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Leitsatz (amtlich)
Eine Au脽enpr眉fung kann auch nach einer endg眉ltigen, vorbehaltlosen Steuerfestsetzung angeordnet werden.
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Normenkette
AO 1977 搂听193 Abs. 1, 搂听164
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Verfahrensgang
Nieders盲chsisches FG (Entscheidung vom 15.04.1983; Aktenzeichen XI 126/82) |
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) ist als Wirtschaftspr眉fer und Steuerberater t盲tig. Bei ihm ordnete der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) eine Au脽enpr眉fung f眉r die Jahre 1978 bis 1980 an; die Pr眉fung sollte sich auf Einkommensteuer und Umsatzsteuer erstrecken. Der Kl盲ger wandte hiergegen ein, da脽 f眉r 1978 vorbehaltlose Veranlagungen erfolgt seien und da脽 eine Au脽enpr眉fung nach abschlie脽ender Pr眉fung des steuerlichen Sachverhalts im Rahmen der Steuerveranlagung nicht mehr zul盲ssig sei. Nach erfolgloser Beschwerde hob das Finanzgericht (FG) die Pr眉fungsanordnung f眉r dieses Jahr auf. Es war der Auffassung, da脽 das FA nach einer vorbehaltlosen Steuerfestsetzung eine Au脽enpr眉fung nur auf nachtr盲glich bekanntgewordene, eine Pr眉fung erfordernde Umst盲nde st眉tzen k枚nne; der Pr眉fungsanla脽 m眉sse bezeichnet werden. Dem sei im Streitfall nicht gen眉gt. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 5 ver枚ffentlicht.
Mit der Revision r眉gt das FA fehlerhafte Anwendung der Abgabenordnung (AO 1977).
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Die Revision des FA f眉hrt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Der Kl盲ger verficht mit seiner Auffassung, da脽 nach Erla脽 eines endg眉ltigen Steuerbescheids eine Au脽enpr眉fung nicht mehr angeordnet werden k枚nne, eine auch in der Literatur vertretene Auffassung (Schick, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1980, 275; derselbe bei H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., 搂 194 AO 1977 Anm.17; Kammann/R枚dl, DStR 1982, 641). Diese Meinung hat jedoch 眉berwiegend Ablehnung gefunden (Urteil des FG K枚ln vom 19.M盲rz 1981 V 369/80 S, EFG 1982, 2; Urteile des FG N眉rnberg vom 29.Juli 1981 V 135/81, EFG 1982, 55; vom 26.April 1983 II 206/82, EFG 1984, 7; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., 搂 164 AO 1977 Anm.4, 搂 193 AO 1977 Anm.1; K眉hn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14.Aufl., 搂 193 AO 1977 Anm.2; Ebert, Die steuerliche Betriebspr眉fung --StBp-- 1981, 25; Wenzig, StBp 1981, 193, 198; Offerhaus, StBp 1982, 47; Notthoft, StBp 1984, 159; K枚nemann, Der Betrieb --DB-- 1984, 1374). Auch der erkennende Senat tritt ihr nicht bei.
a) Die beim Kl盲ger angeordnete Au脽enpr眉fung findet ihre Grundlage in 搂 193 Abs.1 AO 1977. Die Pr眉fung hat nach dem Gesetz nur zur Voraussetzung, da脽 der Steuerpflichtige einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat oder freiberuflich t盲tig war. Sie dient der Ermittlung der steuerlichen Verh盲ltnisse des Steuerpflichtigen (搂 194 Abs.1 Satz 1 AO 1977) und h盲ngt nach dem Gesetzeswortlaut nicht davon ab, ob bereits eine Steuer festgesetzt wurde und ob der Steuerbescheid endg眉ltig, vorl盲ufig (搂 165 AO 1977) oder unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung (搂 164 AO 1977) ergangen ist.
b) Die Unterscheidung in endg眉ltige, vorl盲ufige und unter Nachpr眉fungsvorbehalt stehende Steuerfestsetzungen beruht auf der unterschiedlichen Bestandskraft der zur Steuerfestsetzung ergangenen Steuerbescheide (搂 155 Abs.1 AO 1977). So k枚nnen unter Nachpr眉fungsvorbehalt stehende Steuerfestsetzungen insgesamt, vorl盲ufige Steuerfestsetzungen in den f眉r vorl盲ufig erkl盲rten Punkten ohne weiteres aufgehoben und ge盲ndert werden (搂 164 Abs.2 Satz 1, 搂 165 Abs.2 Satz 1 AO 1977), die ohne Einschr盲nkung ergangenen, endg眉ltigen Steuerfestsetzungen hingegen grunds盲tzlich nur unter den Voraussetzungen des 搂 173 AO 1977.
