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Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Freistellungsbescheinigung; Gemeinschaftsrechtm盲脽igkeit der Erhebung einer Quellensteuer auf inl盲ndische Dividenden gebietsfremder Muttergesellschaften
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Leitsatz (amtlich)
1. Eine Freistellungsbescheinigung des (vormaligen) Bundesamtes f眉r Finanzen (heute: Bundeszentralamt f眉r Steuern), wonach bestimmte Kapitalertr盲ge (hier: Dividenden einer Tochtergesellschaft) von der Kapitalertragsteuer ausgenommen sind, die dem Empf盲nger in einem bestimmten Zeitraum "zuflie脽en", ist regelm盲脽ig so auszulegen, dass damit der jeweilige kapitalertragsteuerrechtliche Zuflusszeitpunkt gemeint ist.
2. Eine Dividende gilt dem Gesellschafter auch dann gem盲脽 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 als am Tag nach dem Gewinnaussch眉ttungsbeschluss zugeflossen, wenn dieser bestimmt, die Aussch眉ttung solle nach einem bestimmten Tag (hier: "nach dem 30. Juni 1996") erfolgen.
3. Hat eine inl盲ndische Tochtergesellschaft an ihre im EU-Ausland ans盲ssige Muttergesellschaft eine Dividende gezahlt, gilt diese Dividende als vor dem 30. Juni 1996 zugeflossen und wurde die auf sie entfallende Quellensteuer von 5 v.H. nicht einbehalten und abgef眉hrt, so haftet die Tochtergesellschaft f眉r diese Quellensteuer. Im Haftungsverfahren ist nicht zu pr眉fen, inwiefern die Besteuerung der Muttergesellschaft mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
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Normenkette
EStG 1990 搂听44 Abs.听2, 5, 搂听44d Abs. 1, 搂听50d Abs. 1; JStErgG 1996; EWGRL 435/90 Art. 5
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Streitpunkt ist, ob die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) als Haftungsschuldnerin f眉r nicht abgef眉hrte Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden kann.
Die Kl盲gerin, eine GmbH, war im Streitjahr 1996 die Tochtergesellschaft einer Kapitalgesellschaft franz枚sischen Rechts (S.A.) mit Sitz in Frankreich. Ihre Gesellschafterversammlung beschloss am 19. April 1996 f眉r das Jahr 1995 eine Gewinnaussch眉ttung von 4 Mio. DM, die "nach dem 30. Juni 1996" stattfinden solle. Auf Antrag erteilte das (vormalige) Bundesamt f眉r Finanzen (BfF) am 11. Juli 1996 einen Bescheid, wonach die Kl盲gerin berechtigt sei, den Steuerabzug in H枚he von 0 v.H. des Bruttoertrags vorzunehmen. Die Bescheinigung gelte "nur f眉r Kapitalertr盲ge, die in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 1999 zuflie脽en".听 Die Kl盲gerin zahlte den Gewinnaussch眉ttungsbetrag von 4 Mio. DM am 22. Juli 1996 ohne Abzug von Kapitalertragsteuer an die S.A. aus.
Mit Haftungsbescheid vom 20. Dezember 2000 nahm der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) die Kl盲gerin in Bezug auf die am 19. April 1996 beschlossene Gewinnaussch眉ttung als Haftungsschuldnerin f眉r nicht abgef眉hrte Kapitalertragsteuer im Betrag von 200 000 DM in Anspruch. Nach Auffassung des FA wird die Gewinnaussch眉ttung vom Zeitrahmen des Freistellungsbescheids des BfF nicht erfasst, weil die Aussch眉ttung nach der Fiktion des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1990 in der zuletzt durch Art. 1 des Jahressteuer-Erg盲nzungsgesetzes 1996 vom 18. Dezember 1995 ge盲nderten Fassung (EStG 1990) als am Tag nach der Fassung des Aussch眉ttungsbeschlusses --mithin am 20. April 1996-- zugeflossen gelte. Die Festlegung eines taggenauen Aussch眉ttungszeitpunkts gem盲脽 搂 44 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 k枚nne auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Senatsurteil vom 8. Juli 1998 I R 57/97, BFHE 186, 374, BStBl II 1998, 672) in der Formulierung "nach dem 30. Juni 1996" nicht gesehen werden.
Die gegen den Haftungsbescheid erhobene Klage f眉hrte zu dessen Aufhebung. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) M眉nchen vom 3. Januar 2006听 7 K 1396/03 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1432 ver枚ffentlicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts r眉gt.
