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Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Leistungsklage des Jobcenters gegen die Familienkasse wegen Erstattung
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Leitsatz (amtlich)
1. Erstattungsanspr眉che des Jobcenters nach 搂 74 Abs. 2 EStG i.V.m. 搂搂 102 bis 105 SGB X sind mit der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen, da zwischen den Leistungstr盲gern kein 脺ber- und Unterordnungsverh盲ltnis besteht.
2. F眉r die Monate, in denen die Familienkasse rechtzeitig geleistet hat, scheidet ein Erstattungsanspruch des Jobcenters aus (Best盲tigung der Senatsrechtsprechung, Senatsurteil vom 02.06.2022 - III R 9/21, BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840).
3. Ein Erstattungsanspruch ist au脽erdem ausgeschlossen, wenn die Familienkasse selbst geleistet hat, bevor sie von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt hat (Best盲tigung der Senatsrechtsprechung, Senatsurteil vom 02.06.2022 - III R 9/21, BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840).
4. Im Fall des 搂 74 Abs. 2 EStG i.V.m. 搂 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X hat die Familienkasse von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt, sobald eine entsprechende Mitteilung unter der eigens f眉r Erstattungsantr盲ge eingerichteten Funktionsadresse der Familienkasse eingegangen ist.
5. Organisatorische Entscheidungen der Familienkasse, die dazu f眉hren, dass dem f眉r die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds zust盲ndigen Sachbearbeiter eine in den Gesch盲ftsbereich gelangte Information nicht bekannt wird, rechtfertigen es nicht, diese im Verh盲ltnis zu Dritten als unbekannt zu werten.
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Normenkette
EStG 搂听搂 62 ff., 搂听74 Abs. 2; DA-KG 2017 Abschn. V33.1 S. 4; DA-KG 2021 Abschn. V34.1 Abs. 1 S. 4; SGB X 搂听搂 102 ff., 搂听111
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Verfahrensgang
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Tenor
Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 16.04.2021 - 2 K 302/18 wird dahingehend ge盲ndert, dass die Familienkasse verurteilt wird, dem Jobcenter 486 鈧 zu erstatten.
Im 脺brigen werden die Klage des Jobcenters und die Revision der Familienkasse abgewiesen.
Die Familienkasse tr盲gt 3/5 und das Jobcenter 2/5 der Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Beklagte und Revisionskl盲gerin (Familienkasse) wendet sich gegen ein Urteil, wonach sie dem Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Jobcenter) gem盲脽 搂听74 Abs.听2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. 搂听104 Abs.听1 Satz听1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB听X) einen Teil der von diesem in der Zeit von Juni bis Oktober 2017 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB听II) an die Beigeladene (Kind) gezahlten Leistungen erstatten muss.
Rz. 2
Mit Bescheid vom 08.05.2017 bewilligte das Jobcenter dem 1993 geborenen Kind, das zwischenzeitlich eine eigene Wohnung angemietet hatte, ab Juni 2017 Leistungen nach dem SGB听II ohne Anrechnung von Kindergeld. Am selben Tag sandte das Jobcenter an die damals eigens eingerichtete Funktionsadresse der Familienkasse f眉r Erstattungsantr盲ge eine E-Mail und teilte u.a. mit, das Kind erhalte seit dem 01.06.2017 Leistungen nach dem SGB听II, weshalb ein Erstattungsanspruch gem盲脽 搂搂听102听ff. SGB听X i.V.m. 搂听40a SGB听II geltend gemacht werde. Das Jobcenter gab dabei die Kindergeldnummer des in A wohnenden Kindsvaters an, unter der der Kindergeldanspruch f眉r das Kind fr眉her (wohl bis 2014) gef眉hrt worden war, den Namen und das Geburtsdatum des Kindes, dessen aktuelle Adresse in B sowie die Namen und Geburtsdaten seiner Eltern. Dieses Schreiben wurde --nach Angaben der Familienkasse in der m眉ndlichen Verhandlung-- wie alle unter der Funktionsadresse eingehenden E-Mails inhaltlich nicht gepr眉ft, sondern nur weitergeleitet und zwar --im Hinblick auf die angegebene Kindergeldnummer-- an eine Familienkasse in A; dort sei es dem Datensatz des Kindsvaters zugeordnet worden.
