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Leitsatz (amtlich)
Gegen den Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Steuerschuldners kann eine die Zeit vor dem Erbfall betreffende Betriebspr眉fung angeordnet werden.
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Normenkette
FGO 搂 100 Abs. 1 S. 4; AO 搂搂听97, 106, 117 Abs. 4 S. 3, 搂听162 Abs.听10-11, 搂搂听165e, 193; StAnpG 搂 8 Abs. 1
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Tatbestand
Der Vater des Kl盲gers und Revisionskl盲gers (Kl盲ger) war Inhaber einer Bautischlerei und Zimmerei. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1971 眉bernahm der Kl盲ger, der mit seiner Schwester Erbe war, den Tischlereibetrieb und f眉hrte ihn als Einzelunternehmen fort.
Unter dem 31. Oktober 1973 sandte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) dem Kl盲ger eine Betriebspr眉fungsanordnung, in der es u. a. w枚rtlich hie脽: "Der Betriebspr眉fer R ist beauftragt worden, bei Ihnen eine Betriebspr眉fung gem盲脽 搂搂 162 Abs. 10 bzw. 11, 193, 204, 205 AO vorzunehmen. Es ist beabsichtigt, mit der Pr眉fung am 15.11.1973 zu beginnen. Die Pr眉fung soll sich auf die Jahre 1968, 1969, 1970, 1971 erstrekken ..."
Die gegen die Betriebspr眉fungsanordnung eingelegte Beschwerde wurde von der Oberfinanzdirektion (OFD) zur眉ckgewiesen.
Auch die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. In seiner Urteilsbegr眉ndung folgte das Finanzgericht (FG) den Ausf眉hrungen des erkennenden Senats in seinem - nicht ver枚ffentlichten - Beschlu脽 vom 6. M盲rz 1975 VII B 81/74. Mit diesem Beschlu脽 hatte der Senat die Beschwerde des Kl盲gers gegen den Beschlu脽 des FG, mit dem dieses den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Pr眉fungsanordnung abgelehnt hatte, zur眉ckgewiesen. Der Kl盲ger sei, wie das FG ausf眉hrte, als Erbe Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters geworden, womit dessen Steuerschulden auf ihn 眉bergegangen seien (搂 8 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Das bedeute, da脽 er an Stelle seines Rechtsvorg盲ngers selbst Steuerschuldner geworden sei. Zu den Pflichten eines Steuerpflichtigen z盲hle auch die zur Duldung einer Betriebspr眉fung. Auch die Anordnung der Betriebspr眉fung f眉r das Jahr 1968 sei nicht ermessenswidrig gewesen. Das FA habe sich auf die Ausnahme des 搂 4 Abs. 2 der Betriebspr眉fungsordnung (Steuer) - BpO(St) - gest眉tzt. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des FA habe dieses f眉r das Jahr 1968 mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen rechnen k枚nnen.
Mit seiner am 15. August 1975 eingelegten Revision beantragt der Kl盲ger, festzustellen, da脽 die zwischenzeitlich durchgef眉hrte Betriebspr眉fung rechtswidrig war.
An der Feststellung der Rechtswidrigkeit bestehe ein rechtliches Interesse, weil bei einer Berichtigungsveranlagung nach 搂 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) das FA keine neuen Tatsachen verwerten d眉rfe, die es bei einer Betriebspr眉fung festgestellt habe, deren Anordnung rechtskr盲ftig f眉r rechtswidrig erkl盲rt worden sei (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Juni 1973 V R 64/72, BFHE 109, 500, BStBl II 1973, 716). Der Gesetzgeber habe der Verwaltung kein Recht auf Betriebspr眉fung gegen den Erben eines pr眉fungspflichtig gewesenen Steuerpflichtigen einger盲umt. Auf 搂 97 AO k枚nne es insoweit nicht ankommen. Diese Bestimmung leite zwar die Vorschriften der Reichsabgabenordnung 眉ber das Steuerpflichtverh盲ltnis ein, bringe indes lediglich grunds盲tzliche Begriffsbestimmungen. Rechte und Pflichten der Steuerverwaltung und der Steuerpflichtigen w眉rden in den nachfolgenden Vorschriften der Reichsabgabenordnung im einzelnen abgehandelt, wobei es f眉r ihn - den Kl盲ger - insbesondere auf 搂 106 AO ankomme. In der Rechtsprechung bestehe zwar eine Tendenz, den Gesamtrechtsnachfolger in das Verm枚gen auch in alle Rechte und Pflichten des Rechtsvorg盲ngers eintreten zu lassen. Dem m眉sse entgegengehalten werden, da脽 die Verpflichtung von Rechtsnachfolgern zur Einreichung von Steuererkl盲rungen nicht aus allgemeinen Erw盲gungen abzuleiten sei. Eine solche Verpflichtung sei in 搂 117 AO und, f眉r Rechtsnachfolger von Steuerpflichtigen, in 搂 165 e AO vorgesehen. Einen 盲hnlichen 脺bergang der Verpflichtung zur Duldung der Betriebspr眉fung habe der Gesetzgeber hingegen nicht vorgesehen. Die Verwaltung besitze lediglich gesetzliche Rechte auf Erteilung von Ausk眉nften oder Vorlage von Urkunden. Bei der Betriebspr眉fung handele es sich um eine besonders qualifizierte Ma脽nahme, die nur einem besonders abgegrenzten Personenkreis auferlegt worden sei. Bei der Beurteilung der Pflichten eines Erben sei auch der Gesichtspunkt der Billigkeit von Bedeutung. Von ihm k枚nne nur Zumutbares verlangt werden. Im Streitfalle sei die Erf眉llbarkeit des Pr眉fungsverlangens nicht gew盲hrleistet. Was er als Erbe nicht wisse, k枚nne er nicht bekunden.