Die Bestimmungen 眉ber die Au脽enpr眉fung erg盲nzen demgegen眉ber die allgemeinen Vorschriften der 搂搂 88, 90 AO 1977 眉ber die Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts. Solange ein Steuerbescheid noch ge盲ndert werden kann, der Steueranspruch insbesondere noch nicht verj盲hrt ist, kann das FA auch ermitteln, ob die Steuer richtig festgesetzt worden ist. Hierzu kann es sich auch einer Au脽enpr眉fung bedienen.
Aus 搂 164 AO 1977 ergibt sich lediglich, da脽 eine abschlie脽ende Pr眉fung auch aufgrund einer Au脽enpr眉fung stattfinden kann und da脽 in diesem Fall der Nachpr眉fungsvorbehalt auch dann aufzuheben ist, wenn es bei dem Ergebnis der bisherigen Steuerfestsetzung bleibt (搂 164 Abs.3 Satz 3 AO 1977). Da脽 nach einer vorl盲ufigen oder endg眉ltigen Steuerfestsetzung eine Au脽enpr眉fung nicht stattfinden k枚nne, l盲脽t sich daraus nicht folgern.
c) Dies widerspr盲che auch dem Ziel des 搂 193 Abs.1 AO 1977, der eine Au脽enpr眉fung bei Unternehmern generell zul盲脽t, weil die 脺berpr眉fung der betrieblichen Verh盲ltnisse im allgemeinen vielf盲ltige Nachforschungen erfordert, die in der Regel nicht schon bei der Steuerfestsetzung durchgef眉hrt werden k枚nnen. Dies gilt auch, wenn sich der Veranlagungsbeamte anhand der Steuererkl盲rung ein Bild der Verh盲ltnisse zu machen versucht und die Steuern ohne Vorbehalt endg眉ltig festsetzt. Die Au脽enpr眉fung bei Unternehmern (Betriebspr眉fung) ist aus diesem besonderen Ermittlungsbed眉rfnis entstanden (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., vor 搂 193 AO 1977 Anm.1; Schick, a.a.O, vor 搂 193 AO 1977 Anm.1 ff.).
Durch die Einf眉hrung der Steuerfestsetzung unter Nachpr眉fungsvorbehalt durch die AO 1977 hat sich hieran nichts ge盲ndert. Damit sollte erreicht werden, da脽 die Steuer ohne besondere Pr眉fung bereits aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen festgesetzt, die endg眉ltige, abschlie脽ende Pr眉fung aber nachgeholt wird (Regierungsbegr眉ndung, BTDrucks VI/1982 S.148 zu 搂 145). Da脽 f眉r eine endg眉ltige Steuerfestsetzung nunmehr erweiterte Ermittlungspflichten best盲nden, ergibt sich hieraus nicht. Darum ist weiterhin nicht zu beanstanden, da脽 der Veranlagungsbeamte aufgrund der Erkenntnism枚glichkeiten der Steuererkl盲rung zu einer endg眉ltigen Steuerfestsetzung kommt, diese aber sp盲ter mittels einer Au脽enpr眉fung 眉berpr眉ft wird.
Eine abweichende Auslegung w眉rde dazu f眉hren, da脽 das FA die Steuern durchweg unter Nachpr眉fungsvorbehalt festsetzen m眉脽te, um sich das Mittel der Au脽enpr眉fung zu erhalten. Dies w眉rde f眉r die Steuerpflichtigen aber eine Verk眉rzung der durch eine endg眉ltige Veranlagung gegebenen Rechtssicherheit bedeuten, die durch die Schaffung der Steuerfestsetzung unter Nachpr眉fungsvorbehalt im Interesse der Finanzverwaltung ohnehin beeintr盲chtigt worden ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinen Entscheidungen zur Rechtswirksamkeit von Pr眉fungsanordnungen aufgrund der AO 1977 nicht danach unterschieden, ob von der Anordnung endg眉ltige oder unter Vorbehalt stehende Steuerfestsetzungen erfa脽t wurden. Er hat dem also keine Rechtsbedeutung beigelegt.
