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Leitsatz (amtlich)
1. Scheidet ein Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto aus einer OHG aus und wird er von den 眉brigen Gesellschaftern ohne Gegenleistung im Innenverh盲ltnis von den Gesellschaftsverbindlichkeiten freigestellt, so verwirklicht er dadurch grunds盲tzlich einen Gewinn, es sei denn, da脽 er wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter nach wie vor mit seiner Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgl盲ubiger rechnen mu脽.
2. Tritt danach Gewinnverwirklichung ein, wird der ausscheidende Gesellschafter aber sp盲ter wider Erwarten von den Gesellschaftsgl盲ubigern f眉r die Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen, so kann insoweit ein nachtr盲glicher Verlust aus Gewerbebetrieb entstehen. Dies gilt unabh盲ngig davon, ob die Gewinnverwirklichung im Jahr des Ausscheidens des Gesellschafters vom Finanzamt bejaht und der Besteuerung zugrunde gelegt wurde oder nicht.
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Normenkette
EStG 搂搂听4-5, 15-16
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) hatte am 25. November 1965 mit seiner Schwester, Frau F, und einem Herrn K eine OHG gegr眉ndet. Die Gr眉ndung erfolgte zur Fortf眉hrung eines ....betriebes, den die Gesellschafter kurz zuvor - durch Vertrag vom 15. November 1965 - k盲uflich 眉bernommen hatten. Der Kaufpreis f眉r den ....betrieb hatte in der 脺bernahme s盲mtlicher Verbindlichkeiten des Betriebs bestanden. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren der Kl盲ger und Frau F mit je 25 v. H., K mit 50 v. H. an der OHG beteiligt.
Da zwischen dem Kl盲ger und F einerseits und K andererseits Streit entstand, trennten sich die Gesellschafter bereits nach vier Monaten. In dem notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag vom 14. M盲rz 1966 wurde vereinbart, da脽 K den Betrieb vom 1. April 1966 an als Einzelfirma fortf眉hren sollte (was er bis zur Konkurser枚ffnung am 28. Juli 1967 auch tat). Er verpflichtete sich in 搂 3 des Auseinandersetzungsvertrages, die beiden ausscheidenden Gesellschafter im Innenverh盲ltnis von s盲mtlichen Schulden der Gesellschaft, die bis zu deren Ausscheiden begr眉ndet waren, einschlie脽lich der Schulden gegen眉ber der Sparkasse A freizustellen, w盲hrend die Ausscheidenden ihrerseits erkl盲rten, da脽 sie gegen眉ber der Sparkasse f眉r die Schulden der OHG eine Teilb眉rgschaft 眉bernehmen. In 搂 4 verzichteten sie auf die Zahlung einer Abfindungssumme sowie auf jeglichen Gewinnanspruch gegen眉ber der OHG mit der Einschr盲nkung, da脽 der Verzicht nur insoweit gelten sollte, als K seinen Verpflichtungen auf Freistellung gem盲脽 搂 3 des Auseinandersetzungsvertrages nachkommt.
Die Beteiligung an der OHG hatte zu laufenden Verlusten gef眉hrt. Diese ung眉nstige Entwicklung hatte es bereits vor Abschlu脽 des Auseinandersetzungsvertrages erforderlich gemacht, da脽 die drei Gesellschafter auf Veranlassung der Sparkasse die bei dieser damals bestehenden Firmenverbindlichkeiten der OHG mit Vertrag vom 28. Januar 1966 als pers枚nliche Schuld 眉bernahmen.
Am 19. April 1966 verb眉rgten sich der Kl盲ger, F sowie eine der Familie des Kl盲gers geh枚rende KG gesamtschuldnerisch "ohne zeitliche Beschr盲nkung" f眉r alle Anspr眉che der Sparkasse aus ihrer Gesch盲ftsverbindung mit der OHG bis zum Betrag von 136 000 DM. Wegen des Mehrbetrages der Firmenschulden wurden der Kl盲ger und F von ihrer Haftung freigestellt.
Es kam zur Inanspruchnahme aus der B眉rgschaft, und zwar im Streitjahr 1968 in H枚he von 124 000 DM
(113 352 DM Hauptforderung + 10 648 DM Zinsen). Die KG behandelte B眉rgschaftszahlungen in H枚he von 102 000 DM als gewinnmindernde Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) erkannte im einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid betreffend die KG die Zahlungen nicht als Betriebsausgaben an. Die gegen den Bescheid gerichtete Klage und die Revision blieben in diesem Punkt erfolglos (Urteil des BFH vom 2. Juni 1976 I R 136/74, BFHE 119, 414, BStBl II 1976, 668). Der Senat sah die Zahlungen als Erf眉llung einer B眉rgschaftsschuld an, die nicht zum Betriebsverm枚gen der KG geh枚rte.
