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Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Pr眉fungsanordnung von der Finanzbeh枚rde lediglich wegen eines Bekanntgabemangels aufgehoben, hindert dies nicht den erneuten Erla脽 der Anordnung.
2. F眉r das Unternehmen des Erblassers kann eine Au脽enpr眉fung gegen眉ber dem Erben angeordnet werden.
3. Die Au脽enpr眉fung kann auch auf den Abwicklungszeitraum nach Einstellung der freiberuflichen T盲tigkeit erstreckt werden.
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Orientierungssatz
1. Wird ein Verwaltungsakt nur im Hinblick auf Verfahrensfehler aufgehoben, kann der Steuerpflichtige nicht damit rechnen, von Ma脽nahmen der Verwaltung verschont zu bleiben. Die Aufhebung bereitet in diesem Fall den Erla脽 eines neuen Verwaltungsakts in einem fehlerfreien Verfahren vor. Dies gilt auch im Falle der Anwendung von 搂 130 Abs. 2 AO 1977, wenn also ein belastender Verwaltungsakt zu Unrecht aufgehoben worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1985 VII R 112/81). Auch der durch diese Vorschrift bezweckte Vertrauensschutz kann nicht weiter reichen als die tats盲chliche Beg眉nstigung, die sich aus einem rechtm盲脽igen Verwaltungsakt ergibt. Im Ergebnis k枚nnen weder 搂 130 Abs. 2 AO 1977 noch 搂 131 Abs. 2 AO 1977 zur Anwendung kommen, wenn ein belastender Verwaltungsakt nur aus formellen Gr眉nden aufgehoben wird (vgl. BFH-Urteil vom 25.7.1986 VI R 216/83; Literatur).
2. Die Anordnung einer Au脽enpr眉fung bei einem Nichtunternehmer nach 搂 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 ist nur dann zul盲ssig, wenn Anhaltspunkte f眉r den Verdacht bestehen, da脽 der Steuerpflichtige seine Steuererkl盲rungen nicht, unvollst盲ndig oder mit unrichtigem Inhalt abgegeben hatte (vgl. BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
AO 1977 搂听130 Abs. 2, 搂听131 Abs. 2, 搂听193 Abs.听1, 2 Nr. 2, 搂听196
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) ist der Erbe seiner 1983 verstorbenen Mutter. Diese war ihrerseits Erbin ihres am 23.Mai 1981 verstorbenen Ehemannes, der bis zu seinem Tode als Zahnarzt selbst盲ndig t盲tig war.
Eine f眉r die Jahre 1972 bis 1975 beim Verstorbenen und seiner Ehefrau durchgef眉hrte Betriebspr眉fung hatte zu Steuernachforderungen gef眉hrt; hier眉ber ist noch ein Klageverfahren anh盲ngig. Im November 1984 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) eine Betriebspr眉fung f眉r die Jahre 1978 bis 1981 an. Die Pr眉fungsanordnung war an die verstorbenen Eheleute, zu H盲nden des Kl盲gers gerichtet. Auf die Beschwerde des Kl盲gers, der die Adressierung der Pr眉fungsanordnung ger眉gt hatte, hob das FA die Anordnung im April 1985 gem盲脽 搂 368 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) auf. Im Mai 1985 erlie脽 das FA eine erneute Pr眉fungsanordnung f眉r den Zeitraum 1979 bis 1981. Die Anordnung war nunmehr an den Kl盲ger als Gesamtrechtsnachfolger seiner Mutter und seines Vaters gerichtet; zur Begr眉ndung wurde auf den 搂 193 Abs.1 und 2 Nr.2 AO 1977 verwiesen.
