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Entscheidungsstichwort (Thema)
In-vitro-Fertilisation. Entgeltfortzahlung. Mutterschutzlohn
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Leitsatz (amtlich)
1. Bezugspunkt des anspruchsausschlie脽enden Verschuldens iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG ist das Interesse des Arbeitnehmers, seine Gesundheit zu erhalten und zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrende Erkrankungen zu vermeiden.
2. Die Erf眉llung eines Kinderwunsches betrifft die individuelle Lebensgestaltung des Arbeitnehmers und nicht das nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG vom Arbeitgeber, als gesetzlicher Ausgestaltung seiner F眉rsorgepflicht, zeitlich begrenzt zu tragende allgemeine Krankheitsrisiko.
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Orientierungssatz
1. Schuldhaft iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG handelt nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Ma脽e gegen das Eigeninteresse eines verst盲ndigen Menschen verst枚脽t.
2. Wird durch eine In-vitro-Fertilisation willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunf盲higkeit bedingende Erkrankung herbeigef眉hrt, ist ein Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Verschuldens iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG ausgeschlossen. Ein Verschulden iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation, die nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf 盲rztliche Anordnung vorgenommen wird, eine zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrende Erkrankung auftritt, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.
3. Es gibt im Entgeltfortzahlungsgesetz keine Anhaltspunkte, die eine den Regelungen in 搂 27a SGB V 眉ber die anteilige Kostentragung der gesetzlichen Krankenversicherung f眉r Sachleistungen bei In-vitro-Fertilisation entsprechende Einschr盲nkung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung oder eine an dieser Vorschrift orientierte einschr盲nkende Auslegung von 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG rechtfertigen k枚nnten.
4. Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Geb盲rmutter anzusehen (Embryonentransfer). Ab diesem Zeitpunkt findet Mutterschutzrecht Anwendung. Insbesondere hat die Arbeitnehmerin nach 搂 11 MuSchG Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn ein 盲rztliches Besch盲ftigungsverbot ausgesprochen wird.
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Normenkette
BGB 搂搂听276-277, 366 Abs. 2, 搂搂听387-389, 394 S. 1, 搂听611 Abs. 1, 搂听812 Abs. 1 S. 1; EFZG 搂听3 Abs. 1 S.听1 Hs. 2, S.听2 Nrn.听1-2, 搂听5 Abs. 1 S. 2; MuSchG 搂听3 Abs. 1, 搂听11; SGB V 搂搂听27, 27a; ZPO 搂听562 Abs. 1, 搂听563 Abs. 1 S. 1
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Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 07.01.2016; Aktenzeichen 4 Sa 323/15) |
ArbG Elmshorn (Urteil vom 30.07.2015; Aktenzeichen 3 Ca 551 d/15) |
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Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 7. Januar 2016 鈥 4 Sa 323/15 鈥 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch 眉ber die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zur眉ckverwiesen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten dar眉ber, ob ein entstandener Verg眉tungsanspruch der Kl盲gerin durch Aufrechnung des Beklagten mit einem R眉ckforderungsanspruch wegen Entgeltfortzahlung erloschen ist, die er im Zusammenhang mit In-vitro-Fertilisationen an die Kl盲gerin leistete.
Die im April 1972 geborene Kl盲gerin ist beim Beklagten seit Januar 1994 als Erzieherin in einer Kindertagesst盲tte besch盲ftigt. Der Partner der Kl盲gerin ist nur eingeschr盲nkt zeugungsf盲hig. Um eine Schwangerschaft herbeizuf眉hren, unterzog sich die Kl盲gerin In-vitro-Fertilisationen. Der Beklagte hatte hiervon keine Kenntnis.
Die Kl盲gerin legte dem Beklagten f眉r die Zeitr盲ume vom 26. Mai bis zum 3. Juni 2014, vom 14. Juli bis zum 1. August 2014, vom 15. bis zum 29. August 2014 und vom 21. November bis zum 8. Dezember 2014 Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigungen vor. Der Beklagte zahlte an die Kl盲gerin f眉r diese Zeiten die vereinbarte Verg眉tung. Mit Schreiben vom 19. Februar 2015 teilte er der Kl盲gerin mit, er gehe davon aus, die Fehlzeiten seien durch Inseminationen verursacht worden, f眉r die er nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sei. Ihm stehe, sofern die Kl盲gerin nicht andere Gr眉nde f眉r ihre Fehlzeiten nachweise, ein R眉ckzahlungsanspruch iHv. 5.400,27 Euro netto zu. Die Kl盲gerin trat dem mit Schreiben vom 9. M盲rz 2015 entgegen, erteilte jedoch zun盲chst keine Auskunft 眉ber die Ursachen ihrer Fehlzeiten. Der Beklagte 眉bersandte der Kl盲gerin mit Schreiben vom 10. M盲rz 2015 Korrekturabrechnungen f眉r die Monate Mai bis August 2014 sowie November und Dezember 2014 und wies darauf hin, eine Verrechnung mit Nachzahlungsanspr眉chen der Kl盲gerin f眉r Januar und Februar 2015 vorgenommen zu haben. Er k眉ndigte an, den seiner Ansicht nach noch offenen R眉ckzahlungsanspruch von 4.647,91 Euro netto von k眉nftigen Gehaltsanspr眉chen der Kl盲gerin abzuziehen. In den Monaten M盲rz bis Juni 2015 behielt der Beklagte von der Nettoverg眉tung der Kl盲gerin jeweils 815,47 Euro ein.
