Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Vermieters

Wollen Vermieter Ersatzansprüche wegen Schäden an der Mietsache geltend machen, sollten sie damit nicht zu lange warten. Der Lauf der Verjährung kann nämlich zeitlich schon weit vor Beendigung des Mietvertrages mit dem Rückerhalt der Mietsache beginnen.

Die gesetzliche Frist für die Verjährung der Ansprüche eines Vermieters gegen den Mieter wegen Schäden des Mietobjekts ist mit 6 Monaten kurz bemessen. Der Lauf der Frist beginnt bereits mit dem „Rückerhalt“ der Mietsache und nicht erst mit Vertragsbeendigung. In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH präzisiert, was unter „Rückerhalt“ zu verstehen ist.

Schlüssel 5 Monate vor Mietvertragsende in Briefkasten des Vermieters geworfen

Dem vom BGH in der Revisionsinstanz entschiedenen Rechtsstreit lag ein Streit über mögliche Schadensersatzansprüche des Vermieters aus einem gewerblichen Mietverhältnis zu Grunde. Nach einer ca. 13-jährigen Mietzeit kündigte die Mieterin das Mietobjekt im Juni 2020 zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen wurde die Kündigung zum 4. Juni 2021 wirksam. Am 31. Dezember 2020 - also mehr als 5 Monate vor Mietvertragsende - warf die Mieterin sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Der Vermieter erklärte Anfang Januar 2021 schriftlich, mit dieser Form der Rückgabe nicht einverstanden zu sein.

Vermieter fordert Ersatz für Mietschäden

Zum Mietvertragsende forderte der Vermieter im Juni 2021 die ehemalige Mieterin unter Fristsetzung schriftlich zur Beseitigung erheblicher Mängel und Schäden an dem Mietobjekt auf. Ende August 2021 beantragte der Vermieter wegen der Kosten für die Beseitigung der Schäden einen Mahnbescheid. Nach Verrechnung mit einem bestehenden Kautionsguthaben forderte er hierfür einen Betrag von etwas über 32.000 Euro.

6-monatige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Vermieters

Kernpunkt des Rechtsstreits war die Frage, ob die Schadensersatzansprüche des Vermieters zum Zeitpunkt der Beantragung bzw. des Zugangs des Mahnbescheids bereits verjährt waren. Der BGH bejahte dies unter Hinweis auf § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in 6 Monaten. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Mietobjekt mit Kenntnis vom Schlüsseleinwurf zurückerhalten

Nach der Entscheidung des BGH hatte der Kläger die Mietsache spätestens mit Kenntniserlangung vom Einwurf der Schlüssel in seinen Hausbriefkasten vollständig zurückerhalten. Diese Kenntnis hatte der Vermieter nach seiner eigenen Einlassung spätestens am 7. Januar 2021 erlangt, sodass die 6-monatige Verjährungsfrist am 7.7.2021 endete, also deutlich vor Beantragung des Mahnbescheids.

Wann hat der Vermieter die Mietsache zurückerhalten?

In seiner Entscheidung setzte der BGH sich ausführlich mit dem von § 548 BGB verwendeten Begriff des Rückerhalt der Mietsache auseinander und kam zu folgenden Feststellungen:

  • Der Rückerhalt der Mietsache setzt eine vollständige Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, denn erst mit Zurückerlangung der Sachherrschaft über die Mietsache kann sich der Vermieter ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen des Mietobjekts machen (BGH, Urteil v. 27.2.2019, XII ZR 63/18).
  • Der vollständige Rückerhalt der Mietsache erfordert darüber hinaus eine vollständige Aufgabe des Besitzes durch den Mieter (d.h. u.a. Rückgabe sämtlicher Schlüssel). Erst dann kann der Mieter keine weiteren Schäden mehr verursachen (BGH, Urteil v. 8.1.2014, XII ZR 12/13).
  • Da der Begriff des Rückerhalts an die tatsächliche Sachherrschaft geknüpft ist, ist die Frage, ob das Mietverhältnis zum Zeitpunkt des Rückerhalts noch fortbesteht oder schon beendet ist, für die Beurteilung unerheblich. Daher kann der Lauf der Verjährungsfrist auch schon vor Beendigung des Mietverhältnisses beginnen.

Rückerhalt durch Schlüsseleinwurf in den Hausbriefkasten des Vermieters

In seiner Entscheidung stellte der BGH klar, dass der Vermieter nicht verpflichtet ist, eine Mietsache auf bloßen Zuruf des Mieters zurückzunehmen. Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob ein Vermieter vor Beendigung des Mietverhältnisses zur Rücknahme der Mietsache verpflichtet ist. Im konkreten Fall kam es nach Auffassung des BGH auf diese Fragen nicht an. Mit Einwurf der Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters sei eine vollständige Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters eingetreten, und zwar spätestens im Zeitpunkt seiner Kenntnis. Sei der Vermieter - wie hier - alleine im Besitz der Schlüssel, so habe er auch die alleinige und vollständige Sachherrschaft.

Kein ungerechtfertigter Nachteil für Vermieter

Im Ergebnis entstand dem Kläger durch den Rückerhalt des Mietobjekts nach Auffassung des BGH auch kein unbilliger Nachteil. Die nach dem Gesetz für den Beginn der Verjährung vorausgesetzte Möglichkeit der ungehinderten und vollständigen Kenntnisnahme vom Zustand des Mietobjekts sei mit Erhalt sämtlicher Schlüssel für den Kläger in keiner Weise mehr eingeschränkt gewesen. Er habe so eine einfache Möglichkeit gehabt, vorhandene Schäden festzustellen und diese innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist gegen die Beklagte geltend zu machen.

Schadensersatzansprüche des Vermieters sind verjährt

Zum Zeitpunkt der Beantragung des Mahnbescheids im August 2021 waren die Ansprüche des Klägers nach der Bewertung des BGH gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjährt und die Klage insoweit abzuweisen.


(BGH, Urteil v. 29.1.2025, XII ZR 96/23)