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Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Lohnverwendungsabrede: Spende eines Arbeitgebers aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs mit einem seiner Arbeitnehmer, konstitutive Verwendungsauflage, Lohnverzicht
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Leitsatz (amtlich)
Verpflichtet sich ein Arbeitgeber im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs zu einer Spendenzahlung, ohne da脽 der Arbeitnehmer auf die Person des Spendenempf盲ngers Einflu脽 nehmen kann, so enth盲lt diese Vereinbarung noch keine zu Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit f眉hrende Lohnverwendungsabrede.
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Orientierungssatz
Entscheidend f眉r die Annahme von Arbeitslohn ist, da脽 ein Vorteil als Frucht der Arbeitsleistung gew盲hrt wird. Der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil mu脽 Entlohnungscharakter haben; der tats盲chliche oder rechtliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverh盲ltnis allein reicht nicht aus. In den Genu脽 dieser Frucht kommt der Steuerpflichtige allerdings nicht nur dadurch, da脽 der Arbeitgeber den Lohn auszahlt oder 眉berweist, sondern auch dadurch, da脽 der Arbeitgeber eine mit dem Arbeitnehmer getroffene Lohnverwendungsabrede (eine konstitutive Verwendungsauflage) erf眉llt. Keinen Lohn erh盲lt der Arbeitnehmer hingegen dann, wenn der Arbeitnehmer auf Lohn verzichtet und keine Bedingungen an die Verwendung der freigewordenen Mittel kn眉pft.
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Normenkette
EStG 搂听19 Abs. 1, 搂听24 Abs. 1 Nr. 1; LStDV 搂 2 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kl盲gerin war seit dem 1. Januar 1990 bei der A-KG als Prokuristin mit Generalvollmacht nichtselbst盲ndig t盲tig.
Im Herbst 1991 kam es 眉ber die Leitung der B-Gesch盲ftsstelle zum Streit. Im Zuge der Auseinandersetzungen wurde das Arbeitsverh盲ltnis gek眉ndigt. Die Kl盲gerin machte geltend, da脽 die K眉ndigung unwirksam und auch sozial ungerechtfertigt sei. Vor dem Arbeitsgericht wurde folgender Vergleich geschlossen:
"1. Die Parteien sind sich dar眉ber einig, da脽 ihr Arbeitsverh盲ltnis zum 31.12.1991 beendet ist. Die Beklagte wird das Arbeitsverh盲ltnis bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgem盲脽 abrechnen.
2. Die Beklagte wird bis zum 31.12.1992 eine Spende in H枚he von ... DM an die Stiftung C zahlen und den Nachweis der Spendenzahlung gegen眉ber der Kl盲gerin innerhalb eines Monats erbringen.
3. Die Beklagte erteilt der Kl盲gerin auf Wunsch ein qualifiziertes Zeugnis.
4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt."
Der Arbeitgeber entrichtete den Betrag von ... DM am 22. Januar 1992 und erhielt auch eine entsprechende Spendenquittung. Die vergleichsweise Beendigung des Arbeitsgerichtsprozesses wurde bekannt. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, da脽 es sich bei der Spende um Arbeitslohn handele. Das FA unterwarf nach Abzug eines steuerfreien Betrags gem盲脽 搂 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ... DM dem erm盲脽igten Steuersatz.
Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Die Beweisaufnahme habe zur 脺berzeugung des Gerichts ergeben, da脽 die Spende weder als Ersatz f眉r der Kl盲gerin entgehende Einnahmen bestimmt gewesen sei noch als Entgelt f眉r die Aufgabe oder Nichtaus眉bung ihrer nichtselbst盲ndigen T盲tigkeit. Der Arbeitgeber der Kl盲gerin habe sich nicht zur Zahlung bereit erkl盲rt, um der Kl盲gerin etwas zugute kommen zu lassen. Er habe weder Ersatz f眉r entgehende Einnahmen leisten wollen noch habe er damit die Aufl枚sung des Arbeitsverh盲ltnisses erkaufen wollen. Die Vereinbarung habe der Beendigung des Prozesses und der Wiederherstellung des Rechtsfriedens dienen sollen. Die Kl盲gerin habe weder "um des Entgelts willen" noch mit Eink眉nfteerzielungsabsicht gehandelt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision r眉gt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe den Begriff des Arbeitslohnes verkannt. Die Spende erweise sich bei objektiver Betrachtung als Gegenleistung f眉r die Zurverf眉gungstellung der individuellen Arbeitskraft. Sie sei "wegen" der Aufl枚sung des Dienstverh盲ltnisses gezahlt worden. Zwischen dem Arbeitsgerichtsproze脽, der Aufl枚sung des Dienstverh盲ltnisses und der damit verbundenen Spende bestehe ein kausaler Zusammenhang. Auf das behauptete Motiv f眉r die Vereinbarung der Spende komme es f眉r die Annahme von Arbeitslohn nicht an. Auch der Wortlaut des Vergleichs spreche gegen die Begr眉ndung des FG. Der Arbeitslohn sei der Kl盲gerin zugeflossen; sie habe 眉ber den Betrag wirtschaftlich verf眉gt, indem sie die Zahlung dieser Spende mit ihrem Arbeitgeber vereinbart habe. Zwar liege in dieser Vereinbarung zugleich ein Gehaltsverzicht, dieser f眉hre jedoch zum Lohnzuflu脽, weil er mit einer gerichtlich einklagbaren Verwendungsauflage verkn眉pft gewesen sei (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juli 1993 VI R 87/92, BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884).
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲ger beantragen,
die Revision zur眉ckzuweisen.