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲gerin beantragt (sinngem盲脽), die Revision zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet und f眉hrt gem盲脽 搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der Haftungsbescheid vom 20. Dezember 2000 ist rechtm盲脽ig, weil die Kl盲gerin gem盲脽 搂 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 1990 f眉r die dort mit 5 v.H. der am 19. April 1996 beschlossenen Gewinnaussch眉ttung bemessene Kapitalertragsteuer haftet.
1. Die von der Kl盲gerin im Jahr 1996 an die S.A. ausgesch眉tteten Gewinne unterlagen als inl盲ndische Kapitalertr盲ge gem盲脽 搂 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 搂 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1990, 搂 49 Abs. 1 des K枚rperschaftsteuergesetzes (KStG 1996) der Kapitalertragsteuer. Diese entsteht gem盲脽 搂 44 Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalertr盲ge dem Gl盲ubiger zuflie脽en. Als Schuldnerin der Kapitalertr盲ge hatte die Kl盲gerin gem盲脽 搂 44 Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 den Steuerabzug f眉r Rechnung der S.A. --der Schuldnerin der Kapitalertragsteuer (搂 44 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990)-- vorzunehmen. Soweit der Abzug unterblieben ist, haftet die Kl盲gerin gem盲脽 搂 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 1990 f眉r die nicht abgef眉hrte Kapitalertragsteuer.
F眉r Aussch眉ttungen an die S.A. als franz枚sische Muttergesellschaft galten die Sonderregeln des 搂 44d EStG 1990, mit dem Art. 5 der Mutter-/Tochter-Richtlinie --MTR-- (Richtlinie 435/90/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 眉ber das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, Amtsblatt der Europ盲ischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 225, 6, berichtigt ABlEG Nr. L 266, 20) in nationales Recht umgesetzt worden ist. Danach konnte die Kapitalertragsteuer gem盲脽 搂 44d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990 auf Antrag auf 5 v.H. des Kapitalertrages reduziert werden. Dies entspricht auch dem H枚chstbetrag des gem盲脽 Art. 9 Abs. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Franz枚sischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und 眉ber gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398) in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (DBA-Frankreich) zul盲ssigen Quellensteuerabzugs f眉r derartige Kapitalertr盲ge. F眉r nach dem 30. Juni 1996 zuflie脽ende Kapitalertr盲ge wurde gem盲脽 搂 44d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 auf Antrag die Kapitalertragsteuer nicht mehr erhoben. F眉r die hiernach m枚gliche Reduzierung bzw. Nichterhebung von Kapitalertragsteuer sah 搂 50d Abs. 3 Satz 1 EStG 1990 ein Freistellungsverfahren beim BfF vor, welches die Berechtigung zum Unterlassen bzw. zur Reduzierung des Steuerabzugs auf Antrag zu bescheinigen hatte.
2. Danach war die Kl盲gerin hinsichtlich der am 19. April 1996 beschlossenen Gewinnaussch眉ttung zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet. Die von jeglichem Steuerabzug freistellende Bescheinigung des BfF vom 11. Juli 1996 war ausdr眉cklich auf nach dem 30. Juni 1996 zuflie脽ende Kapitalertr盲ge beschr盲nkt, w盲hrend die streitgegenst盲ndliche Gewinnaussch眉ttung der S.A. steuerlich bereits am 20. April 1996 --dem Tag nach Fassung des Gewinnaussch眉ttungsbeschlusses-- zugeflossen ist.
a) Nach 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 gilt bei auf Beschl眉ssen einer K枚rperschaft beruhenden Aussch眉ttungen als Zuflusszeitpunkt der Tag nach der Beschlussfassung, wenn ein Beschluss 眉ber den Auszahlungszeitpunkt nicht gefasst worden ist. Ein Beschluss 眉ber den Auszahlungszeitpunkt in diesem Sinne liegt nach der an den Gesetzeswortlaut ankn眉pfenden Rechtsprechung des Senats nur vor, wenn der Auszahlungszeitpunkt gem盲脽 搂 44 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 im Beschluss taggenau bestimmt wird. Die Angabe eines 眉ber einen Tag hinausgehenden Auszahlungszeitraums gen眉gt zur Bestimmung einer abweichenden F盲lligkeit nicht (Senatsurteil in BFHE 186, 374, BStBl II 1998, 672).