In dem gegen den Kl盲ger gerichteten Einkommensteuerbescheid f眉r 1968 vom 3. Januar 1973 hat das FA die H盲lfte der f眉r die Schuld bei der Sparkasse gezahlten Zinsen mit 5 324 DM als Sonderausgaben ber眉cksichtigt, die H盲lfte des gezahlten Tilgungsbetrages mit 56 676 DM dagegen nicht als nachtr盲gliche Betriebsausgabe anerkannt.
Die hiergegen gerichtete Sprungklage ist erfolglos geblieben. Das FG hat im wesentlichen ausgef眉hrt, die Bezahlung von Betriebsschulden einer bilanzierenden Personengesellschaft wirke in aller Regel gewinneutral, weil der Ausgabe eine entsprechende Minderung der passivierten Betriebsschuld gegen眉berstehe. Wenn die Zahlungen eines Gesellschafters 眉ber den auf ihn selbst entfallenden Schuldanteil nicht hinausgingen - wie im vorliegenden Falle -, k枚nne durch die Zahlungen kein nachtr盲glicher gewerblicher Verlust entstehen.
Mit der Revision beantragt der Kl盲ger, das FG-Urteil aufzuheben und die 56 676 DM oder zumindest einen Teilbetrag davon als nachtr盲gliche Betriebsausgaben, hilfsweise als au脽ergew枚hnliche Belastung bei der Einkommensteuerveranlagung 1968 zu ber眉cksichtigen. Ger眉gt wird die Verletzung materiellen Rechts (搂 4 Abs. 4 EStG). Zur Begr眉ndung wird vorgetragen, da脽 die Passivierung der bereits vor der 脺bernahme durch die drei Gesellschafter entstandenen Gesch盲ftsverbindlichkeiten der OHG sich nicht gewinnmindernd bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen f眉r 1965 und 1967 habe auswirken k枚nnen. Denn It. Eintragung im Handelsregister sei bez眉glich der OHG der 脺bergang der bei dem Erwerb durch die drei Gesellschafter bestehenden Verbindlichkeiten ausgeschlossen gewesen. F眉r die ausgeschiedenen Gesellschafter ergebe sich aufgrund des Ausweises negativer Kapitalkonten bei der Gr眉ndung der Gesellschaft von zusammen 66 361,89 DM folgende Kapitalkontenentwicklung:
Er枚ffnungsbilanz 1. Januar 1965 ./. 66 361,89 DM
Verlust 1965 22 588,92 DM
./. 88 950,81 DM
Verlust 1966 bis 31. M盲rz 1966 45 494,21 DM
./. 134 445,02 DM
Demnach habe sich bisher nur die Differenz zwischen 134 445,02 DM und 66 361,89 DM mit 68 083,13 DM bei der Veranlagung der beiden Gesellschafter ausgewirkt. Der Mehrbetrag von 66 361,89 DM sei erst mit der Inanspruchnahme aus der B眉rgschaft als nachtr盲glicher Verlust in Erscheinung getreten und demnach als nachtr盲gliche Betriebsausgabe anzusetzen, weil insoweit "fremde Schuld" bezahlt worden sei, n盲mlich die Schuld des fr眉heren Inhabers des Betriebs. Dieses Vorbringen habe das FG nicht gew眉rdigt und im Urteil nicht widerlegt.
Auch sei es unzutreffend, die B眉rgschaft und die Schuldfreistellung in einem Zusammenhang zu sehen. Durch die Freistellung seien die ausscheidenden Gesellschafter im Innenverh盲ltnis von den Schulden der Gesellschaft freigestellt worden, so da脽 sp盲ter mit der Einl枚sung der Verbindlichkeit aus der B眉rgschaft eine fremde Schuld gezahlt worden sei.
Das FA h盲lt die Revision f眉r unbegr眉ndet.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Das FG hat nicht festgestellt, wer von den gesamtschuldnerisch haftenden B眉rgen die Zahlungen an die Sparkasse geleistet hat und ob und wann der Kl盲ger, soweit nicht er selbst gezahlt hat, in seiner Eigenschaft als Gesamtschuldner von dem oder den zahlenden Mitb眉rgen in Anspruch genommen wurde. Das FG wird diese Feststellungen noch treffen.