Rz. 3
Die f眉r den Vater des Kindes zust盲ndige Familienkasse in A teilte dem Jobcenter unter Bezugnahme auf die bereits vom Jobcenter verwendete Kindergeldnummer des Vaters (ohne zu erw盲hnen, um wessen Kindergeldnummer es sich handelte) mit Schreiben vom 09.06.2017, eingegangen beim Jobcenter am 19.06.2017, mit, dass aus dortiger Sicht ungewiss sei, ob eine Kindergeldbewilligung in Betracht komme und wer gegebenenfalls kindergeldberechtigt sei. Es werde anheimgestellt, eine Berechtigtenbestimmung gem盲脽 搂听64 Abs.听3 EStG herbeizuf眉hren oder Hinderungsgr眉nde mitzuteilen, sonst werde der Kindergeldantrag abgelehnt.
Rz. 4
Am 20.07.2017 sprach das Kind beim Jobcenter vor und teilte mit, dass der Antrag auf Kindergeld 眉ber die Mutter laufe.
Rz. 5
Mit Datum vom 20.07.2017, eingegangen bei der f眉r den Vater zust盲ndigen Familienkasse am 24.07.2017, stellte die Mutter f眉r das Kind einen Antrag auf Kindergeld. Zugleich wurde ein Abzweigungsantrag gestellt; Namen und Adressen der Kindseltern, die keinen Unterhalt leisteten, wurden angegeben.
Rz. 6
Die f眉r den Vater zust盲ndige Familienkasse leitete den Kindergeldantrag Ende Juli 2017 an die beklagte, f眉r die Mutter zust盲ndige, Familienkasse weiter. Die Erstattungsanzeige wurde dabei nicht an die beklagte Familienkasse zur眉ck眉bertragen.
Rz. 7
Die beklagte Familienkasse setzte mit Bescheiden vom 12.09.2017 gegen眉ber der Kindsmutter Kindergeld f眉r das Kind ab Juni 2017 fest, zweigte das Kindergeld an das Kind ab, zahlte das Kindergeld f眉r die Zeit von Juni bis September am 12./18.09.2017 aus und veranlasste die laufende Auszahlung des Kindergelds ab Oktober 2017. Von der E-Mail vom 08.05.2017 hatte der Bearbeiter keine Kenntnis.
Rz. 8
Mit Schreiben vom 18.09.2017 forderte das Jobcenter den Bescheid 眉ber die Festsetzung des Kindergelds an, der dort am 20.09.2017 zusammen mit dem Abzweigungsbescheid einging. Ein Mitarbeiter des Jobcenters rief daraufhin am 21.09.2017 beim Servicecenter der Familienkassen an und teilte u.a. mit, es sei bereits ein Erstattungsanspruch geltend gemacht worden. Mit Bescheid vom 21.09.2017 盲nderte das Jobcenter den Bewilligungsbescheid gegen眉ber dem Kind und rechnete das Kindergeld ab November 2017 auf die Leistungen nach dem SGB听II an. Au脽erdem machte das Jobcenter mit Schreiben vom 21.09.2017 (eingegangen am 25.09.2017) gegen眉ber der Beklagten einen Erstattungsanspruch gem盲脽 搂搂听102听ff. SGB听X geltend und beantragte, 810听鈧 f眉r den Zeitraum von Juni bis Oktober 2017 an das Jobcenter zu erstatten (5听x听192听鈧/Monat Kindergeld abz眉glich einer im Hinblick auf 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听3 SGB听X abzuziehenden Pauschale von 30听鈧/Monat gem盲脽 搂听11 Abs.听1 Satz听1, 搂听11b Abs.听1 Satz听1 Nr.听3, 搂听13 Abs.听1 Nr.听3 SGB听II i.V.m. 搂听6 Abs.听1 Nr.听1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtber眉cksichtigung von Einkommen und Verm枚gen beim Arbeitslosengeld听II/Sozialgeld, Alg II-IV).