Die Beschwerde des Kl盲gers blieb erfolglos. In der Beschwerdeentscheidung f眉hrte die Oberfinanzdirektion (OFD) aus, da脽 die Mutter des Kl盲gers nach dem Tode ihres Ehemannes im Jahre 1981 noch erhebliche Eink眉nfte aus der Praxis gehabt habe und insoweit als Unternehmerin anzusehen sei. F眉r die Jahre 1979 und 1980 habe die Verstorbene zwar keine Eink眉nfte erkl盲rt; wegen der m枚glichen Nichtversteuerung von Einnahmen durch ihren Ehemann und der Verlagerung dieser Einnahmen sei es jedoch zweckm盲脽ig, auch ihre Verh盲ltnisse mitzu眉berpr眉fen.
Die gegen die erneute Pr眉fungsanordnung gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht (FG) erfolglos.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung von Vorschriften der AO 1977.
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Die Revision ist nur teilweise begr眉ndet.
1. Zu Recht hat das FG entschieden, da脽 die Regelung des 搂 130 Abs.2 AO 1977 dem Erla脽 der zweiten Pr眉fungsanordnung nicht entgegensteht.
Ist eine Pr眉fungsanordnung aus formellen Gr眉nden durch das Gericht oder die Finanzbeh枚rde aufgehoben oder f眉r nichtig erkl盲rt worden, so kann die Finanzbeh枚rde eine erneute Pr眉fungsanordnung unter Vermeidung des Verfahrensfehlers erlassen; dies hat der Senat wiederholt ausgesprochen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7.November 1985 IV R 6/85, BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435; vom 20.Oktober 1988 IV R 104/86, BFHE 155, 4, BStBl II 1989, 180). Im letztgenannten Urteil hat er auch die unrichtige Adressierung einer Pr眉fungsanordnung als einen derartigen Verfahrensfehler angesehen.
Dem steht 搂 130 Abs.2 AO 1977 nicht entgegen. Danach kann ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begr眉ndet oder best盲tigt hat (beg眉nstigender Verwaltungsakt), nur unter besonderen Voraussetzungen zur眉ckgenommen werden, die im Streitfall nicht gegeben sind. Der Kl盲ger sieht in der Aufhebung der ersten Pr眉fungsanordnung einen beg眉nstigenden Verwaltungsakt, der durch den Erla脽 der zweiten Pr眉fungsanordnung zur眉ckgenommen worden sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen.
搂 130 Abs.2 AO 1977 betrifft die R眉cknahme eines rechtswidrigen beg眉nstigenden Verwaltungsakts. Die Aufhebung der Pr眉fungsanordnung stellte sich jedoch als rechtm盲脽iger Verwaltungsakt dar, da damit einem Bekanntgabemangel Rechnung getragen wurde, unter dem die erste Pr眉fungsanordnung litt. Die zweite Pr眉fungsanordnung kann auch nicht als Widerruf eines rechtm盲脽igen beg眉nstigenden Verwaltungsakts angesehen werden, der nach 搂 131 Abs.2 AO 1977 ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen zul盲ssig ist.
Dies h盲tte zur Voraussetzung, da脽 der Aufhebung der ersten Pr眉fungsanordnung entnommen werden kann, da脽 keine erneute Pr眉fungsanordnung ergehen solle. Der Umfang der Beg眉nstigung mu脽 dem Inhalt des Steuerverwaltungsakts entnommen werden. Wird ein Verwaltungsakt nur im Hinblick auf Verfahrensfehler aufgehoben, kann der Steuerpflichtige aber nicht damit rechnen, von Ma脽nahmen der Verwaltung verschont zu bleiben. Die Aufhebung bereitet in diesem Fall den Erla脽 des neuen Verwaltungsaktes in einem fehlerfreien Verfahren vor; sie beinhaltet keinen Verzicht auf diese Regelung. Dies gilt wie der VII.Senat des BFH entschieden hat (Urteil vom 22.Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, BStBl II 1985, 562) auch im Falle der Anwendung von 搂 130 Abs.2 AO 1977, wenn also ein belastender Verwaltungsakt zu Unrecht aufgehoben worden ist. Auch der durch diese Vorschrift bezweckte Vertrauensschutz kann nicht weiterreichen als die tats盲chliche Beg眉nstigung, die sich aus einem rechtm盲脽igen Verwaltungsakt ergibt. Im Ergebnis k枚nnen also weder 搂 130 Abs.2 AO 1977 noch 搂 131 Abs.2 AO 1977 zur Anwendung kommen, wenn ein belastender Verwaltungsakt nur aus formellen Gr眉nden aufgehoben wird. Diese Auffassung liegt der BFH-Entscheidung vom 25.Juli 1986 VI R 216/83 (BFHE 147, 215, BStBl II 1986, 779) zugrunde; sie wird auch im Schrifttum vertreten (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., 搂 130 AO 1977 Tz.14; Hein, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1987, 175).
