.04.2013听- C-85/11 (EU:C:2013:217, Rz听40 und 48) und Ampliscientifica und Amplifin vom 22.05.2008听- C-162/07 (EU:C:2008:301, Rz听19) -听vgl. hierzu BFH-Beschluss in UR 2020, 338, Rz听50 und 54.
Insbesondere ging es im EuGH-Urteil Skandia America (USA) (EU:C:2014:2225) lediglich um die Zusammenfassung einer festen Niederlassung, die eine in einem Drittstaat ans盲ssige Muttergesellschaft in einem Mitgliedstaat unterh盲lt, mit einer im selben Mitgliedstaat ans盲ssigen Tochtergesellschaft dieser Muttergesellschaft. Aussagen zur Verpflichtung eines Mitgliedstaats, bei Aus眉bung der Erm盲chtigung in Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG eine neben den eng miteinander verbundenen Personen bestehende Mehrwertsteuergruppe und nicht eine der miteinander verbundenen Personen als Steuerpflichtigen anzusehen, um zur Behandlung als ein Steuerpflichtiger zu gelangen, sind diesem EuGH-Urteil aus Sicht des Senats nicht zu entnehmen.
Rz. 24
cc) Haftung der Organgesellschaft
Im 脺brigen steht die Behandlung der eng miteinander verbundenen Personen als ein Steuerpflichtiger bei einer dieser Personen einer Mitverantwortlichkeit der anderen Personen nicht entgegen (vgl. hierzu BFH-Beschluss in UR 2020, 338, Rz听56). So ordnet das nationale Recht in Bezug auf die Eigenschaft des Organtr盲gers als Steuerpflichtiger und die sich hieraus ergebende Steuerschuld des Organtr盲gers eine Haftung der Organgesellschaft nach 搂听73 Satz听1 AO an. Aus Sicht des Senats ist es unerheblich, dass diese Haftung nachgeordnet (subsidi盲r) gegen眉ber der Steuerschuld des Organtr盲gers als Steuerpflichtigen besteht.
Rz. 25
d) Entscheidungserheblichkeit und Folgenbetrachtung
Rz. 26
aa) Entscheidungserheblichkeit
Rz. 27
(1) Beantwortung der ersten Rechtsfrage nach Alternative听a)
W盲re an der bisherigen Rechtsprechung des Senats festzuhalten (siehe --s.-- oben II.2.b), k盲me es auf die Beurteilung der zweiten Vorlagefrage an.
Rz. 28
(2) Beantwortung der ersten Rechtsfrage nach Alternative听b)
Besteht keine Organschaft zwischen der Kl盲gerin als Organtr盲gerin und der U-GmbH als Organgesellschaft, er眉brigt sich im Streitfall die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG von vornherein. Mangels Organschaft w盲re die U-GmbH als eigenst盲ndige Steuerpflichtige anzusehen, die an die Kl盲gerin Leistungen erbracht hat, die dann dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegen und f眉r die die U-GmbH Steuerpflichtige w盲re. F眉r die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG fehlt es dann an der dort vorausgesetzten "unentgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen", hier durch die Kl盲gerin, da die Reinigungsleistungen mangels Organschaft nicht mehr als von ihr selbst erbracht anzusehen sind, da es sich dann um Leistungen eines anderen Steuerpflichtigen, der U-GmbH, handeln w眉rde. Die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe sieht das nationale Recht f眉r das Streitjahr und im 脺brigen bis heute nicht vor. Eine derartige Mehrwertsteuergruppe mit einer Haftung der eng miteinander verbundenen Personen als Gesamtschuldner kann auch nicht im Wege der Auslegung von 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG, der ausschlie脽lich eine Verantwortlichkeit des Organtr盲gers als Steuerpflichtiger und Steuerschuldner anordnet, Eingang in das nationale Recht finden. Die Klagestattgabe durch das FG erweist sich dann bereits aus diesem Grund als zutreffend.