1. Der dem Arbeitnehmer zugewendete Vorteil m眉sse Entlohnungscharakter haben; ein Schadensausgleich gen眉ge nicht (BFH-Urteil vom 20. September 1996 VI R 57/95, BFHE 181, 298, BStBl II 1997, 144). Die Verpflichtung zur Spendenzahlung habe keinen Entlohnungscharakter.
2. Die Kl盲gerin habe keinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Abfindung besessen. Ihr sei es vielmehr darum gegangen, wegen der erlittenen Ehrverletzung dem Arbeitgeber eine Bu脽e bzw. einen Denkzettel aufzuerlegen.
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II. Die Revision ist im Ergebnis gem盲脽 搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
1. Die von dem Arbeitgeber 眉bernommene Verpflichtung zur Spendenzahlung f眉hrt bei der Kl盲gerin nicht zu Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit.
a) Entsch盲digungen, die als Ersatz f眉r entgangene oder entgehende Einnahmen oder f眉r die Aufgabe oder Nichtaus眉bung einer T盲tigkeit gew盲hrt worden sind, geh枚ren gem盲脽 搂 24 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch zu den Eink眉nften i.S. des 搂 2 Abs. 1 EStG. Gem盲脽 搂 19 Abs. 1 Satz 1 EStG geh枚ren zu den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit (搂 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG) Geh盲lter, L枚hne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bez眉ge und sonstige Vorteile, die f眉r eine Besch盲ftigung im 枚ffentlichen oder privaten Dienst gew盲hrt werden. Es ist gleichg眉ltig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bez眉ge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (搂 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Gem盲脽 搂 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchf眉hrungsverordnung 1990 (LStDV) sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverh盲ltnis zuflie脽en. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gew盲hrt werden.
Entscheidend f眉r die Annahme von Arbeitslohn ist danach, da脽 ein Vorteil als Frucht der Arbeitsleistung gew盲hrt wird (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 1997 VI R 23/94, BFHE 184, 474, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1997, 2016). Der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil mu脽 Entlohnungscharakter haben; der tats盲chliche oder rechtliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverh盲ltnis allein reicht nicht aus (BFH-Urteil in BFHE 181, 298, BStBl II 1997, 144). In den Genu脽 dieser Frucht kommt der Steuerpflichtige allerdings nicht nur dadurch, da脽 der Arbeitgeber den Lohn auszahlt oder 眉berweist, sondern auch dadurch, da脽 der Arbeitgeber eine mit dem Arbeitnehmer getroffene Lohnverwendungsabrede (eine konstitutive Verwendungsauflage) erf眉llt (Giloy, Betriebs-Berater --BB-- 1984, 715). Keinen Lohn erh盲lt der Arbeitnehmer hingegen dann, wenn der Arbeitnehmer auf Lohn verzichtet und keine Bedingungen an die Verwendung der freigewordenen Mittel kn眉pft (BFH-Urteile in BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884; vom 25. November 1993 VI R 115/92, BFHE 173, 292, BStBl II 1994, 424; zum Verzicht als Zuflu脽ersatz vgl. auch BFH-Beschlu脽 vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307).
b) Im Streitfall ist die Verpflichtung zur Spendenleistung nicht als konstitutive Verwendungsauflage zu beurteilen. In Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverh盲ltnisses hat die Kl盲gerin weder eine geldwerte Position erhalten noch (unter Abk眉rzung des Zahlungswegs) 眉ber eine solche frei verf眉gt. Wie sich aus dem vom FG festgestellten Sachverhalt ergibt, wurde im Rahmen des vor dem Arbeitsgericht erzielten Vergleichs vereinbart, da脽 der Arbeitgeber eine Spende an die Stiftung C leisten sollte; demgegen眉ber hatte die Kl盲gerin verlangt, da脽 die Spende der Stiftung D zugute kommen solle. Bei dieser Gestaltung hat die Kl盲gerin nicht 眉ber eine ihr zustehende Entsch盲digungsleistung im voraus verf眉gt. Best盲tigt wird diese Beurteilung durch den Umstand, da脽 der Arbeitgeber auch nach au脽en hin als Spender auftrat und die erhaltene Spendenbescheinigung f眉r seine Zwecke einsetzte. Die Kl盲gerin hat damit nicht Lohn zugunsten einer eigenen Spende verwendet. Eine Lohnverwendungsabrede ist mit dieser Vereinbarung noch nicht getroffen worden; denn diese setzt stets die eigene Verf眉gung des Arbeitnehmers voraus (Giloy, BB 1984, 717). Die aus dem Arbeitsverh盲ltnis resultierende M枚glichkeit, den Arbeitgeber zu einer Spendenzahlung veranlassen zu k枚nnen, und die damit verbundene Genugtuung sind noch nicht als eigene Spendenleistung zu werten. Es handelt sich daher --盲hnlich wie im Fall der Geistlichen (BFH-Urteil in BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884) oder der Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes (BFH-Urteil in BFHE 173, 292, BStBl II 1994, 424)-- um einen (potentiellen) Lohnverzicht ohne eigene Verwendungsm枚glichkeit und damit ohne Lohnverwendungsabrede.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 154352 |
BFH/NV 1999, 548 |
BStBl II 1999, 98 |
BFHE 187, 224 |
BFHE 1999, 224 |
BB 1999, 197 |
BB 1999, 244 |
BB 1999, 244-245 (Leitsatz und Gr眉nde) |
DB 1999, 193 |
DStR 1999, 108 |
DStRE 1999, 90 |
DStRE 1999, 90 (Leitsatz) |
DStZ 1999, 338 |
HFR 1999, 1767 |
HFR 1999, 177 |
StE 1999, 71 |