b) Nach diesem Ma脽stab enthielt der Aussch眉ttungsbeschluss vom 19. April 1996 keine Bestimmung 眉ber den Auszahlungszeitpunkt. Denn mit der Formulierung, die Aussch眉ttung erfolge "nach dem 30. Juni 1996", wurde kein taggenauer Auszahlungszeitpunkt, sondern nur der Beginn eines Auszahlungszeitraums bestimmt. Daraus ergab sich lediglich ein Zeitraum, bis zu dem die Auszahlung in keinem Fall f盲llig sein sollte, nicht aber ein taggenau bestimmter F盲lligkeitszeitpunkt. Wenn schon die Angabe eines bestimmten Auszahlungszeitraums (Woche, Monat, Jahr) nicht als Festlegung eines Auszahlungszeitpunkts gem盲脽 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 angesehen werden kann (Senatsurteil in BFHE 186, 374, BStBl II 1998, 672), muss dies erst recht f眉r den hier gegebenen Fall der Festlegung eines zum Ende hin unbestimmten Auszahlungszeitraums gelten.
c) Ist mithin im Streitfall der 20. April 1996 als kapitalertragsteuerrechtlicher Zuflusszeitpunkt anzusehen, war die Aussch眉ttung von der ausdr眉cklich auf nach dem 30. Juni 1996 zuflie脽ende Kapitalertr盲ge beschr盲nkten Freistellungsbescheinigung des BfF vom 11. Juli 1996 nicht umfasst. Die Freistellungsbescheinigung ist entgegen der Sicht des FG so zu verstehen, dass mit dem dort verwendeten Zuflussbegriff der steuerrechtlich ma脽gebliche Zuflusszeitpunkt und nicht der Zeitpunkt des tats盲chlichen Eingangs des Aussch眉ttungsbetrages bei der S.A. gemeint ist.
aa) Der Inhalt der Freistellungsbescheinigung als beh枚rdlicher Erkl盲rung ist vom Senat ohne Bindung an die vorinstanzliche Auslegung in eigener Zust盲ndigkeit zu ermitteln (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. M盲rz 1998 I R 83/97, BFHE 186, 67, BStBl II 1998, 601; vom 16. November 2000 XI R 28/99, BFHE 193, 494, BStBl II 2001, 303; vom 14. Januar 2004 X R 19/02, BFHE 205, 87, BStBl II 2004, 711). Bei der Auslegung ist im Zweifel grunds盲tzlich das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empf盲nger einer auslegungsbed眉rftigen Willenserkl盲rung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus ihrer Sph盲re nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteile vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 13. September 2001 IX R 62/98, BFHE 196, 550, BStBl II 2003, 912). Im 脺brigen gilt der Grundsatz, dass empfangsbed眉rftige Willenserkl盲rungen so auszulegen sind, wie sie der Erkl盲rungsempf盲nger nach Treu und Glauben unter Ber眉cksichtigung aller ihm bekannten Umst盲nde verstehen musste (Empf盲ngerhorizont; vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2002 VI R 13/01, BFHE 200, 363, BStBl II 2003, 156). Es ist daher auch zu ber眉cksichtigen, welche beh枚rdliche Entscheidung der Betroffene nach seinem Empf盲ngerhorizont in Kenntnis des in seiner Wissenssph盲re verwirklichten Sachverhalts billigerweise erwarten durfte (BFH-Urteil in BFHE 205, 87, BStBl II 2004, 711).
bb) Nach diesen Ma脽st盲ben konnte die Kl盲gerin als Adressatin der Freistellungsbescheinigung diese nur so verstehen, dass von der Freistellung lediglich jene Aussch眉ttungen umfasst sein sollten, die der S.A. im steuerrechtlichen Sinne nach dem 30. Juni 1996 zugeflossen sind und noch zuflie脽en w眉rden. Der Freistellungsantrag war das speziell f眉r die Freistellung von Kapitalertr盲gen von der deutschen Kapitalertragsteuer vorgesehene Verfahren gem盲脽 搂 50d Abs. 3 EStG 1990, weshalb die Kl盲gerin ohne weiteres davon ausgehen musste, dass die in diesem Sachzusammenhang beh枚rdlich verlautbarte Begrenzung der Freistellung auf ab dem 30. Juni 1996 zuflie脽ende Kapitalertr盲ge auf Zufl眉sse im kapitalertragsteuerrechtlichen Sinne abstellt. Aus der Freistellungsbescheinigung ergibt sich keinerlei Anhalt daf眉r, dass das BfF in der Bescheinigung einen von der steuerrechtlichen Betrachtung abweichenden Zuflussbegriff im Sinne des vom FG angenommenen umgangssprachlichen Verst盲ndnisses hat definieren wollen. Da die Freistellungsbescheinigung allgemein gefasst ist und sich nicht auf eine konkrete Aussch眉ttung bezog, bestand auch kein Anlass f眉r das BfF, den steuerrechtlichen Zuflussbegriff in der Bescheinigung konkret zu definieren und bestimmte Konstellationen --etwa den Fall der Zuflussfiktion des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990-- zu erl盲utern.