Die Kl盲gerin ist der Ansicht, die Abz眉ge seien unberechtigt. Ihr habe Entgeltfortzahlung zugestanden. Vom 26. Mai bis zum 3. Juni 2014 sei sie arbeitsunf盲hig gewesen, weil eine Zyste habe entfernt werden m眉ssen. F眉r die 眉brigen Zeiten h盲tten die behandelnden 脛rzte wegen medizinischer Eingriffe im Rahmen von In-vitro-Fertilisationen bzw. zum Schutz des ungeborenen Lebens Arbeitsunf盲higkeit bescheinigt.
Die Kl盲gerin hat erstinstanzlich, soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie r眉ckst盲ndiges Arbeitsentgelt iHv. 3.261,88 Euro netto zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch der Kl盲gerin sei nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG ausgeschlossen gewesen, weil die Kl盲gerin die Fehlzeiten durch die von ihr willk眉rlich veranlassten 盲rztlichen Eingriffe schuldhaft herbeigef眉hrt habe. Von Verschulden sei auch deshalb auszugehen, weil bei einer Frau nach Vollendung des 40. Lebensjahres keine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit f眉r eine Schwangerschaft durch In-vitro-Fertilisation bestehe. Die in 搂 27a SGB V zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung sei auch im Entgeltfortzahlungsrecht zu ber眉cksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem f眉r die Revision noch erheblichen Umfang von 2.301,83 Euro netto stattgegeben und sie im 脺brigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zur眉ckgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die vollst盲ndige Abweisung der Klage.
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Die Revision des Beklagten ist begr眉ndet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zur眉ckgewiesen. Auf Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begr眉ndet ist.
Ob eine Aufrechnungslage iSd. 搂 387 BGB bestand, weil dem unstreitig nach 搂 611 Abs. 1 BGB iHv. 2.301,83 Euro netto entstandenen Verg眉tungsanspruch der Kl盲gerin ein seinem Gegenstand nach gleichartiger Anspruch des Beklagten gem盲脽 搂 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen眉berstand, kann nicht abschlie脽end beurteilt werden. Es steht bisher nicht fest, ob und ggf. in welcher H枚he der Kl盲gerin f眉r Fehlzeiten im Zusammenhang mit In-vitro-Fertilisationen Verg眉tung nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG oder 搂 11 MuSchG zustand oder ob der Beklagte Verg眉tung ohne Rechtsgrund leistete und deshalb deren R眉ckzahlung verlangen kann. Mangels ausreichender Feststellungen kann auch nicht entschieden werden, ob und ggf. in welcher H枚he der streitgegenst盲ndliche Anspruch der Kl盲gerin, sollte sie f眉r die Fehlzeiten Verg眉tung ohne Rechtsgrund erhalten haben, durch Aufrechnungserkl盲rung des Beklagten iSd. 搂 388 BGB nach 搂 389 BGB erloschen w盲re.
Das f眉hrt zur Aufhebung und Zur眉ckverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, 搂 562 Abs. 1, 搂 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im weiteren Verfahren ist Folgendes zu beachten:
A. Als Rechtsgrund f眉r die vom Beklagten geleisteten Zahlungen k盲me ein Entgeltfortzahlungsanspruch der Kl盲gerin nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG in Betracht.
I. Ein Arbeitnehmer hat nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber f眉r die Zeit der Arbeitsunf盲higkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunf盲higkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.
II. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen lassen schon eine Beurteilung, in welchen Zeitr盲umen die Kl盲gerin krankheitsbedingt arbeitsunf盲hig war, nicht zu.
1. Krankheit iSd. 搂 3 EFZG setzt einen regelwidrigen k枚rperlichen oder geistigen Zustand voraus. Regelwidrig ist ein k枚rperlicher oder geistiger Zustand dann, wenn er nach allgemeiner Erfahrung unter Ber眉cksichtigung eines nat眉rlichen Verlaufs des Lebensgangs nicht bei jedem anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist (BAG 7. Dezember 2005 鈥 5 AZR 228/05 鈥 Rn. 35) . Arbeitsunf盲higkeit besteht, wenn der Arbeitnehmer infolge Krankheit seine vertraglich geschuldete T盲tigkeit objektiv nicht aus眉ben kann oder objektiv nicht aus眉ben sollte, weil die Heilung nach 盲rztlicher Prognose hierdurch verhindert oder verz枚gert w眉rde (BAG 23. Januar 2008 鈥 5 AZR 393/07 鈥 Rn. 19; 9. April 2014 鈥 10 AZR 637/13 鈥 Rn. 21, BAGE 148, 16; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. 搂 98 Rn. 10, 11) . Von Arbeitsunf盲higkeit ist auch dann auszugehen, wenn erst eine zur Behebung einer Krankheit erforderliche Heilbehandlung dazu f眉hrt, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen kann.