2. F眉r den Fall, da脽 der Kl盲ger im Streitjahr aus der B眉rgschaft unmittelbar oder mittelbar im Wege des R眉ckgriffs in Anspruch genommen worden sein sollte, k枚nnte beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein nachtr盲glicher Verlust aus Gewerbebetrieb entstanden sein. Dies folgt aus den nachstehenden 脺berlegungen.
a) Gr眉nden mehrere Personen eine OHG und bringen sie in diese Gesellschaft einen bilanzierenden Gewerbebetrieb ein, so wirken sich weder die Einbringung der aktiven noch die Einbringung der passiven Wirtschaftsg眉ter des Betriebs auf den Gewinn. Verlust der OHG aus. Werden in der Folgezeit die betrieblichen Verbindlichkeiten mit privaten Mitteln der Gesellschafter bezahlt, so handelt es sich insoweit um Einlagen, die sich ebenfalls auf den Gewinn/Verlust der OHG nicht auswirken.
Erwirtschaftet der Betrieb nach Einbringung in die OHG einen Verlust, so ist dieser - vorbehaltlich 搂 10 d EStG - im Jahre seines Entstehens steuerrechtlich zu ber眉cksichtigen. Die sp盲tere Begleichung der in dem Verlustjahr entstandenen und f眉r den Verlust m枚glicherweise mit urs盲chlichen Verbindlichkeiten bleibt - ebenso wie die Begleichung der bereits 眉bernommenen Verbindlichkeiten - ohne Auswirkung auf den Gewinn/Verlust der OHG. Erfolgt die Zahlung solcher Verbindlichkeiten aus privaten Mitteln der Gesellschafter, so sind sie als Einlagen anzusehen, durch die sich die Kapitalkonten entsprechend ver盲ndern.
b) Scheidet ein Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto - gleichviel auf welche Weise der Negativsaldo entstanden ist - aus der Gesellschaft aus und wird er von den 眉brigen Gesellschaftern ohne Gegenleistung von den Verbindlichkeiten der Gesellschaft freigestellt, so erzielt er im Zeitpunkt seines Ausscheidens einen Gewinn in H枚he des Minusbetrages des Kapitalkontos (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1962 IV 321/60 U, BFHE 76, 360, BStBl III 1963, 133; Schmidt, Deutsche Steuer-Zeitung 1974 S. 371 [376]). Dies gilt auch, wenn die Freistellung nur im Innenverh盲ltnis zwischen den Gesellschaftern erfolgt, d. h. wenn die Gesellschaftsgl盲ubiger den Ausscheidenden nicht aus seiner pers枚nlichen Haftung f眉r die Schulden der Gesellschaft entlassen (Erf眉llungs眉bernahme - 搂 415 Abs. 3 BGB). In diesem Falle erfolgt allerdings keine Gewinnverwirklichung, wenn der Ausscheidende wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter nach wie vor mit seiner Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgl盲ubiger rechnen mu脽 (BFH-Urteil VI 325/63 U vom 24. November 1965, BFHE 84, 388, BStBl III 1966, 141). Tritt danach Gewinnverwirklichung ein, wird aber der ausscheidende Gesellschafter sp盲ter wider Erwarten f眉r die Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen, so kann insoweit ein nachtr盲glicher Verlust aus Gewerbebetrieb entstehen. Dies gilt unabh盲ngig davon, ob die Gewinnverwirklichung im Jahre des Ausscheidens des Gesellschafters vom FA bejaht und der Besteuerung zugrunde gelegt wurde oder nicht.
c) Die Anwendung dieser Grunds盲tze auf den vorliegenden Fall ergibt, da脽 die Inanspruchnahme des Kl盲gers aus der B眉rgschaft nur dann und insoweit zu einem nachtr盲glichen Verlust aus Gewerbebetrieb gef眉hrt haben k枚nnte, als K dem Kl盲ger gegen眉ber uneingeschr盲nkt die Erf眉llung der betrieblichen Schulden 眉bernommen hatte, beim Kl盲ger aus diesem Grunde im Zeitpunkt der Erf眉llungs眉bernahme Gewinnverwirklichung eingetreten war und die Zahlungen an die Sparkasse sp盲ter wider Erwarten letztlich doch vom Kl盲ger ohne die rechtliche und tats盲chliche M枚glichkeit eines R眉ckgriffs bei K getragen werden mu脽ten. Die tats盲chlichen Feststellungen des FG lassen nicht erkennen, ob der Sachverhalt so gelagert war. Die vom FG gezogene Folgerung, ein nachtr盲glicher gewerblicher Verlust sei im Streitjahr nicht entstanden, ist aus diesem Grunde durch die tats盲chlichen Feststellungen nicht gedeckt (vgl. BFH-Urteil vom 5. M盲rz 1968 II R 36/67, BFHE 92, 416, BStBl II 1968, 610).