d) Der Kl盲gerin kann nicht darin gefolgt werden, dass die Zuflussfiktion des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 von einer Interessenabw盲gung im Einzelfall abh盲ngt und ihre Anwendbarkeit ausgeschlossen ist, wenn besonders sch眉tzenswerte Interessen der Beteiligten dagegen sprechen. Der Senat hat bereits in der von der Kl盲gerin in Bezug genommenen, aber offenbar missverstandenen Passage am Schluss des Urteils in BFHE 186, 374, BStBl II 1998, 672 ausgef眉hrt, dass f眉r eine Interessenabw盲gung im Rahmen des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 eine Rechtsgrundlage nicht erkennbar ist.
3. Die Kl盲gerin hat nicht den Nachweis erbracht, gem盲脽 搂 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 1990 beim Unterlassen des Steuerabzugs weder grob fahrl盲ssig noch vors盲tzlich gehandelt zu haben. Die Freistellungserkl盲rung des BfF, auf deren umgangssprachliches Verst盲ndnis sich die Kl盲gerin beruft, ist erst im Juli 1996 erteilt worden und war am Tag nach der Fassung des Aussch眉ttungsbeschlusses vom 19. April 1996, an dem gem盲脽 搂 44 Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 die Abf眉hrungspflicht entstanden ist, auch noch nicht beantragt.
4. Gemeinschaftsrechtliche Aspekte stehen der Inanspruchnahme der Kl盲gerin als Haftungsschuldnerin nicht entgegen.
a) Zwar mag nicht g盲nzlich au脽er Zweifel stehen, ob die sich im Streitfall aus der Anwendung der Zuflussfiktion des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 ergebende Kapitalertragsteuerpflicht f眉r die tats盲chlich erst am 22. Juli 1996 bewirkte Aussch眉ttung an die S.A. mit Art. 5 Abs. 1 MTR vereinbar ist oder ob --wie die Kl盲gerin meint-- bei Auslegung des Art. 5 MTR ein vom nationalen Recht unabh盲ngiger, eigenst盲ndiger Zuflussbegriff zugrunde zu legen ist.
Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist 眉berdies zweifelhaft, ob die bis 30. Juni 1996 praktizierte Besteuerung von Gewinnaussch眉ttungen an gebietsfremde Muttergesellschaften mit dem auf 5 v.H. reduzierten Steuersatz auch dann mit der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar w盲re, wenn die Kapitalertragsteuer f眉r die Muttergesellschaft --wie im Streitfall von der Kl盲gerin hinsichtlich der S.A. behauptet-- definitiv w眉rde. Hierin k枚nnte eine Diskriminierung der gebietsfremden Muttergesellschaft liegen (vgl. dazu zuletzt Urteile des Gerichtshofs der Europ盲ischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 14. Dezember 2006 Rs. C-170/05 "Denkavit", BFH/NV 2007, Beilage 4, 194; vom 12. Dezember 2006 Rs. C-374/04 "Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation", BFH/NV 2007, Beilage 4, 163; Senatsurteil vom 9. August 2006 I R 31/01, BFH/NV 2007, 158 unter II.7.d der 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别), weil in Deutschland ans盲ssige Muttergesellschaften die zu ihren Lasten abgef眉hrte Kapitalertragsteuer in vollem Umfang auf ihre K枚rperschaftsteuerschuld anrechnen konnten (搂 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1990 i.V.m. 搂 49 Abs. 1 KStG 1996) und gegebenenfalls --soweit im jeweiligen Veranlagungszeitraum keine K枚rperschaftsteuer in entsprechender H枚he entstanden ist-- ausgezahlt erhielten (搂 36 Abs. 4 Satz 2 EStG 1990 i.V.m. 搂 49 Abs. 1 KStG 1996).
b) Die vorstehend angesprochenen Fragen bed眉rfen jedoch im Streitfall keiner weiteren Er枚rterung, weil sie nicht die Pflicht der Kl盲gerin zum Steuerabzug und die aus dem Unterlassen der Abf眉hrung resultierende Haftung betreffen. Sie w盲ren vielmehr erst auf zweiter Stufe in einem von der S.A. einzuleitenden Freistellungs- bzw. Erstattungsverfahren von Relevanz.
