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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenhang einer Bilanz盲nderung mit einer Bilanzberichtigung; Umfang der Bilanz盲nderung
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Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bilanz盲nderung nach 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG liegt nicht vor, wenn sich einem Steuerpflichtigen 眉berhaupt erst nach Einreichung der Bilanz die M枚glichkeit er枚ffnet hatte, erstmalig sein Wahlrecht, hier i.S. des 搂 6b Abs. 1 oder Abs. 3 EStG, auszu眉ben (Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418).
2. Beruhte die bisher fehlende Aus眉bung des Wahlrechts jedoch auf einem zumindest fahrl盲ssigen Verhalten, z.B. dem Nichterfassen des bei der Ver盲u脽erung entstandenen Gewinns, so ist der Anwendungsbereich des 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG grunds盲tzlich er枚ffnet.
3. Der Umfang der Bilanz盲nderung ist auf den Gewinnanteil beschr盲nkt, der sich im jeweiligen Wirtschaftsjahr aus der Bilanzberichtigung nach 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt.
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Normenkette
EStG 搂 4 Abs. 2 S. 2
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) ist bilanzierender Landwirt und erzielte in den Streitjahren (1995 und 1996) als solcher Eink眉nfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er ermittelte seinen Gewinn f眉r das Normalwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni.
Mit notariellem Vertrag vom 25. April 1995 ver盲u脽erte der Kl盲ger eine Restfl盲che seines landwirtschaftlichen Betriebes, deren Buchwert 44 816 DM betrug, zu einem Kaufpreis von 362 682 DM. Der Kaufpreis floss am 22. Mai 1995 auf ein privates Konto des Kl盲gers. Der Vorgang wurde buchm盲脽ig nicht erfasst. Der Kl盲ger behauptete, die buchm盲脽ige Nichterfassung beruhe allein auf einer unzutreffenden Sachbehandlung durch die Steuerberatung. Der ver盲u脽erte Grund und Boden wurde weiterhin aktiviert. Der 脺bergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte zum 1. Juli 1995. Im Wirtschaftsjahr 1995/96 erwarb der Kl盲ger einen neuen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in S, Bundesland T.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer f眉r die Streitjahre zun盲chst auf 22 042 DM (1995) und 36 600 DM (1996) fest. Die Einkommensteuerbescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung.
Nach Durchf眉hrung einer Betriebspr眉fung im Jahre 2000 盲nderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung der Streitjahre und setzte die Einkommensteuer f眉r 1995 auf 154 819 DM und f眉r 1996 auf 144 490 DM fest. Dabei ber眉cksichtigte das FA auch den laufenden Gewinn aus der 脺bertragung der Restfl盲che in H枚he von 317 866 DM. Einen im Verlauf der Betriebspr眉fung gestellten Antrag auf Bildung einer R眉cklage nach 搂 6b Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) f眉r das Wirtschaftsjahr 1995/96 lehnte das FA unter Hinweis auf 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) ab. Die von der Betriebspr眉fung vorgenommene Bilanzberichtigung durch die Ausbuchung des Buchwertes des Grund und Bodens l枚se isoliert betrachtet eine Gewinnminderung aus, so dass eine zus盲tzlich gewinnmindernde Bilanz盲nderung mangels einer gewinnerh枚henden Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 800 ver枚ffentlichten Gr眉nden statt.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision r眉gt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das Urteil des FG M眉nster vom 14. September 2004听 2 K 3424/02 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegr眉ndet und daher zur眉ckzuweisen. Die Entscheidung des finanzgerichtlichen Urteils stellt sich im Ergebnis als richtig dar (搂 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Voraussetzungen f眉r eine Bilanz盲nderung gem盲脽 搂搂 4 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 liegen im Wirtschaftsjahr 1995/96 vor.
a) Auf den im Jahre 2000 w盲hrend der Betriebspr眉fung beim FA gestellten Antrag auf Bilanz盲nderung ist 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282, unter II.B.4. der Gr眉nde, und vom 5. April 2006 I R 46/04, BStBl II 2006, 688, unter II.3.c der Gr眉nde).