Rz. 29
bb) Folgenbetrachtung
Die Antwort auf die erste Frage ist 眉ber den Streitfall hinaus von gro脽er Bedeutung f眉r das Steueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland): Die Gesamtheit der Organtr盲ger i.S. von 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG leisten Steuerzahlungen in einem Umfang von 10听% des gesamten Steueraufkommens aus der Umsatzsteuer in Deutschland (UR 2020, 354). Dieses belief sich nach dem letzten hierzu vorliegenden Bericht des Bundesministeriums der Finanzen vom 31.01.2019 眉ber die Steuereinnahmen des Bundes und der L盲nder im Haushaltsjahr 2018 auf 234,8听Milliarden听鈧. Ist die erste Vorlagefrage entsprechend der Alternative b) zu beantworten, hat dies dementsprechend erhebliche fiskalische Auswirkungen.
Rz. 30
(1) Keine Steuerschuld des Organtr盲gers
Ist die erste Rechtsfrage entsprechend der Alternative b) zu beantworten, k枚nnen sich Organtr盲ger gegen die sie nach 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG treffende Steuerschuld auf die Unionsrechtswidrigkeit dieser Vorschrift berufen. Danach haben sie zumindest die Ums盲tze der Organgesellschaften nicht mehr zu versteuern. Gegen eine hilfsweise Besteuerung ihrer eigenen Ums盲tze k枚nnten sie gleichfalls geltend machen, dass auch diese aufgrund der fehlerhaften Aus眉bung der Erm盲chtigung nach Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG bei der Mehrwertsteuergruppe und gegebenenfalls deren Mitgliedern zu erfassen seien. Auch insoweit ist 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG, der eine ausschlie脽liche Steuerschuld des Organtr盲gers anordnet, unter Beachtung der Wortlautgrenze nicht in der Weise auslegbar, dass an die Stelle des Organtr盲gers eine Mehrwertsteuergruppe tritt, f眉r die Organtr盲ger und Organgesellschaft gleicherma脽en als Gesamtschuldner haften. Dies k盲me einer Auslegung contra legem gleich (s. oben II.2.d听aa听(2)).
Rz. 31
(2) Keine Steuerschuld der Mehrwertsteuergruppe oder der Gruppenmitglieder
Bei einer Beantwortung der ersten Vorlagefrage entsprechend der Alternative b) k枚nnte die Steuer nicht bei einer Mehrwertsteuergruppe erhoben werden, da der nationale Gesetzgeber keine Regelungen hierzu erlassen hat und eine unmittelbare Anwendung des Unionsrechts zu Lasten eines "fiktiven" und damit ohne gesetzliche Vorgabe auch nicht existierenden Gebildes nicht m枚glich ist. Daher k盲me auch keine Haftung der Gruppenmitglieder als Gesamtschuldner in Betracht.
Rz. 32
(3) Keine Steuerschuld der Organgesellschaft
Schlie脽lich scheidet auch eine Besteuerung bei der Organgesellschaft aus, da diese auf einer Anwendung von 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG bestehen kann. Hieran 盲ndert sich aus Sicht des Senats auch nichts durch die Haftung der Organgesellschaft nach 搂听73 Satz听1 AO, da dort nur eine Haftung als Organgesellschaft, nicht aber als Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe angeordnet wird.
Zu den so entstehenden Steuerausf盲llen k盲me es auch unter der Geltung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 眉ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), da deren Art.听11 im Wesentlichen dem Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG entspricht.
Rz. 33
3. Zur zweiten Frage
Rz. 34
a) Vorbemerkungen
Rz. 35
aa) Definition des Steuerpflichtigen
Der Senat versteht die Rechtsprechung des EuGH dahingehend, dass es sich bei der T盲tigkeit des Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger um die in Art.听4 Abs.听1 der Richtlinie 77/388/EWG bezeichnete wirtschaftliche T盲tigkeit handelt. Diese T盲tigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige Lieferungen und Dienstleistungen gegen Entgelt i.S. von Art.听2 Nr.听1 der Richtlinie 77/388/EWG erbringt oder zu erbringen beabsichtigt (EuGH-Urteil Gemeente Borsele vom 12.05.2016听- C-520/14, EU:C:2016:334, Rz听21).
Rz. 36
bb) Nat眉rliche Person als Steuerpflichtige
Rz. 37
(1) T盲tigkeitsbereiche
Neben seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit kann der Steuerpflichtige auch anderweitige Handlungen vornehmen. Ist der Steuerpflichtige als Einzelunternehmer eine nat眉rliche Person, ist seine wirtschaftliche T盲tigkeit von seiner privaten Lebensf眉hrung abzugrenzen.
