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Entscheidungsstichwort (Thema)
Festverzinsliche Wertpapiere eines Freiberuflers in der Regel weder notwendiges noch gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen
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Leitsatz (amtlich)
Eine Geldanleihe, die zu einem 眉ber dem Nennwert liegenden Kurs erworben wird, kann nicht Betriebsverm枚gen eines Freiberuflers sein.
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Normenkette
EStG 搂听4 Abs. 3, 搂听18
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Verfahrensgang
Nieders盲chsisches FG (Dok.-Nr. 0550404; EFG 1999, 216) |
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl盲ger erzielte als Steuerberater Eink眉nfte aus selbst盲ndiger Arbeit. Er ermittelte seinen Gewinn nach 搂 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Im Jahr 1987 erwarb er eine mit 8 v.H. verzinsliche Anleihe der X-Bank mit 10-j盲hriger Laufzeit 眉ber 30 000 DM (Nennwert) zum Kurs von 111,5 v.H. Er wandte daf眉r einschlie脽lich Nebenkosten 33 685,12 DM auf. Er f眉hrte die Wertpapiere in seinen Gewinnermittlungen als Anlageverm枚gen mit dem Zusatz "f眉r Autokauf" auf und erfasste die j盲hrlich anfallenden Zinsen als Betriebseinnahmen. Die Kl盲ger unterhielten au脽erdem ein Wertpapierdepot, in dem sie ihre "privaten" Wertpapiere hielten.
Im Januar 1991 verkaufte der Kl盲ger die H盲lfte der Anleihe und lie脽 den Erl枚s auf sein betriebliches Bankkonto 眉berweisen. Von diesem Konto hob er rd. 45 000 DM f眉r den Kauf eines betrieblich genutzten PKW ab. Das Konto wurde dabei nicht 眉berzogen. Die bis zum Verkauf angefallenen St眉ckzinsen (840 DM) erfasste er als Betriebseinnahmen. Au脽erdem errechnete er einen Verlust in H枚he von 2 426,31 DM (Verkaufspreis 14 505,00 DM ./. 88,75 DM Ver盲u脽erungskosten sowie 16 842,56 DM Anschaffungskosten).
Nach einer Au脽enpr眉fung vertrat der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) die Ansicht, die Wertpapiere seien kein Betriebsverm枚gen gewesen. Durch den 眉ber dem Nennwert liegenden Preis habe es notwendig zu Verlusten kommen m眉ssen. Das sei bereits im Zeitpunkt der Anschaffung erkennbar gewesen. Die Ber眉cksichtigung des Verlustes bei den Eink眉nften aus freiberuflicher T盲tigkeit sei ausgeschlossen. Das FA 盲nderte den Einkommensteuerbescheid 1991 entsprechend. Der Einspruch der Kl盲ger blieb erfolglos.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) f眉hrte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 216 ver枚ffentlichten Urteil u.a. aus, das FA habe zu Unrecht den geltend gemachten Aufwand nicht zum Abzug zugelassen. Die 1987 erworbenen Wertpapiere seien gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen gewesen. Die Wertpapiere h盲tten 鈥昳nsgesamt betrachtet鈥 einen 脺berschuss erbracht; es handle sich nicht um verlustgezeichnete Wertpapiere.
Mit der vom FG 鈥晈egen Divergenz鈥 zugelassenen Revision r眉gt das FA die Verletzung von Bundesrecht (搂 4 Abs. 3 und 4 EStG).
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲ger beantragen sinngem盲脽, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen, und hilfsweise, die Sache zur genaueren Feststellung des Sachverhalts an das FG zur眉ckzuverweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage abzuweisen (搂 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vom Kl盲ger erworbenen festverzinslichen Wertpapiere Betriebsverm枚gen und die geltend gemachten Aufwendungen damit betrieblich veranlasst waren.