2. Arbeitsunf盲higkeit iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist danach bisher nur f眉r die Zeit vom 26. Mai bis zum 3. Juni 2014 festgestellt, in der die Kl盲gerin wegen der Entfernung einer Zyste nicht in der Lage war, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
3. Demgegen眉ber wird die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, die Kl盲gerin sei vom 14. Juli bis zum 1. August 2014, vom 15. bis zum 29. August 2014 und vom 21. bis zum 26. November 2014 krankheitsbedingt arbeitsunf盲hig gewesen, von den tats盲chlichen Feststellungen nicht getragen. Die Kl盲gerin hat bezogen auf die genannten Zeitr盲ume Arbeitsunf盲higkeit bisher nicht schl眉ssig dargelegt.
a) In der Regel ist der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunf盲higkeit durch die Vorlage einer 盲rztlichen Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigung iSd. 搂 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG gef眉hrt. Die ordnungsgem盲脽 ausgestellte Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdr眉cklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel f眉r das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunf盲higkeit. Ihr kommt ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunf盲higkeit als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigung vorlegt (st. Rspr., vgl. nur BAG 26. Februar 2003 鈥 5 AZR 112/02 鈥 zu I 1 der Gr眉nde, BAGE 105, 171; 25. Mai 2016 鈥 5 AZR 318/15 鈥 Rn. 21) .
b) Die Kl盲gerin hat die Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigungen bisher nicht zur Akte gereicht, dem Beklagten jedoch unstreitig vorgelegt. Unterstellt man zu ihren Gunsten, die Bescheinigungen seien ordnungsgem盲脽 ausgestellt, ist deren Beweiswert durch den eigenen Sachvortrag der Kl盲gerin ersch眉ttert. Im Berufungsurteil wird zwar 鈥 entsprechend dem kl盲gerischen Vortrag 鈥 ausgef眉hrt, die Kl盲gerin sei in den genannten Zeitr盲umen arbeitsunf盲hig erkrankt; die behandelnden 脛rzte h盲tten aufgrund der durchgef眉hrten Einzelma脽nahmen jeweils Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigungen erteilt. Gleichzeitig werden jedoch in Tatbestand und 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别n als Ursache der Arbeitsunf盲higkeit 鈥瀖edizinische Eingriffe im Rahmen von In-vitro-Fertilisationen bzw. der Schutz des ungeborenen Lebens鈥 genannt. Aus dem Vortrag, Ursache der Arbeitsunf盲higkeit sei der Schutz des ungeborenen Lebens gewesen, ergeben sich gewichtige Indizien f眉r die Annahme, Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigungen seien 鈥 jedenfalls 鈥 nicht durchgehend wegen zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrender Erkrankungen der Kl盲gerin erteilt worden. Der Vortrag der Kl盲gerin ist bisher nicht schl眉ssig (vgl. BAG 15. Mai 2013 鈥 5 AZR 130/12 鈥 Rn. 27; 24. September 2014 鈥 5 AZR 611/12 鈥 Rn. 17, BAGE 149, 144) .
4. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch f眉r die Zeit vom 14. Juli bis zum 1. August 2014, vom 15. bis zum 29. August 2014 und vom 21. bis zum 26. November 2014 k盲me 鈥 unbeschadet der weiteren Anspruchsvoraussetzungen 鈥 nur in Betracht, wenn bei der Kl盲gerin ein krankhafter Zustand bestand, der zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrte.
a) Die Kl盲gerin kann entgeltfortzahlungsrechtlich nicht allein aufgrund der Unfruchtbarkeit ihres Partners als 鈥瀔rank鈥 angesehen werden.
aa) Empf盲ngnis- und Zeugungsunf盲higkeit sind bei erwachsenen Menschen im fortpflanzungsf盲higen Alter negative physische Abweichungen vom regelgerechten K枚rperzustand (BVerwG 10. Oktober 2013 鈥 5 C 32.12 鈥 Rn. 12, BVerwGE 148, 106; BFH 16. Dezember 2010 鈥 VI R 43/10 鈥 Rn. 17, BFHE 232, 179) und daher Krankheiten im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (HK-ArbR/Spengler 3. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 19; Kunz/Wedde EFZR 2. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 41; Treber EFZG 2. Aufl. 搂 3 Rn. 34; Reinhard/Reinhard EFZG 搂 3 EFZG Rn. 37; Schmitt EFZG und AAG 7. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 52) .
bb) Hiervon ausgehend stellte zwar die Zeugungsunf盲higkeit des Partners der Kl盲gerin als regelwidriger K枚rperzustand eine Krankheit dar. Die Empf盲ngnisf盲higkeit der Kl盲gerin war jedoch nicht eingeschr盲nkt. Erst die In-vitro-Fertilisation und damit in Zusammenhang stehende Eingriffe und Ma脽nahmen f眉hrten bei ihr m枚glicherweise zu einem regelwidrigen K枚rperzustand und damit einer Erkrankung.
cc) Keine Krankheit ist der durch die Zeugungsunf盲higkeit des Partners bedingte unerf眉llte Kinderwunsch der Kl盲gerin. Von einer Erkrankung kann nur ausgegangen werden, wenn beim Entgeltfortzahlung beanspruchenden Arbeitnehmer durch den unerf眉llten Kinderwunsch k枚rperliche oder seelische Beeintr盲chtigungen mit Krankheitswert hervorgerufen werden. Solche Umst盲nde sind vorliegend weder vorgetragen noch vom Landesarbeitsgericht festgestellt.