d) Die vom FG vorgenommene Auslegung der Willenserkl盲rungen der Vertragspartner unterliegt in vollem Umfang der Nachpr眉fung durch das Revisionsgericht (BFH-Urteil vom 26. April 1972 II R 188/71, BFHE 106, 237). Bei der gegebenen Sachlage war es rechtsfehlerhaft, ohne weitere Beweiserhebung anzunehmen, der Kl盲ger sei durch den Auseinandersetzungsvertrag vom 14. M盲rz 1966 im Innenverh盲ltnis nur teilweise von den Schulden der OHG freigestellt worden und er sei auch im Innenverh盲ltnis verpflichtet geblieben, den Teil der Schuld an die Sparkasse, f眉r den die B眉rgschaft 眉bernommen wurde, endg眉ltig - d. h. ohne M枚glichkeit eines R眉ckgriffs auf K - zu tragen. Gegen diese vom FG vorgenommene Vertragsauslegung sprechen immerhin die Vertragsformulierung "von s盲mtlichen Schulden der Gesellschaft ... freizustellen" und die b眉rgerlich-rechtlichen Vorschriften 眉ber die B眉rgschaft. Im Falle der Inanspruchnahme des B眉rgen aus der B眉rgschaft geht die Forderung gegen den Hauptschuldner kraft Gesetzes auf den B眉rgen 眉ber (搂 774 Satz 1 BGB). W盲re K im Verh盲ltnis zur Sparkasse alleiniger Hauptschuldner gewesen, so w盲re mit der Zahlung des Kl盲gers die Forderung der Sparkasse gegen K auf den Kl盲ger 眉bergegangen. Da neben K aber auch der Kl盲ger in seiner Eigenschaft als OHG-Gesellschafter von der Sparkasse als Hauptschuldner h盲tte in Anspruch genommen werden k枚nnen - in welchem Umfang mag dahinstehen -, h盲tte K gegen den R眉ckgriffsanspruch des Kl盲gers aus dem Innenverh盲ltnis der Gesellschafter zueinander zumindest teilweise Einwendungen erheben k枚nnen (搂 774 Satz 3 BGB). Der Sinn des 搂 3 des Auseinandersetzungsvertrags (Freistellung von "s盲mtlichen" Schulden der Gesellschaft) k枚nnte deshalb darin zu sehen sein, derartige Einwendungen des K gegen den R眉ckgriffsanspruch des Kl盲gers auszuschlie脽en, d. h. dem Kl盲ger die rechtliche M枚glichkeit des R眉ckgriffs gegen K in voller H枚he seiner Inanspruchnahme aus der B眉rgschaft offenzuhalten. Diese 脺berlegung gewinnt an Bedeutung, wenn man die Wechselbez眉glichkeit des 搂 3 und 搂 4 des Auseinandersetzungsvertrags in Betracht zieht, wonach der Kl盲ger "auf die Zahlung einer Abfindungssumme sowie auf jeglichen Gewinnanspruch" gegen眉ber der OHG mit der Einschr盲nkung verzichtet, da脽 der Verzicht nur insoweit gelten sollte, als K "seinen Verpflichtungen auf Freistellung gem盲脽 搂 3 dieses Vertrags nachkommt". Angesichts dieser sich bei der Auslegung des Vertragswortlauts ergebenden Unklarheiten bedarf es der Ermittlung des damaligen Willens der Vertragsparteien durch Zeugenvernehmung (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 1969 II 125/63, BFHE 95, 289, BStBl II 1969, 379).
Ergibt die unter W眉rdigung der Zeugenaussagen vorzunehmende Vertragsauslegung, da脽 im Innenverh盲ltnis eine Freistellung des Kl盲gers von s盲mtlichen Schulden der Gesellschaft gewollt war, so wird das FG weiter zu pr眉fen haben, ob dieser Freistellung nach der damaligen Verm枚genslage des K ein wirtschaftlicher Wert beizumessen war (vgl. BFH-Urteil VI 325/63 U).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 72646 |
BStBl II 1978, 149 |
BFHE 1978, 56 |