1. Der Senat l盲sst unentschieden, ob er an der bisherigen st盲ndigen Rechtsprechung festh盲lt, wonach die Bildung gewillk眉rten Betriebsverm枚gens bei einer Gewinnermittlung nach 搂 4 Abs. 3 EStG unzul盲ssig ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17; vom 29. April 1999 IV R 7/98, BFHE 188, 390, BStBl II 1999, 488; ausdr眉cklich offen gelassen im BFH-Urteil vom 22. September 1993 X R 37/91, BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172). Selbst wenn an dieser Rechtsprechung nicht festzuhalten sein sollte (zur Kritik vgl. Weber-Grellet in Kirchhof/S枚hn, Einkommensteuergesetz, 搂 4 Rdnr. D 160; Bergkemper in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und K枚rperschaftsteuergesetz, Kommentar, 搂 4 EStG Rz. 537), setzt die Annahme gewillk眉rten Betriebsverm枚gens doch ein Wirtschaftsgut voraus, das seiner Art nach nicht eindeutig in den privaten Bereich weist und dessen Zuordnung zum Betriebsverm枚gen nicht seiner Natur widerspricht. In diesem Sinne kommen als Wirtschaftsg眉ter des Betriebsverm枚gens nur solche in Betracht, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu f枚rdern bestimmt und geeignet sind. Die Steuerpflichtigen haben kein (freies) Wahlrecht, gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen oder Privatverm枚gen zu bilden. Vielmehr muss auch die Bildung gewillk眉rten Betriebsverm枚gens betrieblich veranlasst sein. Die Wirtschaftsg眉ter m眉ssen objektiv "betriebsdienlich" sein (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R 52/95, BFHE 182, 204, BStBl II 1997, 351). Die Willk眉rung muss ihr ausl枚sendes Moment im Betrieb haben. Deshalb muss der Steuerpflichtige darlegen, welche Beziehung das Wirtschaftsgut zum Betrieb hat und welche vern眉nftigen wirtschaftlichen 脺berlegungen ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsverm枚gen zu behandeln (vgl. Pl眉ckebaum in Kirchhof/S枚hn, a.a.O., 搂 4 Rdnr. B 123). Entscheidend ist damit im Streitfall letztlich, ob sich der Erwerb und das Halten der verzinslichen Anleihe als Teil der Aus眉bung einer selbst盲ndigen T盲tigkeit i.S. des 搂 18 EStG oder aber als das blo脽e Halten von Kapitalverm枚gen i.S. des 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellen.
2. Eine selbst盲ndige T盲tigkeit i.S. des 搂 18 EStG ist anzunehmen, wenn die eigene Arbeitskraft sowie das geistige Verm枚gen eingesetzt und in der Regel durch eine besonders qualifizierte Ausbildung erworbene Kenntnisse verwertet werden (vgl. BFH-Urteil vom 1. April 1982 IV R 130/79, BFHE 136, 86, BStBl II 1982, 589; Stuhrmann in Kirchhof/S枚hn, a.a.O., 搂 18 Rdnr. A 130). Zwar erfordern bestimmte freie Berufe einen nicht unerheblichen Kapitaleinsatz (z.B. ein Facharzt, der teure medizinisch-technische Ger盲te ben枚tigt). Dennoch ist der Einsatz erheblichen Kapitals eher die Ausnahme und nicht das Merkmal, das die selbst盲ndige T盲tigkeit i.S. des 搂 18 EStG pr盲gt. Deshalb sind an den Nachweis der Betriebsbezogenheit strenge Anforderungen zu stellen, wenn 鈥晈ie im Streitfall鈥 Geldanlagen in der Form von Anleihepapieren als gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen eines Steuerberaters behandelt werden sollen.
3. Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kl盲ger im Jahre 1987 eine mit 8 v.H. festverzinsliche Anleihe erwarb, deren Laufzeit 10 Jahre betrug. Der Kl盲ger musste Anschaffungskosten in H枚he von 112,3 v.H. des Nominalwertes zuz眉glich der Nebenkosten (33 685,12 DM) zahlen. Ihm war bekannt, dass er nach Ablauf der 10-j盲hrigen Laufzeit nur den Nennwert (30 000 DM) zur眉ckerhalten w眉rde. Er erwarb die Anleihe dennoch mit R眉cksicht auf ihre hohe Verzinsung. Der Aufpreis von 3 685,12 DM war f眉r ihn wirtschaftlich gesehen eine Schm盲lerung der erwarteten Zinsertr盲ge (Negativzins). Als Negativbetrag konnte er dem Betrieb des Kl盲gers keinen Nutzen bringen. F眉r die erzielten Zinsen ist nicht dargelegt, dass sie zu betrieblichen Zwecken verwendet wurden. Bei dieser Sachlage spricht die Lebenserfahrung daf眉r, dass der Kl盲ger die Behandlung der Anleihe als Betriebsverm枚gen seines freien Berufes nur deshalb w盲hlte, um den absehbaren Verlust im Falle eines Wiederverkaufs der Anleihe bzw. am Ende ihrer Laufzeit steuerlich absetzen zu k枚nnen. Eine solche Absicht reicht allein nicht aus, um eine Geldanleihe als gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen zu behandeln. Es fehlt an einer betrieblichen Veranlassung f眉r ihre Anschaffung.