aa) Nach 搂 50d Abs. 1 EStG 1990 sind bei dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegenden Eink眉nften, die nach 搂 44d EStG 1990 oder nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden k枚nnen, die Vorschriften 眉ber den Steuerabzug ungeachtet des 搂 44d EStG 1990 und des Abkommens anzuwenden. Der Gl盲ubiger der Verg眉tung hat jedoch einen Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen und abgef眉hrten Steuer, der durch einen entsprechenden Antrag geltend zu machen ist (搂 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 1990). Verfahrensrechtliche Grundlage der Erstattung ist ein Freistellungsbescheid i.S. des 搂 155 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977), was inzwischen in 搂 50d Abs. 1 Satz 3 EStG ausdr眉cklich geregelt ist, aber ebenso f眉r die Rechtslage vor der Neufassung des 搂 50d EStG gilt (Senatsurteile vom 11. Oktober 2000 I R 34/99, BFHE 193, 336, BStBl II 2001, 291; vom 20. M盲rz 2002 I R 38/00, BFHE 198, 514, BStBl II 2002, 819; vom 19. November 2003 I R 22/02, BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560).
bb) Die vorstehend beschriebenen Regeln gelten allerdings nach dem eindeutigen Wortlaut des 搂 50d Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 nur f眉r steuerabzugspflichtige Eink眉nfte, f眉r die sich eine Beschr盲nkung der Besteuerung entweder aus 搂 44d EStG 1990 oder aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergibt. Sie greifen deshalb nicht --auch nicht entsprechend--, wenn geltend gemacht wird, dass dem Steuerabzug unterworfene Zahlungen aus anderen Gr眉nden richtigerweise keine deutsche Steuer ausl枚sen (Senatsurteil in BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560; Bl眉mich/Wied, 搂 50d EStG Rz 19, 24). W眉rden die unter II.4.a geschilderten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken durchgreifen, w盲ren die Voraussetzungen des 搂 50d Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 jedoch gegeben, denn in beiden F盲llen w眉rde sich die eingeschr盲nkte Besteuerung aus 搂 44d EStG 1990 ergeben.
aaa) Unterstellt, die Zuflussfiktion des 搂 44 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 sei im Lichte von Art. 5 MTR im Streitfall nicht anwendbar, w盲re die Gewinnaussch眉ttung als nach dem 30. Juni 1996 erfolgt zu behandeln; es erg盲be sich die M枚glichkeit einer vollst盲ndigen Nichterhebung der Kapitalertragsteuer aus 搂 44d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990.
bbb) Auch bei einer aus den gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten abzuleitenden weiteren Reduzierung der gem盲脽 搂 44d Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 1990 bereits auf 5 v.H. herabgesetzten Besteuerung der Kaptalertr盲ge bliebe es --jedenfalls f眉r die Zwecke des 搂 50d Abs. 1 EStG 1990-- bei 搂 44d Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 1990 als einheitlicher Rechtsgrundlage f眉r die gesamte Steuererm盲脽igung. Die Anwendung des Abzugs- und Erstattungsverfahrens f眉r die gesamte Steuerreduzierung w盲re in diesem Fall gerade auch im Interesse des haftungsbedrohten Verg眉tungsschuldners geboten, dem es nicht zumutbar w盲re, sich im Zusammenhang mit jeder Aussch眉ttung zun盲chst vergewissern zu m眉ssen, inwiefern im Ans盲ssigkeitsstaat der Muttergesellschaft eine Anrechnung oder Verg眉tung 眉berbezahlter Kapitalertragsteuer m枚glich ist und in welchem Umfang danach eine Kapitalertragsteuer in H枚he von 5 v.H. f眉r die Aussch眉ttungsempf盲ngerin noch definitiv werden k枚nnte.
cc) Die Zweistufigkeit des Steuerabzugs- und Haftungsverfahrens mit der M枚glichkeit einer anschlie脽enden Steuererstattung ist ihrerseits aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der EuGH hat sie in seinem Urteil vom 3. Oktober 2006 Rs. C-290/04 "Scorpio" (BFH/NV 2007, Beilage 1, 36) als im Grundsatz gemeinschaftsrechtskonform angesehen. Gerade im Falle der Kapitalertragsteuer f眉hren diese Verfahrensabl盲ufe 眉berdies zu einer Gleichbehandlung der gebietsfremden mit den inl盲ndischen Muttergesellschaften, die ebenfalls zun盲chst den Steuerabzug hinnehmen m眉ssen und eine Anrechnung bzw. Auszahlung erst im Zusammenhang mit der Veranlagung zur K枚rperschaftsteuer erreichen k枚nnen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1747444 |
BFH/NV 2007, 1419 |
BStBl II 2007, 616 |
BFHE 2008, 259 |
BFHE 216, 259 |
BB 2007, 1266 |
BB 2007, 1317 |
DB 2007, 1226 |
DStR 2007, 943 |
DStRE 2007, 799 |
HFR 2007, 752 |