Wie können Arbeitgeber auf rassistische Äußerungen ihrer Mitarbeitenden reagieren?

Fremdenfeindliches Verhalten oder rechtsradikale Kommentare von einzelnen Mitarbeitenden oder Gruppen beschäftigen Unternehmen immer wieder. Dabei geht es nicht nur um das Verhalten am Arbeitsplatz - immer öfter wirken sich rassistische und menschenverachtende Äußerungen in den sozialen Medien oder in privaten Chatgruppen auch auf das Arbeitsverhältnis aus. In vielen Fällen führt privates Verhalten zu arbeitsrechtlichen Sanktionen. Insbesondere werden immer öfter üԻ徱ܲԲen wegen privater Äußerungen auf Social Media ausgesprochen – oder aber, weil diskriminierende Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen in privaten Whatsapp-Gruppen nach außen dringen.
Doch wann berechtigen unerwünschte Äußerungen von Beschäftigten den Arbeitgeber zur üԻ徱ܲԲ und wann sind diese rein privat und vom Arbeitgeber zu akzeptieren?
Diskriminierung: Meinungsfreiheit hat Grenzen
Arbeitgeber müssen fremdenfeindliche oder beleidigende Äußerungen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerper se nicht hinnehmen. Dies gilt sowohl für öffentlicheÄußerungen am Arbeitsplatz, aber unter Umständen auch für öffentlicheStatements im Netz - zum Beispiel fürPostings vonArbeitnehmenden in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitterund Co, aufpersönlichen Blogs oder Youtube-Kanälen.
Die im Grundgesetz (GG) in Artikel 5verankerte Meinungsfreiheit räumt zwar grundsätzlich jedem das Recht ein, seine Meinung frei zu äußern. Dies gilt auch für Kommentare und Äußerungen im Internet. Es gibt jedoch - im Netz und außerhalb - auch Grenzen: Die Meinungsfreiheit kann insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) und allgemeine Gesetze beschränkt werden.
Beleidigen, verleumden, hetzen: Auf Straftat kann üԻ徱ܲԲ folgen
Eine üԻ徱ܲԲ kommtinsbesondere dann in Betracht, wenndie fremdenfeindliche Äußerung einen Straftatbestand erfüllt,beispielsweise den derVolksverhetzung, Beleidigung oder Verleumdung. Eine rechtmäßige üԻ徱ܲԲ ist auch möglich, wenn sich durch die Äußerungen des oder der ArbeitnehmendenimInternet ein Rückschluss auf den Arbeitgeber ergibt, wenn die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend ist und der oder die Mitarbeitendedamit eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht verletzt.
Ob ein solcher Fall vorliegt, muss jedoch immer im Einzelfall geprüft werden und mittels einer genauen Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und der Rücksichtnahmepflicht aus dem Arbeitsverhältnis erfolgen.
Die fristlose üԻ徱ܲԲ eines Therapeuten, der im Internet eine Gedenkseite für einen verstorbenen Patienten einrichtete und schwere Vorwürfe gegen den Arbeitgeber erhob, hielt das LAG Thüringen für berechtigt.Auch in diesem Fall stellte das Gericht fest, dass das Recht auf Meinungsfreiheit nicht schrankenlos gilt: Nach § 241 Abs. 2 BGB sei der Arbeitnehmer verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers zu nehmen. Die Abwägung der Einzelheitenergebe im konkreten Fall, dass der Arbeitnehmer die Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten habe.
Für üԻ徱ܲԲ entscheidend: privater oder öffentlicher Arbeitgeber?
Bei einer solchen Abwägung muss insbesondere unterschieden werden, ob es sich um einen privaten oder öffentlichen Arbeitgeber handelt. Bei einem privaten Arbeitgeber ist grundsätzlich nur das Verhalten innerhalb des Betriebs maßgeblich - es sei denn, es hat Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis. Bei einem öffentlichen Arbeitgeber kann auch das Verhalten außerhalb des Betriebs eine Rolle spielen.
Privatesgenießt (manchmal) Schutz
Privates bleibt privat? Grundsätzlich fällt vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des ʱöԱٲs. Daher entscheiden Gerichte häufig, dass Mitarbeitendedarauf vertrauen können, dass Äußerungen und Bilderchats auf privaten Smartphonesnicht nach außen getragenwürden. Auch wenn Beschäftigte sichin vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen äußern, dürfen sienach BAG-Rechtsprechung regelmäßig darauf vertrauen, dass ihre Äußerungen nicht nach außen getragen werden (BAG 10. Dezember 2009, 2 AZR 534/08).
Doch dass gekündigte Mitarbeitende sich nicht in jedem Fall auf den Vertrauensschutz berufen können, hat das BAG erst kürzlich klargestellt: Auch Arbeitnehmende, die sich privat in einerChatgruppe in beleidigender und menschenverachtender Weise über Vorgesetzte und Kollegenäußern, können fristlos gekündigt werden. Die Beurteilungsei abhängig vom Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe.Nur im Ausnahmefall könne man sich darauf berufen, dass die Chatinhalte vertraulich waren. (Lesen Sie hier mehr: Fristlose üԻ徱ܲԲ wegen Äußerungen in einer Chatgruppe).
üԻ徱ܲԲ nach Beleidigung: Das Netz ist kein rechtsfreier Raum
Es sollte jedem klar sein,dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist.Beleidigungen oder Hass-Posts im Netz oder in Chats, die den Arbeitgeber oder Vorgesetzte zum Ziel haben, können den Arbeitgeberalso grundsätzlich zur ordentlichen üԻ徱ܲԲ - auch ohne vorangegangene Abmahnung - berechtigen. Bei einer groben Beleidigung und menschenverachtendenÄußerungen kann durchaus eine fristlose üԻ徱ܲԲ gerechtfertigt sein.Grundsätzlichkommt esaufdie Umständeim konkreten Einzelfall an.
Eine üԻ徱ܲԲ wegen grober Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen kann in Einzelfällen ohne vorherige Abmahnung unwirksam sein. Eine Abmahnung hieltdas LAG Thüringen für erforderlich, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass Arbeitnehmenden aufgrund menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen der Blick für die Bedeutung ihrer Äußerungen verstellt gewesen sein könnte.
Das Landesarbeitsgericht Hamm stufte die Äußerungen eines Auszubildenden auf Facebook, sein Chef sei ein "Menschenschinder", als Beleidigung ein und wies seine üԻ徱ܲԲsschutzklage ab.
Ausländerfeindliche Bemerkungen gegenüber Kollegen
Beleidigungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen können ebenfalls eine üԻ徱ܲԲ rechtfertigen.Die üԻ徱ܲԲ eines Daimler-Mitarbeiters, der einem türkischen Kollegen per Whatsapp beleidigende und fremdenfeindliche Nachrichten zusandte, hat das LAG Baden-Württemberg äپ.
Für unwirksam hielt dasArbeitsgericht Duisburg jedoch die üԻ徱ܲԲ eines Arbeitnehmers, der Kollegen auf seiner Facebook-Seite als "Speckrollen" und "Klugscheißer" bezeichnet hatte (Urteil vom 26. September 2012, 5 Ca 949/12).
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