2. Von der danach gegebenen Pr眉fungsbefugnis hatte das FA nach pflichtgem盲脽em Ermessen Gebrauch zu machen (BFH-Urteil vom 5.November 1981 IV R 179/79, BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208). Es mu脽te dabei den Zweck der Erm盲chtigung und die Grenzen seines Ermessens beachten (搂 5 AO 1977). Dies verlangt auch die Beachtung allgemeiner Anweisungen, in denen die Verwaltung die Aus眉bung des Ermessens geregelt hat. Solche Regelungen enth盲lt die 叠别迟谤颈别产蝉辫谤眉蹿耻苍驳蝉辞谤诲苍耻苍驳 (Steuer) --BpO(St)-- insbesondere hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Pr眉fung (搂 4 BpO(St)). In ihr ist jedoch nicht vorgesehen, da脽 sich die Betriebspr眉fung allein oder vorwiegend auf Steuerfestsetzungen unter Nachpr眉fungsvorbehalt erstrecken solle.
Unter welchen Voraussetzungen Steuerfestsetzungen unter Nachpr眉fungsvorbehalt ergehen sollen, hat die Finanzverwaltung in den "Grunds盲tzen zur Neuorganisation der Finanz盲mter und zur Neuordnung des Besteuerungsverfahrens" (GNOF脛) festgelegt (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbeh枚rden der L盲nder i.d.F. vom 4.M盲rz 1981, BStBl I 1981, 270). Darin ist u.a. vorgesehen, da脽 Steuerf盲lle, die der regelm盲脽igen Betriebspr眉fung unterliegen, und Steuerf盲lle, in denen innerhalb der n盲chsten drei Jahre eine Betriebspr眉fung vorgesehen ist, unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung veranlagt werden (Fallgruppe 1). Die F脛 verzichten in diesen F盲llen zur Erleichterung ihrer Arbeit auf eine abschlie脽ende Pr眉fung, die erst durch die Au脽enpr眉fung herbeigef眉hrt wird. Da脽 Au脽enpr眉fungen bei Unternehmern nunmehr nur noch in diesen F盲llen durchgef眉hrt werden sollen, ergibt sich daraus nicht. Die GNOF脛 regeln die Ermessensaus眉bung der F脛 hinsichtlich von Steuerfestsetzungen nach 搂 164 AO 1977, nicht die Ermessensaus眉bung hinsichtlich der Anordnung von Au脽enpr眉fungen. Deshalb bleibt dem FA die Anordnung einer Au脽enpr眉fung unbenommen, wenn es Unternehmer unter Nachpr眉fungsvorbehalt veranlagt hat, um die Steuerf盲lle sp盲ter an Amtsstelle zu pr眉fen (Fallgruppe 3) oder wenn es eine endg眉ltige Veranlagung vorgenommen hat (Fallgruppe 2).
3. Das FG hat angenommen, mit der Veranlagung unter Verzicht auf einen Nachpr眉fungsvorbehalt gebe das FA zu erkennen, da脽 es eine weitergehende 脺berpr眉fung, insbesondere durch eine Au脽enpr眉fung, nicht f眉r erforderlich halte, und da脽 es deshalb eine solche Pr眉fung nicht mehr routinem盲脽ig, sondern nur noch dann anordnen k枚nne, wenn sich daf眉r aufgrund nachtr盲glich bekanntgewordener Umst盲nde ein Bed眉rfnis ergebe. Tats盲chlich wird aber 眉ber das Erfordernis einer Au脽enpr眉fung nicht bereits im Rahmen einer endg眉ltigen Veranlagung entschieden. Da die endg眉ltige Veranlagung, wie hervorgehoben, Ermittlungen 眉ber den Steuerfall nicht ausschlie脽t, kann auch eine Au脽enpr眉fung angeordnet werden; dies kann auch eine routinem盲脽ige Pr眉fung sein.
An der Anordnung einer solchen Pr眉fung war das FA im Streitfall auch nicht nach den Grunds盲tzen von Treu und Glauben gehindert. Bei sachgerechter W眉rdigung des Steuerverfahrensrechts konnte der Kl盲ger der endg眉ltigen Veranlagung seitens des FA nicht einen Verzicht auf eine sp盲tere Au脽enpr眉fung entnehmen. Zudem ist nicht ersichtlich, da脽 der Kl盲ger im Hinblick auf den vermeintlichen Pr眉fungsverzicht Dispositionen getroffen hatte, die die Ma脽nahme des FA als treuwidrig erscheinen lie脽en.
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Fundstellen
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BStBl II 1985, 700 |
BFHE 143, 400 |
BFHE 1985, 400 |
BB 1985, 1519-1520 (ST) |
DB 1985, 1775-1776 (ST) |
HFR 1985, 448-448 (ST) |