Im Streitfall ist die erste Pr眉fungsanordnung allein wegen der unrichtigen Adressierung aufgehoben worden; dies ist in der Aufhebungsverf眉gung zwar nicht ausgesprochen, ergab sich f眉r den Kl盲ger aber aus dem Ablauf des Beschwerdeverfahrens. Eine weitergehende Beg眉nstigung konnte der Verf眉gung nicht entnommen werden.
2. Die erneute Pr眉fungsanordnung ist nicht zu beanstanden, soweit sie die 脺berpr眉fung der steuerlichen Verh盲ltnisse des verstorbenen Vaters des Kl盲gers in den Jahren 1979 bis 1981 zum Ziel hat. Dieser war als Zahnarzt freiberuflich t盲tig, so da脽 bei ihm gem盲脽 搂 193 Abs.1 AO 1977 eine Au脽enpr眉fung ohne weitere Voraussetzungen stattfinden konnte. Auch gegen眉ber dem Kl盲ger konnte das FA von dieser Pr眉fungserm盲chtigung Gebrauch machen.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann die Au脽enpr眉fung allerdings nur bei Steuerpflichtigen durchgef眉hrt werden, die noch im Zeitpunkt der Pr眉fung einen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder freiberuflich t盲tig sind. Das entspricht aber nicht dem Zweck der Vorschrift, die die steuerlichen Verh盲ltnisse von Unternehmern f眉r besonders pr眉fungsbed眉rftig h盲lt. Deshalb k枚nnen die steuerlichen Verh盲ltnisse fr眉herer Unternehmer auch dann nach 搂 193 Abs.1 AO 1977 gepr眉ft werden, wenn sie ihren Betrieb ver盲u脽ert oder aufgegeben haben; hiervon ist die Rechtsprechung wiederholt ausgegangen (z.B. BFH-Urteile vom 20.Juni 1984 I R 111/80, BFHE 142, 1, BStBl II 1984, 815; vom 23.Juli 1985 VIII R 48/85, BFHE 145, 3, BStBl II 1986, 433).
Dies gilt auch f眉r den Erben eines Unternehmers. Auf diesen geht als Gesamtrechtsnachfolger die Steuerschuld des Erblassers und damit auch die Verpflichtung aus Steuernachforderungen 眉ber (搂 45 Abs.1 AO 1977); soweit die Steuerschuld auf der unternehmerischen Bet盲tigung des Erblassers beruht, kann bei ihm auch eine Au脽enpr眉fung nach 搂 193 Abs.1 AO 1977 stattfinden. Dies hat bereits das BFH-Urteil vom 9.Mai 1978 VII R 96/75 (BFHE 125, 144, BStBl II 1978, 501) mit dem Hinweis entschieden, da脽 der Erbe Steuerschuldner geworden sei und die aus dieser Stellung erwachsenen Pflichten erf眉llen m眉sse; hierzu geh枚re auch die Duldung einer Betriebspr眉fung. Die Entscheidung ist zwar zum Rechtszustand unter der Reichsabgabenordnung (AO) und dem Steueranpassungsgesetz (StAnpG) ergangen; durch das Inkrafttreten der AO 1977 hat sich daran aber nichts ge盲ndert. Als Erbeserbe ist der Kl盲ger auch Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters geworden.