4. Das Vorbringen des Kl盲gers ist auch im 脺brigen nicht geeignet, eine betriebliche Veranlassung des Erwerbs der Geldanleihe schl眉ssig zu begr眉nden. Der Kl盲ger erwarb die Anleihe schon im Jahre 1987. Er ver盲u脽erte sie im Januar 1991 nur zur H盲lfte (Verkaufspreis: 14 505 DM). Obwohl er von Anfang an angab, die Anleihe zum Zwecke eines Autokaufs zu erwerben und zu halten, finanzierte er den Kaufpreis des Autos in H枚he von 45 000 DM im Jahre 1991 mit Hilfe des Erl枚ses aus der zwischenzeitlich ver盲u脽erten Anleihe allenfalls in H枚he von 14 505 DM. Dies ist nur ca. 1/3 des Kaufpreises und weniger als die H盲lfte des urspr眉nglich angelegten Betrages. Ist es ohnehin schon ungew枚hnlich, dass ein Steuerpflichtiger im Jahre 1987 eine Geldanleihe erwirbt, um im Jahre 1991 einen PKW kaufen zu k枚nnen, wenn abzusehen ist, dass der Wert der Geldanlage bis zum Jahre 1991 sinken wird, so gilt dies erst recht, wenn die Geldanleihe nicht ausreicht, um die PKW-Anschaffungskosten zu finanzieren, und wenn sie letztlich nur zur H盲lfte f眉r diesen Zweck verwendet wird. Dann wurde die behauptete Absicht tats盲chlich nicht verwirklicht. Der Kl盲ger h盲tte die Geldanleihe ebenso in seinem Privatverm枚gen halten k枚nnen, um die erwarteten Erl枚se erst im Jahre 1991 in das Betriebsverm枚gen zwecks Finanzierung der PKW-Anschaffungskosten einzulegen. Es ist au脽erhalb der offenbar angestrebten steuerlichen Verlustbehandlung kein vern眉nftiger Grund zu erkennen, weshalb der Kl盲ger sich schon im Jahre 1987 festlegte, die erst im Jahre 1991 anfallenden PKW-Anschaffungskosten aus dem Ver盲u脽erungserl枚s einer bestimmten Geldanleihe zu finanzieren. Auch wenn der Kl盲ger die erzielten Zinsen als Betriebseinnahmen erkl盲rte, ist nicht nachgewiesen, dass dieselben zu betrieblichen Zwecken verwendet wurden. Allein die Tatsache, dass die Anschaffungskosten der Geldanleihe nach den Angaben des Kl盲gers aus Betriebseinnahmen finanziert wurden, begr眉ndet noch nicht deren Charakter als gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen. Die Anschaffungskosten k枚nnen auch dem Betriebsverm枚gen zuvor entnommen worden sein. Bei dieser Sachlage ist die Geldanleihe entsprechend dem BFH-Urteil vom 19. Februar 1997 XI R 1/96 (BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399) als Privatverm枚gen zu behandeln.
5. Die Vorentscheidung entspricht nicht diesen Grunds盲tzen. Sie konnte deshalb keinen Bestand haben und war aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Geldanleihe war dem Privatverm枚gen des Kl盲gers zuzuordnen. Dementsprechend hat das FA den Gewinn des Kl盲gers aus selbst盲ndiger Arbeit zutreffend ermittelt. 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und 搂 9 EStG schlie脽en au脽erdem die Geltendmachung des Verlustes bei den Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen aus. Damit war die Klage abzuweisen.
6. Eine Vorlage an den Gro脽en Senat war nicht geboten. Die mit dieser Materie befassten Senate des BFH stimmen darin 眉berein, dass Wertpapiere als gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen eines Freiberuflers nicht in Betracht kommen, wenn bereits bei ihrem Erwerb feststeht, dass sie nur in den Betrieb eingelegt werden, um ansonsten nicht abziehbare Verluste als betrieblichen Aufwand geltend machen zu k枚nnen. Diese Rechtsfrage hat keine grunds盲tzliche Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1999 X B 40/99, nicht ver枚ffentlicht; BFH-Urteile vom 13. Oktober 1998 VIII R 61/96, BFH/NV 1999, 463; in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von den Kl盲gern zitierten BFH-Urteil in BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172. Der X. Senat hat dort die Frage, ob ein Gewinnermittler nach 搂 4 Abs. 3 EStG gewillk眉rtes Betriebsverm枚gen bilden kann, ausdr眉cklich offen gelassen und den durch erworbene Wertpapiere erlittenen Verlust deshalb nicht anerkannt, weil diese nicht unmissverst盲ndlich dem Betriebsverm枚gen zugeordnet worden waren.
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Fundstellen
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BFH/NV 2000, 916 |
BStBl II 2000, 297 |
BFHE 191, 307 |
BB 2000, 1023 |
BB 2000, 1820 |
DB 2000, 1003 |
DStRE 2000, 569 |
DStZ 2000, 491 |
HFR 2000, 560 |
StE 2000, 291 |