b) Der Wortlaut des 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG setzt zwar eine Bilanz盲nderung voraus, die u.a. dann nicht vorliegt, wenn sich einem Steuerpflichtigen 眉berhaupt erst nach Einreichung der Bilanz die M枚glichkeit er枚ffnet hatte, erstmalig sein Wahlrecht i.S. des 搂 6b Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 EStG auszu眉ben (Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418; Fink, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 17, 2019, 2025 f.; 盲hnlich Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, 搂 4 EStG Anm. 462, der jedoch von einer verfassungskonformen Auslegung ausgeht). Ein Steuerpflichtiger ist daher --beispielsweise aufgrund eines sich im Rahmen einer Betriebspr眉fung erstmalig oder erstmalig h枚her ergebenden Gewinns aus der Ver盲u脽erung eines Wirtschaftsgutes-- regelm盲脽ig nicht gehindert, eine Reinvestitionsverg眉nstigung in Anspruch zu nehmen, da 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG keine Anwendung findet. Jedoch beruht im Streitfall die unterlassene Verbuchung des Gewinns aus der Ver盲u脽erung des Grund und Bodens auf der privaten Vereinnahmung des Ver盲u脽erungserl枚ses. Folgt daher die fehlende Aus眉bung des pers枚nlichen Wahlrechts aus der zumindest fahrl盲ssigen Nichterfassung des Gewinns, so ist der Anwendungsbereich des 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG er枚ffnet. Dabei kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob, wie der Kl盲ger behauptet, die Nichtverbuchung von einer unzutreffenden sachlichen Behandlung durch den steuerlichen Berater oder von der Nichtunterrichtung des Steuerberaters 眉ber den Vorgang durch den Kl盲ger herr眉hrt. Im Falle der Nichtunterrichtung w眉rde die Nichterfassung auf einem Verschulden des Kl盲gers beruhen und im Falle der unzutreffenden sachlichen Behandlung m眉sste sich der Kl盲ger das Verschulden des Steuerberaters gem盲脽 搂 278 des B眉rgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurechnen lassen (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1997 VIII B 35/96, BFH/NV 1998, 8, unter 2. der Gr眉nde).
c) Nach 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist die von dem Kl盲ger begehrte 脛nderung der Verm枚gens眉bersicht (Bilanz) nur zul盲ssig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung i.S. des 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG steht und soweit die Auswirkung der 脛nderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erf眉llt.
aa) Der Senat geht dabei mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. Mai 2000 IV C 2 -S 2141- 15/00 (BStBl I 2000, 587) davon aus, dass ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen einer Bilanzberichtigung und einer Bilanz盲nderung jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn --wie im Streitfall-- sich die Ma脽nahmen auf dieselbe Bilanz beziehen und die 脛nderung der Bilanz unverz眉glich nach einer Bilanzberichtigung begehrt wird.
bb) Der Senat teilt jedoch nicht die Rechtsauffassung des FG, dass der Umfang der Bilanz盲nderung nicht auf den Gewinnanteil beschr盲nkt ist, der sich aus der Bilanzberichtigung ergibt. Eine solche Auslegung widerspricht dem Wortlaut des 搂 4 Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach eine Bilanz盲nderung nur m枚glich ist, soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung nach 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Gewinn reicht (ebenso HHR/Stapperfend, 搂 4 EStG Anm. 472; Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl., 搂 4 Rz 751).
cc) Gleichwohl stellt sich die Entscheidung des FG aus anderen Gr眉nden als richtig dar, denn im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer Bilanzberichtigung gem盲脽 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG vor, die den Kl盲ger zu einer Bilanz盲nderung in H枚he von 317 866 DM im Wege der Bildung einer Reinvestitionsr眉cklage gem盲脽 搂 6b Abs. 3 Satz 1 EStG berechtigen.
Anders als vom FA vertreten, ist der Nichtausweis der sonstigen Verbindlichkeit (dazu Adler/D眉ring/Schmaltz, Rechnungslegung und Pr眉fung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB 搂 266 Tz. 223; Hoyos/M. Ring in Beck Bil-Komm. 搂 266 Anm. 224) aufgrund der Zahlung des Kaufpreises f眉r den Grund und Boden am 22. Mai 1995 und die Minderung des Kapitals f眉r das Wirtschaftsjahr 1994/95 (搂 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG) in der Schlussbilanz zum 30. Juni 1995 erfolgsneutral zu berichtigen, denn eine Verbindlichkeit geh枚rt auch dann zum Betriebsverm枚gen, wenn sie entgegen steuerrechtlicher Vorschriften nicht in der Buchf眉hrung und Bilanz ausgewiesen wurde. Die Verbindlichkeit ist im Streitfall, da sich die Nichtber眉cksichtigung noch nicht ausgewirkt hatte, unter Wahrung des Bilanzenzusammenhangs mit 362 682 DM in der Schlussbilanz zum 30. Juni 1995 zu passivieren (vgl. BFH-Urteile vom 27. M盲rz 1974 I R 44/73, BFHE 112, 265, BStBl II 1974, 488; vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443, und vom 6. September 2000 XI R 18/00, BFHE 193, 279, BStBl II 2001, 106; aus j眉ngerer Zeit BFH-Beschluss vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BFH/NV 2006, 1754). Ebenso ist wegen der Privatentnahme des Kl盲gers (搂 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) aufgrund der Vereinnahmung des Kaufpreises am 22. Mai 1995 auf einem Privatkonto das Kapital in H枚he von 362 682 DM zu mindern. Demgem盲脽 ist entsprechend der Berichtigung der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 1994/95 zum 30. Juni 1995 auch die Anfangsbilanz f眉r das Wirtschaftsjahr 1995/96 zum 1. Juli 1995 zu berichtigen. Die Berichtigung in 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst jede Steuerbilanz, die f眉r die Besteuerung von Bedeutung ist (dazu HHR/Stapperfend, 搂 4 EStG Anm. 400). Mit 脺bergang von Besitz, Nutzen und Lasten am 1. Juli 1995 verminderte sich folglich der Bilanzposten sonstige Verbindlichkeiten um 362 682 DM. Ebenso verminderte sich der Bilanzposten Grund und Boden um den auszubuchenden Buchwert des ver盲u脽erten Betriebsgrundst眉ckes in H枚he von 44 816 DM. In H枚he der Differenz der Betr盲ge erzielte der Kl盲ger im Wirtschaftsjahr 1995/96 einen Gewinn von 317 866 DM.