b) Ebenso wenig stellten die im Zusammenhang mit der In-vitro-Fertilisation bei der Kl盲gerin vorgenommenen Eingriffe und Ma脽nahmen eine Heilbehandlung dar, die zur Behebung einer schon vor der In-vitro-Fertilisation bestehenden Krankheit der Kl盲gerin erforderlich gewesen w盲re und m枚glicherweise Arbeitsunf盲higkeit verursachte. Die Zeugungsunf盲higkeit des Partners, die Anlass f眉r die bei der Kl盲gerin vorgenommenen Eingriffe und Ma脽nahmen war, konnte zwar nur durch eine im Rahmen der In-vitro-Fertilisation vorzunehmende Behandlung der Kl盲gerin 眉berbr眉ckt werden. Eine Heilbehandlung kann jedoch nicht an die Erkrankung eines Dritten 鈥 hier des Partners der Kl盲gerin 鈥 ankn眉pfen (vgl. BGH 12. November 1997 鈥 IV ZR 58/97 鈥 zu 2 b der Gr眉nde; Vogelsang Entgeltfortzahlung Rn. 68, 71; Reinecke DB 1998, 130) , sondern nur an eine Erkrankung der Entgeltfortzahlung begehrenden Arbeitnehmerin selbst. Eine solche lag bei der Kl盲gerin vor Beginn der In-vitro-Fertilisationen nicht vor.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den f眉r den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in 搂 27a SGB V zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertungen. Der Vorschrift kann nicht entnommen werden, der Gesetzgeber sehe in der Unf盲higkeit des Partners, auf nat眉rlichem Wege Kinder zu zeugen, eine Erkrankung beider Partner, dh. auch des in seiner Fertilit盲t nicht eingeschr盲nkten Partners. Empf盲ngnis- und Zeugungsunf盲higkeit werden, wie 搂 27 Abs. 1 Satz 5 SGB V best盲tigt, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung grunds盲tzlich als Krankheit angesehen (vgl. BSG 8. M盲rz 1990 鈥 3 RK 24/89 鈥 BSGE 66, 248) . Nach 搂 27 Abs. 1 Satz 5 iVm. Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verh眉ten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zur Krankenbehandlung geh枚ren auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empf盲ngnisf盲higkeit, wenn diese F盲higkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Demgegen眉ber regelt 搂 27a SGB V k眉nstliche Befruchtung als besonderen Versicherungsfall. Die Vorschrift stellt gerade nicht auf eine Erkrankung eines oder beider Partner ab, sondern 鈥 insbesondere auch in F盲llen in denen ein 鈥瀔ranker Versicherter鈥 nicht gefunden werden kann, weil die medizinische Ursache der Sterilit盲t ungekl盲rt ist 鈥 allein auf die Unf盲higkeit des Paares, auf nat眉rlichem Wege Kinder zu zeugen (BSG 25. Juni 2009 鈥 B 3 KR 7/08 R 鈥 Rn. 13; 3. M盲rz 2009 鈥 B 1 KR 12/08 R 鈥 Rn. 14) .
d) Die Fehlzeiten der Kl盲gerin ab Juli 2014 wurden unstreitig erst durch In-vitro-Fertilisationen verursacht.
aa) In-vitro-Fertilisation ist eine Methode der k眉nstlichen Befruchtung, bei der entnommene Eizellen mit pr盲parierten Spermien befruchtet und die Embryos anschlie脽end in den Uterus der Frau transferiert werden. Der Vorgang l盲uft in mehreren Schritten ab, darunter die hormonelle Stimulation der Eierst枚cke mit dem Ziel, mehrere Eizellen gleichzeitig zur Reifung zu bringen, die Entnahme der Eizellen durch Follikelpunktion, die Befruchtung einer oder mehrerer Eizellen mit aufbereiteten Spermien und die Einsetzung der befruchteten Eizelle oder Eizellen in die Geb盲rmutter mit dem Ziel der Einnistung.
bb) Die Kl盲gerin hat den Zeitpunkt und Verlauf der Behandlungen und einen durch sie hervorgerufenen, zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrenden krankhaften Zustand bisher nicht dargelegt. Sie m眉sste bezogen auf die einzelnen Zeitr盲ume, in denen nach ihrem Behaupten ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestanden haben soll, darlegen, aus welchen Gr眉nden sie 鈥 obwohl die behandelnden 脛rzte wegen 鈥瀖edizinischer Eingriffe im Rahmen von In-vitro-Fertilisationen bzw. zum Schutz des ungeborenen Lebens鈥 鈥濧rbeitsunf盲higkeit鈥 bescheinigten 鈥 krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sein soll, die vertraglich geschuldete T盲tigkeit auszu眉ben. Hierzu w盲ren Zeitpunkt und Ablauf der In-vitro-Fertilisationen unter Angabe der im Einzelnen vorgenommenen Ma脽nahmen und Eingriffe sowie ihrer Folgen zu schildern.
III. Sollte die Kl盲gerin schl眉ssig darlegen, in den Zeitr盲umen ab 14. Juli 2014 insgesamt oder zum Teil krankheitsbedingt arbeitsunf盲hig gewesen zu sein und sollte es dem Beklagten nicht gelingen, dies zu widerlegen, k盲me ein Entgeltfortzahlungsanspruch nur bei unverschuldeter Arbeitsunf盲higkeit in Betracht.