Rz. 38
(2) Folgen f眉r den Vorsteuerabzug
Bezieht die nat眉rliche Person als Steuerpflichtiger Lieferungen oder Dienstleistungen f眉r seine private Lebensf眉hrung, ist sie nicht zum Vorsteuerabzug nach Art.听17 der Richtlinie 77/388/EWG berechtigt.
Erwirbt dieser Steuerpflichtige einen Gegenstand gemischt sowohl f眉r Zwecke seiner wirtschaftlichen T盲tigkeit als auch f眉r seine private Lebensf眉hrung, billigt der EuGH ihm im Rahmen einer Zuordnungsentscheidung den vollen Vorsteuerabzug zu, da die anteilige Privatverwendung durch die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听a der Richtlinie 77/388/EWG zu einem besteuerten Umsatz f眉r Zwecke des Vorsteuerabzugs f眉hrt. Der EuGH hat seine Rechtsprechung gegen Kritik verteidigt (EuGH-Urteil Puffer vom 23.04.2009听- C-460/07, EU:C:2009:254). Der Unionsgesetzgeber hat diese den vollen Vorsteuerabzug bejahende Rechtsprechung durch die Schaffung von Art.听168a MwStSystRL korrigiert und den vollen Vorsteuerabzug entgegen dieser Rechtsprechung ausgeschlossen.
Rz. 39
cc) Juristische Person als Steuerpflichtige
Rz. 40
(1) T盲tigkeitsbereiche
Rz. 41
Ist der Steuerpflichtige eine juristische Person, so stellt sich --wie z.B. bei einer GmbH oder wie bei der Kl盲gerin als Stiftung des 枚ffentlichen Rechts-- zwar nicht die Frage nach einer Abgrenzung zur privaten Lebensf眉hrung. Allerdings kann auch eine juristische Person andere als wirtschaftliche T盲tigkeiten aus眉ben. Der EuGH bezeichnet diese T盲tigkeiten als "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" (EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88, Rz听35听f.).
Rz. 42
So ist es z.B. bei einem Verein, der in einem Teilbereich Steuerpflichtiger ist, daneben aber auch allgemeine Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt. Derartige "ideelle T盲tigkeiten" sind keine "der Mehrwertsteuer unterliegende T盲tigkeiten im Sinne von Art.听2 Nr.听1 der Richtlinie [77/388/EWG]" (EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88, Rz听34). Es handelt sich somit um eine "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit".
Rz. 43
Ebenso kann eine juristische Person des 枚ffentlichen Rechts --wie die Kl盲gerin in der hier vorliegenden Rechtssache-- in einem Teilbereich Steuerpflichtige sein, daneben aber auch T盲tigkeiten aus眉ben, die ihr i.S. von Art.听4 Abs.听5 der Richtlinie 77/388/EWG im Rahmen der 枚ffentlichen Gewalt (ohne Wettbewerbsrelevanz) obliegen (hoheitliche T盲tigkeiten), so dass insoweit keine wirtschaftliche T盲tigkeit vorliegt. Auch diese Hoheitst盲tigkeit kann als "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" bezeichnet werden.
Rz. 44
(2) Folgen f眉r den Vorsteuerabzug
Rz. 45
脺bt eine juristische Person, die in einem Bereich Steuerpflichtige ist, daneben auch eine "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" aus, ist sie aus Leistungsbez眉gen f眉r diese "nichtwirtschaftliche" T盲tigkeit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dies gilt gleicherma脽en f眉r die ideelle T盲tigkeit eines Vereins als auch f眉r die Hoheitst盲tigkeit einer juristischen Person des 枚ffentlichen Rechts.
Rz. 46
Erwirbt die juristische Person einen Gegenstand gemischt sowohl f眉r Zwecke ihrer wirtschaftlichen T盲tigkeit als Steuerpflichtige als auch f眉r ihre "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" und z.B. f眉r ideelle Zwecke, billigt der EuGH der juristischen Person anders als dem Einzelunternehmer (s. oben II.3.a听bb (2)) keinen vollen Vorsteuerabzug zu.