Soweit daher das FA die Ansicht vertritt, dass sich die Bilanzberichtigung im Wirtschaftsjahr 1995/96 nur auf die Ausbuchung des Grund und Bodens bezieht, der f盲lschlicherweise noch am 30. Juni 1996 in der Bilanz ausgewiesen war, trifft dies nicht zu. Vielmehr ist auch durch die Ver盲nderung des Bilanzpostens sonstige Verbindlichkeiten im Wirtschaftsjahr 1995/96 ein Bilanzposten betroffen. Aus diesem Grunde ist eine Bilanzberichtigung mit einer Gewinnauswirkung von 317 866 DM bereits unter Zugrundelegung der im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 587 vertretenen Auffassung im Wirtschaftsjahr 1995/96 zu bejahen, da in der Anfangsbilanz zum 1. Juli 1995 des Wirtschaftjahres 1995/96 die sonstige Verbindlichkeit auszuweisen war, die in der Schlussbilanz zum 30. Juni 1996, ebenso wie der Buchwert des ver盲u脽erten Grund und Bodens, nicht mehr zu erfassen war. 搂 4 Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst nicht nur die Berichtigung einer Schlussbilanz, sondern auch die erforderliche Berichtigung einer Anfangsbilanz (vgl. auch Senatsurteil vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18, unter 1. b der Gr眉nde, wonach bei bestandskr盲ftigen Folgeveranlagungen die Vorschrift des 搂 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung --AO 1977-- anwendbar ist; Schmidt/Heinicke, a.a.O., 搂 4 Rz 688).
dd) Der Kl盲ger war --entgegen der vom FA vertretenen Ansicht-- auch nicht verpflichtet, eine berichtigte bzw. ge盲nderte Bilanz einzureichen. Lehnt das FA --wie im Streitfall-- die begehrte Bilanz盲nderung ab, so ist der Kl盲ger nicht verpflichtet, gleichzeitig mit der Beantragung der Bilanz盲nderung auch eine ge盲nderte bzw. berichtigte Bilanz einzureichen, wenn er Streitfragen die Voraussetzung der Bilanzberichtigung betreffend zun盲chst gerichtlich kl盲ren l盲sst (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1999 IV R 70/98, BFHE 190, 404, BStBl II 2000, 129, und vom 26. Januar 1995 IV R 54/93, BFHE 177, 18, BStBl II 1995, 473; HHR/Stapperfend, 搂 4 EStG Anm. 466). Denn wird die Bilanzberichtigung durch das Urteil best盲tigt, so bewirkt die gestaltende Wirkung des Urteils die Berichtigung der Bilanz. Gleiches gilt f眉r die Bilanz盲nderung.
ee) Der Kl盲ger war nach alledem berechtigt, die --ihren Voraussetzungen nach zwischen den Beteiligten unstreitige-- Reinvestitionsr眉cklage nach 搂 6b Abs. 3 Satz 1 EStG im Wirtschaftsjahr 1995/96 in H枚he von 317 866 DM zu bilden.
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Fundstellen
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BFH/NV 2007, 326 |
BStBl II 2008, 600 |
BFHE 2008, 172 |
BFHE 215, 172 |
BB 2007, 209 |
BB 2008, 42 |
DB 2007, 199 |
DStR 2007, 145 |
DStRE 2007, 255 |
DStZ 2007, 81 |
HFR 2007, 216 |