Das FA h盲lt die Revision f眉r unbegr眉ndet. Es hat mitgeteilt, da脽 nach Durchf眉hrung der Betriebspr眉fung in der Zeit vom 24. Juni bis 24. Juli 1975 mit Berichtigungsbescheiden vom 5. Januar 1977 insgesamt 63 746 DM Abgaben nachgefordert worden sind und da脽 der Kl盲ger diese Bescheide durch Einspruch angefochten hat.
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Die Revision ist unbegr眉ndet.
Nach dem 眉bereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ist die vom FA angeordnete Betriebspr眉fung inzwischen durchgef眉hrt worden, und zwar nach der m眉ndlichen Verhandlung vor dem FG. Der Kl盲ger begehrt nunmehr, die Vorentscheidung aufzuheben und festzustellen, da脽 die zwischenzeitlich durchgef眉hrte Betriebspr眉fung rechtswidrig war.
Dieser Antrag ist gem盲脽 搂 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaft. Im Streitfalle hat das FA die angefochtene Anordnung nicht zur眉ckgenommen. Der Verwaltungsakt hat sich aber anders erledigt, n盲mlich dadurch, da脽 die angeordnete Betriebspr眉fung durchgef眉hrt worden ist. Damit hat die angefochtene Anordnung ihren rechtlichen Regelungsinhalt verloren; sie ist gegenstandslos geworden.
Der Kl盲ger hat an der begehrten Feststellung auch ein berechtigtes Interesse. Wird n盲mlich rechtskr盲ftig festgestellt, da脽 die Anordnung der Betriebspr眉fung rechtswidrig gewesen ist, dann darf das FA nach dem vom Kl盲ger zitierten BFH-Urteil V R 64/72, dem der Senat zustimmt, bei einer Berichtigungsveranlagung gem盲脽 搂 222 Abs. 1 Nr. 1 AO keine neuen Tatsachen verwerten, die es bei der Betriebspr眉fung festgestellt hat. Es besteht danach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der vom Kl盲ger begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betriebspr眉fungsanordnung und den von ihm angefochtenen Berichtigungsbescheiden.
Die in der Hauptsache erledigte Anordnung der Betriebspr眉fung ist nicht rechtswidrig gewesen. Der Senat hat sich bereits im Aussetzungsverfahren bei der Pr眉fung der Frage, ob ernstliche Zweifel an der Rechtm盲脽igkeit des angefochtenen Verwaltungsakts in rechtlicher Hinsicht bestehen, mit den auch im Streitfalle bedeutsamen Rechtsfragen auseinandergesetzt, n盲mlich ob bei Gesamtrechtsnachfolge eine Betriebspr眉fung gegen den Erben angeordnet werden kann und ob die Pr眉fung auf das Jahr 1968 erweitert werden konnte. Er hat in seinem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlu脽 VII B 81/74 beide Fragen bejaht. Daran wird nach erneuter 脺berpr眉fung auch im Verfahren zur Hauptsache festgehalten.
