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Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Einzelbescheiden bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten
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Leitsatz (NV)
Gegen zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten kann wahlweise ein Einzelbescheid oder ein zusammengefasster Bescheid ergehen. Ein Einkommensteuerbescheid, der lediglich an einen der Ehegatten adressiert wird, ist ein Einzelbescheid gegen眉ber diesem Steuerschuldner. Die Tatsache, dass der andere Ehegatte in dem Einzelbescheid nicht benannt wird, f眉hrt weder zur inhaltlichen Unbestimmtheit noch zur Nichtigkeit des Steuerbescheides.
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Normenkette
AO 1977 搂听44 Abs. 1, 搂搂听124-125, 155 Abs. 3 S. 1; EStG 搂 26b; BGB 搂 133
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) sind seit 1984 (Streitjahr) verheiratet. Die Kl盲ger beantragten f眉r das Streitjahr in der gemeinsamen Einkommensteuererkl盲rung vom 17. M盲rz 1986 die Zusammenveranlagung. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) f眉hrte unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung gem盲脽 搂 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Zusammenveranlagung durch und ber眉cksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 17. April 1986 (Erstbescheid) bei den Eink眉nften des Kl盲gers aus Vermietung und Verpachtung entsprechend den Angaben in der Steuererkl盲rung einen Werbungskosten眉berschuss in H枚he von 鈥 DM. Der Bescheid erging unter der Steuernummer, unter der der Kl盲ger mit seiner ersten, inzwischen geschiedenen Ehefrau gef眉hrt worden war, und wurde nur an den Kl盲ger adressiert. Danach erlie脽 das FA im Juli 1986 und am 14. Oktober 1988 脛nderungsbescheide gem盲脽 搂 164 Abs. 2 AO 1977, die wiederum nur an den Kl盲ger adressiert waren. Im Bescheid vom Oktober 1988 wurde der bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung bisher ber眉cksichtigte Werbungskosten眉berschuss nicht mehr anerkannt. Hiergegen legte (nur) der Kl盲ger Einspruch ein. Im Zuge der Einspruchsbearbeitung stellte das FA fest, dass die bisherigen Bescheide nur an den Kl盲ger adressiert gewesen waren. Daraufhin ergingen am 5. Januar 1993 zwei neue Einkommensteuerbescheide, die an den Kl盲ger und an die Kl盲gerin adressiert waren und in denen der geltend gemachte Werbungskosten眉berschuss bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung weiterhin unber眉cksichtigt blieb. Der von dem Kl盲ger und der Kl盲gerin hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begr眉ndung statt, der Bescheid vom 14. Oktober 1988 sei mangels eindeutiger Bezeichnung des Steuerschuldners unwirksam und der Bescheid vom 5. Januar 1993 habe wegen Festsetzungsverj盲hrung nicht mehr ergehen d眉rfen.
Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend.
Das FA beantragt sinngem盲脽, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Die Kl盲ger beantragen, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist teilweise begr眉ndet.
1. Die Revision f眉hrt, soweit der Kl盲ger betroffen ist, zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥).
a) Entgegen der Auffassung des FG ist der gegen den Kl盲ger gerichtete Bescheid vom 14. Oktober 1988 nicht unwirksam. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten m眉ssten stets zusammengefasste Bescheide ergehen und diese seien insgesamt unwirksam, wenn einer der Ehegatten als Inhaltsadressat nicht aufgef眉hrt sei. Im 脺brigen handelt es sich bei dem Bescheid vom 14. Oktober 1988 nicht um einen zusammengefassten Bescheid, sondern um einen gegen眉ber dem Kl盲ger ergangenen Einzelbescheid.
搂 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestimmt, dass bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten die Eink眉nfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtige behandelt werden. Aufgrund dieser Zusammenveranlagung sind die Ehegatten Gesamtschuldner der Einkommensteuer (搂 44 Abs. 1 AO 1977). Das Gesetz erm枚glicht gem盲脽 搂 155 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 f眉r den Fall, dass mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner schulden, den Erlass zusammengefasster Steuerbescheide, schreibt dies jedoch nicht vor. Gegen zusammen veranlagte Ehegatten kann wahlweise ein Einzelbescheid oder ein zusammengefasster Bescheid ergehen (Urteile des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 24. April 1990 IX R 58/85, BFH/NV 1991, 139; vom 24. November 1988 IV R 232/85, BFH/NV 1989, 782; vom 24. Mai 1985 VI R 204/82, BFHE 144, 121, BStBl II 1985, 583). Selbst wenn ein Zusammenveranlagungsbescheid in der Form des 搂 155 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 ergangen ist, enth盲lt dieser zwei inhaltlich und verfahrensrechtlich selbst盲ndige, nur der 盲u脽eren Form nach zusammengefasste Verwaltungsakte, die ein unterschiedliches (verfahrens-)rechtliches Schicksal haben k枚nnen (BFH-Urteil vom 24. April 1986 IV R 82/84, BFHE 146, 358, BStBl II 1986, 545).