1. Es ist umstritten, ob durch In-vitro-Fertilisation verursachte krankheitsbedingte Arbeitsunf盲higkeit verschuldet iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist.
a) Zum Teil wird ein Verschulden generell verneint, weil die In-vitro-Fertilisation im Interesse der Arbeitnehmerin vorgenommen werde und mit verh盲ltnism盲脽ig geringen Risiken verbunden sei. Sie k枚nne daher nicht gegen die Interessen eines verst盲ndigen Menschen versto脽en (Treber EFZG 2. Aufl. 搂 3 Rn. 34; HK-ArbR/Spengler 3. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 19; ErfK/Reinhard 16. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 10, 28) . Zudem handele es sich um ein sozialad盲quates Verhalten (Reinhard/Reinhard EFZG 搂 3 EFZG Rn. 87) .
b) Nach anderer Ansicht soll die infolge In-vitro-Fertilisation eintretende Arbeitsunf盲higkeit unverschuldet iSd. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG sein, wenn die Voraussetzungen des 搂 27a SGB V erf眉llt sind. Die dort vorgenommenen Wertentscheidungen seien auf das Recht der Entgeltfortzahlung zu 眉bertragen (NK-GA/Sievers 搂 3 EFZG Rn. 39; Vogelsang Entgeltfortzahlung Rn. 80; Schmitt EFZG und AAG 7. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 80, 82; HWK/Schliemann 7. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 69; wohl auch D眉well NZA 2009, 759, 761; LAG D眉sseldorf 13. Juni 2008 鈥 10 Sa 449/08 鈥 zu II 1 b aa der Gr眉nde; bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des 搂 27a SGB V bereits die Krankheit/Arbeitsunf盲higkeit ausschlie脽end: Worzalla/S眉llwald Kommentar zur Entgeltfortzahlung 2. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 12; Feichtinger/Malkmus Entgeltfortzahlungsrecht 2. Aufl. 搂 3 EFZG Rn. 191) .
c) Zum Teil wird zwar ein Verschulden verneint, eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung jedoch mit der Begr眉ndung abgelehnt, die In-vitro-Fertilisation diene allein der Erf眉llung h枚chstpers枚nlicher W眉nsche und der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts des Arbeitnehmers (M眉ller-Roden NZA 1989, 128, 131) .
2. Ob ein anspruchsausschlie脽endes Verschulden iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG vorliegt, h盲ngt davon ab, ob krankheitsbedingte Arbeitsunf盲higkeit als vorhersehbare, willentlich herbeigef眉hrte Folge einer komplikationslosen In-vitro-Fertilisation eintritt oder sich Krankheitsrisiken realisieren, die mit der k眉nstlichen Befruchtung oder einer ggf. durch sie bewirkten Schwangerschaft einhergehen.
a) Schuldhaft iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Ma脽e gegen die von einem verst盲ndigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verst枚脽t (BAG 18. M盲rz 2015 鈥 10 AZR 99/14 鈥 Rn. 13, BAGE 151, 159) .
aa) Bei dem Verschulden iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt es sich nicht um ein Verschulden iSv. 搂 276 BGB, der das Ma脽 an Verhaltensanforderungen des Schuldners gegen眉ber Dritten bestimmt. Das Entstehen einer Krankheit und/oder die daraus resultierende Arbeitsunf盲higkeit betrifft die Person des Arbeitnehmers selbst. Es gilt deshalb festzustellen, ob ein 鈥濾erschulden gegen sich selbst鈥 vorliegt. Schuldhaft im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts handelt deshalb nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Ma脽e gegen die von einem verst盲ndigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verst枚脽t. Dabei ist 鈥 anders als bei der Haftung f眉r Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten nach 搂 277 BGB 鈥 von einem objektiven Ma脽stab auszugehen. Erforderlich ist ein grober oder gr枚blicher Versto脽 gegen das Eigeninteresse eines verst盲ndigen Menschen und damit ein besonders leichtfertiges oder vors盲tzliches Verhalten (BAG 18. M盲rz 2015 鈥 10 AZR 99/14 鈥 Rn. 14, BAGE 151, 159) . Das Risiko der Unaufkl盲rbarkeit der Ursachen einer Krankheit oder Arbeitsunf盲higkeit und eines m枚glichen Verschuldens des Arbeitnehmers daran liegt beim Arbeitgeber (BAG 18. M盲rz 2015 鈥 10 AZR 99/14 鈥 Rn. 16, aaO) .
bb) Mit 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG soll einerseits der Arbeitnehmer bei unverschuldeter krankheitsbedingter Arbeitsunf盲higkeit finanziell abgesichert werden, andererseits sollen Kostenrisiken zwischen Arbeitgeber und Krankenversicherung verteilt werden (BAG 12. Dezember 2001 鈥 5 AZR 255/00 鈥 zu B II 2 b der Gr眉nde, BAGE 100, 130; 18. M盲rz 2015 鈥 10 AZR 99/14 鈥 Rn. 15, BAGE 151, 159) . Ausgehend von dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist das zu wahrende Eigeninteresse allein das Interesse des Arbeitnehmers, seine Gesundheit zu erhalten und zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrende Erkrankungen zu vermeiden. Ausschlie脽lich dieses ist Bezugspunkt eines anspruchsausschlie脽enden Verschuldens iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG.