Rz. 47
Der EuGH hat dies in seinem Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) damit begr眉ndet,
- dass die Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zum Abzug berechtigen kann, soweit sie sich auf T盲tigkeiten bezieht, die aufgrund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/388/EWG fallen; f眉r den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien wirtschaftlichen T盲tigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 77/388/EWG fallenden T盲tigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen auf der Vorstufe nur insoweit zul盲ssig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen T盲tigkeiten des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (Rz听37),
- dass mit Art.听6 Abs.听2 Buchst.听a der Richtlinie 77/388/EWG keine allgemeine Regel eingef眉hrt werden sollte, nach der T盲tigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, als T盲tigkeiten betrachtet werden k枚nnen, die f眉r "unternehmensfremde" Zwecke i.S. dieser Vorschrift ausgef眉hrt werden. Eine solche Auslegung w眉rde n盲mlich Art.听2 Abs.听1 der Richtlinie 77/388/EWG jeden Sinn nehmen (Rz听38) und
- dass es um die nicht besteuerten Ums盲tze der VNLTO geht, die in der Wahrnehmung der allgemeinen Interessen ihrer Mitglieder bestehen und nicht als unternehmensfremd betrachtet werden k枚nnen, da sie den Hauptzweck dieser Vereinigung darstellen (Rz听39).
Rz. 48
Der Senat versteht dies dahingehend, dass die gemischte Verwendung eines Gegenstandes f眉r Zwecke der wirtschaftlichen T盲tigkeit wie auch f眉r "nichtwirtschaftliche T盲tigkeiten" nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, da der EuGH den Tatbestand des Art.听6 Abs.听2 Buchst.听a der Richtlinie 77/388/EWG mit der Begr眉ndung verneint, dass die Verwendung f眉r "nichtwirtschaftliche T盲tigkeiten" keine Verwendung f眉r unternehmensfremde Zwecke i.S. dieser Bestimmung ist.
Rz. 49
b) Zu den Bestimmungen der Richtlinie
Rz. 50
Art.听6 Abs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG enth盲lt mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands in Buchst.听a und der unentgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen in Buchst.听b zwei Tatbest盲nde. Beide Tatbest盲nde enthalten zudem die Voraussetzung, dass die Verwendung des Gegenstands oder der Dienstleistung f眉r bestimmte Zwecke erfolgen muss. Dabei handelt es sich sowohl bei Buchst.听a wie auch bei Buchst.听b um die Verwendung f眉r den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, f眉r den Bedarf seines Personals oder allgemein f眉r unternehmensfremde Zwecke.
Lediglich Buchst.听a stellt schlie脽lich mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug in Bezug auf den verwendeten Gegenstand zudem auf eine weitere Voraussetzung ab. Eine derartige Ankn眉pfung an den Vorsteuerabzug besteht bei Buchst.听b nicht.
Rz. 51
c) Zur Streitfrage
Rz. 52
aa) EuGH-Urteil VNLTO
Der EuGH hat im Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) f眉r Recht erkannt, dass Art.听6 Abs.听2 Buchst.听a und Art.听17 Abs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG auf die Verwendung von Gegenst盲nden und Dienstleistungen nicht anwendbar sind, die dem Unternehmen f眉r die Zwecke anderer als der besteuerten Ums盲tze des Steuerpflichtigen zugeordnet sind, so dass die Mehrwertsteuer, die aufgrund des Bezugs dieser f眉r solche Ums盲tze verwendeten Gegenst盲nde und Dienstleistungen geschuldet wird, nicht abziehbar ist. Der EuGH hat dies letztlich damit begr眉ndet, dass die Verwendung f眉r "nichtwirtschaftliche T盲tigkeiten" nicht als Verwendung f眉r unternehmensfremde Zwecke i.S. dieser Bestimmung anzusehen ist (s.听oben II.3.a听cc听(2)).
Zudem hat der EuGH dies in seinem Urteil Landkreis Potsdam-Mittelmark vom 15.09.2016听- C-400/15 (EU:C:2016:687, Rz听31听ff.) in Bezug auf die hoheitliche T盲tigkeit einer juristischen Person des 枚ffentlichen Rechts best盲tigt.