Nach der Pr眉fungsanordnung ist die Pr眉fung hinsichtlich Einkommen- und Verm枚gensteuer nicht auf den unternehmerischen Bereich begrenzt worden; dies ist rechtlich jedoch nicht zu beanstanden (vgl. BFH-Urteil vom 28.November 1985 IV R 323/84, BFHE 145, 311, BStBl II 1986, 437, m.w.N.).
3. Soweit sich die Pr眉fungsanordnung auf die Verh盲ltnisse der Mutter des Kl盲gers erstreckt, hat sie dagegen nur teilweise Bestand. Ob in ihrer Person die Voraussetzungen einer Au脽enpr眉fung erf眉llt waren, mu脽te zu ihren Lebzeiten unabh盲ngig von den Verh盲ltnissen ihres Ehemannes beurteilt werden (BFH-Urteil vom 5.November 1981 IV R 179/79, BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208); entsprechendes gilt f眉r eine beim Erben vorzunehmende Pr眉fung.
Da die Mutter des Kl盲gers in den Jahren 1979 und 1980 nicht als Unternehmerin t盲tig war, konnte bei ihr eine Au脽enpr眉fung nur aufgrund des 搂 193 Abs.2 Nr.2 AO 1977 angeordnet werden. Ein Bed眉rfnis f眉r eine solche Pr眉fung kann nur angenommen werden, wenn Anhaltspunkte f眉r den Verdacht bestehen, da脽 die Verstorbene ihre Steuererkl盲rungen nicht, unvollst盲ndig oder mit unrichtigem Inhalt abgegeben hatte (vgl. BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208; BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435). Solche Anhaltspunkte sind weder von der Finanzbeh枚rde dargetan noch vom FG festgestellt worden. Die Beh枚rde hat sich in der Beschwerdeentscheidung auf die Bemerkung beschr盲nkt, da脽 der Ehemann der Verstorbenen m枚glicherweise Einnahmen nicht versteuert und verlagert habe; das FG hat erl盲utert, da脽 es sich um gemeinsame private Aktivit盲ten, n盲mlich Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitaleink眉nfte und das Betreiben eines Reitstalls gehandelt habe. Unstreitig hat aber die Mutter des Kl盲gers in den Jahren 1979 und 1980 eigene Eink眉nfte nicht erkl盲rt; solche Eink眉nfte sind offensichtlich auch in der Vorpr眉fung nicht ermittelt worden. Irgendein Anhaltspunkt, da脽 die Verstorbene gleichwohl Eink眉nfte erzielt und ihre Steuererkl盲rungspflicht verletzt habe, ist vom FA und vom FG nicht dargetan; formelhafte Wendungen, die ganz allgemein die Verh盲ltnisse zwischen Ehegatten betreffen, k枚nnen die Angabe solcher Anhaltspunkte nicht ersetzen.
Im Jahre 1981 hat die Mutter des Kl盲gers nach dem Tode ihres Ehemannes am 23.Mai 1981 nachtr盲gliche Eink眉nfte aus dessen freiberuflicher T盲tigkeit i.S. von 搂 24 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bezogen. Sie war damit zwar nicht selbst Unternehmerin im Wortsinn des 搂 193 Abs.1 AO 1977; wickelte aber das Unternehmen ihres Ehemannes ab; wie bei diesem f眉r den Zeitraum der Abwicklung noch eine Au脽enpr眉fung nach 搂 193 Abs.1 AO 1977 zul盲ssig ist, so auch bei der Mutter des Kl盲gers als Erbin ihres Ehemannes.
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Fundstellen
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BFH/NV 1989, 49 |
BStBl II 1990, 2 |
BFHE 158, 114 |
BFHE 1990, 114 |
BB 1990, 128 |
BB 1990, 128-129 (LT1-3) |
DB 1989, 2585-2586 (LT) |
HFR 1990, 106 (LT) |
StE 1990, 22 (K) |