Rz. 9
Die Familienkasse lehnte eine Erstattung ab, weil sie selbst geleistet habe, bevor sie von der Leistung des Sozialhilfetr盲gers Kenntnis erlangt habe. Die Erstattungsforderung sei erst am 21.09.2017 eingegangen, nachdem die nachzuzahlenden Betr盲ge bereits am 12./18.09.2017 zur Auszahlung angewiesen worden seien. Seither werde das Kindergeld laufend gezahlt. Das Jobcenter, das einr盲ume, am 20.07.2017 erfahren zu haben, dass die Kindsmutter die Kindergeldberechtigte sei, h盲tte in der Folge einen (erneuten) Erstattungsanspruch mit den Daten der Kindsmutter stellen m眉ssen.
Rz. 10
Hierauf hat das Jobcenter eine allgemeine Leistungsklage erhoben.
Rz. 11
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.
Rz. 12
Hiergegen wendet sich die beklagte Familienkasse mit der Revision.
Rz. 13
Die Familienkasse vertritt die Auffassung, dass die Mitteilung vom 08.05.2017 nicht dazu gef眉hrt habe, dass sie i.S. des 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X Kenntnis von den Leistungen des Jobcenters erlangt habe, bevor sie die (Nach-)Zahlung im September 2017 geleistet habe. Die Akten w眉rden nach Kindergeldberechtigten gef眉hrt. Der Erstattungsantrag habe sich in der Kindergeldakte des Kindsvaters befunden. Die f眉r den Vater zust盲ndige Familienkasse habe das Jobcenter darauf hingewiesen, dass sie nicht entscheiden k枚nne, wer vorrangig kindergeldberechtigt sei, und gebeten, eine Berechtigtenbestimmung herbeizuf眉hren. Das Jobcenter habe daher mit der Ablehnung des Kindergeldantrags und seines Erstattungsanspruchs rechnen m眉ssen, wenn es keine weiteren Aktivit盲ten entfalte. Mangels Anstrengungen des Jobcenters habe man davon ausgehen k枚nnen, dass sich der Erstattungsanspruch erledigt habe. Nachdem das Kind dem Jobcenter mitgeteilt hatte, dass der Kindergeldantrag 眉ber die Mutter laufe, h盲tte das Jobcenter einen diesbez眉glichen Erstattungsanspruch geltend machen m眉ssen.
Rz. 14
F眉r den Monat Oktober 2017 habe sie (die Familienkasse) zwar durch das Schreiben des Jobcenters vom 21.09.2017 i.S. des 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X Kenntnis von der Leistung des Jobcenters erlangt. F眉r Oktober 2017 scheide jedoch ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die im Oktober 2017 f眉r diesen Monat erfolgte Zahlung des Kindergelds aus.
Rz. 15
Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des Hessischen FG vom 16.04.2021听- 2听K听302/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Rz. 16
Das Jobcenter beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen.
Rz. 17
Es h盲lt die Vorentscheidung f眉r richtig. Der Erstattungsanspruch sei mit Schreiben vom 08.05.2017 nicht nur in Bezug auf einen bestimmten Kindergeldberechtigten geltend gemacht worden. Auch der von den Familienkassen bereitgestellte Vordruck (KG听17b) frage nach der "leistungsbeziehenden Person", hier also nach dem Namen und der Adresse des Kindes, und nicht nach den "Kindergeldberechtigten". Gleichwohl seien auch die Namen beider Eltern angegeben worden. Die Nennung der Kindergeldnummer sei nicht erforderlich. Dass die letzte Kindergeldnummer genannt worden sei, sei unsch盲dlich.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II.