Rz. 53
bb) Bedeutung nur f眉r den Vorsteuerabzug oder allgemein
Rz. 54
Hierzu stellt sich in der vorliegenden Rechtssache die Frage, ob diese EuGH-Rechtsprechung nur den Umfang des Vorsteuerabzugs betrifft und dabei --im Gegensatz zur Beurteilung beim Einzelunternehmer (s. oben II.3.a听bb听(2))-- zu einem nur anteiligen Vorsteuerabzug f眉hrt, oder ob diese EuGH-Rechtsprechung auch bei eigenst盲ndiger Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG ohne Zusammenhang zum Vorsteuerabzug G眉ltigkeit beansprucht.
Rz. 55
Letzteres w眉rde dazu f眉hren, dass auch f眉r die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG eine "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" nicht als "unternehmensfremd" anzusehen w盲re und diese Bestimmung auf eine unentgeltliche Dienstleistung f眉r Zwecke einer ideellen oder hoheitlichen T盲tigkeit nicht anzuwenden ist.
Rz. 56
In diesem Zusammenhang wird das EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) im nationalen Schrifttum seit Jahren kontrovers diskutiert und dabei 眉berwiegend i.S. einer Nichtanwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG verstanden (vgl. z.B. Heuermann in S枚lch/Ringleb, Umsatzsteuer, 搂听3 Rz听342; K眉ffner/von听Streit, Deutsches Steuerrecht 2012, 636听ff., 639, und Nieskens in Rau/D眉rrw盲chter, Umsatzsteuergesetz, 搂听3 Rz听1496; vgl. aber auch W盲ger in Birkenfeld/W盲ger, Umsatzsteuer-Handbuch, Abschnitt听I Kapitel听3听A, 搂听2 Abs.听1 und Abs.听2 Nr.听1 UStG, Rz听350听ff., 390听ff.).
Rz. 57
Demgegen眉ber hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG in vergleichbaren F盲llen bejaht. Dies betrifft z.B. juristische Personen des 枚ffentlichen Rechts (St盲dte), die Schwimmb盲der betreiben, indem sie diese der 脰ffentlichkeit gegen Eintrittsgeld --und ohne Anwendung von Steuerbefreiungen nach Art.听13 Teil听A der Richtlinie 77/388/EWG-- im Rahmen einer wirtschaftlichen T盲tigkeit zur Verf眉gung stellen. Verwendet die Stadt ihr Schwimmbad oder Teile hiervon auch zur Nutzung durch ihre st盲dtischen Schulen wie etwa f眉r den schulischen Schwimmunterricht, ging der Senat bislang von einer Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听a der Richtlinie 77/388/EWG aus, da er die hoheitliche Nutzung f眉r den Schulbetrieb als unternehmensfremd ansah (BFH-Urteil vom 10.02.1994听- V听R听33/92, BFHE 174, 258, BStBl II 1994, 668, unter II.3.). Ob diese Rechtsprechung im Hinblick auf das EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) aufzugeben ist, obwohl dessen Bedeutung f眉r den hier vorliegenden Zusammenhang nicht eindeutig ist, bedarf der Kl盲rung durch den EuGH.
Rz. 58
cc) Erfordernis systemgerechter Besteuerung
Rz. 59
Verwendet der Steuerpflichtige z.B. das f眉r seine wirtschaftliche T盲tigkeit angestellte Personal zur Erbringung von Dienstleistungen f眉r andere Zwecke, stellt sich die Frage, ob es bei Steuerpflichtigen, die nat眉rliche Personen sind, und bei Steuerpflichtigen, die juristische Personen sind, zu unterschiedlichen Besteuerungsfolgen kommen kann.
Rz. 60
Ist der Steuerpflichtige eine nat眉rliche Person, die z.B. eine Reinigungsfirma unterh盲lt, und setzt sie das Personal ihres Unternehmens ein, damit es f眉r Zwecke der privaten Lebensf眉hrung in ihrer Privatwohnung Reinigungsleistungen erbringt, f眉hrt dies nach Auffassung des Senats zu einer unentgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen f眉r seinen privaten Bedarf i.S. von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG.
Rz. 61
Handelt es sich beim Steuerpflichtigen um eine juristische Person, die ebenfalls eine Reinigungsfirma unterh盲lt und dabei das Personal ihres Unternehmens einsetzt, damit wie im Streitfall f眉r hoheitliche Zwecke genutzte R盲umlichkeiten gereinigt werden, ist fraglich, ob dies --wie bei einer Verwendung f眉r private Zwecke des Einzelunternehmers-- gleichfalls zur Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG f眉hrt, da dann die unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung durch den Steuerpflichtigen f眉r unternehmensfremde Zwecke vorliegen kann.