b) Kein Eigeninteresse iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist die Erf眉llung eines Kinderwunsches. Dies gilt, auch wenn Kinder zu haben und aufzuziehen, nicht nur gesellschaftlich w眉nschenswert ist, sondern f眉r viele Menschen 鈥 unabh盲ngig vom Familienstand 鈥 eine zentrale Sinngebung ihres Lebens bedeutet und ungewollte Kinderlosigkeit h盲ufig als schwere Belastung erlebt wird (vgl. BFH 10. Mai 2007 鈥 III R 47/05 鈥 Rn. 21, BFHE 218, 141 zur Ber眉cksichtigung von Aufwendungen einer unverheirateten, auf nat眉rlichem Weg nicht empf盲ngnisf盲higen Frau f眉r k眉nstliche Befruchtung als au脽ergew枚hnliche Belastung iSv. 搂 33 Abs. 1 EStG) . Der Kinderwunsch betrifft die individuelle Lebensgestaltung des Arbeitnehmers (vgl. BVerfG 27. Februar 2009 鈥 1 BvR 2982/07 鈥 Rn. 13, BVerfGK 15, 152) und nicht das nach 搂 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG vom Arbeitgeber, als gesetzlicher Ausgestaltung seiner F眉rsorgepflicht, zeitlich begrenzt zu tragende allgemeine Krankheitsrisiko (vgl. zu 搂 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG und zur Entgeltfortzahlung bei Organspenden BAG 6. August 1986 鈥 5 AZR 607/85 鈥 zu I der Gr眉nde, BAGE 52, 313) .
c) Entschlie脽t sich die in ihrer Empf盲ngnisf盲higkeit nicht eingeschr盲nkte Arbeitnehmerin zur Erf眉llung ihres Kinderwunsches zu einer In-vitro-Fertilisation, ist f眉r die Pr眉fung, ob ein anspruchsausschlie脽endes Verschulden iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG gegeben ist, von Folgendem auszugehen:
aa) Verschuldet ist die Arbeitsunf盲higkeit nicht schon, wenn die in 搂 27a SGB V genannten Voraussetzungen eines Anspruchs auf anteilige Kostentragung der gesetzlichen Krankenversicherung f眉r Sachleistungen bei In-vitro-Fertilisation nicht erf眉llt sind. Umgekehrt ist ein Verschulden nicht generell ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen von 搂 27a SGB V erf眉llt sind. Es gibt im Entgeltfortzahlungsgesetz keine Anhaltspunkte, die eine 搂 27a SGB V entsprechende Einschr盲nkung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung oder eine an 搂 27a SGB V orientierte einschr盲nkende Auslegung von 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG rechtfertigen k枚nnten.
bb) Es ist vielmehr ausgehend von der Zielsetzung des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu differenzieren.
(1) Wird erst durch In-vitro-Fertilisation willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunf盲higkeit bedingende Erkrankung herbeigef眉hrt, ist von einem vors盲tzlichen Versto脽 gegen das Eigeninteresse eines verst盲ndigen Menschen, Gesundheit zu erhalten und zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrende Erkrankungen zu vermeiden, auszugehen und ein Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Verschuldens iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG ausgeschlossen.
(2) Ein Verschulden iSv. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation, die nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf 盲rztliche Anordnung vorgenommen wird, eine zur Arbeitsunf盲higkeit f眉hrende Erkrankung auftritt, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.
(3) Verwirklichen sich Krankheitsrisiken, weil die mit der In-vitro-Fertilisation einhergehenden Ma脽nahmen und Eingriffe 鈥 f眉r die Arbeitnehmerin ohne weiteres erkennbar oder mit ihrem Wissen 鈥 nicht nach anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf 盲rztliche Anordnung vorgenommen wurden, ist von einem Verschulden iSd. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG auszugehen.
(4) Ab dem Zeitpunkt des Embryonentransfers gelten im Hinblick auf ein Verschulden iSd. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG die gleichen Grunds盲tze wie bei einer durch nat眉rliche Empf盲ngnis herbeigef眉hrten Schwangerschaft.
(a) Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Geb盲rmutter anzusehen, dh. der Zeitpunkt der Verbindung einer befruchteten Eizelle mit dem Organismus der Frau durch den Embryonentransfer (vgl. ausf眉hrlich zum Meinungsstand BAG 26. M盲rz 2015 鈥 2 AZR 237/14 鈥 Rn. 19 ff. mwN, BAGE 151, 189) . Auch bei der nat眉rlichen Empf盲ngnis beginnt die Schwangerschaft mit der Konzeption, nicht erst mit der Nidation (BAG 26. M盲rz 2015 鈥 2 AZR 237/14 鈥 Rn. 23, BAGE 151, 189) .
(b) Mit dem Embryonentransfer ist ein Zustand erreicht, der demjenigen einer durch nat眉rliche Befruchtung herbeigef眉hrten Schwangerschaft entspricht. F眉r die Arbeitnehmerin, die sich einer In-vitro-Fertilisation unterzogen hat, gelten im Hinblick auf die Erhaltung ihrer Gesundheit und Arbeitsf盲higkeit als zu wahrendes Eigeninteresse dieselben Verhaltensobliegenheiten und Verschuldensma脽st盲be iSd. 搂 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EFZG wie f眉r eine auf anderem Wege schwanger gewordene Arbeitnehmerin, in einer im 脺brigen vergleichbaren Situation.