Rz. 18
Die Revision ist teilweise begr眉ndet. Die Vorentscheidung ist dahingehend abzu盲ndern, dass ein Erstattungsanspruch nur in H枚he von 486听鈧 f眉r die drei Monate Juni bis August 2017 besteht.
Rz. 19
F眉r die Monate Juni bis August 2017 hat das FG einen Erstattungsanspruch des Jobcenters gem盲脽 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听1 Satz听1 SGB听X zutreffend bejaht und der Leistungsklage zu Recht stattgegeben. Die Vorentscheidung verst枚脽t hingegen gegen Bundesrecht (搂听118 Abs.听1 Satz听1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit das FG entschieden hat, dass die Leistungsklage des Jobcenters f眉r die Monate September und Oktober 2017 begr眉ndet ist, in denen die Familienkasse das gem盲脽 搂搂听62听ff. EStG festgesetzte Kindergeld rechtzeitig gezahlt hat. Insoweit ist die Vorentscheidung zugunsten der Familienkasse zu 盲ndern und die Klage des Jobcenters abzuweisen.
Rz. 20
1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klage als allgemeine Leistungsklage zul盲ssig ist. Erstattungsanspr眉che nach 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂搂听102 bis 105 SGB听X sind mit der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen, da zwischen den Leistungstr盲gern kein 脺ber- und Unterordnungsverh盲ltnis besteht, das zu einer Entscheidung durch Verwaltungsakt berechtigen w眉rde (vgl. Senatsurteil vom 26.01.2006听- III听R听89/03, BFHE 212, 1, BStBl II 2006, 544, unter II.1.a, m.w.N.).
Rz. 21
2. Das FG hat der Klage des Jobcenters auf Erstattung der in den Monaten September und Oktober 2017 erbrachten Leistungen in H枚he von je 162听鈧 (192听鈧 abz眉glich Pauschale) zu Unrecht stattgegeben. In diesen Monaten hat die Familienkasse rechtzeitig geleistet. Ein Erstattungsanspruch des Jobcenters scheidet insoweit aus. Zur Begr眉ndung wird auf die Senatsurteile vom 22.09.2022听- III听R听38/20 (BFH/NV 2023, 35, Rz听23听ff.) und vom 02.06.2022听- III听R听9/21 (BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听24听ff.) verwiesen.
Rz. 22
3. Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (搂听118 Abs.听1 Satz听1 FGO), soweit das FG entschieden hat, dass der Erstattungsanspruch des Jobcenters f眉r die Monate Juni bis August 2017 besteht, in denen die Familienkasse das gem盲脽 搂搂听62听ff. EStG festgesetzte Kindergeld nicht rechtzeitig gezahlt hat.
Rz. 23
a) Die Familienkasse hat das Kindergeld f眉r die Monate Juni bis August 2017 erst im September 2017 und somit nicht rechtzeitig gezahlt. Bei rechtzeitiger Leistung durch die Familienkasse w盲re das Jobcenter in H枚he des Kindergelds abz眉glich Pauschale nicht zur Leistung verpflichtet gewesen.
Rz. 24
b) Der Erstattungsanspruch des Jobcenters gegen die Familienkasse wegen der Leistungen f眉r diese Monate ist nicht gem盲脽 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X ausgeschlossen. Die Familienkasse hat f眉r diese Monate erst geleistet, nachdem sie von der Leistung des Jobcenters durch das Schreiben des Jobcenters vom 08.05.2017 Kenntnis erlangt hat.
Rz. 25
aa) Gem盲脽 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X besteht ausnahmsweise kein Erstattungsanspruch, wenn der vorrangig verpflichtete Leistungstr盲ger bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des nachrangig verpflichteten Leistungstr盲gers Kenntnis erlangt hat. Umst盲nde und Form der Kenntniserlangung sind nicht von Bedeutung (Senatsurteile in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听27, und in BFH/NV 2023, 35, Rz听27). Ob inhaltlich Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungstr盲gers i.S. des 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听1 und 搂听107 SGB听X gegeben ist, ist in erster Linie eine Tatfrage. Hierzu sind der Akteninhalt und alle sonstigen Umst盲nde des Einzelfalls zu ber眉cksichtigen (Senatsurteile in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听28听ff., und in BFH/NV 2023, 35, Rz听28听ff.).