Gem盲脽 搂 8 Abs. 1 StAnpG sind die Steuerschulden des verstorbenen Vaters des Kl盲gers auf diesen als Gesamtrechtsnachfolger 眉bergegangen. Der Kl盲ger ist damit selbst anstelle seines Rechtsvorg盲ngers Steuerschuldner und damit Steuerpflichtiger i. S. des 搂 97 Abs. 1 AO geworden. Er mu脽 daher die sich aus dieser Stellung ergebenden Pflichten erf眉llen. Zu diesen Pflichten geh枚rt auch die Pflicht zur Duldung einer Betriebspr眉fung, deren Anordnung das FA auf 搂 162 Abs. 10 und 11 und 搂 193 AO gest眉tzt hat.
Der Kl盲ger kann dem nicht entgegenhalten, da脽 搂 97 AO lediglich eine grunds盲tzliche Begriffsbestimmung enthalte und da脽 der Gesetzgeber in den die Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen behandelnden nachfolgenden Vorschriften einen 脺bergang der Verpflichtung zur Duldung der Betriebspr眉fung nicht vorgesehen habe. Der Begriff "Steuerpflichtiger" hat im Ersten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts der Reichsabgabenordnung (搂搂 160 bis 203) dieselbe Bedeutung wie in 搂 97 AO. Aus der nach 搂 106 Abs. 1 AO bestehenden Verpflichtung des Rechtsnachfolgers eines verstorbenen Steuerpflichtigen, daf眉r Sorge zu tragen, da脽 Mittel zur Bezahlung der vorher entstandenen Steuerschulden zur眉ckgelegt und die Steuerschulden bezahlt werden, kann daher im Gegensatz zur Auffassung des Kl盲gers nicht gefolgert werden, da脽 den Gesamtrechtsnachfolger nur diese und nicht auch die weiteren den Steuerpflichtigen auferlegten Verpflichtungen treffen. Die gleiche 脺berlegung greift auch Platz, soweit Gesamtrechtsnachfolger im Rahmen des 搂 165 e AO f眉r verpflichtet angesehen werden, dem FA als Steuerpflichtige Anzeige 眉ber unrichtige Steuererkl盲rungen des Rechtsvorg盲ngers zu machen. Der vom Kl盲ger weiter zitierte 搂 117 AO spricht gerade gegen seine Rechtsargumentation. Der Grund, weshalb in dieser Vorschrift Rechtsnachfolger ausdr眉cklich von den dort auferlegten Anzeigepflichten ausgenommen werden, ist darin zu suchen, da脽 diese bereits als Steuerschuldner hierzu verpflichtet sind.
Es ist auch nicht zu beanstanden, da脽 das FA die Betriebspr眉fung auch auf das Jahr 1968 erweitert hat. Wie der Senat in seinem Beschlu脽 VII B 81/74 ausgef眉hrt hat, steht die Bestimmung des Pr眉fungszeitraums grunds盲tzlich im Ermessen der Finanzbeh枚rde. Um eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Gesetzes durch die Verwaltung sicherzustellen und um ferner das hinsichtlich der zeitlichen Ausdehnung des Pr眉fungszeitraums unbegrenzte Ermessen des FA einzuschr盲nken, sind in der BpO(St) Anweisungen f眉r die Bestimmung des zeitlichen Umfangs der Betriebspr眉fung enthalten. F眉r Betriebe, die wie der des Kl盲gers nicht zu den Gro脽betrieben rechnen, ist der Regelpr眉fungszeitraum auf drei Jahre festgelegt worden - 搂 4 Abs. 2 BpO(St) -. Dieser Zeitraum kann erweitert werden, falls die Besteuerungsgrundlagen sonst nicht festgestellt werden k枚nnen oder wenn mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen ist. Die Finanzbeh枚rde hat diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Betriebspr眉fungsanordnung zu Recht f眉r gegeben erachtet, weil mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen war. Das FG hat dazu, f眉r den Senat bindend, festgestellt, da脽 hinsichtlich der Ordnungsm盲脽igkeit der Buchf眉hrung sowie der Bilanz auf den 31. Dezember 1968 und damit auch der Vortragsf盲higkeit der Verluste des Jahres 1968 Zweifel bestehen. Es hat ferner festgestellt, auch der Kl盲ger habe in der m眉ndlichen Verhandlung die Bef眉rchtung zum Ausdruck gebracht, da脽 die Bilanz auf den 31. Dezember 1968 zu sp盲t erstellt worden sei. Die vom Kl盲ger im Zusammenhang mit der Dauer der Versp盲tung erhobene Verfahrensr眉ge h盲lt der Senat nicht f眉r durchgreifend. Er sieht deshalb gem盲脽 Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlastG) von einer Begr眉ndung ab.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 72804 |
BStBl II 1978, 501 |
BFHE 1979, 144 |