Wird ein Einkommensteuerbescheid lediglich an einen der beiden Ehegatten adressiert, handelt es sich um einen Einzelbescheid gegen眉ber diesem Steuerschuldner. Die Tatsache, dass der andere Ehegatte in dem Einzelbescheid nicht benannt wird, f眉hrt entgegen der Auffassung des FG weder zur inhaltlichen Unbestimmtheit noch zur Nichtigkeit des Steuerbescheides. F眉r den Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts ist entscheidend, wie der Adressat selbst nach den ihm bekannten Umst盲nden 鈥晄einem "objektiven Verst盲ndnishorizont"鈥 den materiellen Gehalt der Erkl盲rung unter Ber眉cksichtigung von Treu und Glauben (vgl. 搂 133 des B眉rgerlichen Gesetzbuches 鈥旴GB鈥) verstehen konnte (BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791, m.w.N.). Dies gilt auch f眉r die Angabe des Inhaltsadressaten eines Bescheides (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. November 1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256; vom 7. November 1995 III R 111/89, BFH/NV 1996, 521). Zur Auslegung des Verwaltungsaktes ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tats盲chlichen Feststellungen des FG hierzu ausreichen.
Im Streitfall handelt es sich danach bei dem Steuerbescheid vom 14. Oktober 1988 nicht um einen zusammengefassten Bescheid, sondern um einen Einzelbescheid gegen眉ber dem Kl盲ger. Wird lediglich einer der Ehegatten als Adressat in einem Steuerbescheid genannt, ohne dass der andere Ehegatte erw盲hnt wird, kann er ihn nur als Einzelbescheid verstehen, auch wenn die Ehegatten Zusammenveranlagung beantragt haben. Der Wirksamkeit dieses Einzelbescheides steht nicht entgegen, dass er unter der alten Steuernummer des Kl盲gers ergangen ist. Bei einer Steuernummer handelt es sich lediglich um ein Zuordnungskriterium, das keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Steuerbescheides hat. Da der Bescheid vom 14. Oktober 1988 somit wirksam war, l盲uft die mit Ablauf des Jahres 1986 begonnene vierj盲hrige Festsetzungsfrist (搂 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 搂 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) nicht ab, bevor 眉ber den eingelegten Einspruch unanfechtbar entschieden worden ist (搂 171 Abs. 3 Satz 2 AO 1977). Der w盲hrend des Einspruchsverfahrens wiederum als Einzelbescheid gegen den Kl盲ger gerichtete 脛nderungsbescheid vom 5. Januar 1993 hat danach entgegen der Vorentscheidung die Festsetzungsfrist gewahrt und ist insoweit rechtm盲脽ig.
b) Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung nicht die erforderlichen Feststellungen zur Beantwortung der Frage getroffen, ob das FA bei den Eink眉nften des Kl盲gers aus Vermietung und Verpachtung den erkl盲rten Werbungskosten眉berschuss zu Recht nicht ber眉cksichtigt hat. Die Sache ist daher insoweit an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zur眉ckzuverweisen.
2. Hingegen stellt sich die Vorentscheidung, soweit die Kl盲gerin betroffen ist, im Ergebnis als richtig dar, und die Revision ist daher insoweit zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 4 FGO).
Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der gegen眉ber der Kl盲gerin erlassene Einkommensteuerbescheid vom 5. Januar 1993 rechtswidrig ist und die Kl盲gerin in ihren Rechten verletzt. Denn der gegen die Kl盲gerin gerichtete Bescheid vom 5. Januar 1993 war ein erstmaliger Bescheid, der die Festsetzungsfrist nicht gewahrt hat und daher nicht mehr ergehen durfte (搂 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977).
3. Der Ausspruch 眉ber die Kosten folgt aus 搂 143 Abs. 2 FGO. Der Senat entscheidet gem盲脽 搂 90 Abs. 2 i.V.m. 搂 121 Satz 1 FGO ohne m眉ndliche Verhandlung.
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Fundstellen
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BFH/NV 2000, 678 |
DStRE 2000, 470 |
HFR 2000, 502 |