Rz. 26
(1) Im Fall des 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X gen眉gt es f眉r die Kenntnis von der Leistung des Jobcenters, dass die Familienkasse in dem Zeitpunkt, in dem 眉ber eine Nachzahlung zu entscheiden ist, nach dem objektiven Empf盲ngerhorizont positive Kenntnis davon hat, dass und ab wann das Jobcenter Leistungen zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten des Kindes gew盲hrt oder gew盲hrt hat und dass das Jobcenter deshalb "Erstattung" gem盲脽 搂搂听102听ff. SGB听X begehrt. Allein die Mitteilung, es handele sich um einen "Sozialhilfefall" oder "Sozialfall" o.脛. gen眉gt hingegen regelm盲脽ig nicht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 14.04.2021听- III听R听1/20, BFHE 273, 41, BStBl II 2021, 700, Rz听18; vgl. dazu auch Senatsurteil in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听32).
Rz. 27
(a) Nach dem objektiven Empf盲ngerhorizont der Familienkasse, einer Beh枚rde, deren Besch盲ftigten das Erstattungsverfahren im Wesentlichen bekannt ist, beinhaltet die Mitteilung, dass das Jobcenter um "Erstattung" ersucht, regelm盲脽ig die Information, dass dieses Leistungen erbracht hat oder noch erbringt, die nach ihrer Art und der zeitlichen Zuordnung den versp盲teten, an sich vorrangig von der Familienkasse zu erbringenden Leistungen entsprechen. Die Mitteilung eines Erstattungsfalls beinhaltet die Information, dass maximal ein Betrag in H枚he des Kindergelds zu erstatten ist. Denn der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den f眉r den vorrangig verpflichteten Leistungstr盲ger geltenden Rechtsvorschriften (搂听104 Abs.听3 SGB听X). Ein Erstattungsanspruch besteht nur f眉r einen Monat, in dem sowohl eine Leistung erbracht wurde, als auch ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Der Anspruch kann somit fr眉hestens ab dem Monat bestehen, ab dem Kindergeld festgesetzt wird, auch wenn das Jobcenter seine Leistung vorher aufgenommen hat. Hat es seine Leistung erst sp盲ter aufgenommen, ist dieser Zeitpunkt ma脽geblich. Falls das Jobcenter nicht mitgeteilt hat, dass es seine Leistungen vorher eingestellt hat, endet der Erstattungsanspruch mit der Aufnahme der rechtzeitigen Zahlung des Kindergelds. Auch diesen Zeitpunkt kennt die Familienkasse. Somit ist in der Regel klar, in welcher H枚he die Nachzahlung zur眉ckzustellen ist, um eine 脺berzahlung zu vermeiden.
Rz. 28
(b) Die Kenntnis von den Leistungen des Jobcenters wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Familienkasse nicht wei脽, ob sich die Versp盲tung in allen Monaten vollumf盲nglich in h枚heren Zahlungen des Jobcenters niedergeschlagen hat oder ob es (in einem Auszahlungsfall oder Aufstockungsfall) nur erg盲nzende Leistungen erbracht hat (z.B. Senatsurteil in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听31).
Rz. 29
(c) Die V听33.1 Satz听4 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts f眉r Steuern zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG) 2017 (BStBl I 2017, 1007; vgl. auch V听34.1 Abs.听1 Satz听4 DA-KG 2021, BStBl I 2021, 1599), wonach der Sozialleistungstr盲ger durch detaillierte Angaben darzulegen hat, dass er einen Erstattungsanspruch hat, betrifft die Geltendmachung des Anspruchs, nicht das Verschaffen der Kenntnis i.S. des 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X. Im 脺brigen k枚nnen die Familienkassen die Anforderungen an die Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungstr盲gers nicht zu dessen Lasten regeln.