Rz. 62
Besteuerungssystematisch k枚nnte in beiden F盲llen die Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG zu bejahen sein. Danach w盲re die Verwendung f眉r eine "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit", bei der es sich um die Verwendung f眉r ideelle Zwecke eines Vereins oder um die Verwendung f眉r den Hoheitsbereich einer juristischen Person des 枚ffentlichen Rechts handeln kann (s. oben II.3.a听cc听(1)) als Verwendung f眉r unternehmensfremde Zwecke i.S. von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen.
Rz. 63
Dies k枚nnte aber als im Widerspruch zum EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) stehend angesehen werden. Gegen einen derartigen Widerspruch spricht allerdings, dass dieses Urteil im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug ergangen ist. Dem Senat ist die Entscheidung verwehrt, ob das EuGH-Urteil VNLTO (EU:C:2009:88) auch im Rahmen einer eigenst盲ndigen Anwendung von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG ohne Bezug zum Vorsteuerabzug ma脽geblich ist.
Rz. 64
d) Entscheidungserheblichkeit
Die Kl盲gerin ist eine juristische Person des 枚ffentlichen Rechts und damit eine Einrichtung des 枚ffentlichen Rechts i.S. von Art.听4 Abs.听5 der Richtlinie 77/388/EWG. Sie 眉bt einerseits wirtschaftliche T盲tigkeiten i.S. von Art.听4 Abs.听1 der Richtlinie 77/388/EWG aus und ist insoweit Steuerpflichtige. Sie nimmt andererseits hoheitliche Aufgaben i.S. von Art.听4 Abs.听5 der Richtlinie 77/388/EWG wahr, ohne dass ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu gr枚脽eren Wettbewerbsverzerrungen f眉hrt. Damit liegt in Bezug auf diese hoheitliche T盲tigkeit eine "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" vor.
Rz. 65
Ist die erste Frage entsprechend der Antwort听a) zu beantworten und daher im nationalen Recht 搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG ohne Versto脽 gegen Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG anzuwenden, 眉bt die U-GmbH ihre T盲tigkeit nichtselbst盲ndig aus, so dass die U-GmbH und die Kl盲gerin als eine Steuerpflichtige behandelt werden. Zwischen der U-GmbH und der Kl盲gerin liegt dann keine entgeltliche Dienstleistung i.S. von Art.听2 Nr.听1 der Richtlinie 77/388/EWG vor. Die T盲tigkeit der U-GmbH ist vielmehr wie eine eigene T盲tigkeit der Kl盲gerin zu behandeln.
Rz. 66
Somit ist zu entscheiden, ob die Kl盲gerin mit Mitteln ihres Unternehmens, zu dem aufgrund von Art.听4 Abs.听4 Unterabs.听2 der Richtlinie 77/388/EWG (搂听2 Abs.听2 Nr.听2 UStG) auch die Betriebsmittel der U-GmbH geh枚ren, unentgeltliche Dienstleistungen (Reinigungsleistungen) aufgrund der Verwendung f眉r ihren Hoheitsbereich als "nichtwirtschaftliche T盲tigkeit" f眉r unternehmensfremde Zwecke i.S. von Art.听6 Abs.听2 Buchst.听b der Richtlinie 77/388/EWG erbracht hat.
Rz. 67
Ist dies zu bejahen, ist die Revision des FA begr眉ndet, so dass das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen ist. Ist dies zu verneinen, ist die Revision des FA unbegr眉ndet, da das FG dann der Klage zu Recht stattgegeben hat.
Rz. 68
4. Zum Rechtsgrund der Vorlage
Die Vorlage beruht auf Art.听267 des Vertrages 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union.
Rz. 69
5. Zur Verfahrensaussetzung
Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf 搂听121 Satz听1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit 搂听74 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 13899640 |
BFH/NV 2020, 839 |
BFH/PR 2020, 208 |
DB 2020, 1380 |
DB 2020, 6 |
DStR 2020, 1367 |
DStR 2020, 8 |
DStRE 2020, 828 |