3. Hiervon ausgehend k枚nnte erst, wenn die Kl盲gerin Zeitpunkt und Ablauf der In-vitro-Fertilisationen unter Angabe der im Einzelnen vorgenommenen Ma脽nahmen und Eingriffe sowie ihrer Folgen darlegte und der Beklagte Gelegenheit hatte, hierzu Stellung zu nehmen, beurteilt werden, ob eine m枚glicherweise eingetretene Arbeitsunf盲higkeit von der Kl盲gerin verschuldet war.
IV. Wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den Ursachen einer m枚glicherweise bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunf盲higkeit kann derzeit auch nicht entschieden werden, ob einem Entgeltfortzahlungsanspruch teilweise 搂 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG entgegenstand.
1. Wird ein Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunf盲hig, verliert er nach 搂 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG wegen der erneuten Arbeitsunf盲higkeit den Entgeltfortzahlungsanspruch f眉r einen weiteren Zeitraum von h枚chstens sechs Wochen nur dann nicht, wenn er vor der erneuten Arbeitsunf盲higkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunf盲hig war (Nr. 1) oder seit Beginn der ersten Arbeitsunf盲higkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zw枚lf Monaten abgelaufen ist (Nr. 2). Vor Ablauf dieser Frist entsteht ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch f眉r die Dauer von sechs Wochen daher nur dann, wenn die Arbeitsunf盲higkeit auf einer anderen Krankheit beruht (BAG 10. September 2014 鈥 10 AZR 651/12 鈥 Rn. 25, BAGE 149, 101) .
2. Ist der Arbeitnehmer innerhalb der Zeitr盲ume des 搂 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG l盲nger als sechs Wochen an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert, gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zun盲chst muss der Arbeitnehmer 鈥 soweit sich aus der Arbeitsunf盲higkeitsbescheinigung dazu keine Angaben entnehmen lassen 鈥 darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung besteht. Hierzu kann er eine 盲rztliche Bescheinigung vorlegen. Bestreitet der Arbeitgeber, dass eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung bestanden. Dabei hat er den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung hat der Arbeitgeber zu tragen (BAG 13. Juli 2005 鈥 5 AZR 389/04 鈥 zu I 6 der Gr眉nde, BAGE 115, 206; 10. September 2014 鈥 10 AZR 651/12 鈥 Rn. 27, BAGE 149, 101) .
3. Ob eine ggf. bestehende Arbeitsunf盲higkeit der Kl盲gerin jeweils durch neue Erkrankungen oder durch eine oder mehrere Fortsetzungserkrankung(en) bedingt war, steht derzeit nicht fest. Den Parteien ist deshalb unter Ber眉cksichtigung der vorgenannten Grunds盲tze einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast zun盲chst Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben. Im erneuten Berufungsverfahren wird zu beachten sein, dass eine Fortsetzungserkrankung auch dann vorliegt, wenn sich 鈥 trotz verschiedener Krankheitssymptome 鈥 eine Erkrankung als eine Fortsetzung der fr眉heren darstellt, weil die wiederholte Arbeitsunf盲higkeit auf demselben nicht behobenen Grundleiden beruht (BAG 13. Juli 2005 鈥 5 AZR 389/04 鈥 zu I 4 der Gr眉nde, BAGE 115, 206;14. November 1984 鈥 5 AZR 394/82 鈥 zu 1 der Gr眉nde, BAGE 47, 195; 25. Mai 2016 鈥 5 AZR 318/15 鈥 Rn. 11) . Es wird deshalb auch zu pr眉fen sein, ob eine ggf. ab 14. Juli 2014 eingetretene Arbeitsunf盲higkeit der Kl盲gerin insgesamt oder teilweise auf demselben Grundleiden beruhte wie ihre Arbeitsunf盲higkeit im Zeitraum vom 26. Mai bis zum 3. Juni 2014.
B. Als Rechtsgrund f眉r die vom Beklagten geleisteten Zahlungen k盲me ein Anspruch der Kl盲gerin auf Mutterschutzlohn nach 搂 11 iVm. 搂 3 Abs. 1 MuSchG in Betracht.
I. Lag in den Zeitr盲umen ab 14. Juli 2014 keine oder keine durchgehende Erkrankung vor oder f眉hrte eine Krankheit nicht zur Arbeitsunf盲higkeit der Kl盲gerin, w盲ren zwar die Voraussetzungen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs nach 搂 3 Abs. 1 EFZG nicht gegeben, es k枚nnte aber eine Verg眉tungspflicht des Beklagten nach 搂 11 MuSchG bestanden haben, wenn die behandelnden 脛rzte 鈥濧rbeitsunf盲higkeit鈥 bescheinigten, weil sie bei Fortdauer der Besch盲ftigung der Kl盲gerin das ungeborene Leben als gef盲hrdet ansahen (vgl. BAG 13. Februar 2002 鈥 5 AZR 753/00 鈥 zu I 4 der Gr眉nde mwN) .
1. In einem Arbeitsverh盲ltnis stehenden Frauen ist nach 搂 11 MuSchG unter den weiteren in der Vorschrift genannten Voraussetzungen vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, ua. dann weiter zu gew盲hren, wenn sie wegen eines Besch盲ftigungsverbots nach 搂 3 Abs. 1 MuSchG teilweise oder v枚llig mit der Arbeit aussetzen.
2. Ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach 搂 11 MuSchG kommt danach f眉r Zeitr盲ume nach dem Embryonentransfer, der bei einer In-vitro-Fertilisation als Beginn der Schwangerschaft anzusehen ist (vgl. Rn. 46) , in Betracht, soweit nach 盲rztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Besch盲ftigung gef盲hrdet ist. F眉r fr眉here Zeitr盲ume scheidet ein Anspruch mangels Schwangerschaft aus.
II. Auf Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Kl盲gerin Anspruch auf Zahlung von Mutterschutzlohn nach 搂 11 MuSchG hatte. Es steht bisher nicht fest, ob den Fehlzeiten der Kl盲gerin insgesamt oder zum Teil ein Embryonentransfer vorausging, ob die behandelnden 脛rzte, indem sie zum Schutz des ungeborenen Lebens 鈥濧rbeitsunf盲higkeit鈥 bescheinigten, konkludent ein Besch盲ftigungsverbot aussprachen und ob im 脺brigen die Voraussetzungen eines Besch盲ftigungsverbots nach 搂 3 Abs. 1 MuSchG erf眉llt waren. Nachdem die Vorinstanzen hierauf nicht hingewiesen haben, ist den Parteien im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu erg盲nzen.
C. Sollte die Kl盲gerin f眉r die Fehlzeiten Verg眉tung ohne Rechtsgrund erhalten haben, ist im erneuten Berufungsverfahren zu pr眉fen, ob und ggf. in welcher H枚he der streitgegenst盲ndliche Anspruch der Kl盲gerin durch Aufrechnungserkl盲rung des Beklagten iSd. 搂 388 BGB nach 搂 389 BGB erloschen ist.
I. Eine Aufrechnung setzt voraus, dass klar ist, mit welcher Forderung gegen die Hauptforderung aufgerechnet wird. F眉r die Geltendmachung einer Aufrechnung mit einer Gegenforderung gilt der Bestimmtheitsgrundsatz des 搂 253 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG 17. September 2013 鈥 3 AZR 300/11 鈥 Rn. 102) . Nach 搂 322 Abs. 2 ZPO ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur H枚he des Betrags, f眉r den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft f盲hig. Der Umfang der Rechtskraft darf nicht unklar bleiben. Auch wenn die Klage aufgrund einer Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, welche der zur Aufrechnung gestellten Gegenanspr眉che in welcher H枚he erloschen sind (vgl. BAG 22. M盲rz 2000 鈥 4 AZR 120/99 鈥 zu II der Gr眉nde; 23. Februar 2016 鈥 9 AZR 226/15 鈥 Rn. 25) .
II. Dies ist vorliegend bisher nicht der Fall.
1. Anhand der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen ist nicht erkennbar, wie sich die vom Beklagten zuletzt mit Schreiben vom 10. M盲rz 2015 geltend gemachte Gegenforderung iHv. 4.647,91 Euro netto zusammensetzt. Dem Vortrag des Beklagten kann nicht entnommen werden, f眉r welche Zeiten er in welcher H枚he die R眉ckzahlung geleisteter Entgeltfortzahlung als Teil der Gesamtforderung von 4.647,91 Euro netto geltend machte. Es kann deshalb selbst unter Ber眉cksichtigung der Tilgungsreihenfolge aus 搂 396 Abs. 1 Satz 2 iVm. 搂 366 Abs. 2 BGB nicht festgestellt werden, welcher Teil des Anspruchs der Kl盲gerin ggf. durch Aufrechnung des Beklagten erloschen ist.
2. Nachdem der Beklagte in den Vorinstanzen nicht auf die m枚glicherweise fehlende Bestimmtheit der Aufrechnungserkl盲rung hingewiesen wurde, ist ihm Gelegenheit zur Erg盲nzung seines Vortrags zu geben. In diesem Zusammenhang wird der Beklagte auch darzulegen haben, in welcher H枚he R眉ckforderungsanspr眉che bereits durch Aufrechnungen in den Monaten Januar und Februar 2015 erloschen sind.
3. Dar眉ber hinaus wird das Landesarbeitsgericht die vom Beklagten darzulegende Einhaltung der nach 搂 394 Satz 1 BGB zu beachtenden Pf盲ndungsfreigrenzen (vgl. BAG 23. Februar 2016 鈥 9 AZR 226/15 鈥 Rn. 23) zu 眉berpr眉fen haben.
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Unterschriften
M眉ller-Gl枚ge, Weber, Volk, A. Christen, Dirk Pollert
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Fundstellen
亿兆体育-Index 10126608 |
BAGE 2017, 102 |
BB 2017, 116 |
DB 2017, 9 |
NJW 2017, 1129 |
FamRZ 2017, 576 |
FA 2017, 84 |
NZA 2017, 12 |
NZA 2017, 240 |
ZTR 2017, 103 |
AP 2017 |
EzA-SD 2017, 11 |
EzA 2017 |
JuS 2017, 557 |
MDR 2017, 406 |
NZA-RR 2017, 403 |
NZA-RR 2017, 6 |
AUR 2017, 125 |
ArbRB 2017, 37 |
ArbR 2017, 67 |
NJW-Spezial 2017, 84 |
RdW 2017, 184 |
AP-Newsletter 2017, 16 |
FSt 2017, 600 |