Rz. 30
(2) Zur Vermittlung der Kenntnis i.S. des 搂听74 Abs.听2 EStG i.V.m. 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X gen眉gt es, dass die Information 眉ber die Leistung des nachrangigen Leistungstr盲gers, die Leistungszeit und das Erstattungsbegehren vor der Nachzahlung in den Gesch盲ftsgang der zust盲ndigen Familienkasse gelangt ist. Das Gesetz stellt nicht auf den Bediensteten, sondern auf den Leistungstr盲ger ab (z.B. Senatsurteil in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听34).
Rz. 31
bb) Nach diesen Grunds盲tzen ist der Erstattungsanspruch des Jobcenters gegen die Familienkasse wegen der Leistungen f眉r die Monate Juni bis August 2017 nicht gem盲脽 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X ausgeschlossen. Die Familienkasse hat zwar selbst geleistet, hatte jedoch bereits zuvor i.S. des 搂听104 Abs.听1 Satz听1 Halbsatz听2 SGB听X Kenntnis von den Leistungen des Jobcenters.
Rz. 32
Das FG hat festgestellt, dass das Jobcenter mit Schreiben vom 08.05.2017 an die damals eigens f眉r an die beklagte Familienkasse adressierte Erstattungsantr盲ge eingerichtete Funktionsadresse eine E-Mail gesandt hat. Darin wurde u.a. mitgeteilt, f眉r das Kind w眉rden ab dem 01.06.2017 Leistungen nach dem SGB听II gezahlt, weshalb ein Erstattungsanspruch gem盲脽 搂搂听102听ff. SGB听X geltend gemacht werde. Nach den dargestellten Grunds盲tzen ist die Erstattungsanzeige damit bei der Familienkasse eingegangen.
Rz. 33
Das Schreiben enthielt alle Angaben, die f眉r eine Zuordnung erforderlich waren, insbesondere auch den Namen der kindergeldberechtigten Mutter und des Kindes. Es war auch nicht widerspr眉chlich, weil das Jobcenter nur die letzte bekannte Kindergeldnummer (die des Vaters) und nicht auch die der Mutter angegeben hat; zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine zweite Kindergeldnummer. Da die Familienkasse bereits durch die E-Mail vom 08.05.2017 Kenntnis von den relevanten Umst盲nden hatte, ist es ohne Belang, dass das Jobcenter die Familienkasse kein zweites Mal angeschrieben hat.
Rz. 34
Dass dem f眉r die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds zust盲ndigen Bearbeiter der Familienkasse die E-Mail vom 08.05.2017 nicht bekannt war, spielt keine Rolle (z.B. Senatsurteil in BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840, Rz听34).
Rz. 35
Der Umstand, dass die Erstattungsanzeige mit den zur Identifizierung des Kindes dienenden Daten (vgl. 搂听63 Abs.听1 S盲tze听3听ff. EStG in der gem盲脽 搂 52 Abs. 49a S盲tze 4 und 5 EStG seit 2016 geltenden Fassung) und den Daten der vom Jobcenter als m枚gliche Kindergeldberechtigte ausdr眉cklich genannten Personen (hier den Eltern) nicht verkn眉pft wurde, beruhte auf einer organisatorischen Entscheidung der Familienkasse, die es nicht rechtfertigt, in ihren Gesch盲ftsbereich gelangte Informationen Dritten gegen眉ber als unbekannt zu werten.
Rz. 36
c) Sonstige Gr眉nde, die einem Erstattungsanspruch entgegenstehen k枚nnen, hat das FG nicht festgestellt; insbesondere wurde die Ausschlussfrist des 搂听111 SGB听X im Streitfall gewahrt.
Rz. 37
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听143 und 搂听136 Abs.听1 Satz听1 FGO. Dem beigeladenen Kind werden keine Kosten auferlegt, aber auch keine Kosten erstattet. Sein Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 15699967 |
BFH/NV 2023, 888 |
DStRE 2023, 737 |